Josaphat von Indien

Josaphat von Indien
Der Hl. Josaphat predigt das Christentum. Griechische Handschrift aus dem 12. Jahrhundert

Barlaam und Josaphat sind christliche Heilige. Kardinal Baronius nahm Josaphat 1590 in das Martyrologium romanum auf.

Die Legende von Barlaam und Josaphat (griechisch: Ioasaph < arabisch: yudasaf/budhasaf < mittelpersisch bodisav < sans. Bodhisattva) ist die auf einem Roman des 6. Jahrhunderts beruhende christliche Version der Buddha-Geschichte. Josaphat ist der Sohn eines Königs in Indien. Wahrsager prophezeien, er solle dereinst über das Reich der Heiligkeit herrschen. Sein Vater sucht dies zu verhindern und sperrt ihn in einen Palast ein. Josaphat entdeckt die Verfasstheit des Menschen durch einen Blinden, einen Lahmen und einen Aussätzigen und lässt sich am Ende vom Eremiten Barlaam (= Bhagvan) zum Christentum bekehren.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Avenir (griechisch: Abenner), ein indischer König, ist gegen die Christen eingestellt. Über seinen Sohn Josaphat prophezeien die Wahrsager, dass er zum Christentum übergehen werde. Er wird daher in einem abgeschlossenen Palast zu aller heidnischen Weisheit auferzogen. Als er den Grund der Absperrung erfährt, verlangt er, ein kraftvoller Jüngling, mehr Freiheit. Sie wird ihm gewährt; es erscheint der weise Barlaam als Juwelier, deutet ihm als den kostbarsten Stein das Christentum aus und predigt dieses. Josaphat lässt sich taufen. Alle Mittel, ihn zurückzubringen, scheitern; bei großen Disputationen werden selbst die eifrigsten Heiden plötzlich bekehrt. Der Zauberer Theodas bringt schöne Frauen und Teufel herbei; Josaphat betet, bleibt standhaft, bekehrt sogar den Theodas. Avenir, der Vater, teilt das Reich mit seinem Sohn; dieser regiert christlich, baut Kirchen, ist und macht glücklich, während der Vater im Unglück fast untergeht. Endlich bekehrt der Sohn auch ihn. Als Avenir im Einsiedlerstand stirbt, legt Josaphat die Krone nieder, geht in die Wüste, kämpft mit Dämonen, findet seinen Barlaam, begräbt ihn und stirbt selbst als Heiliger.

Überlieferung

Die griechische Fassung, als deren Verfasser ehemals Johannes von Damaskus angenommen wurde, wurde zuerst von Jean-François Boissonade in dessen Anecdota (Bd. 4) herausgegeben und von Felix Liebrecht ins Deutsche übersetzt (Münster 1847). Doch war schon im Mittelalter der Roman in einer lateinischen Übersetzung vielfach verbreitet. Vinzenz von Beauvais verwob die Geschichte in sein Speculum historiale. Aus jener lateinischen Übersetzung flossen zunächst drei französische Bearbeitungen in Versen, vom anglonormannischen Trouvère Chardry im 13. Jahrhundert, von Gui von Cambrai und von Herbert, sowie einige Prosaübersetzungen und eine Bearbeitung von Girard (Paris 1642).

Aus einem nordfranzösischen oder provenzalischen Original ging im 14. Jahrhundert die italienische Storia de San Barlaam hervor. Ebenfalls aus dem Lateinischen übertragen sind Juan de Arze Solorzanos Historia de Barlaam y Josaphat (Madrid 1608), eine um 1470 verfasste böhmische Bearbeitung (Prag 1593) und eine polnische in Versen von Kulizewski (Krakau 1688). Antonio de Borgio übersetzte das Buch in die Tagalogsprache auf den Philippinen (Manila 1712).

Deutsche Bearbeitungen lieferten um 1200 Otto II., Bischof von Freising, im so genannten "Laubacher Barlaam" und im 13. Jahrhundert Rudolf von Ems in seinem Gedicht Barlaam und Josaphat. Er dichtete es in ausdrücklicher Opposition "gegen Lug und Trug der weltlichen Aventuren" und um den Sieg des Christentums zu verherrlichen. Eine zweite deutsche Bearbeitung von einem unbekannten Verfasser ist nur in Bruchstücken bekannt geworden; eine dritte stammt von einem Bischof Otto aus dem 13. Jahrhundert. Aus dem Deutschen flossen eine isländische Barlaams-Saga (um 1250) sowie das schwedische Volksbuch Barlaam och Josaphat (15. Jahrhundert).

