Johann Moritz

Johann Moritz
Zeitgenössisches Porträt des Fürsten Johann Moritz
Johann Moritz von Nassau-Siegen
Zeitgenössisches Porträt des Fürsten Johann Moritz

Johann Moritz Fürst von Nassau-Siegen, niederl. Johan Maurits van Nassau-Siegen, genannt: "Der Brasilianer", (* 17. Juni 1604 zu Dillenburg; † 20. Dezember 1679 in Berg und Tal bei Kleve), niederländischer Feldmarschall, geboren als Sohn des Grafen Johann VII. von Nassau-Dillenburg entstammte er dem weitverzweigten Nassauer Fürstengeschlecht, aus dem auch das Haus Oranien hervorging.

Leben

Moritz trat 1621 in die Dienste der holländischen Republik und zeichnete sich unter der Leitung des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien 1626 bei der Belagerung von Groenlo und 1632 vor Maastricht aus.

1636 zum General-Gouverneur der Besitzungen der Niederländischen Westindien-Kompanie in Brasilien (Niederländisch-Brasilien) ernannt, eroberte er, obwohl er nur geringe Streitkräfte zur Verfügung hatte, einen großen Teil des Landes und verwaltete es so vortrefflich, dass es zu hoher Blüte gedieh. Seine umfangreiche, in Brasilien zusammengetragene naturhistorische und ethnographische Sammlung veränderte durch ihre Verbreitung an den europäischen Fürstenhöfen das Bild der Neuen Welt. Eindrucksvolle bildnerische Zeugnisse dieser Expedition sind uns insbesondere durch die Maler Frans Post (1612–1680) und Albert Eckhout (1610–1665) und durch das von Moritz von Nassau intensiv geförderte 12 bändige, von Willem Piso und Georg Markgraf herausgegebene, Werk "Historia Naturalis Brasiliae" erhalten geblieben.

Er entsandte 1637 eine Expedition mit 9 Schiffen und ca. 800 Soldaten an die afrikanische Küste, die für die Holländer die portugiesische Festung und wichtigste Handelsniederlassung an der Küste von Guinea, St. George del Mina, eroberte.

Er drang im Frühjahr 1638 an der brasilianischen Küste südlich vor, belagerte aber vergeblich Bahia.

Nachdem die portugiesische und die spanische Flotte durch die Holländer vor Itamaracá (12.–17. Januar 1640) beinahe ganz vernichtet worden waren, begann der Krieg in Brasilien aufs neue und wurde mit großer Grausamkeit geführt. Um die große Anzahl von Abenteurern unter seinen Fahnen zu beschäftigen, unternahm er eine Expedition nach Chile (1643).

In Brasilien wurden zwei von ihm gegründete Orte nach ihm benannt, die Festung Moritzschloss an der Mündung des Rio São Francisco und die Stadt Mauritsstad (Moritzstadt, heute Recife).

1644 nach Holland zurückgekehrt, wurde er zum Gouverneur von Wesel und General der Reiterei ernannt. Seine Freundschaft mit dem brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Wilhelm, den er 1635 kennengelernt hatte, festigte sich, als dieser 1646 Louise Henriette, die älteste Tochter des niederländischen Statthalters Friedrich Heinrich von Oranien heiratete. 1647 ernannte ihn der Kurfürst zu seinem Statthalter in Kleve und Mark, ab 1658 auch von Minden. Als niederländischer Kommandant der rechtsrheinischen Festungen und als brandenburgischer Statthalter hatte Johann Moritz somit eine Doppelfunktion inne, die ihn zu einem Garanten der Stabilität der westlichen Territorien Brandenburgs machte.

Seine Erfahrungen, sein Verhandlungsgeschick und die guten Kontakte prädestinierten ihn für hochrangige diplomatische Missionen im Dienste Brandenburgs. 1652 erhob ihn Kaiser Ferdinand III. in den Reichsfürstenstand. Im gleichen Jahr wurde Johann Moritz auf Antrag des Großen Kurfürsten zum Meister des Johanniterordens der Ballei Brandenburg ernannt. Auch dieses Amt bekleidete er mit großem Erfolg. Es gelang ihm, das durch den Dreißigjährigen Krieg verwüstete Ordensgebiet wirtschaftlich und kulturell zu entwickeln. Dazu gehörte auch die Neubau des Johanniterschlosses in Sonnenburg/Neumark.

