Jens Söring

Jens Söring

Jens Söring (* 1. August 1966 in Bangkok, Thailand) ist ein deutscher Staatsangehöriger, der in den USA wegen eines Doppelmordes angeklagt und verurteilt wurde. 1986 wurde er in London verhaftet und 1990 an die USA ausgeliefert. Seither ist er in Virginia inhaftiert. Während seiner Haftzeit begann er, Bücher zu schreiben. Söring bestreitet, die Tat begangen zu haben.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jens Söring wurde als Sohn eines deutschen Diplomaten in Thailand geboren. 1984 begann er, an der Universität von Virginia zu studieren und verliebte sich in die Studentin Elizabeth Haysom. Nach der Ermordung ihrer Eltern Derek und Nancy Haysom im März 1985 wurden Elizabeth und Jens Söring am 30. April 1986 in London verhaftet. Zunächst behaupteten beide, des Mordes schuldig zu sein, später zogen sie ihre Geständnisse zurück.

1987 bekannte sich Elizabeth Haysom in ihrem Prozess nach der Auslieferung an die USA der Anstiftung zum Mord für schuldig und wurde in Virginia zu 90 Jahren Haft verurteilt. Jens Söring, der seine Unschuld beteuert, wurde 1990 nach einer Entscheidung[1] des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte unter der Voraussetzung, nicht zum Tode verurteilt zu werden, von Großbritannien an die USA ausgeliefert und dort zu zweimal lebenslanger Haft verurteilt.

Der Prozess

Vor Gericht sagte Jens Söring aus, er habe seine Freundin, die die Morde verübt habe, mit seinem Geständnis vor der Todesstrafe bewahren wollen, und er sei davon ausgegangen, dass er wie sein Vater diplomatische Immunität genieße und schlimmstenfalls nach einer Auslieferung in Deutschland nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden würde. Für die Staatsanwaltschaft kam nur Söring als Täter in Frage. Seine Freundin Elizabeth Haysom sei allenfalls Anstifterin. Mit dieser Version überzeugte die Staatsanwaltschaft am Ende eines spektakulären und im Fernsehen übertragenen Prozesses die Jury.

Kritiker bezeichnen die Indizienkette als zweifelhaft, denn nach öffentlicher Aussage eines Mitglieds der Jury einige Tage nach dem Urteil war das ausschlaggebende Indiz ein am Tatort gefundener Sockenabdruck, der angeblich von Söring stammte. Vor der Präsentation dieses Indizes war laut seiner Aussage die Abstimmung 6 zu 6, d. h. Söring wäre nicht verurteilt worden.

Inhaftierung

Seit dem 30. April 1986 sitzt Jens Söring ununterbrochen in Haft. Er ist derzeit im „Buckingham Correctional Center“ in Dillwyn, Virginia inhaftiert. Im Jahr 2001 lehnte der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten seine Revision endgültig ab. Söring überwarf sich mit seinem Vater, der ihn bis dahin unterstützt hatte, und fand zum katholischen Glauben.

Am 11. August 2010 lehnte die Gnadenkommission von Virginia zum sechsten Mal ein Gnadengesuch von Söring ab - wie zuvor auch diesmal wegen der Schwere des Verbrechens.[2]

Am 24. Juli 2011 wurde sein Gnadengesuch zum siebten Mal abgelehnt, trotz der DNS-Tests und der Aussage eines neuen Zeugen, der ihn entlastet.[3][4]

Haftüberstellung nach Deutschland

Am 12. Januar 2010, vier Tage, bevor seine Amtszeit endete, sandte Gouverneur Timothy M. Kaine einen Brief an den Generalstaatsanwalt (United States Attorney General) Eric Holder, in dem er um die Haftüberstellung von Jens Söring nach Deutschland bat. Söring würde in Deutschland noch zwei Jahre in einem Gefängnis verbringen müssen, bevor er ggf. auf Bewährung frei käme - nach dann 26 Jahren hinter Gittern. Deutschland hatte zuvor eine entsprechende Zusicherung abgegeben.

