Jomo Kenyatta

Jomo Kenyatta
Jomo Kenyatta, 1966
Jomo Kenyatta und Heinrich Lübke, 1966

Jomo Kenyatta (* 20. Oktober 1893 in Ichaweri; † 22. August 1978 in Mombasa) wurde 1963 mit der Unabhängigkeit Kenias erster Ministerpräsident des Landes. 1964 wurde er nach der Proklamation Kenias zur Republik deren erster Staatspräsident.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und Jugend

Kenyattas Geburtsjahr ist nicht sicher; es liegt zwischen 1889 und 1895. Sein Geburtsname war Kamau wa Ngengi und er lebte zunächst mit seinen Eltern aus dem Volk der Kikuyu in Ng'enda, einem Dörfchen im Kiambu-Distrikt. Dieser Heimatgegend bleibt er ein Leben lang treu verbunden und seine politischen Vertrauten wurden später gern als der “Kiambu-Clan” oder etwas stärker als die „Kiambu-Mafia“ bezeichnet. Kenyattas Großmutter väterlicherseits war Massai. Die Familie pflegte auch in späteren Generationen verwandtschaftliche Kontakte mit den Massai und Kenyatta verbrachte mehrere Monate unter seinen Massai-Verwandten.[1]

Nach dem Tod des Vaters Muigai kehrte seine Mutter Wambui zu ihren Eltern zurück, wo sie bald darauf starb. Daraufhin verließ Kamau Ng'enda und zog zu seinem Großvater Kongo wa Magana, der in seiner Dorfgemeinschaft als arathi, also als Seher oder weiser Mann anerkannt war. Diese Seher hören die Botschaften Ngais und geben sie an das Volk weiter.

Kamau wurde 1909 Mitglied der „Church of Scotland Mission“ in Thogoto, wo er bis 1912 eine Grundschulausbildung erhielt und danach das Schreinerhandwerk erlernte.

Erste politische Aktivitäten

Im August 1914 ließ er sich christlich taufen und erhielt den Namen John Peter Kamau, den er bald darauf in Johnstone Kamau änderte. Um Arbeit zu finden, reiste er ins nahe Nairobi und auf einer Sisalfarm in Thika stellte ihn der Ingenieur John Cook, der ihn noch aus seiner Zeit in Thogoto kannte, 1915 als Aushilfsschreiner und Landarbeiter ein.

Im Zuge des Weltkriegs zog die britische Kolonialmacht etwa 200.000 Kenianer als Soldaten und Träger ein und schickte sie nach Tanganjika, um dort gegen die Deutschen zu kämpfen, wobei 50.000 dabei ihr Leben verloren. Dem drohenden Einzug zum Militärdienst entzog sich Kamau durch die Absetzung ins Maassai-Land zu Verwandten nach Narok. Dort arbeitete er für einen indischen Bauunternehmer. Nach Kriegsende 1918 kehrte er auf der Suche nach anderer Arbeit nach Nairobi zurück, wo er im Kramladen von Stephen Ellis als Verkäufer Anstellung fand und in seiner Freizeit die christliche Abendschule besuchte.

Die politischen Aktivitäten der KCA-Führer James Beauttah und Joseph Kang'ethe begannen ihn 1924 zu interessieren und er wurde Mitglied in der Kikuyu Central Association (KCA), der wichtigsten Interessengruppe für Farbige, die sich für die Reduzierung der Steuern, die Landrückgabe, aber auch für die weibliche Beschneidung engagierte. Die Bekämpfung der letzteren wurde als inakzeptabler Eingriff der Missionare und Briten in die Kikuyu-Kultur empfunden. Ebenfalls zu dieser Zeit machte er sich selbständig und baute einen Teil seines Hauses in Dagoretti zum Kramladen namens „Kenyatta Store“ um, der bald darauf zu einem beliebten Anlaufpunkt für Farbige aus allen Stämmen wurde.

