Johann Baptist Röschel

Johann Baptist Röschel
Johann Baptist Röschel

Johann Baptist Röschel, auch Roeschel, (* 9. Mai 1652 in Ödenburg; † 27. Mai 1712 in Wittenberg) war ein deutscher Physiker und lutherischer Theologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Als einziges Kind eines angesehenen Kaufmanns namens Caspar Röschel und seiner Mutter Anna (geb. Spreitzin) geboren, mangelte es ihm in seiner frühsten Jugend an nichts. Nach dem Besuch des Gymnasiums seiner Heimatstadt, bezog er am 3. Mai 1672 die Universität Wittenberg. Der Wunsch seiner Eltern war, dass er ein Theologe wird. Daher fand er Aufnahme im Hause Michael Walthers und hörte bei Konrad Samuel Schurzfleisch an der philosophischen Fakultät. nachdem er seinen Magister an der selbigen Fakultät am 16. Oktober 1677 gemacht hatte, fand er drei Jahre später am 10. Dezember 1680 Aufnahme als Adjunkt in die selbige.

Im Anschluss daran unternahm er eine Bildungsreise und machte so die Bekanntschaft von Johann Christoph Sturm, Gottfried Thomasius, Gottfried Wilhelm Leibniz und Johann Ehrenfried Walter von Tschirnhaus. Zurückgekehrt nach Wittenberg setzte er seine Vorlesungen fort und damit er auch Vorträge in den theologischen Wissenschaften halten konnte, widmete er sich der Theologie. Durch seine Disputation „De fide Nicana“ fand er Aufnahme in die theologische Fakultät, was gleichbedeutend mit dem akademischen Grad eines Baccalareus der Theologie ist. Als seine Eltern verstorben waren, erbte er eine damals nicht unansehnliche Summe von 20000 Talern. Damit baute er sich eine private Bibliothek auf und verlieh des Öfteren aus seinem Bestand Bücher. Dies bewog die Universität ihm zum Universitätsbibliothekar zu bestellen. Im März 1693 wurde er Professor der Physik.

Die Berufung des Theologen und Philosophen in das Lehramt der Physik bedeutete, dass keiner geeigneter schien, Gottlose und Ketzer zu bekämpfen als ein Theologe. Die Physik bringe die meisten Gottlosen hervor, weil die Naturforscher vornehmlich in der Natur die Gründe physikalischer Erscheinungen ermitteln müssen. Röschel züchtigte in Wort und Schrift unermüdlich jene Interpreten der Natur, deren Ansichten er möglichst an der Quelle, vornehmlich in von ihm erworbenen niederländischen, französischen und britischen Werken, aufsuchte. Ebenso wenig scheute er Kosten, um sich Instrumente für seine Experimentalvorlesungen anzuschaffen. Er nahm also sein eigentliches Lehrfach ernst.

Als er sich 1694 zusätzlich um die ausgeschriebene Professur der Logik und Metaphysik bewarb, konnte er auf etwa 20 in diesem Doppelfach gehaltene Collegia repetitoria und disputatoria zurückblicken. Naturgeschichte lehrte er auf der Basis der in den letzten 60 Jahren von naturwissenschaftlichen Akademien und Sozietäten erzielten neuen Erkenntnisse. Weil Mathematik zum Studium der Physik höchst nötig war und physikalische Demonstrationen ohne mathematische Kenntnisse nicht angestellt werden konnten, schaffte er sich auch seltene mathematische Bücher und teure Instrumente an.

1700 erwarb er sich am 21. April das Lizentiat und am darauf folgenden Tag den 22. April promovierte er zum Doktor der Theologie. Daraufhin bewarb er sich 1706 um eine außerordentliche theologische Professur und begründete seinen Antrag damit, dass ihm auf diese Weise eine „cathedra Theologica” eröffnet würde. Er könne dann als Philosoph und Theologe auch gelegentlich „problema mixta” behandeln, um auf der „reinen Lutherischen Akademie” gegen Schriften polemisieren zu können, die auf dem Boden des Cartesianismus, Coccejanismus und Poiretianismus stehen. Die theologische Fakultät erkannte in ihrem Gutachten seine Gelehrsamkeit in Philosophie und Theologie an, riet jedoch wegen seiner „schwachen Leibeskonstitution”, die seine Vorlesungstätigkeit beeinträchtige, von einer Berufung ab. Der König folgte dem Votum der Universität, die sich für Röschel wegen seiner Ausgaben in der Kirchengeschichte entschieden hatte.

Röschel ließ sich während dieser Verhandlungen einen Substituten, seinen Vetter Johann Heinrich von Heucher zuordnen. Wie die Universität erklärte, geschah das nicht deswegen, als ob er unfähig geworden wäre, die Physik-Professur zu verwalten, sondern darum, dass er so beide Fächer desto besser betreiben könne. Röschel selbst hatte 1705 in seinem diesbezüglichen Gesuch angegeben, wegen nachlassender Sehkraft nicht mehr allein die mechanischen, optischen, hydrostatischen, chemischen und anatomischen Observationen und Operationen ausführen zu können. Nachdem Röschel verstorben war, wurde seine Bibliothek versteigert.

Familie

Aus seiner Ehe mit Johanna Elisabeth NN., sind folgende Kinder bekannt:

  • Johanna Magdalena (* 4. Februar 1702 in Wittenberg)
  • Johann Samuel (* 22. Oktober 1704 in Wittenberg)
  • Anna Magaretha (* 30. Dezember 1710 in Wittenberg)

Werke

  • de philosophia conciliatrice
  • de criteriis veritatis physicae
  • de initiis rerum naturalium
  • de historia Physices
  • de Physica ad certitudinem geometricam adspirante
  • Positiones, in quibus Cartensii, Gaffendi & recentissimorum quorumque Philosophorum sententias vocavit sub examen.
  • de determiniatione motus
  • de nisu, ultima motus ratione
  • de Teletis, seu Graecorum Theologia physica
  • de Teletarum & mysteriorum traditione
  • de divino in macrocosmo
  • de thermometri natura & fide
  • de forma anni Patriarcharum antiquissima
  • de admiranda vi refractionis circa defectus horizontales, ad Plin. Lib. II. C. 13
  • de natura & consttutione Theologiae Exegeticae
  • de conscientia
  • MSturm alchymisticum
  • Sarcmasii Scholia

Literatur

  • Heinz Kathe: Die Wittenberger Philosophische Fakultät 1501–1817. Böhlau, Köln 2002, ISBN 3412044024
  • Walter Friedensburg: Geschichte der Universität Wittenberg. Max Niemeyer, Halle (Saale) 1917
  • Michael Ranfft: Leben und Schriften aller Chursächsischen Gottesgelehrten, … Wolfgang Deer, Leipzig 1742

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