Johannes Kotkas

Johannes Kotkas

Johannes Kotkas, russisch Йоханнес Йоханнесович Коткас, Jochannes Jochannessowitsch Kotkas, (* 3. Februar 1915 in Kodijärve, Landgemeinde Kambja, Kreis Tartu; † 8. Mai 1998 in Tallinn) war ein estnischer, zeitweise für die Sowjetunion startender, Ringer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Johannes Kotkas wurde in der Nähe von Tartu als Sohn finnischer Eltern geboren und wuchs dort auf. Er schloss sich als Jugendlicher dem Sportverein Tartu „Kalev“ an und begann dort 1930 mit dem Ringen. Da sich bald zeigte, dass er für diesen Sport hochtalentiert war, bekam er in Leonhard Kukk und Otto Pohla zwei gute Trainer, die selbst gute Ringer waren. 1935 startete er bei den estnischen Meisterschaften, unterlag aber noch den routinierteren Otto Viikmäe und Nikolai Karklin. 1937 wurde er erstmals estnischer Meister im Schwergewicht. Aber nicht im griech.-römischen Stil, den er bevorzugte, sondern im freien Stil, während im griech.-röm. Stil Kristjan Palusalu gewann. Auch 1938 wurde Palusalu noch einmal estnischer Meister und besiegte dabei Kotkas. Trotzdem wurde bei den Europameisterschaften im heimischen Tallinn, Kotkas war 1937 zu Tallinn „Kalev“ gewechselt, Kotkas eingesetzt, der das Vertrauen auch rechtfertigte und in überlegenem Stil erstmals Europameister wurde. Diesen Erfolg wiederholte er 1939 und schlug dabei auch den vierfachen deutschen Europameister Kurt Hornfischer.

Nach der Besetzung seines Landes durch die Sowjetunion konnte Kotkas unbehelligt seinen Sport weiterbetreiben, während sein großer Konkurrent Palusalu schwersten sowjetischen Repressionen ausgesetzt war. Kurz bevor die Hitlersche Wehrmacht Estland eroberte, flüchtete Kotkas über Archangelsk nach Moskau und trat dort der Sportvereinigung „Dynamo“ bei. 1944 kehrte er, als Estland von den deutschen Truppen befreit war, nach Tallinn zurück. Während der Jahre von 1940 bis 1960 konnte er, mit Ausnahme einiger Einschränkungen 1941/42 seinen Sport ausüben. Er wurde 1947 nochmals Europameister und als Krönung seiner Laufbahn 1952 Olympiasieger. Er hätte mit Sicherheit noch mehr Titel gewonnen, wenn nicht der Zweite Weltkrieg dies verhindert hätte. Außerdem beteiligte sich die Sowjetunion, obwohl sie schon 1947 der Intern. Ringer-Federation (FILA) beigetreten war, nach 1947 erst 1952 wieder an internationalen Meisterschaften. Bedingt durch die über 20 Jahre lang dauernde internationale Karriere von Kotkas hat dieser sowohl gegen die Weltelite der 1930er Jahre als auch gegen die Weltelite der 1940er und 1950er Jahre erfolgreich gerungen.

Kein anderer Athlet der Welt dürfte über eine so lange Zeitspange in der Weltelite gestanden sein. Die Gegner, die er dabei besiegte, waren selbst alles erfolgreiche Ringer, Olympiasieger, Welt- und Europameister wie z. B. Kurt Hornfischer, Josef Klapuch, Mehmet Çoban, John Nyman, Edvins Bietags, Hjalmar Nyström, Gyula Bóbis, Bertil Antonsson, Josef Růžička, Arsen Mekokischwili, Alexander Masur, Paul Böhmer, Konstantin Koberidse, Mustafa Çakmak, Kristjan Palusalu, Nikolai Karklin, Iwan Bogdan und Anatoli Parfenow. Seine Meister fand er dann schließlich in dem Schweden Bertil Antonsson, der ihn bei den Weltmeisterschaften 1953 und in einem Länderkampf 1955 besiegte und dem Weißrussen Sergej Zalusky, der ihn bei den sowjetrussischen Meisterschaften 1957 schulterte.

