Johann Heinrich Suhrkamp

Johann Heinrich Suhrkamp

Peter Suhrkamp (* 28. März 1891 in Hatten; † 31. März 1959 in Frankfurt am Main; eigentlich Johann Heinrich Suhrkamp) war ein deutscher Verleger und Gründer des Suhrkamp Verlags.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Schaffen

Peter Suhrkamp war Bauernsohn aus Kirchhatten bei Oldenburg. Er meldete sich 1914 als Kriegsfreiwilliger und wurde unter anderem als Infanterist und Bataillons-Patrouilleführer eingesetzt. Für seine Verdienste als Stoßtruppführer erhielt er den Hohenzollern-Hausorden für „besondere Tapferkeit“, erlitt aber nach den Erlebnissen an der Front einen Nervenzusammenbruch. Nach dem Krieg studierte er Germanistik in Heidelberg, Frankfurt am Main und München. Nebenbei arbeitete er als Lehrer an der Odenwaldschule und der Freien Schulgemeinde Wickersdorf.

Von 1921 bis 1925 war er als Dramaturg und Regisseur am Landestheater Darmstadt angestellt. Von 1925 bis 1929 unterrichtete Suhrkamp erneut als Lehrer an der Freien Schulgemeinde Wickersdorf, deren pädagogischer Leiter er von 1926 an war. 1929 gab er den Lehrerberuf endgültig auf und übersiedelte nach Berlin, wo er als freier Mitarbeiter des Berliner Tageblatts und des bei Ullstein erscheinenden Monatsmagazins Uhu tätig war. Während dieser Zeit war er zweimal verheiratet.

1932 wurde Suhrkamp Mitarbeiter des S. Fischer Verlags, zunächst als Herausgeber der Zeitschrift Die Neue Rundschau; von 1933 an gehörte er dem Vorstand an. 1935 heiratete Suhrkamp Annemarie Seidel und kaufte ein Jahr später den Teil des S. Fischer Verlags, der nicht von Gottfried Bermann Fischer ins Exil nach Wien transferiert werden konnte. Er leitete den Verlag bis April 1944 weiter, als er wegen angeblichen Hoch- und Landesverrats von der Gestapo verhaftet wurde. Im Februar 1945 wurde er auf dem Krankheitshöhepunkt einer schweren Lungenkrankheit auf Betreiben von Baldur von Schirach[1] aus dem KZ Sachsenhausen entlassen.

Nach der deutschen Kapitulation erhielt er am 8. Oktober 1945 die erste Verlagslizenz von der britischen Militärregierung in Berlin und begann mit dem Neuaufbau des Unternehmens. Er kooperierte mit Bermann Fischer, dessen Bücher er zum Teil in deutschen Lizenzausgaben herausbrachte. 1950 kam es statt zur zunächst ins Auge gefassten Fusion zum Bruch zwischen Bermann Fischer und Suhrkamp und zur Gründung des Suhrkamp Verlags sowie zur Neugründung des S. Fischer Verlags in Frankfurt am Main. Die Gründung des „neuen“ Suhrkamp-Verlags geht maßgeblich auf Initiative von Hermann Hesse zurück, der Suhrkamp in dieser Hinsicht moralisch unterstützte und auch die Kontakte zu den Geldgebern des Verlages, die Schweizer Familie Reinhart, herstellte. Die Autoren des ursprünglichen Unternehmens „Suhrkamp Verlag, vormals S. Fischer“, konnten dabei wählen, ob sie weiterhin von Peter Suhrkamp oder von Bermann Fischer verlegt werden wollten. Die Mehrheit der 48 Autoren entschied sich dabei für Peter Suhrkamp.

1957 erhielt er die Ehrenmitgliedschaft der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.

Suhrkamp war Verleger von Autoren wie Theodor W. Adorno, Samuel Beckett, Bertolt Brecht, T. S. Eliot, Max Frisch, Ernst Penzoldt, Rudolf Alexander Schröder, Martin Walser und Carl Zuckmayer. Einen kleinen Einblick in sein persönliches Verhältnis zu „seinen“ Autoren gibt der Band Briefe an die Autoren. Suhrkamp hat sich selber auch als Autor und als Übersetzer versucht. Er lancierte mit der Bibliothek Suhrkamp eine erste Buchreihe mit literarischen, aber auch (geistes)wissenschaftlichen Texten des 20. Jahrhunderts. Zur sprichwörtlich gewordenen „Suhrkamp-Culture“ trug wesentlich sein 1951 eingestellter Lektor Siegfried Unseld bei, der dann nach seinem Tod 1959 auch sein Nachfolger – als Verlagsleiter und alleinverantwortlicher Gesellschafter – wurde.

