Jewgeni Ananjewitsch Chaldei

Jewgeni Ananjewitsch Chaldei

Jewgeni Ananjewitsch Chaldei (russisch Евгений Ананьевич Халдей; * 10./23. März 1917 in Jusowka, heute Donezk, Ukraine; † 6. Oktober 1997 in Moskau, Russland) war ein sowjetischer Fotograf. Als Kriegsberichterstatter begleitete er u.a. im April/Mai 1945 die Eroberung Berlins durch die sowjetischen Truppen. Seine Aufnahme vom Hissen der sowjetischen Fahne auf dem Reichstagsgebäude brachte ihm weltweite Berühmtheit ein.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und Jugend

Jewgeni Chaldei stammte aus einer jüdisch-ukrainischen Familie. Als er ein Jahr alt war, wurde seine Mutter bei einem Pogrom 1918 ermordet.[1] Mit 12 Jahren begann er mit selbstgebastelten Hilfsmitteln mit der Fotografie und startete 1933 eine Ausbildung zum Fotolaboranten in seiner Heimatstadt Stalino. 1936 wurde er als Fotograf bei der Nachrichtenagentur TASS angestellt.

Der Zweite Weltkrieg und das Reichstagsfoto

Der Zweite Weltkrieg hinterließ Narben bei der Familie: 1941 und 1942 wurden Chaldeis Vater sowie seine drei Schwestern in Stalino von Deutschen ermordet. Er selbst begleitete ab Juni 1941 verschiedene Teilstreitkräfte der sowjetischen Armee an Kriegsschauplätzen als Fotograf. Nach der Eroberung Berlins durch die sowjetische Armee suchte er nach einem passenden Motiv mit hohem Symbolwert. Er erinnerte sich an das Bild von Joe Rosenthal, das amerikanische Soldaten im Februar 1945 beim Aufstellen einer amerikanischen Fahne auf Iwo Jima zeigt. Vom Hausmeister der Agentur TASS erhielt er rote Tischdecken und ließ daraus bei einem befreundeten Schneider drei sowjetische Fahnen schneidern. Mit drei Soldaten, die er im Eingangsbereich des brennenden Reichstags traf, stieg er auf das Dach des Gebäudes und fotografierte sie beim Hissen der Fahne. Danach reiste er zurück nach Moskau. Erst dem Chefredakteur fiel auf, dass das Bild nicht unbearbeitet veröffentlicht werden konnte: Einer der Soldaten war ein Plünderer – er trug mehrere Armbanduhren. Neben dieser Retusche wurden auch die Rauchschwaden im Hintergrund des Bildes geschwärzt, sodass sie bedrohlicher wirken. In Wirklichkeit waren zwischen dem Ende der Kampfhandlungen und dem Zeitpunkt der Fotografie bereits mehrere Tage vergangen.

Nach dem Krieg

Nach der deutschen Kapitulation begleitete er die Nürnberger Prozesse und die Pariser Friedenskonferenz als Bildreporter. Seine jüdische Herkunft wurde ihm in den Nachkriegsjahren im Rahmen des „Kampfes gegen den Kosmopolitismus“ zum Verhängnis. Er wurde 1948 von der TASS entlassen[2] und fristete bis zum Tod von Josef Stalin ein Leben in Armut. 1957 wurde er von der Prawda eingestellt und 1972 erneut entlassen. Bis 1995 blieb Chaldei weitgehend in Vergessenheit. Die späte Würdigung seines Werkes erfolgte kurioserweise durch westliche Medien. Er wurde im selben Jahr zum Festival Visa nach Perpignan eingeladen und gefeiert. Bei diesem Anlass lernte er Joe Rosenthal 50 Jahre, nachdem ihn dessen Arbeit für das Reichstagsfoto inspirierte, persönlich kennen.

Jewgeni Chaldei starb an den Folgen eines Gehirnschlags 1997 in Moskau.[1]

Ausstellungen

Einzelnachweise

  1. a b Heinz Krimmer: Jewgeni Chaldej. Der Fotograf der Roten Flotte. In: Mare. Nr. 70, Oktober/November 2008. S. 51.
  2. Heinz Krimmer: Jewgeni Chaldej. Der Fotograf der Roten Flotte. In: Mare. Nr. 70, Oktober/November 2008. S. 48.

Literatur

  • Heinz Krimmer, Ernst Volland (Hrsg.): Der bedeutende Augenblick. Jewgeni Chaldej – Eine Retrospektive. Neuer Europa Verlag, Leipzig 2008. ISBN 978-3-86695-121-1.
  • Heinz Krimmer, Ernst Volland: Von Moskau nach Berlin. Bilder des russischen Fotografen Jewgeni Chaldej. Parthas Verlag, Berlin 2002. ISBN 978-3-93252-967-2.
  • Ernst Volland: Das Banner des Sieges. Berlin Story Verlag, Berlin 2008. ISBN 978-3-92982-991-4.
  • Heinz Krimmer: Jewgeni Chaldej. Der Fotograf der Roten Flotte. In: Mare. Zeitschrift der Meere. Nr. 70, Oktober/November 2008. ISSN 1432-928X, S. 38–51.

Weblinks


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