Die Barlaam und Josaphat-Ikonographie beginnt mit den Illustrationen in den griechischen Fassungen. Von den etwa 140 überlieferten Handschriften, die älteste datiert von 1057, sind fünf Codices mit Bilderzyklen erhalten, zwei der Handschriften sind Teile desselben, jedoch in verschiedenen Bibliotheken aufbewahrten Exemplars. Bis auf den späten Pariser Codex aus dem 14. Jahrhundert werden meist die Rahmenhandlung und einige Parabeln (Sämann, König mit den Mönchen, Todeshorn, Vier Kästchen, Vogelfänger, Einhorn, Drei Freunde, Jahreskönig, Frommer König, Reicher Jüngling, Rehbock, Königssohn) dargestellt. Auch die lateinische Version ist in drei Bilderhandschriften des 15. Jahrhunderts überliefert. Mit Illustrationen versehen sind auch einzelne russische und arabische Fassungen. Auf einer anonymen deutschen Prosafassung beruht ein etwa 1476 erschienener Frühdruck von Günther Zainer, Augsburg, mit 64 zum Teil mehrere Szenen zusammenfassenden Holzschnitten, die 1480 von Anton Sorg, ebenfalls in Augsburg, wieder verwendet wurden. Die einzige Handschrift der frühesten mittelhochdeutschen Bearbeitung durch Otto II. von Freising (um 1200) enthält nur eine Titelillustration (Ende des 14. Jahrhunderts). Der um 1225 von Rudolf von Ems geschaffene mittelhochdeutsche Versroman ist zwar ziemlich breit überliefert, doch nur vier Handschriften wurden mit Buchschmuck versehen. Aus dieser Gruppe herausragt zweifelsfrei die mit einem reichen Bilderzyklus ausgestattete Handschrift aus der Werkstatt des Diebold Lauber, 1469, jetzt im J. Paul Getty Museum (Ms. Ludwig XV 9). Sie enthält 138 kolorierte Federzeichnungen; bei drei weiteren Handschriften nach Rudolf von Ems kann man nur ansatzweise von Bilderschmuck sprechen. Vor kurzem wurde ein geschlossener Wandmalereizyklus im Freskensaal der sog. Gozzoburg in Krems an der Donau (Österreich) entdeckt. Der Barlaamzyklus ist – wenn die Datierungen von kunst- und bauhistorischer Seite halten – neben den Iwein Freskenzyklen in Schloss Rodenegg und in Schmalkalden (beide aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts) vermutlich die einzige profane Monumentalmalerei des 13. Jahrhunderts. Das bildnerische Programm wurde in relativ enger Anlehnung an die literarischen Vorlagen realisiert, obgleich für die Umsetzung literarischer Inhalte in Wandmalereien eine starke Textablösung und ein selbständiges Agieren mit den textlichen Vorlagen im anderen Medium durchaus üblich ist. Mit der visuellen Vergegenwärtigung dieser religiösen Literatur in einem repräsentativen Raum ist eine klare Intention des Auftraggebers verbunden. Das Ziel der Dichtung war neben der Verkündung des Sieges des Christentums die ethische Formung der Menschen. Rudolf von Ems formuliert über seine lateinische Vorlage: ze latîne erz rihte / durch got und durch alsolhe site, / daz sich diu liute bezzern mite. / derselben hân ouch ich gedâht (Rudolf von Ems 130-133). Er wolle den Menschen einen Leitfaden zu ihrer Besserung an die Hand geben (vorbilde in guoter lêre Rudolf von Ems 140) und für seine Memoria wirken (Rudolf von Ems 160). Rudolf führt seinem Publikum vor Augen, dass das Thema des Contemptus mundi zu verbinden ist mit der Bewährung eines christlichen Fürsten in der Welt. Die im Medium der bildenden Kunst realisierten literarischen Inhalte mit ihrer figürlichen Repräsentation sind weit entfernt von der konventionellen Visualisierung zeitgleicher religiöser Inhalte. Die Kremser Wandmalereien stellen eine bedeutungsvolle Innovation des überkommenen bekannten Bildrepertoires dar. Sie sind mit ihrer hohen Qualität in der Ausführung eine Innovation des damals gängigen ikonographischen Könnens.

