Josef Hofmiller

Josef Hofmiller

Josef Hofmiller (* 26. April 1872 in Kranzegg im Allgäu; † 11. Oktober 1933 in Rosenheim; vollständiger Name Josef Max Maria Hofmiller) war ein deutscher Essayist, Kritiker, Übersetzer und Gymnasiallehrer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Schule und Studium

Hofmiller wurde als Sohn eines Lehrers im Allgäu, geboren, besuchte die Schule bei den Benediktinern in Scheyern und am Dom-Gymnasium Freising, und legte 1890 das Abitur am Wilhelmsgymnasium München ab. Schon früh las er Schriften der atheistischen Philosophen Arthur Schopenhauer und Friedrich Nietzsche. Es studierte zunächst Theologie und Philosophie, dann Germanistik und Neuphilologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er 1894 das Staatsexamen als Gymnasiallehrer für Französisch und 1896 für Englisch ablegte. 1902 erfolgte seine Promotion zum Dr. phil. (Die ersten sechs Masken Ben Jonson's in ihrem Verhältnis zur antiken Literatur).

Laufbahn als Lehrer

1894 wurde er Präfekt und Realschulassistent, danach Reallehrer in Freising, ab 1903 an der Luitpold-Kreisrealschule München, 1907 Gymnasialprofessor in Freising, 1912-1921 in München (Ludwigsgymnasium), ab 1922 Konrektor am Gymnasium in Rosenheim. Berufungen als Kritiker nach Berlin und als Professor der Romanistik nach Köln lehnte er ab.

Tätigkeit als Schriftsteller

  • Hofmiller verfasste Essays, Musik-, Theater- und Literaturkritiken (z.T. als ständiger Mitarbeiter) in Zeitungen und Zeitschriften wie Münchner Allgemeine Zeitung, Münchner Neueste Nachrichten, Die Zukunft, Der Kunstwart
  • Er war Mitbegründer und Herausgeber der Süddeutschen Monatshefte.
  • Er wirkte als Herausgeber von Anthologien deutscher und fremdsprachiger Dichtungen
  • In den Reihen Bücher der Bildung und Schönste Erzählungen des Langen-Verlages gab er 16 Einzelbände heraus.
  • Er arbeitete mit an den Altöttinger Heimatbüchern
  • Er verfasste Übersetzungen aus dem Französischen und dem Englischen, sowie
  • Briefe, pädagogische, historische und politische Abhandlungen u.v.m.

[1] [2]

Hofmiller als Nietzsche-Forscher

Hofmiller hat eine gewisse Bedeutung für die frühe Geschichte des Nietzsche-Archivs und für die deutschsprachige Nietzsche-Rezeption.

Einerseits war er ab 1894 in brieflichem und persönlichem Kontakt mit Heinrich Köselitz, dann mit dem am Nietzsche-Archiv angestellten Herausgeber Fritz Koegel, ab 1895 auch mit Elisabeth Förster-Nietzsche; 1904 begann auch ein Briefwechsel mit Ernst Holzer, einem angesehenem Gelehrten, der zeitweise am Nietzsche-Archiv arbeitete. Besonders diese Briefwechsel sind heute eine wertvolle Quelle über die frühe Geschichte des Nietzsche-Archivs. So erhielt Hofmiller noch von Koegel selbst Auszüge aus den „Koegel-Exzerpten“, für deren Echtheit er 1909 eintrat. Ernst Holzer unterrichtete Hofmiller über Vorgänge im Archiv und ließ sich offen über Förster-Nietzsches Fälschungen und ihre charakterlichen und geistigen Mängel aus. Hofmillers Nachlass kam durch Vermittlung des kritischen Nietzsche-Forschers Erich Podach in die Universitätsbibliothek Basel und wurde von Podach in seinen Nietzsche-Schriften benutzt. Hofmiller kann damit dem weiteren Umkreis der „Basler Tradition“ der Nietzsche-Forschung zugeordnet werden.

Andererseits sind auch einige von Hofmillers eigenen Schriften, besonders ein langer Aufsatz von 1931, von Bedeutung für die Nietzsche-Rezeption.

Hofmiller hatte sich in der Zeit von 1895 bis 1909 mit Rezensionen und Essays an Diskussionen um Nietzsche beteiligt. Dabei lobte er zunächst die Arbeit des Archivs und Förster-Nietzsches emphatisch, ging aber nach den ersten Auseinandersetzungen im Archiv auf Distanz, ohne den höflichen Kontakt mit Förster-Nietzsche abzubrechen. 1909 nutzte er schließlich eine Besprechung des eben vom Archiv herausgegebenen Briefwechsels zwischen Nietzsche und seiner Mutter und Schwester zu einer grundsätzlichen Kritik an der Arbeit des Archivs. Danach schwieg er – von einem eher unwichtigen Artikel 1919 abgesehen – bis zum Jahr 1931 über Nietzsche.

