Jodocus Trutfetter

Jodocus Trutfetter

Jodocus Trutfetter (auch: Jodocus von Eisenach, Jodocus Isenacensis, Justus Trautvetter, Doktor Eisenach; * um 1460 in Eisenach; † 9. Mai 1519 in Erfurt) war ein deutscher katholische Theologe, Logiker, Rhetoriker und Philosoph.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Über Trutfetters Eisenacher Eltern ist nichts bekannt. Man kann annehmen, dass sie ihren Sohn, wie Plitt schreibt, in aller gebotenen (mittelalterlichen) Frömmigkeit erzogen. Sie sandten ihn, so bald sein Alter dieses zuließ, auf die benachbarte Erfurter Universität. In einem Alter, das man fast noch als Knabenalter bezeichnen muss, immatrikulierte sich Trutfetter den 18. Oktober 1476, dem Tag des heiligen Lukas, mit 167 anderen Studierenden unter dem Rektorat des Konrad Schechteler von Alsfeld an der Universitas studii Erffordensis. Von dieser Zeit an blieb Trutfetter über einen Zeitraum von dreißig Jahren in Erfurt, so dass er ganz, wie sein moderner Biograph Plitt schreibt, mit dieser Stadt verwuchs.

Noch unter der alten Scholastik stehend, brachten die ersten universitären Lehrkräfte aus Prag die moderne terministische Logik nach Erfurt mit, die in einer durch den Kampf gegen die Hussiten sich verstärkenden Frontstellung gegen den Universalienrealismus, den diese von John Wyclif übernahmen, stand. In Ablehnung des Realismus wurde kein bestimmter Scholastiker präferiert. Erst nach dem Hervortreten der Schulbildungen nach 1450 wandte sich die Erfurter Universität der via moderna zu, „bis schließlich Jodocus Trufetter [...] und Bartholomäus Arnoldi aus Usingen [...] sich 1497 auf die ockhamistische Universalienlehre festlegten und entsprechende Lehrbücher folgen ließen“ (Junghans 1982, 141).

An der Erfurter Universität erwarb Trutfetter als Schüler des Johannes Buridanus 1478 den ersten akademischen Grad eines Baccalaureus der freien Künste erwarb. 1484 wurde er Magister und übernahm an der philosophischen Fakultät eine Professur der Logik. Zudem beschäftigte er sich mit der scholastischen Theologie, erwarb 1493 das Lizentiat der Theologie, ließ sich im selben Jahr zum Priester weihen, übernahm bis 1501 ein Pfarramt an der St. Andreaskirche und promovierte am 14. Oktober 1504 zum Doktor der Theologie. Nachdem er in den Wintersemestern 1493, sowie 1499 Dekan der philosophischen Fakultät geworden war, befasste er sich seit dem 29. April 1501 auch mit den Rechtswissenschaften und stand der juristischen Fakultät im Wintersemester des gleichen Jahres als Dekan vor. Zuvor hatte er jedoch als Rektor im Sommersemester 1501 gewirkt.

Da er 1505 aus politischen Gründen bei einer Lehrstuhlbesetzung in Erfurt übergangen wurde, wendete er sein Augenmerk auf die 1502 neu entstandene Universität Wittenberg. Am 9. Dezember 1506 trat er eine Stelle als Archidiakon an der Wittenberger Schlosskirche an, erhielt im darauf folgenden Jahr eine theologische Professur und bekleidete im Wintersemester 1507 das Rektorat der Wittenberger Hochschule. Trutfetter war ein glänzender Vertreter der via moderna, der dem Humanismus aufgeschlossen war und beispielsweise mit dem Humanisten Christoph von Scheurl in Wittenberg freundschaftlich verkehrte. Nachdem sich 1510 in Erfurt die politische Lage gebessert hatte, kehrte er wieder dorthin zurück. In Erfurt erhielt Trutfetter 1510 eine Stelle als Archidiakon am Erfurter Dom und bekleidete damit automatisch eine theologische Professur an der Hochschule.

Trutfetter, der sich genauso wie Bartholomäus von Usingen mit den Grundfragen Wilhelm von Ockhams beschäftigte, hatte durch sein Geschick als ausgezeichneter Rhetoriker und scharfsinniger Dialektiker bei der Quodlibetdisputation von 1497 bereits an der Erfurter Universität für ein neues Denken gegenüber der Scholastik des Mittelalters gewirkt. Aus dem Drang, die Welt mit der menschlichen Vernunft zu erfassen, bildete er ohne Frage auch die Frühformen des Erfurter Humanismus mit, dem er als Spätscholastiker offen gegenüberstand. Sein einstiger Erfurter und Wittenberger Schüler Martin Luther griff diesen Ansatz auf und formte ihn zu einer neuen, von Trutfetter abgelehnten Bewegung.

