Johannes Kahrs (Politiker)

Johannes Kahrs (Politiker)
Johannes Kahrs, Dezember 2008

Johannes Kahrs (* 15. September 1963 in Bremen) ist ein deutscher Politiker (SPD).

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Kahrs ist der Sohn der Bremer Politiker (beide SPD) Wolfgang Kahrs (Rechtsanwalt, Justizsenator von 1971 bis 1987) und Bringfriede Kahrs (Bildungssenatorin von 1995 bis 1999). Er ist in Bremen-Nord aufgewachsen. Seit 15 Jahren hat Kahrs nach eigenen Angaben einen festen Freund. Seine Homosexualität machte er öffentlich, als er in den Bundestag gewählt wurde.

Ausbildung und Beruf

Nach seinem Abitur leistete Kahrs zunächst seinen Wehrdienst als Reserveoffiziersanwärter ab. Seit Juli 2007 bekleidet er den Rang eines Oberleutnants der Reserve.

Er studierte nach dem Wehrdienst Rechtswissenschaften an der Universität Hamburg. Während seiner Studienzeit wurde er Mitglied des Hamburger Wingolfs, dessen Senior (Vorsitzender) er von 1989 bis 1991 war. 1990 bis 1992 war er Bundessprecher des Wingolfsbundes. Nach dem ersten Staatsexamen trat er in die SAGA ein, in der er zuletzt als Stabsstellenleiter tätig war.

Politik

Partei

Seit 1982 ist Kahrs Mitglied der SPD. Er engagierte sich zunächst bei den Jungsozialisten, deren Hamburger Landesvorstand er zwei Jahre angehörte.

1992 erstattete Silke Dose, Mitglied im Hamburger Juso-Landesvorstand und innerparteiliche Konkurrentin, Anzeige wegen wiederholter, nächtlicher anonymer Telefonanrufe. Sie vermutete einen Stalker. Die Fangschaltung der Ermittler ergab Kahrs als Anrufer. Das Strafverfahren gegen Kahrs, in dem ihn Ole von Beust vertrat, wurde gegen Zahlung der Gerichtskosten und eines Bußgeldes von 800 DM eingestellt. Daraufhin forderten ihn im August 1992 über 50 Hamburger Sozialdemokraten erfolglos zum Rücktritt von allen politischen Ämtern auf. [1]

Seit 2002 ist Kahrs Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes Hamburg-Mitte. Bei der vorletzten Wahl zum Landesvorstand im März 2007 wurde Kahrs zunächst nicht gewählt. In der Nachwahl im Juni 2007 wurde er jedoch mit einer Stimme Mehrheit erneut in den Landesvorstand der Hamburger SPD gewählt. Bei der letzten Wahl in den Landesvorstand der Hamburger SPD erreicht Kahrs im ersten Wahlgang die notwendige Stimmenzahl. Bei der letzten Wahl zum Kreisvorsitzenden in Hamburg-Mitte erreichte er eine Zustimmung von 98 % der Delegierten.

2005, bei der Auseinandersetzung um die Nachfolge von Klaus Uwe Benneter als Generalsekretär der SPD, setzte sich Kahrs für Kajo Wasserhövel, den vorgeschlagenen Kandidaten des Parteivorsitzenden Franz Müntefering, ein. Nach dem Votum eines Großteils des SPD-Parteivorstands für Andrea Nahles, welche zur SPD-Linken gezählt, und dem danach erfolgten Rücktritt des Vorsitzenden Franz Müntefering sprach Kahrs von einem Dolchstoß, was ihm auch in Teilen der SPD-Rechten Kritik einbrachte. Aufgrund von Anfeindungen aus Teilen der Partei verzichtete Andrea Nahles auf die Kandidatur zur Generalsekretärin und lehnte auch das Amt der stellvertretenden Parteivorsitzenden ab.

Kahrs wurde im November 2008 (auch von Teilen der Hamburger SPD) vorgeworfen, er habe im Kreis Eimsbüttel mit Hilfe der für ihn arbeitenden Jusos verdeckt eine Mehrheit gegen Niels Annen organisiert und damit dessen Bundestags-Direktmandat zugunsten des Hamburger Juso-Vorsitzenden Danial Ilkhanipour vereitelt. Öffentlich forderten daraufhin die stellvertretende Bundesvorsitzende der Partei Andrea Nahles und Ex-Juso-Chef Björn Böhning den Rückzug Kahrs als Chef des „Seeheimer Kreises[2].

2010 wurde Kahrs mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Über die Verleihung wurde kontrovers in den Medien berichtet[3].

Abgeordneter

Von 1993 bis 1998 gehörte Kahrs der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte an, in der er in den letzten vier Jahren Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses war. Auch nach seinem Ausscheiden aus der Bezirksversammlung gehört er dem Jugendhilfeausschuss weiterhin als von der SPD-Fraktion vorgeschlagenes Mitglied an. Seitdem ist er mehrfach bis heute als Vorsitzender wiedergewählt worden.

Seit 1998 ist Kahrs Mitglied des Deutschen Bundestages. Er ist Sprecher des Seeheimer Kreises. Er ist stets als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Hamburg-Mitte in den Deutschen Bundestag eingezogen. Bei der Bundestagswahl 2005 erreichte er hier 49,5 % der abgegebenen Erststimmen; bei der Bundestagswahl 2009 erhielt er trotz starker Verluste mit 34,6 % der Erststimmen wieder die einfache Mehrheit und wurde erneut direkt gewählt.[4]

Kahrs ist seit 2005 im Bundestag Mitglied im Haushaltsausschuss, im Rechnungsprüfungsausschuss und stellvertretendes Mitglied im Verteidigungsausschuss. Weiterhin ist Johannes Kahrs seit 2009 innerhalb des Haushaltausschusses zuständig für die Haushalte des Bundestages und des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Er ist seit 2008 Beauftragter für die Belange von Lesben und Schwulen in der SPD- Bundestagsfraktion.

