Johannes Mathesius

Johannes Mathesius
Johannes Mathesius
Denkmal für Mathesius in Rochlitz

Johannes oder Johann Mathesius (* 24. Juni 1504 in Rochlitz; † 7. Oktober 1565 in Sankt Joachimsthal, Böhmen) war ein deutscher Pfarrer und lutherischer Reformator.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ein Rochlitzer Kind

Johann Mathesius wurde am 24. Juni (Johannistag) 1504 als dritter Sohn des Ratsherrn Wolfgang Mathesius in Rochlitz geboren. Seine Taufe erhielt er in der Petrikirche und sein Zuhause befand sich am Bleichplatz an der Mulde. Sein Paten waren Freunde der Familie Mathesius, unter anderem auch Thomas Neumann, der Bürgermeister der Stadt Rochlitz war. Die Mutter, Christine geborene Scheuerfuß, stammte aus dem nicht weit entfernten Mittweida. Gemeinsam wuchs er mit seinen Brüdern Lukas, der später in Bologna studierte und sich den Magistergrad erwarb, seinem zweiten Bruder Burckhard der sich in Leipzig den akademischen Grad eines Baccalaurus erwarb und später Lehrer und Rektor der Sebaldusschule in Nürnberg wurde und seinem jüngeren Bruder Wolfgang auf. Da seine Mutter bereits früh verstarb, übernahm seine Großmutter Juliane Scheuerfuß seine Erziehung in der Nachbarstadt Mittweida.

Im Elternhaus lernte er durch seinen Vater, nach eigener Aussage, die zehn Gebote, den Glauben und das Vaterunser. Mathesius gedachte seiner Eltern und Großeltern im späteren Leben mit größter Hochachtung, denn er wurde unter „ernsten Ermahnungen“, aber auch mit herzlicher Liebe erzogen. Mit sechs Jahren besuchte er die Rochlitzer Ortsschule und lernte „lateinische Grammatik, die Sonntagsevangelien und Kirchengesänge“. In der damaligen Stadt der Diözese Merseburg erlernte er nach den katholischen Regeln den Katechismus, bekam lateinische Grammatik erklärt, lernte lesen und schreiben. Da er bis zum achten Lebensjahr einen Hauslehrer von seiner Großmutter bezahlt bekam, entwickelten sich seine Leistungen positiv. Ab dem zehnten Lebensjahr wurde er vom Vater auf einen Bergwerksberuf vorbereitet.

Daher holte ihn der Vater wieder zu sich nach Rochlitz, um aus ihm einen tüchtigen Bergmann zu machen. Er beschäftigte ihn als Hilfsschreiber in den neu gegründeten Zechen „Junkerberg“ und „Vogelsang“ in seiner Heimatstadt. So entwickelte der Zehnjährige Sinn und Liebe zur Natur und machte seine ersten mineralogischen und botanischen Studien. Leider verfiel bereits im Jahre 1517 das Rochlitzer Bergwerk, wodurch der wohlhabende Vater verarmte. Daraufhin zog Johannes wiederum nach Mittweida zur Großmutter. Am 1. Januar 1521 starb sein Vater. Nach Ansicht seines Sohnes verschuldete ein leichtsinniger „Quacksalber“ seinen Tod. Den jungen Mann ergriff die Wanderlust und er wollte nach damaliger Sitte als fahrender Schüler den Schulen nachziehen.

Lehr- und Wanderjahre

Im Jahre 1521 machte Mathesius sich auf den Weg nach Nürnberg, wo er bei Verwandten wohnte und eine Lateinschule besuchte. Seinen Lebensunterhalt sicherte er sich in dieser Zeit als Chorsänger. Die blühende Stadtkultur Nürnbergs beeindruckte ihn nachhaltig. Der Schüler bewegte sich im Wirkungsfeld berühmter Zeitgenossen wie Albrecht Dürer (1471–1528) oder Adam Kraft (1493–1558). Zwei Jahre später wanderte er nach Ingolstadt und studierte an der damals berühmten Universität Theologie. Schon 1523 musste er sein Studium wegen Geldmangels aufgeben.

Danach folgen viele berufliche Tätigkeiten: zunächst in München im Dienste einer Privatbibliothek und dann als Hauslehrer und Erzieher auf Schloss Odelzhausen (Adelssitz im Landkreis Dachau) bei der Witwe Sabine von Auer. Martin Luthers Buch „Von den guten Werken“ brachte ihn auf dem Weg zur Reformation. „Daraus habe ich den Anfang des Christentums, Gott sei Lob, erstlich gelernet“, sagte er später. In Bruck bei Fürstenfeld fand im Hause des Pfarrers Zacharias Weichsner weitere Gelegenheit, Luthers Lehren zu studieren.