Schriften

  • Summa de dialectica insignis [vor 1500]
  • Veterifartis [zusammengedruckt aus Veteris artis]
  • Analyticorum, Topicorum et Elenchorum Aristotelis Succinctum et breviculum Interpretamentum
  • Explanatio [Explicatio] in nonnulla Petri Burdegalensis
  • Compendiaria et admodum brevis pervulorum logicorum explanatio, non sine dubitationum in his intercurrentium quo exercitium. [Erfurt ca. 1501] [1]
  • Breviarium dialecticum. [2]
  • Summula totius logicae
  • Epitome seu breviarium dialectiae, hoc est disputatrices scientiae iterum iam recusum. Erphordia 1512. [3]
  • Summa in tota[m] physicen, hoc est philosophiam naturalem conformiter siquidem ver[a]e sophi[a]e: que est Theologia. Erffordie 1514. [4]
  • Summa philosophiae naturalis contracta. Erphordia 1517. [5]
  • Totius Philosophiae naturalis Compendium
  • Epistolae et orationes complures

Literatur

A Zu Trutfetter

  • Jakob Franck: Jodocus von Eisenach (1. Art.). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 14, Duncker & Humblot, Leipzig 1881, S. 111 f.
  • O. Liebmann: Jodocus von Eisenach (2. Art.). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 38, Duncker & Humblot, Leipzig 1894, S. 691.
  • Immanuel Gottlieb Moser: Luthers Lehrer in Erfurt, Dr. Theol. Justus (Jodocus*) Trautvetter aus Eisenach, gewöhnlich Jodocus Isenacensis genannt, und seine Schriften. In: Serapeum. Zeitschrift für Bibliothekwissenschaft, Handschriftenkunde und ältere Litteratur. Herausgegeben von Robert Neumann. Band 1. Nummer 24. Verlag Theodor Oswald Weigel. Leipzig 1840. S. 369–375.
  • Robert Naumann: Nachtrag zu Num. 24. des vorigen Jahres. In: Serapeum. Zeitschrift für Bibliothekwissenschaft, Handschriftenkunde und ältere Litteratur. Herausgegeben von Robert Neumann. Band 2. Nummer 5. Verlag Theodor Oswald Weigel. Leipzig 1841. S. 79–80.
  • Gustav Plitt: Jodokus Trutfetter von Eisenach[,] der Lehrer Luther in seinem Wirken[,] geschildert von Dr. Gustav Plitt, ordentl.[ichem] Professor der Theologie. Verlag A.[ndreas] Deichert. Erlangen 1876. 2, 60 Seiten.
  • Josef Pilvousek: Jodocus Trutfetter (1460 – 1519). Nominalist des „Erfurter Modells“ – Lehrer Luthers – Inquisitor. In: Wissenschaft als Beruf. Der Standort Erfurt. Sonderausstellung der Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha aus Anlass des 10. Jahrestages der [Wieder-]Gründung der Universität Erfurt, 3. Mai bis 5. Juni 2004. Erfurt 2004. II, 64 Seiten. S. 7–12.

B Zu der Erfurter Universität

  • Wilhelm Kampschulte: Die Universität Erfurt in ihrem Verhältnisse zu dem Humanismus und der Reformation. Aus den Quellen dargestellt. 2 Bände. Verlag Lintz. Trier 1858–1860. Nachdruck beider Teile Aalen 1970.
  • Theil 1: Der Humanismus. X, 260 Seiten.
  • Theil 2: Die Universität Erfurt und die Reformation. Ein Beitrag zur Reformationsgeschichte. X, 280 Seiten.
  • Erich Kleineidam: Universitas studii Erffordensis. Überblick über die Geschichte der Universität Erfurt im Mittelalter 1392–1521. 4 Bände. St.-Benno-Verlag. Leipzig 1964–1981.
  • Band 1: 1392–1460. Als: Erfurter theologische Studien. Band 14. 1964. XXVI, 402 Seiten.
  • Band 2: 1460–1521. Als: Erfurter theologische Studien. Band 22. 1969. XVIII, 400 Seiten.
  • Band 3: Die Zeit der Reformation und Gegenreformation. 1521–1632. Als: Erfurter theologische Studien. Band 42. 1980. XX, 316 Seiten.
  • Band 4: Die Universität Erfurt und ihre Theologische Fakultät von 1633 bis zum Untergang 1816. Als: Erfurter theologische Studien. Band 47. 1981. XXIV, 376 Seiten.
  • Helmar Junghans: Erfurt, Universität. In: Theologische Realenzyklopädie. Band 10: Erasmus–Fakultäten, Theologische. Berlin 1982. S. 141–144.

C Zu der Wittenberger Universität

  • Johann Christoph Erdmann: Lebensbeschreibungen und litterarische Nachrichten von den Wittenbergschen Theologen seit der Stiftung der Universität bis zur dritten hundertjährlichen Säkularfeier 1802 aus den Matrikeln und andern glaubwürdigen Urkunden. Ein Beitrag zur Kursächsischen Reformations- und Kirchengeschichte. Verlag Zimmermann. Wittenberg 1804. 220 Seiten.
  • Walter Friedensburg: Geschichte der Universität Wittenberg. Verlag Max Niemeyer. Halle Saale 1917. X, 646 Seiten.
  • Die Theologische Fakultät Wittenberg 1502 bis 1602. Beiträge zur 500 Wiederkehr des Gründungsjahres der Leucorea. Herausgegeben von Irene Dingel. Als: Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der lutherischen Orthodoxie. Band 5. Evangelische Verlags-Anstalt. Leipzig 2002. 242 Seiten.
  • Heinz Kathe: Die Wittenberger Philosophische Fakultät. 1502 – 1817. Als: Mitteldeutsche Forschungen. Band 117. Verlag Böhlau. Köln 2002. X, 500 Seiten.

Weblinks


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