1931 veröffentlichte er in einer Sondernummer der Süddeutschen Monatshefte einen langen Essay, in dem er nicht nur das Nietzsche-Archiv, sondern auch Nietzsche selbst einer scharfen Kritik unterzog. Er verwarf alle üblicherweise herausgestellten „Hauptbegriffe“ von Nietzsches Philosophie (Ewige Wiederkunft, Übermensch, Wille zur Macht, Herrenmoral und Sklavenmoral, Apollinisch und Dionysisch) und kam nach einer längeren Analyse zu dem Schluss, dass Nietzsches späte Philosophie nur vor dem Hintergrund einer bei diesem seit langem vorhandenen, latenten Geisteskrankheit zu verstehen ist. Bei aller Kritik zeigte er aber eine tiefe Verbundenheit mit Nietzsche. Im selben Jahr lieferte sich Hofmiller noch eine Kontroverse mit Alfred Baeumler, der als Herausgeber einer neuen Nietzsche-Ausgabe aufgetreten war.

Der Aufsatz erregte einiges Aufsehen dadurch, dass er zwei der bislang unterdrückten Stellen in Der Antichrist bekannt machte – sie waren Hofmiller 1894 von Köselitz mitgeteilt worden.[3] Kurt Tucholsky erwähnte Hofmillers Aufsatz lobend, obwohl er schon wegen deren politischer Rechtslastigkeit weder von den Süddeutschen Monatsheften noch von Hofmiller viel hielt.[4]

Die prägnanten Schlussworte seines Aufsatzes erlangten einige Bekanntheit:[5]

Was bleibt dann von Nietzsche? Es bleibt genug. Es bleibt mehr und Wertvolleres als ein System, das nie eines war.
Es bleibt der Kritiker und Diagnostiker der Zeit. Es bleibt, nicht im deutschen Wortgebrauch, sondern im französischen, der Moralist: der Miniaturist und Außenseiter der Philosophie, der Aphoristiker. Bleiben werden am längsten die drei mittleren Werke: „Menschliches, Allzumenschliches“, „Morgenröte“, „Die fröhliche Wissenschaft“. Bleiben werden les plus belles pages, wie die Franzosen ihre feinen Auswahlen nennen. Bleiben werden Einzelheiten: Beobachtungen, Einfälle, Gedanken, Stimmungen, Maximen und Reflexionen, insoweit und weil sie unabhängig sind von seinem vermeintlichen System. Bleiben wird der Künstler, bleiben der Dichter.[6]

Werke

Eine Auflistung der Werke von Hofmiller würde den Rahmen eines Wikipedia-Artikels sprengen. Eine ausführliche Literaturliste mit Werken von und über Hofmiller findet sich in der Biographie, verfasst von H. Werner.[7] Viele seiner Werke wurden erst nach seinem Tode von seiner Witwe in Buchform veröffentlicht.

Auswahl von Einzeltiteln:

  • Revolutionstagebuch 1918/19 aus den Tagen der Münchner Revolution
  • Ausgewählte Briefe
  • Versuche
  • Letzte Versuche
  • Zeitgenossen
  • Wohltäter der Menschheit
  • Wege zu Goethe
  • Fontanes Lebenskunst
  • Altbayerische Sagen
  • Bayernbüchlein
  • Der König reist durch sein Bayernland (1925)
  • Südlich des Mains
  • Von Dichtern, Malern und Wirtshäusern
  • Wanderbilder und Pilgerfahrten
  • Drei Aufsätze zur Schulreform
  • Vom alten Gymnasium
  • Form ist alles Aphorismen zu Literatur und Kunst
  • Über den Umgang mit Büchern (1927)
  • Chansons d'amour
  • Contes de ma mère l'oie
  • Franzosen Essays
  • Manon Lescaut
  • Ballads and songs of love
  • Sonnets

Sonstiges

In Freising wurde das Josef-Hofmiller-Gymnasium nach ihm benannt.

Literatur

  • Hoffmann, David Marc: Zur Geschichte des Nietzsche-Archivs. de Gruyter, Berlin und New York 1991, ISBN 3-11-013014-9. Darin: Josef Hofmiller als Nietzsche-Forscher (1893 – 1933), S. 286 – 336.

Weblinks und Quellen

  1. Biographie beim Centrum für Informations- und Sprachverarbeitung (CIS) der Ludwig-Maximilians-Universität München
  2. Biographie auf der Webseite des Josef Hofmiller Gymnasiums in Freising mit Links auf eine ausführliche Biographie Harald Werner, Heimaten des Geistes. Erinnerung an Josef Hofmiller, 1997) im PDF-Format
  3. Eine Stelle war bereits 1924 von Rudolf Steiner „enthüllt“ worden, wovon die breite Öffentlichkeit aber keine Notiz nahm: vgl. Hoffmann, S. 493 – 495.
  4. Kurt Tucholsky [als Ignaz Wrobel]: Fräulein Nietzsche in Die Weltbühne, Nr. 2/1932, 12. Januar 1932, S. 54ff. Internet; er zitiere „nur mit äußerster Überwindung“ die Süddeutschen Monatshefte; zu Hofmiller: „einst ein guter Europäer, heute ein guter Bayer“.
  5. zustimmend zitiert von Erich Podach in Ein Blick in Notizbücher Nietzsches, Heidelberg 1963, S. 10f.; ablehnend von Alfred Baeumler in seinem Nachwort zu Der Wille zur Macht, Kröner-Taschenausgabe 1964, S. 711 f.
  6. Hofmiller, Josef: Nietzsche in: Süddeutsche Monatshefte, 29. Jahrgang, Heft 2 (November 1931), S. 131.
  7. Literaturliste als PDF-Datei

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