Wahlkampfspenden

Das Hamburger Abendblatt berichtete 2006,[5] dass der Rüstungskonzern Rheinmetall für den Bundestagswahlkampf 2005 eine Parteispende unter der Veröffentlichungsgrenze von 10.000 Euro an den Kreisverband Hamburg-Mitte gezahlt habe, wobei die Tatsache, dass Kahrs für die SPD im Verteidigungs- und im Haushaltsausschuss des Bundestags sitzt, kritisch erwähnt wurde. Die Welt berichtet 2006, dass ebenfalls eine Spende vom Panzerhersteller Krauss-Maffei Wegmann - knapp unter der Veröffentlichungsgrenze von 10.000 Euro - an den Kreisverband Hamburg-Mitte geflossen sei[6]. Die Frankfurter Rundschau berichtet am 13. Oktober 2006 unter dem Titel: „Parteispenden: In Kahrs' Unterbezirk ist die Rüstungsindustrie großzügig“ von insgesamt mehr als 60.000 Euro, die aus der Rüstungsindustrie geflossen seien.[7] Die Spende wurde dem Hamburger SPD-Landesvorstand bekannt. Nachdem er bei der Bundestagswahl 2005 ein Direktmandat erhalten hatte, gelangte Kahrs in den Haushaltsausschuss und wurde als SPD-Berichterstatter zuständig für den Verteidigungsetat. In der Folge wurde der Projektansatz für den Schützenpanzer Puma, unter anderem hergestellt von den spendenden Rüstungsunternehmen, von zwei auf drei Milliarden Euro erhöht.[8] Im Dezember 2009 berichtete Der Spiegel, in seiner Funktion als Mitglied des Haushaltsausschusses war es Kahrs, "der großes Interesse zeigte, die 'Eagle IV'-Entscheidung zu verzögern", und betonte in diesem Zusammenhang, er sei "Nutznießer mehrerer vierstelliger Spenden der deutschen Panzerbauer an seinen SPD-Bezirk Hamburg-Mitte." Beim Eagle IV handelt es sich um ein gepanzertes Militärfahrzeug einer Schweizer Herstellerfirma, da seinerzeit kein gleichwertiges Fahrzeug eines deutschen Rüstungsunternehmens ohne zeitliche Verzögerung beschafft werden konnte.[9] Kahrs war der einzige SPD-Politiker der am 8. Juli 2011 gegen den Antrag Keine Genehmigung zur Lieferung von Kriegswaffen an Saudi-Arabien gestimmt hat.[10]

Haltung zum Hamburger Volksentscheid

Kahrs unterstützte die von der CDU vorgeschlagenen Änderungen am 2004 durch einen Volksentscheid beschlossenen Wahlrecht. Die Änderungen umfassten unter anderem ein stärkeres Gewicht von Parteilisten und waren innerhalb Hamburgs stark umstritten.[11]

Weitere Mitgliedschaften

Kahrs ist Vorsitzender der Kurt-Schumacher-Gesellschaft und der Helfervereinigung des Technischen Hilfswerks in Hamburg. Er gehört der Arbeiterwohlfahrt (AWO), der Deutschen Hilfsgemeinschaft, dem SC Hamm 02, der Pfadfinderschaft Nordmark, dem Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr, dem FC St. Pauli, dem SC Vorwärts-Wacker 04, dem Bürgerverein zu St. Georg von 1880, der Deutsch Atlantischen Gesellschaft, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, der Europa-Union Parlamentariergruppe Deutscher Bundestag, der Rechtshilfe Polizei e. V., dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, dem Deutschen Nationalkomitee für Denkmalschutz, der Gewerkschaft Ver.di und dem Fröbel e.V an.

Kahrs soll dem Präsidium des Förderkreises Deutsches Heer angehören, was er jedoch gegenüber dem Bundestag nicht angemeldet hatte.[12][13] Er gehört ebenfalls dem Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik[14] an und ist Schatzmeister der Deutschen Atlantischen Gesellschaft[15].

Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. Bericht in der Hamburger Morgenpost
  2. Spiegel Online: Linke fordern Rückzug von "Seeheimer"-Chef Kahrs
  3. Mopo: "Ein Orden als Lachnummer" vom 16. Dezember 2010
  4. Bundeswahlleiter: Ergebnis für den Wahlkreis 019
  5. Hamburger Abendblatt über Parteispenden zur Wahl 2005
  6. Die Welt vom 21. September 2006
  7. Frankfurter Rundschau: Parteispenden: In Kahrs' Unterbezirk ist die Rüstungsindustrie großzügig
  8. [1]
  9. [2]
  10. Bundestag 8. Juli 2011: 17/6529 (Keine Genehmigung zur Lieferung von Kriegswaffen an Saudi-Arabien)
  11. Hamburger Abendblatt vom 27. September 2005
  12. Förderkreises Deutsches Heer e.V.
  13. Abgeordnete verheimlichten Kontakte zu Rüstungslobby, Handelsblatt vom 8. August 2009
  14. Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik e.V.
  15. Deutsche Atlantische Gesellschaft e.V.

Weblinks

 Commons: Johannes Kahrs – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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