Johanniterkirche (Frankfurt)

Johanniterkirche (Frankfurt)
Die Johanniterkirche vor 1845
(Historisierendes Aquarell von Carl Theodor Reiffenstein, 1871)
Die Johanniterkirche auf dem Merian-Stich von 1628

Die Johanniterkirche war eine gotische Kirche in der östlichen Altstadt von Frankfurt am Main, an der Ecke Fahrgasse und Schnurgasse. Sie wurde 1342 erstmals urkundlich erwähnt. Nach einer Blütezeit im 14. Jahrhundert verlor die Frankfurter Niederlassung der Johanniter nach der Reformation rasch an Bedeutung. Die Kirche verfiel allmählich und wurde 1801 profaniert. Bis 1874 diente sie noch als Warenlager, dann wurde sie für einen Straßendurchbruch abgebrochen.

Geschichte

Das 13. Jahrhundert war für Frankfurt eine Zeit stürmischen Wachstums. Nach und nach errichteten eine Reihe von Ordensgemeinschaften Niederlassungen in der Stadt, darunter auch der Ritterorden der Johanniter. 1294 wird der Johanniterhof erstmals urkundlich erwähnt. Zum Johanniterhof gehörte auch eine Kirche, deren erstes schriftliches Zeugnis aus dem Jahr 1342 stammt. Darin wird berichtet, daß die Kirche beim Magdalenenhochwasser im Juni 1342 fünf Schuh (ungefähr 1,40 Meter) hoch unter Wasser stand.

Im 14. Jahrhundert erlebte der Johanniterhof eine Blütezeit. Kaiser Ludwig der Bayer war der Stadt wohlgewogen und nahm bei seinen häufigen Aufenthalten in Frankfurt seine Wohnung bei den Johannitern. Am 14. Juni 1349 starb der Gegenkönig Günther von Schwarzburg im Johanniterhaus, vermutlich an der Pest. Sein Leichnam wurde am 18. Juni im Chor der Johanniterkirche aufgebahrt und einen Tag später zur Beisetzung in die Bartholomäuskirche überführt.

Der Orden besaß im Mittelalter reichen Grundbesitz in der Umgebung von Frankfurt, unter anderem in Kalbach. Nach der Einführung der Reformation in Frankfurt 1533 verlor die Johanniterkirche schnell an Bedeutung. Zwar vermied der Rat der Stadt jeden Konflikt mit dem vom katholischen Kaiser privilegierten Orden. Weil die früheren Spenden und Legate reicher Frankfurter Bürger aber fast ganz ausblieben, verfielen die Gebäude mehr und mehr.

1626 ließ der Ordenskomtur Andreas Steinfeder die Kirche auf private Rechnung renovieren, doch konnte auch dies das geistliche Leben nicht mehr wiederbeleben. Erst 1787 taucht die Kirche wieder in einer Urkunde auf. Weil das Kirchendach wegen Baufälligkeit einzustürzen drohte, veranlasste der Rat der Stadt seine Renovierung.

Zu dieser Zeit lebten keine Ordensleute mehr im Johanniterkloster, und nur einmal in der Woche, am Mittwoch, wurde – weil eine alte Stiftung den Orden dazu verpflichtete – eine Heilige Messe durch Geistliche des Bartholomäusstiftes gelesen.

1792 bemühte sich der Ordenskomtur Graf Fugger um die Profanierung der Kirche, doch zogen sich die Verhandlungen mit der Ordensleitung hin. 1801 ließ der damalige Komtur Freiherr von Pfürdt die Kirche als Warenlager herrichten.

Wegen der bereits erfolgten Profanierung entging die Kirche der Säkularisation, doch fiel bereits 1806 das Kloster samt Kirche an das Fürstentum Aschaffenburg.

Nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft und der Wiederherstellung der Freien Stadt Frankfurt fielen die Johanniterkirche und die Deutschordenskirche nicht wie die anderen Frankfurter Kirchen an die Stadt, sondern an den Kaiser von Österreich, der die Johanniterkirche 1841 an die Freie Stadt Frankfurt verkaufte.

Die Stadt richtete wieder ein Warenlager, später ein städtisches Büro in der Kirche ein. Bereits 1845 wurde eine Kapelle abgerissen. Nach der Annexion der Freien Stadt durch Preußen 1866 mehrten sich die Stimmen, die für die Beseitigung der Kirche plädierten. 1872 beschloss die Stadt gegen den Widerstand des preußischen Konservators von Quast den Abbruch zugunsten eines neuen Straßenzuges. Verschiedene Gutachten, darunter des renommierten Vereins für Geschichte und Altertumskunde und des für den Wiederaufbau des Domes nach Frankfurt gekommenen Franz Josef Denzinger, unterstützten die Position der Stadt und bescheinigten, daß die Kirche geschichtlich und kunstgeschichtlich nicht bedeutend genug sei, um eine im öffentlichen Interesse liegende Beseitigung zu beanstanden. Zwischen Februar und April 1874 wurde die Kirche daher abgerissen.

1874 bis 1876 erbaute Max Meckel die Josefskirche, Bornheims erste katholische Kirche, nach dem Vorbild der abgerissenen Johanniterkirche. Dabei verwendete er eine Reihe von Spolien, darunter Gewölberippen, Schlusssteine und Fenstermaßwerke der Johanniterkirche. Da die Josefskirche 1932 umgebaut und erweitert wurde, sind heute nur noch Chor und Querschiff in der von Meckel aufgeführten Form erhalten.

Das Chorgewölbe der alten Josefskirche entspricht noch dem Vorbild der mittelalterlichen Johanniterkirche. Direkt übertragen und wiederverwendet sind der Schlussstein des Chorschlussgewölbes, einige ornamentierte Schlusssteine des Mittelschiffes und die beiden aus dem Mittelalter stammenden Figuren unter den Konsolen der Vierung. Es handelt sich um die Darstellung eines nackten Mannes sowie eines Hasen und eines Hundes.

Literatur

  • Hans Lohne: Frankfurt um 1850. Nach Aquarellen und Beschreibungen von Carl Theodor Reiffenstein und dem Malerischen Plan von Friedrich Wilhelm Delkeskamp. Frankfurt am Main, Verlag Waldemar Kramer, 1967
  • Fried Lübbecke: Das Antlitz der Stadt. Nach Frankfurts Plänen von Faber, Merian und Delkeskamp. 1552-1864. Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1952
  • Hans Pehl: Kirchen und Kapellen im alten Frankfurt. Bearbeitet und neu herausgegeben von Hans-Otto Schembs. Frankfurt am Main 1984. Verlag Josef Knecht, ISBN 3-7820-0508-2

Weblinks

 Commons: Johanniterkirche (Frankfurt) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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