Seine Englischkenntnisse erlaubten es ihm ab 1926, Briefe für die KCA zu entwerfen und zu übersetzen. Kurz darauf wird er zum Geschäftsführer des KCA ernannt. Im Mai begann er das Kikuyu-Wochenmagazin „Muigwithania“ (Der Versöhner) herauszugeben, das in einer indischen Druckerei hergestellt wurde und er reist er auf seinem Motorrad landauf landab und gründet KCA-Stützpunkte. 1929 wurde er von KCA nach London entsandt, um vor dem Colonial Office Klage zu erheben. Am 17. Februar startete Kenyatta von Mombasa aus und erreichte am 8. März London. Unter dem Motto „Gebt uns unser Land zurück“ publiziert Kenyatta zur Unterstützung der Klage verschiedene Artikel in den englischen Zeitungen The Times und The Manchester Guardian. Am 24. September 1930 kehrt er wieder zurück nach Mombasa und arbeitete im Anschluss für die „Kikuyu Independent School“ in Githunguri. An diesen unabhängigen Schulen wurde auch Englisch gelehrt, woran die weißen Siedler - im Gegensatz zum Colonial Office in London - nicht sonderlich interessiert waren. Öffentlich wendete er sich nun gegen die weibliche Beschneidung bzw. Genitalverstümmelung.

Am 2. Mai 1931 begann er seine zweite Reise nach London, wo er eine Petition der KCA vor einer Parlamentskommission vortragen sollte. Weil ihn die Kommission nicht vorließ, schrieb er sich im Quäker-Kolleg Woodbrooke in Birmingham als Student ein. Zu Ostern 1932 wurde ihm endlich erlaubt, vor der Carter Land Commission auszusagen und danach beendete er sein Studium in Woodbrooke. Im August 1932 besuchte Kenyatta die UdSSR und belegte auf Einladung von George Padmore, eines radikalen Westinders aus Trinidad, Ökonomie an der Universität von Moskau. Padmore überwarf sich 1933 mit den Russen, woraufhin auch Kenyatta nach Großbritannien zurückkehren musste

Von 1934 bis 1938 widmete er sich dem Studium am University College London und arbeitete mit am „Barlow's Kikuyu Dictionary“ (Barlows Kikuyu-Wörterbuch). Studium an der London School of Economics and Political Science bei Professor Bronisław Malinowski, bei dem er Anthropologie hört. Seine Magisterarbeit wurde 1938 unter dem Titel „Facing Mount Kenya“ – und unter seinem neuen Namen Jomo Kenyatta publiziert.

Der Weg zur Unabhängigkeit

Wieder zurück in Kenia, schlug er sich ab 1940 als Gelegenheitsarbeiter, als Darsteller im Film Sanders of the River (mit Paul Robeson) und als Farmarbeiter durch.

Im Februar 1945 organisierte Kenyatta den Weltgewerkschaftskongress in London und im Oktober auch den 5. Pan-Afrikanischen-Kongress in Manchester, den bedeutendsten dieser seit 1919 stattfindenden Kongress-Reihe. Die Wahlsprüche lauteten: „Freiheit jetzt“ und „Afrika den Afrikanern“. Folglich gründete er 1946 mit Kwame Nkrumah die multinationale Pan-African Federation und im September kehrte er als Leiter des Kenya Teachers College in Githunguri nach Kenia zurück.

Nachdem Juntas Gichuru zurückgetreten war, wurde Kenyatta am 1. Juni 1947 Präsident der Kenya African Union. In der KAU standen sich Radikale wie Dedan Kimathi und Real-Politiker scharf gegenüber. Kenyatta gehörte zu den moderaten "Realos", dennoch misstrauten ihm die Briten. Zu dieser Zeit erhielt er Morddrohungen von weißen Siedlern. Seit seinem Aufenthalt in Moskau vermutete man außerdem, er sei Kommunist. Von 1948 bis 1950 bereiste Kenyatta Kenia. Auf zahllosen Versammlungen verlangte er sowohl die Unabhängigkeit für sein Land innerhalb von drei Jahren als auch die Rückgabe des Landes durch die weißen Siedler. Gleichzeitig rief er seine Landsleute auf, hart zu arbeiten, und verdammte den herrschenden Tribalismus, die Untätigkeit sowie die Kriminalität.