Um den Reformator persönlich kennenzulernen, verließ Mathesius Bruck und gelangte nach einer beschwerlichen Wanderung in Wittenberg an. Am 21. Mai 1530 in Wittenberg angekommen hörte er am darauffolgenden Sonnabend Luther über „Wesen und Kraft der heiligen Taufe“ predigen, was auf ihn einen tiefen Eindruck machte. Mathesius immatrikulierte sich darauf hin am 30. Mai an der Wittenberger Akademie. Drei Jahre lang blieb er in Wittenberg und besuchte Vorlesungen und Predigten aller großen Männer der Wittenberger Universität, zum Beispiel von Philipp Melanchthon, Johannes Bugenhagen, Justus Jonas der Ältere, Caspar Cruciger der Ältere und vor allem von Luther. Ein Stipendium aus seiner Heimatstadt Rochlitz finanzierte ihm diese Studien. Mit Fleiß beschäftigte sich Mathesius mit Theologie und Philosophie, Dialektik und Rhetorik. Weiterhin führte ihn seine Liebe zu den Naturwissenschaften in die Hörsäle der Astronomen und Naturkundigen. Neben der theoretisch-wissenschaftlichen Ausbildung behielt Matheius auch die kirchlich-praktische im Auge. In der Wittenberger Schlosskirche, welche ihn oft an seine Heimatstadt erinnerte, da der Fußboden mit Rochlitzer Porphyr ausgelegt war, hörte er Luther predigen. Wiederum wegen Geldmangels musste er das Studium abbrechen und nahm eine Anstellung als Lehrer am Altenburger Gymnasium an.

Trotz seines Wirkens als Lehrer und Direktor an der Lateinschule in Joachimsthal ließ ihn sein Wissensdrang nicht ruhen. 1540 zog er zum zweiten Mal als Student nach Wittenberg. Die finanzielle Mittel dafür erlangte er durch die Beteiligung dankbarer Eltern einer seiner Schüler an ihrer profitablen Zeche. Hier wurde er Tischgenosse Luthers und ein Überlieferer der Tischreden des Meisters, die er zwei Jahre lang aufzeichnete. Luther mochte den bescheidenen und talentvollen Schüler und versuchte aus ihm einen tüchtigen Prediger zu machen. Melanchthon wurde ihm in dieser Zeit prägender Lehrer und enger Freund. Mathesius fühlte sich sein Leben lang der Wittenberger Universität verbunden. Er war ein glühender Mitstreiter religiöser Erneuerung. Am 23. September 1540 erwarb Mathesius den akademischen Grad eines Magisters der freien Künste und wurde für sein geistliches Amt von Luther selbst ordiniert.

Mathesius in Joachimsthal

Aufgrund seiner pädagogischen Begabung und seiner weitreichenden Kenntnisse in Theologie und Sprach- und Realienfächern erhält Mathesius Anstellung als Rektor der Lateinschule der aufstrebenden Silberstadt St. Joachimsthal, die er am 15. März 1532 antritt. Während seiner achtjährigen Leitung gelangte die humanistische Anstalt zu großer Blüte. Trotz seiner Liebe zum Lehrerberuf zog es Mathesius wieder nach Wittenberg, wo er als Tischgenosse Luthers ausreichend Gelegenheit hatte, dessen Ansichten über religiöse wie weltliche Dinge von ihm selbst zu hören. 1541 kam eine Gesandtschaft aus Joachimsthal nach Wittenberg, um dem jungen Magister seine Berufung zum Diakon zu überreichen.

Mit einem glänzenden Zeugnis der Universität kehrte Mathesius nach Joachimsthal zurück. Nachdem er am 29. März 1542 in Wittenberg ordiniert worden war, hielt er im April 1542 seinen Einzug in der freien Bergstadt, wo er zunächst als Prediger und dann seit dem 25. November 1545 als Pfarrer bis zu seinem Lebensende wirkte.

Als Prediger entfaltete Mathesius eine überaus große Wirksamkeit. Seine Persönlichkeit, sein umfassendes Wissen, seine Aufgeschlossenheit brachten ihm überall großes Ansehen weit über seine Gemeinde hinaus. Unter seiner Führung entwickelte sich Joachimsthal zu einer echten evangelischen Mustergemeinde in Böhmen. In seinen Predigten bezieht er sich immer wieder auf die Bergstadt und bringt seine Freude an der Natur, seine Beobachtungsgabe und sein Interesse am klassischen Altertum mit ein. Wie er lehrte, so lebte er auch, er erinnerte sich täglich an seine Pflichten. Mit großer Geduld gab er auch dann nicht auf, wenn seine Arbeit nicht die rechten Früchte tragen wollte. Trotz aller Frömmigkeit liebte er die „anständige, fröhliche Geselligkeit“. Häufig waren Freunde und Nachbarn zum Essen in fröhlicher Runde in seinem Hause eingeladen. Johann Mathesius pflegte einen regen und intensiven Briefwechsel mit vielen bedeutenden Männern, wie etwa Paul Eber, Philipp Melanchthon und vielen anderen. Zweimal besuchte dieser ihn in Joachimsthal und schrieb nicht weniger als hundert Briefe an den Pfarrer.