Der Bau- und Gartenkunst, mehr noch einer großräumigen Landschaftsgestaltung galt seine besondere Leidenschaft. Als Johann Moritz 1679 starb, hatte der Fürst, dessen Motto bereits in jungen Jahren Qua patet orbis (Soweit der Erdkreis reicht) lautete, dank seiner geografisch weit gestreuten Ämter von Brasilien bis in die Neumark zahlreiche Residenzen und Landschaften gestaltet.

Von weitreichender kunst- und kulturhistorischer Bedeutung ist sein Beitrag zur Verbreitung der palladianisch-klassizistischen Architektur nördlich der Alpen. Während seines Aufenthaltes am statthalterlichen Hof in Den Haag ließ sich Johann Moritz von Jacob van Campen (1595–1657) ein repräsentatives Stadtpalais, das Mauritshuis, errichten. Mit diesem Bau entstand erstmalig in den Niederlanden ein in Grund- und Aufriss rein klassizistischer Bau auf Grundlage der italienischen Architekturtheorie.

Durch Johann Moritz wurde der neue holländische Klassizismus auch nach Brandenburg exportiert. Von Anfang an widmete er sich der Modernisierung und Erweiterung der statthalterlichen Residenz Kleve. Auf großartige Weise bezog er ihre hügelige und waldreiche Umgebung in ein System von Alleen, Kanälen und Sichtachsen ein, die blühende Gärten und kleine Schlösser miteinander verbanden. Ohne Zweifel waren die Klever Anlagen Vorbild für die vom Großen Kurfürsten geplante Verschönerung der Insel Potsdam. Die seit 1646 in Berlin angelegten Sichtachsen, die auf das Stadtschloß ausgerichtet waren (u.a. die spätere Allee Unter den Linden), wurden unter Leitung von Johann Moritz konzipiert, der den Großen Kurfürsten zudem in allen Fragen der Architektur- und Gartengestaltung beriet. Er vermittelte Baumeister, Festungsingenieure, Maler, Bildhauer und Handwerker an den Berliner Hof und war neben der Kurfürstin Louise Henriette der wichtigste Vermittler niederländischer Kunst in Brandenburg.

1658 war er als brandenburgischer Gesandter bei der Wahl Kaiser Leopold I. in Frankfurt tätig, schloss 1661 den Defensivvertrag zwischen England und Brandenburg ab, erhielt 1665 das Kommando der holländischen Truppen gegen Münster, wurde 1671 erster Feldmarschall der Niederlande, befehligte die Holländer im Krieg gegen Ludwig XIV. (1672–74) und nahm an der Schlacht bei Senef 11. August 1674 hervorragenden Anteil.

Im Jahr 1668/69 ließ er in Siegen die Fürstengruft als Grablege für sich und seine Nachfolger anlegen. Außerdem begann noch zu seinem Lebzeiten 1668 der Ausbau des „Nassauerischen Hofes“ zum Unteren Schloss Siegen. 1674 wurde er Gouverneur von Utrecht und trat 1676 ins Privatleben zurück. Er starb am 20. Dezember 1679 in Berg und Tal bei Kleve (dort, im Ortsteil Schneppenbaum der Gemeinde Bedburg-Hau befindet sich seine Grab-Tumba) und ist in Siegen beigesetzt. Sein Palast in Den Haag war das Moritzhaus (jetzt Museum). In der nahe der Stadt Kleve gelegenen Stadt Emmerich am Rhein ist heute eine Bundeswehrkaserne nach ihm benannt. Seit 1948 trägt eine 1886 gegründete Rektoratschule in Siegen den Namen "Fürst-Johann-Moritz-Gymnasium".