Peter Suhrkamp starb im Frankfurter Universitätsklinikum und wurde nach einer Feuerbestattung auf dem Friedhof der Inselkirche St. Severin in Keitum auf Sylt beigesetzt. Laut seinem handgeschriebenen Testament sollte seine Asche auf Sylt in die Nordsee gestreut werden, diese Art der Bestattung war jedoch rechtlich unzulässig. Die Urnenbeisetzung in Keitum an der Wattmauer des Friedhofs geht auf die Initiative Siegfried Unselds zurück, der dafür die Zustimmung von Suhrkamps letzter Ehefrau einholte; am Tag nach dem Tode Suhrkamps wäre der Scheidungstermin mit seiner Frau gewesen. Seine Mutter, zu der er eine ambivalente „Nicht-Beziehung“ hatte, starb 14 Tage nach ihm im Alter von 91 Jahren.

Werke

Als Autor

  • Brief an einen jungen Freund, Suhrkamp, Berlin und Frankfurt am Main 1951 (erstmals 1946 als Brief an einen Heimkehrer veröffentlicht), ISBN 978-3-518-04395-0
  • Munderloh. Fünf Erzählungen, Suhrkamp (BS 37), Berlin und Frankfurt am Main 1957, ISBN 978-3-518-01037-2
  • Der Leser. Reden und Aufsätze (hg. v. Hermann Kasack), Suhrkamp (BS 55), Frankfurt am Main 1960, ISBN 978-3-518-01055-6
  • Briefe an die Autoren (hg. v. Siegfried Unseld), Suhrkamp (BS 100), Frankfurt am Main 1963 (erschien bereits 1961 als Privatdruck), ISBN 978-3-518-01100-3

Als Herausgeber

  • Deutscher Geist. Ein Lesebuch aus zwei Jahrhunderten. Einführung von Peter Suhrkamp (hg. v. Oskar Loerke u. Peter Suhrkamp), 2 Bände S. Fischer, Berlin 1940; revidierte, erweiterte Auflage: Suhrkamp, Berlin und Frankfurt am Main 1953
  • Bertolt Brechts Gedichte und Lieder. Auswahl von Peter Suhrkamp, Suhrkamp (BS 33), Berlin und Frankfurt am Main 1956, ISBN 978-3-518-01033-4

Als Übersetzer

  • T. S. Eliot: Old Possums Katzenbuch. üb. v. Erich Kästner, Carl Zuckmayer u.a., Suhrkamp (BS 10), Berlin und Frankfurt am Main 1952, ISBN 978-3-518-01010-5
  • T. S. Eliot: Der Privatsekretär. Komödie. Aus dem Englischen von Nora Wydenbruck und Peter Suhrkamp, Suhrkamp (BS 21), Berlin und Frankfurt am Main 1954

Literatur

  • Siegfried Unseld (Hrsg.): In memoriam Peter Suhrkamp. Privatdruck für die Freunde des Verlages, Suhrkamp, Frankfurt am Main o. J. (1959); darin enthalten (S. 157–163: Vorläufige Bibliographie v. Helene Ritzerfeld)
  • Siegfried Unseld: Peter Suhrkamp. Zur Biographie eines Verlegers in Daten, Dokumenten und Bildern, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2004, ISBN 3-518-45597-4
  • Siegfried Unseld (Hrsg.): Hermann Hesse – Peter Suhrkamp. Briefwechsel 1945–1959, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1969
  • Wolfgang Schopf (Hrsg.): „So müßte ich ein Engel und kein Autor sein“. Adorno und seine Frankfurter Verleger. Der Briefwechsel mit Peter Suhrkamp und Siegfried Unseld, Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 978-3-518-58375-3

Einzelnachweise

  1. Nuremberg Trial Proceedings, Vol. 14, p. 438

Weblinks


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