Johannes Kotkas gehörte der Polizei an, lebte nach seiner Pensionierung in Tallinn und ist dort mit 83 Jahren gestorben.

Internationale Erfolge

(OS = Olympische Spiele, WM = Weltmeisterschaft, EM = Europameisterschaft, GR = griech.-röm. Stil, F = Freistil, S = Schwergewicht)

Wichtigste Länderkämpfe

  • 1937, Estland - Finnland, Schultersieger über Edvard Järvinen,
  • 1938, Estland - Deutschland, Schultersieger über Paul Böhmer,
  • 1938, Estland - Lettland, Schultersieger über Edvīns Bietags,
  • 1939, Deutschland - Estland, Schultersieger über Kurt Hornfischer,
  • 1939, Tschechoslowakei - Estland, Schultersieger über Josef Klapuch;
  • 1939, Estland - Lettland, Schultersieger über Erlins Skuja,
  • 1939, Estland - Finnland, Punktsieger über Hjalmar Nyström,
  • 1939, Lettland - Estland, Schultersieger über Mendziņš,
  • 1948, Estland - Leningrad, Schultersieger über Ivanov,
  • 1954, Schweden - UdSSR, Punktsieger über Bertil Antonsson,
  • 1954, Schweden - UdSSR, Punktsieger über Bengt Fahlkvist,
  • 1955, UdSSR - Schweden, Schultersieger über Nordström,
  • 1955, UdSSR - Schweden, Punktniederlage gegen Bertil Antonsson,
  • 1956, Frankreich - UdSSR, Schultersieger über Truffier

Sowjetische Allunions-Meisterschaft

(daran nahmen die Meister der einzelnen Sowjetrepubliken teil)

  • 1940, 1. Platz, GR, S, vor Aron Gonzha, Konstantin Koberidse, Vladimir Matshkaljan, Jakov Kutsenko und Nikolai Karklin;
  • 1943, 1. Platz, GR, S. vor Konstantin Koberidse, Alexander Masur, Anatoly Kazanski, Arsen Mekokischwili und Viktor Strizhak;
  • 1944, 1. Platz, GR, S, vor Mekokischwili, Masur, Konstantin Koberidse, Matshkaljan und Alexander Senatorow;
  • 1945, 1. Platz, GR, S, vor Masur, Mekokischwili, Senatorow, Matshkaljan und Kristaps Brigmanis

UdSSR-Meisterschaften

  • 1945, 2. Platz, GR, S, hinter Masur und vor Mekokischwili;
  • 1946, 1. Platz, GR, S; vor Masur und Mekokischwili;
  • 1946, 2. Platz, F, S, hinter Mekokischwili und vor Zurab Zugladze;
  • 1947, 1. Platz, F, S, vor Mekokischwili und Igor Bezdolya;
  • 1948, 1. Platz, GR, S, vor Masur und Mekokischwili;
  • 1948, 2. Platz, F, S, hinter Mekokischwili und vor Vladimir Suhorutchenko;
  • 1949, 2. Platz, GR, S, hinter Masur und vor Michail Strizhak;
  • 1950, 1. Platz, GR, S, vor Masur und Bezdolya;
  • 1951, 1. Platz, GR, S, vor Masur und Kristaps Brigmanis;
  • 1952, 1. Platz, GR, S, vor Masur und Fjodor Bondur;
  • 1953, 1. Platz, GR, S, vor Masur und Anatoli Parfenow;
  • 1954, 2. Platz, GR, S, hinter Parfenow und vor Masur;
  • 1955, 1. Platz, GR, S, vor Iwan Bogdan und Baranov;
  • 1956, 1. Platz, GR, S, vor Bogdan und Parfenow