Kenyatta nahm 1950 an einem gemeinsamen Treffen von KAU und dem Kenya Indian Congress teil, auf der eine Resolution des Gewerkschafters Makhan Singh zur Freiheit Ostafrikas angenommen wurde. Im Mai 1951 traf sich Kenyatta mit James Griffiths, dem Britischen Staatssekretär für Kolonialangelegenheiten, und forderte eine Verfassungskonferenz noch vor Mai 1953.

1952 hatte sich in Kiambu, einem Aufruf der KAU folgend, eine große Menge versammelt um Kenyatta zu hören. Daraufhin erklärte die Kolonialregierung am 20. Oktober den Ausnahmezustand. Kenyatta wurde umgehend zusammen mit 182 anderen farbigen Führungspersönlichkeiten verhaftet und am 18. November wegen Anstiftung zum Aufstand angeklagt. Trotz Verteidigung durch mehrere Anwälte wurde Kenyatta am 8. April 1953 wegen des Mau-Mau-Aufstands zu sieben Jahren Zwangsarbeit und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Zu diesem Zeitpunkt war er 60 Jahre alt. Er wurde in das Gefängnis von Lokitaung verbracht. Alle Rechtsmittel, die sein Anwalt bis 1954 dagegen einlegte, blieben ohne Wirkung.

Am 14. April 1959 wurde er zwar aus dem Gefängnis entlassen, aber in Lodwar unter Hausarrest gestellt. Im Dezember 1960 wurde der Ausnahmezustand aufgehoben und die Kenya African National Union (KANU) wählte Kenyatta in Abwesenheit zum Vorsitzenden. Als am 14. August 1961 die Verbannung aufgehoben wurde, ging Kenyatta nach Gatundu und in weitere Orte, wo ihm überall ein jubelnder Empfang bereitet wurde. Am 28. Oktober erfolgte die offizielle Ernennung zum KANU-Präsident. Somit konnte er die Delegation zur ersten wichtigen Lancaster-Konferenz nach London anführen. Mitglieder der Konferenz waren u. a. der junge Gewerkschafter Tom Mboya und der radikale Oginga Odinga, beide Luo, sowie Ronald Ngala und der spätere Präsident Daniel arap Moi. Während der Konferenz wurde eine neue Verfassung entworfen. Kenia wurde darin als Land bezeichnet, das den Afrikanern gehört. Schwarzen Kenianern wurde der Zugang zu den "White Highlands" garantiert. Viele weiße Siedler verkauften daraufhin ihren Besitz und verließen Kenia.

Kenyatta wurde 1962 Mitglied des Legislative Council (Legislativrats) und "Minister für Verfassung und Wirtschaft" in einer Koalitionsregierung aus Weißen, Indern und afrikanischen Ureinwohnern. Im Mai 1963 schließlich errang die KANU einen grandiosen Wahlsieg, bei dem Kenyattas Partei 83 der 124 Wahlkreise für sich gewinnen konnte.

Präsidentschaft

Am 1. Juni 1963 wird Kenyatta Premier-Minister. Er beruft sein Kabinett ein; dieser Tag wird zum Nationalfeiertag, dem Madaraka-Day, das bedeutet auf Swahili „Selbstverwaltung“. Er spricht öfter versöhnlich und vertrauensbildend vor weißen Siedlern. Am 12. August überzeugt er in seiner berühmten Rede in Nakuru die Weißen Siedler im Lande zu bleiben. Beide Seiten sollten vergeben und vergessen. In der Folge stützt sich Kenyatta tatsächlich weiterhin auf weiße Beamten und Richter. Er enteignet kein weißes Land. Siedler, die ihr Land aufgeben, werden mit Hilfe der britischen Regierung kompensiert. Die Landreform lässt viele landlos, macht sie zu Landlosen auf dem Besitz Farbiger. Viele von ihnen ziehen in die Städte, bevorzugt in die Slums von Nairobi. Das Land geht an farbige Großgrundbesitzer und Kenyatta gehört zu ihnen. Diese Gruppe der Reichen nennt der Volksmund treffend „Wabenzi“, ist es doch die schwäbische Nobelkarosse die ihr Statussymbol geworden ist. Bis auf den heutigen Tag sind einige britische Truppen in Kenia stationiert. In der Nähe von Nanyuki unterhalten sie ein großes Trainingslager.