Literatur

  • Heinrich von Achenbach: Aus des Siegerlandes Vergangenheit. Bd. I, ergänzter Nachdruck der Ausgabe Siegen 1895, Kreuztal 1981.
  • Heinrich v. Achenbach: Geschichte der Stadt Siegen. 2 Bde., Nachdruck der Ausgabe Siegen 1885, Siegen 1978/80.
  • Ludwig Bald: Das Fürstentum Nassau-Siegen. Territorialgeschichte des Siegerlandes Marburg 1939 (= Schriften des Instituts für geschichtliche Landeskunde von Hessen uns Nassau, 15, hrsg. von Edmund E. Stengel).
  • E. van den Boogaart (Hrsg.): Johan Maurits van Nassau-Siegen 1604–1679. The Hague 1979.
  • E. van den Boogaart und F.J. Duparc (Hrsg.): Zo wijd de wereld strekt. Ausstellungskatalog Mauritshuis, Den Haag 1979.
  • Friedrich Wilhelm Cuno: Fürst Johann Moritz 1604–1679. In: Gedächtnisbuch dt. Fürsten und Fürstinnen reform. Bekenntnisses. Lfg. 3/4, Barmen o. J., S. 95-101.
  • Adriaan W. E. Dek: Genalogie van het vorstenhuis Nassau. Zaltbommel 1970.
  • Karl E. Demandt: Das Siegerland im Widerstereit von Glauben, Recht und Politik 1607–1651. In: Hess. Jb. f. LG. 32. 1982, S. 175–206.
  • Ludwig Driesen: Leben des Fürsten Johann Moritz von Nassau-Siegen. ND der Ausgabe von 1849, Kleve 1979.
  • Pierre Even: Ein Nassauer in Brasilien: Johann Moritz Fürst zu Nassau-Siegen (* 1604, † 1679). In: Sonnenberger Echo. Nr. 66, Wiesbaden 2004, S. 9-14.
  • Wilhelm Faust: Nassau-Siegen und seine Grafen zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges. In: Heimatland. Jg. 11, 1936, S. 33-183.
  • Otto Glaser: Prinz Johann Moritz von Nassau-Siegen und die niederländischen Kolonien in Brasilien. Berlin 1938.
  • Johann Moritz, Fürst zu Nassau-Siegen (1604–1679). Ausstellung zur 300. Wiederkehr seines Todestages, Siegen 1979.
  • Alfred Lück: Das Haus Nassau-Siegen und der dänische Elefantenorden. In: Siegerland, Blätter des Siegerländer Heimatvereins e.V. Bd. 31 (1954), S. 65-66.
  • Alfred Lück: Zur Lebensgeschichte des Fürsten Johann Moritz von Nassau-Siegen. In: Siegerland, Blätter des Siegerländer Heimatvereins e.V. Bd. 37 (1960), S. 11-23.
  • P.L. Müller: Johann Moritz, Fürst von Nassau-Siegen. In: Allgemeine Dt. Biographie. Bd. 14, Leipzig 1881, S. 268-272.
  • Hugo Novak: Johann Moritz von Nassau-Siegen. In: Siegerland, Blätter des Siegerländer Heimatvereins e.V. Bd. 31 (1954), S. 49-59.
  • Wolfgang Rudolf: Die Erhebung der Grafen von Nassau in den Reichsfürstenstand. Berlin 1921.
  • Soweit der Erdkreis reicht. Johann Moritz von Nassau-Siegen 1604–1679. hrsg. von der Stadt Kleve, Kleve 1979.
  • Gerhard Specht: Johann VIII. von Nassau-Siegen und die katholische Restauration in der Grafschaft Siegen. Paderborn 1964 (=Studien und Quellen zur westfäl. Geschichte, Bd.4).
  • Alfred Stange: Johann Moritz von Nassau-Siegen im Rahmen der niederländisch-deutschen Kunstbeziehungen. In: Siegerland, Blätter des Siegerländer Heimatvereins e.V. Bd. 31 (1954), S. 37-48.
  • H.S. Van der Straaten: Maurits de Braziliaan. Amsterdam 1998.

Weblinks



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