Johann Steinwert von Soest

Johann Steinwert von Soest

Johann Steinwert von Soest, eigentlich Johann Grumelkut, (* 1448 in Unna; † 2. Mai 1506 in Frankfurt am Main) war Sänger und Dichter.

Johann Steinwert von Soest und sein Gönner Philipp

Inhaltsverzeichnis

Leben

Johann Steinwert von Soest wird erstmals fassbar 1457 als Singschüler am Patroklusstift in Soest. Bereits 1460 steigt er aufgrund seiner besonderen Begabung in Solmisation und Polyphonie zum Sänger in der Hofkapelle des Herzogs Johann I. von Kleve-Mark auf. Von dort geht er für kurze Zeit nach Brügge, wird dann Capellon im Stift Hardenberg (Overijssel). Von dort wendet er sich, wiederum über Kleve, nach Maastricht, wo er an der Kollegiats- bzw. Kapitelkirche "Unserer lieben Frau" als Succentor angestellt wird. Dort lebt er ausschweifend und gut.

Als er sich zu einer Romreise entschließt, wird er in Köln vom Hermann, dem Propst von St. Gereon, einem Sohn des Landgrafen von Hessen (ab 1480 Erzbischof von Köln) abgefangen und an Ludwig II. von Hessen an den Kasseler Hof weiterempfohlen. Dort wirkt er als Sangesmeister. Nach dem Tod Ludwigs (1471) zog Johann Steinwert weiter nach Heidelberg, wo er die Leitung der Kantorei am Hof von Kurfürst Friedrich I. übernahm.[1] Clara Tott, die musikalisch engagierte Frau des Herrschers, hatte sich für seine Anstellung eingesetzt.[2]

1476 begann Steinwert ein Medizinstudium, welches er 1490 abschloss. Danach wirkte er in Worms und Frankfurt am Main, wo er sich 1500 niederließ, als Stadtarzt.

Wahrscheinlich im Jahr 1480 schließt der Sänger und Dichter die Übersetzung des Limburg-Romans aus dem Flämischen ab. Er widmet sie dem Kurfürsten Philipp. In der Literaturwissenschaft findet Johann von Soest als Übersetzer niederländischer Vorlagen (so des um 1470 übersetzten Haimonskinder-Gedichtes Die Kinder von Limburg, ursprünglich von Hein van Aken) besonderes Augenmerk. Regional beliebt und bekannt ist von Soest durch sein „Spruchgedicht“ zu Ehren der Stadt Frankfurt, das er 1501 veröffentlicht: "Eyn Spruchgedicht zu lob und eer der statt Franckfortt".[3] Rosenfeld und Koller schreiben ihm die Übersetzung des danse macabre von 1485 zu, die später von Knoblochtzer gedruckt wurde und deren handschriftliche Fassung (Kassel) angeblich Pfalzgraf Philipp gewidmet war.[4]

Werke

  • Die Kinder von Limburg. Manfred Klett (Hrsg.). Ed. nach Cod. Pal. Germ. 87, Wien 1975 (Wiener Arbeiten zur germanischen Altertumskunde und Philologie 1974, 4)
  • Eyn Spruchgedicht zu lob und eer der Statt Franckfortt von 1501, wiedergegeben in Zülch (s.u.)
  • Dy gemeyn bicht von 1483, 'ein gereimter Beichtspiegel in fast 1200 deutschen Versen' (Die deutsche Literatur vom späten Mittelalter bis zum Barock. Erster Teil. Das ausgehende Mittelalter, Humanismus und Renaissance, 1370-1520, von Hans Ruppich. Zweite Auflage neu bearbeitet von Hedwig Heger, München: Beck, 1994, S. 63)
  • Wy men wol ein statt regyrn sol, damytt sy lang bestendig blyb von 1495 (vgl. ebd.)
  • Verteidigung der unbefleckten Empfängnis Mariens (1502, vgl. ebd.)
  • Libellus salutis (1493, vgl. ebd.)
  • Autobiographie (um 1505, vgl. ebd.)

Literatur

  • Martina Backes: Das literarische Leben am kurpfälzischen Hof zu Heidelberg im 15. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Gönnerforschung des Spätmittelalters. Tübingen 1992 (Hermaea 68).
  • Hartmut Beckers: Frühneuhochdeutsche Fassungen niederländischer Erzählliteratur im Umkreis des pfalzgräflichen Hofes zu Heidelberg um 1450/80. In: Miscellanea Neerlandica, Elly Cockx-Indestege/Frans Hendrickx (Hrsg.), Band 2, Löwen 1987, S. 237-249.
  • Helmut Birkhan: Die Entstehung des Limburg-Romanes des Johann von Soest und seine Aktualität. In: Studien zur deutschen Literatur des Mittelalters, Rudolf Schützeichel (Hrsg.), Bonn 1979, S. 666-686.
  • Gesa Bonath / Horst Brunner: Zu Johanns von Soest Bearbeitung des Romans 'Die Kinder von Limburg' (1480). In: Deutsche Literatur des späten Mittelalters, Wolfgang Harms / L. Peter Johnson (Hrsg.), Berlin 1975, S. 129-152.
  • Horst Brunner: Johann von Soest, Willibald Pirckheimer – zwei Fallstudien. In: Autorentypen, Walter Haug / Burghart Wachinger (Hrsg.), Tübingen 1991, S. 89-103 (Fortuna Vitrea 6).
  • Heinz-Dieter Heimann: Wy men wol eyn statt regyrn sol. Didaktische Literatur und berufliche Schreiben des Johann von Soest, gen. Steinwert. Soest 1986 (Soester Beiträge 48).
  • C. Rümpler: Horae Belgicae: Studio Atque Opera Hoffmanni Fallerslebensis, 1836, S. 102ff.
  • Jürgen Schläder: Johann von Soest. Sängermeister und Komponist. In: Von Soest – aus Westfalen. Wege und Wirkung abgewanderter Westfalen im späten Mittelalter und in der frühen Neuzeit, Heinz-Dieter Heimann (Hrsg.), Paderborn 1986, S. 25-43.
  • Rita Schlusemann: Das ir begyr wolt halten reyn. Zur Rezeption des 'Limborch'-Romans bei Johann von Soest. In: Amsterdamer Beiträge zur älteren Germanistik 47, 1997, S. 175-196.
  • Walther Karl Zülch: Johann Steinwert von Soest. Der Sänger und Arzt (1448-1506). Frankfurt am Main 1920. Darin Eyn Spruchgedicht zu lob und eer der Statt Franckfortt
  • Rudolf Jung: Soest, Johann Steinwert v.. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 34, Duncker & Humblot, Leipzig 1892, S. 540 f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Nach: Helmut Birkhan: Die Entstehung des Limburg-Romanes des Johann von Soest und seine Aktualität. In: Studien zur deutschen Literatur des Mittelalters. Hrsg. v. R. Schützeichel u. a.. Bonn 1979. S.671ff.
  2. Linda Maria Koldau: Frauen - Musik - Kultur, Böhlau Verlag Köln, Weimar, 2005, Seite 576, ISBN 3412245054; Scan aus der Quelle
  3. Werke nach: Verfasserlexikon Bd. 4: Johann Steinwert von Soest.
  4. Erwin Koller: Das Totentanztextem. Inssbruck 1980. S. 432.

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