Johannes Nikolaus Tetens

Johannes Nikolaus Tetens
Joh. Nicolaus Tetens

Johannes Nikolaus Tetens (* 16. September 1736 in Tetenbüll, Herzogtum Schleswig; heute: Kreis Nordfriesland; † 17. August 1807 in Kopenhagen) war ein deutscher Philosoph, Mathematiker, Naturforscher der Aufklärung. Im englischsprachigen Raum wird er noch heute 'der deutsche Hume' genannt. Sein philosophisches Werk hatte großen Einfluss auf Immanuel Kant. Nach seiner Zeit als Publizist und Universitätsgelehrter, machte der deutsche Aufklärer eine Karriere in der Finanzverwaltung in Kopenhagen.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Als Sohn eines Gastwirts geboren, studierte Tetens in Rostock und Kopenhagen Mathematik und Physik. 1760 promovierte er, nachdem er 1759 den Grad eines Magisters erworben hatte. 1760 erschien seine philosophische Arbeit zu einem erkenntnistheoretischen Problem: Gedanken von einigen Ursachen, warum in der Metaphysik nur wenige ausgemachte Wahrheiten sind, ein Jahr später seine Schrift: Abhandlungen von den Beweisen des Daseins Gottes. Er bewarb sich an der neu gegründeten Universität Bützow und wurde hier 1763 zum Professor für Physik ernannt, unterrichtete aber auch Philosophie. 1765 übernahm er das Rektorat am dortigen Pädagogium. Dort entstanden wichtige Schriften zur Sprachforschung Über den Ursprung der Sprache und der Schrift, 1772 und 1775 zur Wissenschaftstheorie Über die allgemeine speculativische Philosophie.

1776 folgte er einem Ruf an die Universität Kiel und unterrichtete dort Mathematik und Philosophie bis 1785. Tetens wurde Mitglied der Königlichen Akademie der Wissenschaften. In diese Zeit fällt die Veröffentlichung seines Hauptwerks Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwicklung, worin er sich sehr stark auf Hume bezieht.

1786 brach er seine akademische Laufbahn ab und bereiste die Nordseeküste, um den Zustand der Deiche zu inspizieren. Das Ergebnis ist das 1788 erschienene Buch Reisen in die Marschländer der Nordsee.

1789 übersiedelte Tetens nach Kopenhagen, trat dort in den Staatsdienst ein und avancierte vom Assessor am Finanzkollegium zum Direktor der Finanzkassendirektion.

Danach wurde er Deputierter im Finanzkollegium und Mitdirektor der Königlichen Bank, der Despositenkasse, der Witwenkasse und Versorgungsanstalt in Kopenhagen. Dort veröffentlichte er ein Buch über die Witwenversorgung. 1787 wurde er Mitglied der dänischen Gesellschaft der Wissenschaften. 1790 erfolgte die Ernennung zum Etatsrat, 1792 zum Wirklichen Etatsrat und später zum Konferenzrat.

Philosophisches Werk

Tetens wurde durch Christian Wolff, der sich auf John Locke bezog, vom englischen Empirismus beeinflusst. Die Arbeiten David Humes behandelte er als einer der ersten in Deutschland. Über seinen phänomenalistischen Standpunkt übte er einen erheblichen Einfluss auf Immanuel Kant aus. Besonders sein Hauptwerk war wichtig für Kants Arbeit an der „Kritik der reinen Vernunft (1781).“ Tretens hat Kants Terminologie, die den Zeitgenossen völlig neu erschien, teilweise vorgeprägt.

Er bemühte sich um eine „psychologische Analyse der Seele“ nach naturwissenschaftlichen Methoden. Er wollte das seelische Vermögen bestimmen, das er erstmals in Denken, Fühlen und Wollen unterschied. Seinen Zeitgenossen galt Tetens als der „deutsche Locke“.

Seine sprachphilosophischen Arbeiten erreichten großen Bekanntheitsgrad. Tetens verfasste zahlreiche Schriften auf dem Gebiet der Mathematik, Physik, Jurispondenz, Psychologie und der Philosophie. Er gilt als ein bedeutender Vertreter der deutschen Aufklärung.

Er versucht in diesem Werk, den Empirismus Humes mit der deutschen Schulphilosophie (Leibniz und Christian Wolff) zu verbinden, eine Absicht, die er mit Kant gemeinsam hatte. Heute ist Tetens im öffentlichen Bewusstsein erheblich weniger präsent als Kant.

Schriften (Auswahl)

  • Gedanken von einigen Ursachen, warum in der Metaphysik nur wenige ausgemachte Wahrheiten sind, 1760
  • Abhandlungen von den Beweisen des Daseins Gottes, 1761
  • Über den Ursprung der Sprache und der Schrift, 1772
  • Über die allgemeine speculativische Philosophie, 1775
  • Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwicklung, 1777, Band 1 und Band 2
  • Einleitung zur Berechnung der Leibrenten und Anwartschaften, Leipzig 1785 erster Teil und 1786 zweiter Teil
  • Reisen in die Marschländer der Nordsee, 1788
  • Sprachphilosophische Versuche, Hrsg. von Heinrich Pfannkuch, 1971 ISBN 3-7873-0253-0

Literatur

Weblinks


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