Estnische Meisterschaften

Johannes Kotkas wurde estnischer Meister im griech.-röm. Stil 1939 (vor Karklin und Klasen), 1945, 1946, 1948, 1949, 1950, 1951, 1952, 1954, 1955, 1956, 1957, 1958 und 1959 und Vizemeister im griech.-röm. Stil 1937 (hinter Palusalu), 1938 (hinter Palusalu und vor Karklin), 3. Platz 1940 (hinter Juhan Kalde und Jaan Miil). Meister im freien Stil wurde er 1937 (vor Palusalu), 1938 (vor Karklin), 1939 (vor Karklin), 1945, 1947, 1948, 1949 und 1951

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно сделать НИР?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Kotkas — ist der Name folgender Personen: Johannes Kotkas (1915–1998), estnischer Ringer Kalevi Kotkas (1913–1983), finnischer Leichtathlet Diese Seite ist eine Begriffsklärung zur Unterscheidung mehrerer mit demselben Wort bezeichnet …   Deutsch Wikipedia

  • Alexander Masur — Alexander Grigorjewitsch Masur (russisch Александр Григорьевич Мазур, wiss. Transliteration Aleksandr Grigor evič Mazur; * 30. August/20. September 1913 in Popvka bei Winniza) ist ein ehemaliger sowjetrussischer Ringer. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Alexander Mazur — Alexander Grigorjewitsch Masur (russisch Александр Григорьевич Мазур, wiss. Transliteration Aleksandr Grigor evič Mazur; * 30. August/20. September 1913 in Popvka bei Winniza) ist ein ehemaliger sowjetrussischer Ringer. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Iwan Bogdan — Iwan Gawrilowitsch Bogdan (russisch Иван Гаврилович Богдан; * 29. Februar 1928 in Dmitrowo Belowka in der Oblast Nikolajew) ist ein ehemaliger sowjetischer Ringer. Inhaltsverzeichnis 1 Sportliche Laufbahn 2 Internationale Erfolge 3 Wichtigste… …   Deutsch Wikipedia

  • Alexander Grigorjewitsch Masur — (russisch Александр Григорьевич Мазур, wiss. Transliteration Aleksandr Grigor evič Mazur; * 30. August/20. September 1913 in Popowka, heutige Ukraine; † 16. Dezember 2005) war ein sowjetischer Ringer. Inhaltsverzeichnis 1 Werdegang …   Deutsch Wikipedia

  • Anatoli Parfenow — Anatoli Iwanowitsch Parfenow (russisch Анатолий Иванович Парфенов, wiss. Transliteration Anatolij Ivanovič Parfenov; * 17. November 1924 in Dvornikovo; † 28. Januar 1993 in Moskau) war ein sowjetischer Ringer der Weltklasse. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Parfenow — Anatoli Iwanowitsch Parfenow (russisch Анатолий Иванович Парфенов, wiss. Transliteration Anatolij Ivanovič Parfenov; * 17. November 1924 in Dvornikovo; † 28. Januar 1993 in Moskau) war ein sowjetischer Ringer der Weltklasse. Inhaltsverzeichnis 1… …   Deutsch Wikipedia

  • Mekokischwili — Arsen Mekokischwili (georgisch არსენ მეკოკიშვილი; * 12. April 1912 in Georgitsminda, Bezirk Samegrelo Zemo Svaneti, Georgien; † 5. März 1972 in Moskau) war ein sowjetischer Ringer georgischer Herkunft. Er war 1952 Olympiasieger und 1954… …   Deutsch Wikipedia

  • Gyula Bobis — Gyula Bóbis (* 7. Oktober 1909 in Kecskemet; † 24. Januar 1972 in Budapest) war ein ungarischer Ringer und Olympiasieger 1948 in London. Inhaltsverzeichnis 1 Werdegang 2 Internationale Erfolge …   Deutsch Wikipedia

  • Mustafa Cakmak — Mustafa Çakmak (* 19. Dezember 1909[1] in Sivas; † unbekannt [2]) war ein türkischer Ringer. Er war Vize Europameister 1939 und 1947 im griech. röm. Stil im Halbschwer bzw. Schwergewicht. Inhaltsverzeichnis 1 Werdegang 2 Ergebnisübersicht …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”