Mit Hilfe britischer Truppen wurde sowohl eine somalische Attacke als auch eine eigene Armee-Revolte niedergeschlagen. KADU und KANU gingen am 10. November zusammen und das Land wurde praktisch Einparteienstaat. Am 12. Dezember wurde Jomo Kenyatta der erste Präsident der Republik Kenia. Er war zu diesem Zeitpunkt 71 Jahre alt. 1966 erlitt er einen Herzinfarkt. Es kam zu weiteren Grenzzwischenfällen mit Somalia. Das Landprogramm wird offiziell für beendet erklärt. Die KANU spaltet sich. Ihr Vizepräsident Oginga Odinga gründet mit 29 Abgeordneten eine sozialistische Partei, die Kenya People´s Union, die KPU. Kenyatta versucht dieser Bewegung, die vorgab für die arme Masse zu sprechen, durch Gesetzes- und Verfassungsänderungen Herr zu werden. Die Mitglieder der KPU werden von Kenyattas Sicherheitsdienst immer wieder verfolgt. In den Zeiten des Kalten Kriegs ist dies vom Westen mehr oder weniger toleriert. Der smarte Tom Mboya, dem allgemein zugetraut wird einmal Kenyattas Nachfolger zu werden, steht fest an der Seite Kenyattas und des Westens. Odinga gibt seinen Posten als Vizepräsident auf, ihm folgt für kurze Zeit der schöngeistige Joseph Murumbi, der sich aber bald enttäuscht aus der Politik zurückzieht und auf diesem Wege Platz für Daniel arap Moi macht.

Kenyatta versucht 1967 in einer ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft (EAU) mit Milton Obote, Uganda, und Julius Nyerere, Tansania, z. B. Bahn, Post und Fluggesellschaften gemeinsam zu führen.

Seine Biographie erscheint 1968 und trägt den Titel Suffering Without Bitterness.

Am 5. Juli 1969 wurde Tom Mboya in Nairobi auf offener Straße von einem Kikuyu niedergeschossen und starb. Der Mörder Mboyas kam vor ein Gericht und wurde später gehängt. Bisher lässt sich keinerlei Verwicklung von höheren Stellen nachweisen, aber der Tod Mboyas bringt die Luo, die sich so von der Macht ferngehalten sehen, auf Jahre in Rage, es kommt zu bitteren Zwist mit den Kikuyu. Als Kenyatta einen Versöhnungsbesuch in Kisumu abstattet – die gesamte Luo-Führung ist anwesend – droht die Situation aufgrund der wütenden Menge zu eskalieren, so dass die Polizei scharf schießt: mindestens 10 Tote sind zu beklagen. Die KPU wird verboten, obwohl die Verfassung Oppositionsparteien erlaubt. Odinga wird ohne Gerichtsurteil verbannt. Paramilitärische Polizeitruppen aus Kikuyu und loyalen verwandten Stämmen, General Service Unit, GSU, wurden zum Schutz der Regierungsinteressen geformt.

Am 29. Januar 1970 wurde Kenyatta für die zweite Amtszeit als Präsident vereidigt. Die Tourismus-Industrie blühte auf.

In Uganda putschte Idi Amin im Jahr 1971 und Kenyattas Tochter Jane (Jeni) heiratete 1973 Udi Gecaga. Kenia schien gegen andere afrikanische Staaten ein Hort der Sicherheit. Am 5. November 1974 wurde er für die dritte Amtszeit als Präsident vereidigt. Das Leben der einfachen Menschen veränderte sich nur langsam zum besseren, für manche in den Slums auch gar nicht.

