Jeremias Benjamin Richter

Jeremias Benjamin Richter
Jeremias Benjamin Richter

Jeremias Benjamin Richter (* 10. März 1762 in Hirschberg, Schlesien; † 14. April 1807 in Berlin) war Dr. der Philosophie, Chemiker, Bergbausachverständiger und Privatgelehrter.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Richter war Sohn eines Breslauer Kaufmanns. Mit 13 Jahren wurde er von seinem Onkel, der Stadtbaumeister in Breslau war, unterrichtet. Als Sechzehnjähriger trat er in einem militärischem Ingenieurkorps bei, wurde jedoch nicht befördert, da er seine Dienstpflichten vernachlässigte. Er trat nach sieben Jahren aus und beschäftigte sich mit Wissenschaften und Chemie. Richter hat bei Immanuel Kant Philosophie studiert und 1789 den Doktorgrad in Mathematik und Chemie erworben. 1792 fertigte er sein wichtiges Werk über chemische Stöchiometrie an. Seine literarischen Arbeiten brachten ihm jedoch keine wirtschaftlichen Vorteile. Auch sein Wunsch nach einer Lehrstelle an der Universität scheiterte. Schließlich bekam er eine Tätigkeit im Oberbergamt bei Breslau. 1798 bekam er eine Tätigkeit im Farbenlaboratorium der Königlichen Porzellanmanufaktur. Seine wissenschaftlichen Arbeiten, die nicht bezahlt wurden, führte er nun in den Morgen- und Abendstunden aus. In späteren Lebensjahren wurde er von den wissenschaftlichen Gesellschaften als auswärtiges Mitglied ernannt, so etwa 1796 von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Der wissenschaftliche Ruhm blieb ihm jedoch zu Lebzeiten versagt.

Wissenschaftliche Leistungen

Das philosophische und methodologische Vorbild für die Mathematisierung der Chemie nahm sich Richter vom Leibniz Schüler Christian Wolff und dessen Werk "Anfangsgründe der Algebra". In diesem Werk Wolffs wird die universalwissenschaftliche Ars-Inveniendi-Methode beschrieben und erklärt, mit deren Hilfe in allen Einzelwissenschaften viele Naturgesetze durch die Algebraisierung mathematischer Modelle schneller und effektiver gefunden werden können. Die Dissertation Richters aus dem Jahre 1789 mit dem lateinischen Titel "DE USU MATHESEOS IN CHEMIE" sollte man daher nicht wie bisher ins Deutsche übersetzen mit Über den Nutzen der Mathematik in der Chemie, sondern vielmehr mit " Über den Nutzen der MATHEMATISCHEN METHODE in der Chemie" bzw. "Über den Nutzen der ARS INVENIENDI METHODE Christian Wolffs in der Chemie". Richter gilt mit dieser philosophisch-theologischen Arbeit als Begründer der Stöchiometrie. Er postulierte 1791/92 das Gesetz der äquivalenten Proportionen, welches noch heute wichtiger Bestandteil der theoretischen Chemie ist. Das Stöchiometriegesetz der äquivalenten Proportionen wurde von Richter im Jahre 1792 in eine Universalkosmologie integriert, die sein ursprüngliches Stöchiometriegesetz in eine mathematische Beziehung zu astronomischen Konstellationen stellte. Richters Stöchiometrie-Experimente sind nach seiner Auffassung nicht reproduzierbar, weil die Gravitationsverhältnisse - z.B. aufgrund der Mond- und Planetenbewegungen -, die seiner Meinung nach Einfluss auf das Resultat eines Experimentes haben, variabel sind.[1]

Das Gesetz der äquivalenten Proportionen besagt: "Elemente vereinigen sich stets im Verhältnis bestimmter Verbindungsmassen ("Äquivalentmassen") oder ganzzahliger Vielfacher dieser Massen zu chemischen Verbindungen."

Richter leitete sein Gesetz zunächst aus bestimmten Mischungen von zwei Salzen in Wasser ab (Kalziumacetat und Kaliumtartrat). Die Lösung blieb neutral, dies war zu damaliger Zeit nicht selbstverständlich. Bei der Mischung trat ein Niederschlag auf (Kalziumtartrat). Richter folgerte, dass eine Salzmischung aus A1B1 mit A2B2 kombiniert vier Mischsalze in bestimmten mathematischen Kombinationen bilden kann (A1B1, A1B2, A2B1, A2B2). Aus den Verhältnissen A1/B1=x, A2/B1=y usw. können alle einzelnen Salzmischungen entsprechend der Neutralität der resultierenden Lösung errechnet werden.

Noch verständlicher wird der Zusammenhang, wenn Metallhydroxide (z. B. Eisen(II)hydroxid) mit verdünnter Salzsäure versetzt werden. Die Lösung wird durch die Zugabe der Salzsäure nur dann sauer, wenn sich alles Eisenhydroxid in Eisen-(II)-chlorid umgewandelt hat. Säure konnte man schon damals mit Lackmus nachweisen. Wenn die Konzentration der Säure bekannt ist und die Einwaage der Metalloxide genau vorgenommen wurde, lässt sich auch das Atomgewicht des Metalls ableiten. Die Bestimmung der Atommassen über die Hydroxide oder Oxide wurde in späteren Jahren von Jöns Jakob Berzelius zur Atomgewichtsbestimmung von über 40 Elementen angewandt.

