Joachim von Watt

Joachim von Watt
Stich von Vadian

Joachim Vadian oder Vadianus (eigentlich Joachim von Watt; * 29. November 1484 in St. Gallen; † 6. April 1551 in St. Gallen) war ein Schweizer Humanist, Mediziner und Gelehrter sowie Bürgermeister und Reformator der Stadt St. Gallen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Wappen der Familie von Watt
Portrait von Vadian

Vadian wurde vermutlich am 29. November 1484 in der damaligen Reichsstadt St. Gallen als Joachim von Watt geboren und entstammte einer reichen und einflussreichen Familie, die vom Handel mit Leinen lebte.

Ende 1501 zog er nach Wien, wo er an der Universität studierte (u.a. beim Humanisten Conrad Celtis), und später auch lehrte. Während der Pestepidemie von 1506 und 1507 flüchtete er nach Villach in Kärnten und unterrichtete dort als Lehrer, besuchte Musikunterricht und verlebte einige Zeit im Benediktinerkloster Ossiach. Damals führte ihn eine Studienreise nach Trient, Venedig und Padua, wo er unter anderem vom irischen Professor Mauritus Hibernicus stark beeinflusst wurde.

1509 schloss Vadian seine Wiener Studien als Magister ab und kehrte nach St. Gallen zurück, wo er sich intensiv mit der Stiftsbibliothek St. Gallen befasste. Kurze Zeit später folgte die Rückkehr nach Wien, wo er sich einen Namen mit seinen Schriften, Editionen und lateinischen Dichtungen machte.

Ab 1512 war Vadian Inhaber des Lehrstuhls für Poetik an der Wiener Universität, vermutlich im Rahmen des von Celtis initiierten Poetenkollegs[1]. 1513 reiste er ins ungarische Buda. Am 12. März 1514 wurde er durch Kaiser Maximilian I. in Linz zum poeta laureatus gekürt. 1516 wurde er zum Dekan ernannt, im WS 1516/17 Rektor.

In den folgenden Jahren studierte Vadian Medizin sowie Naturwissenschaften, speziell auch Geographie und Geschichte. Georg Tannstetter (Collimitius), ein Mathematiker, Astronom und Mediziner, war dabei sein Hauptlehrer.

1517 schloss Vadian sein Medizinstudium als Doktor ab. 1518 verlegte er seinen Lebensmittelpunkt wieder zurück nach St. Gallen; auf der Rückreise besuchte er unter anderem Leipzig, Breslau und Krakau, wo er sich mit zahlreichen humanistischen Freunden traf.

In St. Gallen bemühte sich Vadian um die Förderung des Humanismus und wurde bald einmal von der Bewegung der Reformation erfasst, insbesondere durch seinen Zürcher Freund Ulrich Zwingli, den Wegbereiter der Reformation in der Schweiz. Der Briefwechsel mit Zwingli und andere Schriften zeigen ab 1522 deutliche Kritik an der Römisch-Katholischen Kirche.

1521 nahm Vadian Einsitz im St. Galler Stadtrat und konnte sich als einflussreiches Mitglied etablieren. In dieser Funktion förderte er die Verbreitung der reformatorischen Gedanken und wurde durch seine Vorträge als Anhänger der Reformation bekannt.

Anfang 1526 wurde Vadian zum Bürgermeister der Stadt St. Gallen gewählt und führte in den folgenden Jahren die Reformation durch, insbesondere auch im Kloster St.Gallen. Vadian genoss für den Rest seines Lebens als Reformator grosses Ansehen in der Schweiz sowie im deutschsprachigen Ausland und wurde für sein diplomatisches Geschick geschätzt, das er bei vielen Konflikten religiöser und politischer Natur vorteilhaft einsetzen konnte.

Am 6. April 1551 starb Vadian in St. Gallen.

Denkmal

Vadiandenkmal in St. Gallen

Im Zentrum von St. Gallen erinnert heute ein Denkmal beim Marktplatz an Leben und Wirken von Vadian. Das bronzene Standbild wurde 1904 vom bekannten Schweizer Bildhauer Richard Kissling gestaltet.

Nachwirkung

Die frühere Ersparnisanstalt der Stadt St. Gallen wurde Ende 2006 nach 196-jährigem Bestehen in Vadian Bank AG umbenannt. Die Bank, eine der ältesten Banken der Schweiz, gehört seit ihrer Gründung der Ortsbürgergemeinde St. Gallen.

Werke (Auswahl)

  • De poetica et carminis ratione liber, Wien 1518.
  • Die Große Chronik der Äbte des Klosters St. Gallen, St. Gallen 1529.
  • Von Zustand und Wesen der Zeiten ..., Der fromme Einsiedler Sankt Gallus, Der Thurgau, Die Stadt St.Gallen, Der Bodensee, Vom Ursprung des Mönchsstandes – sprachlich restaurierte und für heutige Leser gekürzte geographische und historische Texte Vadians. In: Sankt Gallus. Geschichte – Legende – Interpretation (Geistiges Erbe Schweiz, Band 4). Verlag Bär, Niederuzwil 2012. ISBN 978-3-9523212-7-0

Literatur

  • Ernst Götzinger: Vadian, Joachim. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 41, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 239–244.
  • Armin KohnleVadian, Joachim. In: Theologische Realenzyklopädie (TRE). Band 34, de Gruyter, Berlin/New York 2002, ISBN 3-11-017388-3, S. 489–492.
  • Rudolf Gamper (Hrsg.): Vadian als Geschichtsschreiber. Vadian-Studien 17. Sabon-Verl., St. Gallen 2006 ISBN 3-907928-59-8.
  • Werner Näf: Vadian und seine Stadt St. Gallen. 2 Bände, Fehr, St. Gallen 1944 und 1957.
  • Conradin Bonorand: Aus Vadians Freundes- und Schülerkreis in Wien/Guido Kisch: Vadians Valla-Ausgaben. Fehr, St. Gallen 1965 (Vadian-Studien, Bd. 8; zwei Studien in einem Buch).

Einzelbelege

  1. Dargelegt bei Franz Graf-Stuhlhofer: Vadian als Lehrer am Wiener Poetenkolleg, in: Zwingliana. Beiträge zur Geschichte Zwinglis, der Reformation und des Protestantismus in der Schweiz 26 (1999) 93-98, sowie bei dems.: Humanismus zwischen Hof und Universität. Georg Tannstetter (Collimitius) und sein wissenschaftliches Umfeld im Wien des frühen 16. Jahrhunderts. Wien 1996, S.60f.

Weblinks

 Commons: Joachim von Watt – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Joachim von Watt – Quellen und Volltexte

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