Es kam 1975 zu einem weiteren Mord an Josiah Mwangi Kariuki, einem Kikuyu, Ex-Mau-Mau und Abgeordneten des Nyandarua North Wahlbezirks. Dagegen erhob sich Protest. Kritiker wurden unter Hausarrest gestellt. Die Landfrage verstummte unter diesem Druck auf Jahre. In Nairobi explodierten Bomben einer radikalen Gruppe (Poor´s People Liberation Group).

Kenyatta erlitt im April 1977 erneut einen Herzinfarkt. Die EAU ist am Ende, handstreichartig werden die Flugzeuge, Güter und andere Transportmittel wie Schiffe und Lastwagen der Gemeinschaft konfisziert. Kenia sichert sich den Löwenanteil. Die Spannungen zwischen den Ländern bleiben über Jahre bestehen. Es kommt immer wieder zu Übergriffen und Scharmützeln an der Grenze.

Am 14. August 1978 versammelt er in seinem Haus in Mombasa seine ganze Familie um sich. Auch sein Sohn aus zweiter Ehe, Peter Mugaria samt Familie fliegt dazu aus Großbritannien ein. Am 22. August stirbt der „Vater der Nation“ in Anwesenheit seiner Frau Ngina und Sohn Peter Muigai friedlich im Schlaf, für die meisten Kenianer ein großer Schock, bei einigen aber keimt Hoffnung auf ein demokratischeres Morgen. Das Staatsbegräbnis findet am 31. August statt. Mzee Jomo Kenyatta wird in einem eigenen Mausoleum vor dem Parlamentsgebäude von Nairobi beigesetzt.

Bedeutung für das kenianische Volk

Eine zufriedenstellende Übersetzung seines erst spät angenommenen Namens „Kenyatta“ existiert nicht. Da der Name „Kenya“ selbst eine Anglisierung des ursprünglichen Wortes "Kiri nijaga" (Mount Kenya, "Der strahlende Berg", kurz: "Kinja") ist, kann Kenyatta auch kein genuin afrikanischer Name sein. Am ehesten trägt der Name die Bedeutung „der Kenianer“. Die manchmal anzutreffende Ausweitung auf alle Bewohner von Kenia (Kenianer = Kenyatten) ist falsch.

Kenyattas Leben und Werk wird von der übergroßen Rolle und ehrenden Anerkennung durch sein Volk als „Vater der Nation“ überstrahlt. Manche Biographien oder Darstellungen sind eher als Hagiographie zu bezeichnen, z. B. in der englischen Wikipedia. So sind auch nicht alle Daten und Ereignisse immer zweifelsfrei zu belegen. Kenyatta war hoch respektiert, aber in manchen seiner Positionen und Handlungen auch höchst umstritten. In der neueren Diskussion wird ihm der Titel des „Vaters der Nation“ manchmal sogar gänzlich abgesprochen.[2] Seine Anrede war "Mzee" (sprich: Mseeh). In Swahili ist „mzee“ die Anrede für jeden ehrwürdigen älteren Mann. Er aber war DER "MZEE". So wird er z. B. auch auf den alten Schilling-Münzen des Landes genannt. Kenyatta rief unter dem Slogan Harambee, was auf Swahili etwa so viel heißt wie: „Lasst uns alle zusammen an einem Strick ziehen!“, eine noch heute wichtige gesellschaftliche Selbsthilfebewegung ins Leben.

Eine der immer wieder gestellten und letztlich wahrscheinlich nicht umfassend zu beantwortenden Fragen, ist die Frage nach seiner Rolle im Mau-Mau-Freiheitskampf. Dafür wurde er schließlich zu sieben Jahre Gefängnis und späterem Hausarrest verurteilt. Fest steht, dass er weder operativer noch heimlicher Führer dieses militärischen Kampfes war. Er war nicht mit den Methoden dieses Kampfes einverstanden, stand aber auch diesem Teil seines Volkes nahe, denn diese Kämpfer wollten ebenfalls die Kolonialherrschaft der Briten beenden. Insofern hatte man gemeinsame Ziele, aber nicht die gleichen Wege. Er verstand es, die Übergriffe der Mau-Mau-Kämpfer politisch zu nutzen, wodurch z. B. der Widerstandswille der Bevölkerung auch nach dem Zusammenbruch des Mau-Mau nicht erlahmte. Die Mau-Mau-Kämpfer wurden später jedoch nie in irgendeiner Form kompensiert oder von Kenyatta an der Macht beteiligt.