„Die Mathematik rechnet alle diejenigen Wissenschaften zu ihrem Gebiete, wo es nur Größen giebt, und eine Wissenschaft liegt folglich mehr oder weniger in dem Kreiße der Meßkunst, je mehr oder weniger Größen zu bestimmen sind. Durch diese Wahrheit wurde ich bey chymischen Versuchen öfters zu der Frage veranlasset, ob und in wie ferne wohl die Chymie ein Theil der angewandten Mathematik sey; besonders wurde sie bey der so gewöhnlichen Erfahrung rege: daß zwey neutrale Salze, wenn sie einander zerlegen, wiederum neutrale Verbindungen machen. Die unmittelbare Folgerung, so ich hieraus zog, konnte keine andre seyn, als daß es bestimmte Größenverhältnisse zwischen den Bestandtheilen der neutralen Salze geben müsse.“

J. B. Richter: Anfangsgründe der Stöchyometrie oder Meßkunst chymischer Elemente, Erster Theil, 1792 (Vorrede)

John Dalton kannte nachweislich das wichtige Werk von Richter und konnte die Atomtheorie formulieren. Warum Richter die Verknüpfung der Stöchiometrie zur Atomtheorie übersehen hat, bleibt rätselhaft. Vermutlich glaubte er aus philosophischen Gründen (nach Kant) an einen anderen Aufbau der Materie.[2]

Werke (Auswahl)

  • Über die neuern Gegenstände der Chymie, Breßlau und Hirschberg, ab 1791 (Schriftenreihe)
  • Anfangsgründe der Stöchyometrie oder Meßkunst chymischer Elemente, Erster, Zweyter und Dritter Theil, Breßlau und Hirschberg, 1792-93

Quellen

  1. Vgl. Christoph Poggemann, Über den theologischen, philosophischen, alchemistischen und daher auch paracelsischen Charakter des Werkes "Anfangsgründe der Stöchiometrie", in: Internationale Paracelsus-Gesellschaft zu Salzburg (Hg.), Paracelsus und die Wundarznei. Grenzbereiche der Paracelsusforschung und Interpretation, 53. Paracelsustag 2004, Folge 38, Österreichischer Kunst- und Kulturverlag, Wien 2005, S. 72-94, ISBN 3-85437-282-5.
  2. Wilhelm Ostwald: J. B. Richter, in Günther Bugge: Das Buch der grossen Chemiker, Verlag Chemie, Weinheim 1974, Band I, Seite 375, ISBN 3-527-25021-2

Literatur

  • Albert LadenburgRichter, Jeremias Benjamin. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 28, Duncker & Humblot, Leipzig 1889, S. 466 f.
  • C. Poggemann, Das idealistisch-romantische Werk "Anfangsgründe der Stöchiometrie" und dessen philosophische Fundamente in der christlich-platonischen Physiktheologie, in: Wilfried Schröder (Hg.), Physics and Geophysics with Historical Case Studies (A Festschrift in honour of Karl-Heinz Wiederkehr), Science Edition/Interd. Comm. History IAGA/History Commision DGG, 16. Jahrgang 1997. Heft 2-5, ISSN 0179-5658, S. 326-345.
  • Günther Bugge: Das Buch der großen Chemiker, Verlag Chemie, Weinheim 1974, Band I, S. 369, ISBN 3-527-25021-2

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Jeremias Benjamin Richter — (1762 1807) fue un famoso químico alemán. A él se le debe la noción de peso equivalente, y la ley que lleva este nombre: Los elementos se combinan en proporción a sus pesos equivalentes, multiplicados por números enteros y pequeños Esta ley …   Wikipedia Español

  • Jeremias Benjamin Richter — (1762 1807) fue un famoso químico alemán. A él se le debe la noción de peso equivalente, y la ley que lleva este nombre: Los elementos se combinan en proporción a sus pesos equivalentes, multiplicados por números enteros y pequeños Esta ley, la… …   Enciclopedia Universal

  • Jeremias Benjamin Richter — Infobox Person name=Jeremias Benjamin Richter caption=German chemist quotation=Stoichiometry,Art of chemical measurements, which has to deal with the laws according to which substances unite to form chemical compounds. birth date=birth… …   Wikipedia

  • Jeremias Benjamin Richter — Pour les articles homonymes, voir Richter. Jeremias Benjamin Richter (* 10 mars 1762 à Hirschberg …   Wikipédia en Français

  • Richter (Familienname) — Richter ist ein deutscher Familienname. Herkunft und Bedeutung Der Familienname Richter stammt von der Berufsbezeichnung „Richter“. Nur in einigen Fällen war damit der Beruf gemeint, den wir heute unter dem Berufsnamen Richter verstehen. Im Osten …   Deutsch Wikipedia

  • Richter — can refer to the Richter magnitude scale, a scale measuring the strength of earthquakes. Richter is also a surname:* Adrian Ludwig Richter, 19th century German artist * Aemilius Ludwig Richter, 19th century German jurist * Albert Richter (1912… …   Wikipedia

  • Richter — Saltar a navegación, búsqueda El término Richter puede hacer referencia a: la escala sismológica de Richter, empleada para medir la fuerza de los terremotos. Richter (Electro Rock), banda de Electro Rock procedente de Argentina Personajes Adrian… …   Wikipedia Español

  • Richter — Richter, Burton Richter, Jean Paul Friedrich Richter, Jeremias Benjamin Richter, escala de * * * (as used in expressions) Richter, Conrad (Michael) Richter, Curt Paul Richter, escala de Richter, Gerhard …   Enciclopedia Universal

  • Richter — Cette page d’homonymie répertorie les différents sujets et articles partageant un même nom. Sommaire 1 Patronyme 2 Géophysique 3 …   Wikipédia en Français

  • Richter, Jeremias Benjamin — ► (17621807) Químico alemán. Descubrió la ley de las proporciones recíprocas que ha permitido la notación atómica …   Enciclopedia Universal

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”