Allerdings sandte der neue Gouverneur Robert F. McDonnell am 19. Januar 2010 ebenfalls einen Brief an Generalstaatsanwalt Holder, in dem er die Bitte auf Haftüberstellung zurückzog. In den folgenden 6 Monaten kam es zu einem Tauziehen um den Fortgang des Verfahrens, in dessen Verlauf sich das Parlament von Virginia in einem einstimmigen Beschluss gegen die Haftüberstellung aussprach und Holder sich einer Anhörung durch den US-Kongress stellen musste.

Am 7. Juli 2010 gab Holder bekannt, dass das Justizministerium die Überstellung nicht weiterverfolgen werde, solange sich nicht ein amtierender Gouverneur dafür ausspreche oder ein Gericht festlege, dass die Entscheidung für eine Haftüberstellung durch Ex-Gouverneur Kaine für seine Nachfolger bindend sei.

Am 18. Januar 2011 reichte Sörings neuer Haftüberstellungsanwalt Steven D. Rosenfield eine Klage bei Gericht ein. So soll sein Transfer nach Deutschland auf juristischem Wege durchgesetzt werden.[5]

DNS-Testergebnisse

Im Rahmen des vom damaligen virginianischen Gouverneur Mark Warner im Jahr 2005 angeordneten Post-Conviction DNA-Testing Program durchsuchte das gerichtsmedizinische Institut Virginias DFS 534.000 alte Akten von 1973 bis 1988, um biologische Spurenbeweise zu finden. Es wurden etwa 800 Akten gefunden, die biologische Spurenbeweise enthielten und bei denen es zu einer Verurteilung gekommen war. Darunter waren 68 Fälle, in denen die DNS in den Akten nicht von dem Gefangenen stammte, der für die Tat verurteilt worden war. Sörings Fall ist einer dieser 68. Am 24. September 2009 gab das gerichtsmedizinische Institut Virginias das Testergebnis („Certificate of Analysis“) bekannt, demzufolge 42 Blutspuren in Sörings Fall gefunden und getestet wurden und keine einzige ihm zugeordnet werden konnte.[6]

Am 19. Januar 2011 reichte Sörings Anwältin Gail A. Ball ein Gnadengesuch an Gouverneur McDonnell ein, das auf den DNS-Testergebnissen basiert.[7] Alle Dokumente sind auf der Webseite von Jens Söring einsehbar.

Veröffentlichungen

Söring veröffentlichte Bücher und Artikel zu Themen wie Meditation, Centering Prayer, Rechtsprechung und Haftbedingungen in den USA. Sein drittes Buch erhielt im Jahr 2007 den ersten Preis der katholischen Pressevereinigung Nordamerikas in der Kategorie „Social Concerns“.[8]

  • The convict christ. What the gospel says about criminal justice. Orbis Books, Maryknoll, N.Y. 2006, ISBN 1-5707-5648-1.
  • An expensive way to make bad people worse. An essay on prison reform from an insider's perspective. Lantern Books, New York 2004, ISBN 1-5905-6076-0.
  • The way of the prisoner. Breaking the chains of self through centering prayer and centering practice. Lantern Books, New York 2003, ISBN 1-5905-6055-8.
  • The church of the second chance. A faith-based approach to prison reform. Lantern Books, New York 2008, ISBN 1-5905-6112-0.
  • Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. Echter Verlag, Würzburg, 2008, ISBN 978-3-429-03024-7.
  • Ein Tag im Leben des 179212. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, 2008, ISBN 978-3-579-06997-5.
  • Wiederhole schweigend ein Wort. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, 2009, ISBN 978-3-579-06999-9.

Einzelnachweise

  1. Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
  2. Gnadengesuch erneut abgelehnt
  3. Häftling aus Bonn bleibt im US-Gefängnis
  4. Keine Gnade für 1161655
  5. jenssoering.de
  6. Certificate of Analysis
  7. Brief des Gnadengesuchs
  8. http://www.catholicpress.org/webwin1.pdf

Literatur

Weblinks


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