Schwere Stunden bereiteten Mathesius die Zeit des Schmalkaldischen Krieges: Vom König genötigt und bedrängt, traten die Grafen von Schlick 1545 ihre Hoheitsrechte über das Tal ab.

Genealogie

Aus seiner Ehe mit Sybille Kruciger († 1553) sind 5 Söhne und 3 Töchter bekannt:

  1. Hieronymus Matthesius, Apotheker in Hirschberg
  2. Johannes (1544–1607)
  3. Paul (1548–1584)
  4. Eutichius (* 17. Januar 1552, † 1565)
  5. Kasper (* Ende 1553/Anfang 1554, † 1570)
  6. Sybilla verh. mit Felix Zimmermann
  7. Christine verh. Johann Franck (Sohn von Kaspar Frank)
  8. Magarethe

Werke (Auswahl)

  • Eine Trostpredigt, das die im Herren entschlaffen, mit freuden wider zusammen kommen, Nürnberg 1565 (Digitalisat)
  • Historien von Martin Luthers Anfang, Lehr, Leben und Sterben, Nürnberg 1566
  • Sarepta oder Bergpostille, darinn von allerley Bergwerck und Matallen … guter Bericht gegeben wird , Nürnberg 1578 (Digitalisat)
  • Von der Schule Elise, des grossen Propheten Gottes, Predigt, Thorn 1584 (Digitalisat)
  • Passionale Mathesij, 1587
  • Sÿrach Mathesij Das ist, Christliche, lehrhaffte, trostreiche und lustige Erklerung und Außlegung des schönen Haußbuchs, so der weyse Mann Syrach zusammen gebracht und geschrieben, 3 Teile, Leipzig 1588–1589 (Digitalisat)
  • Homiliae Mathesii, Das ist: Außlegung und gründliche Erklerung der Ersten und Andern Episteln des heiligen Apostels Pauli an die Corinther: Jn zwei hundert Drey und sechtzig Predigten … abgeteilet, Leipzig 1590 (Digitalisat)
  • Oeconomia Oder Bericht vom Christlichen Haußhalten (Digitalisat der Ausgabe Tübingen 1672)

Literatur

  • Realenzyklopädie für protestantische Theologie und Kirche, Band 12 (1903), S. 425-428.
  • Karl Amelung: Johannes Mathesius. Gütersloh 1894
  • Stefan Beyerle: MATHESIUS, Johannes. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 5, Herzberg 1993, ISBN 3-88309-043-3, Sp. 1000–1011.
  • Manfred Blechschmdit: Johannes Mathesius - Leben, Wirken, Werk. in: Erzgebirgische Heimatblätter. Heft 6/1989, S. 150-153
  • Walther Killy (Hrsg.): Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache (15 Bände). Bertelsmann-Lexikon-Verlag, Gütersloh, München 1988-1991 (CD-ROM: Berlin 1998, ISBN 3-932544-13-7)
  • Wolfgang Klose: Das Wittenberger Gelehrtenstammbuch: das Stammbuch von Abraham Ulrich (1549–1577) und David Ulrich (1580–1623). Mitteldeutscher Verlag, Halle 1999, ISBN 3-932776-76-3
  • Karl Friedrich Ledderhose: Mathesius, Johann. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 586–589.
  • Georg Loesche: Johannes Mathesius – Ein Lebens- und Sitten-Bild aus der Reformationszeit. Bd. I und II, Gotha, Perthes 1895 und 1971
  • Hans Volz: Zum Briefwechsel des Johannes Matthesius. in: Archiv für Reformationsgeschichte 24, 1927, Seite 302-313
  • Hans Volz: Die Lutherpredigten des Johannes Matthesius. Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 12, Leipzig 1930
  • Herbert Wolf: Mathesius, Johann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, S. 369 f.
  • Mathesius, Johannes. In: Zedlers Universal-Lexicon, Band 19, Leipzig 1739, Spalte 2116 f.
  • Karl Zeitel: Ein bisher unveröffentlichter Brief Martin Luthers aus der ehemaligen hennebergischen Gymnasialbibliothek Schleusingen. Zugleich eine Erläuterung zur kirchlichen Heimat und Herkunft des hennebergischen Superintendenten Mag. Christoph Fischer aus Joachimsthal in Böhmen. In: Jahrbuch 1998 des Hennebergisch-Fränkischen Geschichtsvereins, Kloster Veßra/Meiningen/Münnerstadt 1998, S. 123–170; bes. S. 141–152.

Links

 Wikisource: Johannes Mathesius – Quellen und Volltexte



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