Ihm gelang es, durch eine maßvolle Landreform die weißen Siedler im Land zu behalten. Ökonomisch versuchte man sich mit einer ostafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft, gemeinsam mit Milton Obote, Staatschef von Uganda, und Julius Nyerere, Präsident der Republik Tansania (die heute in einigen Bereichen zum Teil wiederhergestellt wird). Diese Gemeinschaft zerbrach aber bis zum Jahr 1978 an ideologischen Differenzen und führte zu langjährigen Drohgebärden und Abschottungen der Länder. Auch wenn Kenyatta offiziell eine blockfreie Politik verfolgte, entwickelte sich Kenia zu einem wirtschaftlich erfolgreichen afrikanischen Staat, der auch ausländische Investoren anzog. Kenia wurde auch unter seiner Amtszeit Mitglied der United Nations.

Kenyatta gilt nach einem jahrelangen Freiheitskampf, in dem er die Nation wirklich einte, nach wissenschaftlicher und journalistischer Arbeit, nach persönlichem Leiden in Gefängnis bzw. Verbannung und überzeugender politischer Führerschaft vielen Menschen als „Taa ya Kenya“ (Swahili: „das Licht Kenias“) und einer der großen Führer Afrikas in der Unabhängigkeitsphase.

Dieser großartigen Lebensleistung stehen aber auch Schattenseiten gegenüber, so sein immer autoritärer werdender Führungsstil und der immer wieder erhobene Vorwurf, sich an Land, Elfenbein und Bodenschätzen bereichert zu haben. Sein Sicherheitsapparat drangsalierte politische Opponenten. Dieser Apparat wurde auch mit Mordfällen an politischen Gegnern in Verbindung gebracht, z. B. im Mordfall Josiah Mwangi Kariuki.

Der internationale Flughafen in Nairobi wurde nach dem „Vater der Nation“ „Jomo Kenyatta International Airport“ (JKIA) benannt, aber auch viele Schulen und andere Institutionen.

Privatleben

Kenyatta war viermal verheiratet, hat aus allen Ehen Kinder. Nach Kikuyu-Tradition heiratete er 1919 Grace Wahu. Seine erste Tochter Margaret Wambui Kenyatta, später die Oberbürgermeisterin von Nairobi, wird 1928 geboren. Im Mai 1942 heiratet er in West Sussex die Engländerin Edna Clarke, die er später wieder verließ. Am 11. August 1943 wird Sohn Peter Mugaria Kenyatta geboren und er heiratet zum dritten Mal, diesmal Grace Wanjiku Koinange, die Schwester seines politischen Weggefährten Mbiyu Koinange und Tochter des verstorbenen Senior Chief Koinange. Die junge Ehefrau Grace Wanjiku stirbt im Kindbett, die Tochter Jane Wambui Kenyatta überlebt. Mit seiner letzten Frau Ngina Kenyatta, genannt (Mama Ngina), die er 1951 heiratete, hatte er vier Kinder:

Sein Großneffe ist der Gitarrist Tom Morello von der US-Band Rage Against The Machine.

Werke

  • Facing Mount Kenya - The Tribal Life of the Gikuyu (1938), Vintage Books USA, 1962, ISBN 0-394-70210-7
  • My People of Kikuyu and the Life of Chief Wangombe. Oxford University Press, 1967, ISBN 0-19-680542-2
  • Suffering Without Bitterness. The Founding of the Kenya Nation. (Autobiographie, 1968)

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Jomo Kenyatta, Facing Mount Kenya, London 1961, S. 210.
  2. http://www.eastandard.net/InsidePage.php?id=1144001711&cid=4&

Weblinks


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