Werke

Literatur

  • Gertrud Blaschitz, “Barlaam und Josaphat“ als Vorlage für Wandmalereien in der Gozzoburg Krems. In: Medium Aevum Quotidianum 57 (2008), S. 28-48
  • Eugen Braunholtz: Die erste nichtchristliche Parabel des Barlaams und Josaphat. Ihre Herkunft und Verbreitung. Niemeyer, Halle 1884
  • V. Chauvin: Bibliographie des ouvrages Arabes. Bd. 8, Paris, 1898
  • E. Cosquin: [Artikel]. In: Revue des questions historiques Bd. 28 (1880), S. 579-600
  • Fritz Hommel: Die älteste arabische Barlaam-Version. Hölder-Verlag, Wien 1888
  • Joseph Jacobs: Barlaam and Josaphat. English lives of Buddha. Nutt, London 1896
  • Joseph Jacobs (Hrsg.): Two fifteenth century lives of St. Barlaam. London 1893
  • E. Kahn: Barlaam und Joasaph. Bibliographisch-literärgeschichtliche Studie. München 1893
  • Wassilios Klein: Die Legende von Barlaam und Ioasaph als Programmschrift des Mönches Agapios Landos. Kovac, Hamburg 1997, ISBN 3-86064-646-X (Theos; Bd. 18)
  • Arnold Krause: Zum Barlaam und Josaphat des Gui von Cambrai. Gärtner-Verlag, Berlin, 1899-1900 (2 Bde.)
  • Albert Krull: Gui de Cambrai. Eine sprachliche Untersuchung. Verlag Scheel, Kassel 1887
  • Kenneth S. Macdonald: Introduction to the Story of Barlaam and Joasaph 1895
  • Kenneth S. Macdonald: Story of Barlaam and Joasaph. London 1895
  • J. Morrison (Hrsg.): Story of Barlaam and Joasaph. Buddhism and Christianity. Calcutta, 1895
  • Friedrich M. Müller: Migration of Fables. In: Contemporary Review (July, 1870)
  • Ludwig Burchard (Übersetzer): Die Legende von Barlaam und Josaphat, zugeschrieben dem Heiligen Johannes von Damaskus, Theatiner Verlag München, 1924, aus dem Griechischen übersetzt von Ludwig Burchard.
  • Friedrich M. Müller: Selected Essays on language, mythology and religion. AMS-Press, New York 1995, ISBN 0-404-11456-3 (Repr. d. Ausg. London 1881)
  • Sirarpie der Nersessian, L´Illustration du roman de Barlaam et Joasaph. Paris 1936
  • Norbert H. Ott, Anmerkungen zur Barlaam - Ikonographie Rudolfs von Ems „Barlaam und Josaphat“ in Malibu und die Bildtradition des Barlaam-Stoffs. In: Die Begegnung des Westens mit dem Osten. Kongressakten des 4. Symposions des Mediävistenverbandes in Köln 1991 aus Anlass des 1000. Todesjahrs der Kaiserin Theophanu, hrsg. von Odilo Engels und Peter Schreiner. Sigmaringen 1993, S. 365-385, hier S. 366
  • Rudolf von Ems, Barlaam und Josaphat, Hagenau, Atelier des Diebolt Lauber, 1469. In: Anton von Leuw und Joachim M. Plotzek, Die Handschriften der Sammlung Ludwig 4, Köln 1965, S. 256-266
  • Lieselotte E. Saurma-Jeltsch, Spätformen mittelalterlicher Buchherstellung. Bilderhandschriften aus der Werkstatt Diebold Laubers in Hagenau 2. Wiesbaden 2001, S. 85-88
  • Wolfgang Stammler, Barlaam und Josaphat. In: Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte 1 (1937), Sp. 1452-1457
  • Christine Stöllinger-Löser, Barlaam und Josaphat In: Verfasserlexikon 11, Sp. 215-219.
  • Jürgen Tubach: Das Bild vom idealen Christen: Askese im Barlaam-Roman. In: Sprache, Mythen, Mythizismen; Teil 3. Halle (Saale) 2004, S. 759-782
  • Sophia G. Vashalomidze: Georgien, kulturelle Schwelle zwischen Asien und Europa am Beispiel der Barlaam-Legende. In: Vashalomidze, Sophia G./ Greisiger, Lutz (Hrsg.), Der christliche Orient und seine Umwelt. Harrassowitz, Wiesbaden 2007, S. 273-286, ISBN: 3-447-05608-8, 978-3-447-05608-3
  • Hermann Zotenberg: Notice sur le livre de Barlaam et Josaphat. Imprimeriè Nationale, Paris 1886

Weblinks

Dieser Artikel basiert auf einem gemeinfreien Text („public domain“) aus Meyers Konversations-Lexikon, 4. Auflage von 1888–1890. Bitte entferne diesen Hinweis nur, wenn Du den Artikel so weit überarbeitet oder neu geschrieben hast, dass der Text den aktuellen Wissensstand zu diesem Thema widerspiegelt und dies mit Quellen belegt ist, wenn der Artikel heutigen sprachlichen Anforderungen genügt und wenn er keine Wertungen enthält, die den Wikipedia-Grundsatz des neutralen Standpunkts verletzen.

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