Jean Marie Leclair

Jean Marie Leclair

Jean-Marie Leclair l’aîné (der Ältere) (* 10. Mai 1697 in Lyon; † 22. Oktober 1764 in Paris) war ein französischer Komponist und einer der bekanntesten Violinisten seiner Zeit.

Inhaltsverzeichnis

Biografie

Jean-Marie Leclair

In seiner Jugend erlernte Leclair den Beruf seines Vaters Antoine, das Korbflechten. Der Vater muss ein guter Bassgambenspieler gewesen sein, der seine zahlreichen Kinder zum Musizieren anspornte, denn mehrere seiner Kinder wurden Musiker. Zu erwähnen ist der jüngere Bruder Jean-Marie Leclair le cadet (siehe unten).

Jean-Marie l’aîné erlernte das Tanzen und das Violinspiel. Seine berufliche Laufbahn begann er als Tänzer und Ballettmeister in Lyon. Dort heiratete er 1716, im Alter von 19 Jahren, Marie-Rose Casthanie, ebenfalls Tänzerin an der Lyoner Oper. Ab 1722 arbeitete er als Ballettmeister an der Turiner Oper. Es hielt ihn nicht lange in Turin; bereits im Oktober des Folgejahres lebte er in Paris und veröffentlichte sein Opus 1, das er dem Bankier Bonnier widmete. 1726 war er wieder in Turin, jetzt begegnete er Johann Joachim Quantz und den bekannten Violinisten und Arcangelo-Corelli-Schüler Giovanni Battista Somis, bei dem er sein Violinspiel vervollkommnete.

Noch unter Somis Einfluss stehend veröffentlichte Leclair 1728 seine Sonaten Opus 2, die er dem Sohn und Nachfolger seines inzwischen verstorbenen ersten Gönners, Joseph Bonnier de la Mosson widmete. Er wohnte ab 1728 in dessen Palast, in der Rue St. Dominique und ging einer Tätigkeit als Violinlehrer nach. Während dieser Zeit muss seine erste Frau, die deutlich älter war als Leclair, verstorben sein. In der Karwoche 1728 hatte er sein erstes Konzert bei dem renommierten Concert Spirituel im großen Saal des Tuilerien-Palastes; dort auftreten zu dürfen, kam einer höchsten musikalischen Anerkennung gleich.

Seine zweite Ehe schloss er 1730 mit der jungen Notenstecherin Louise-Cathérine Roussel; mit ihr hatte Leclair eine Tochter. Louise hatte bereits seine Werke Opus 2, 3 und 4 gestochen und stach später alle weiteren Kompositionen. Von 1733 bis 1737 war er Musiker am Hofe Ludwigs XV. und gab bis 1737 zahlreiche öffentliche Konzerte bei den Concerts Spirituels. Im Streit um einen ursprünglich vereinbarten monatlichen Wechsel auf dem Posten des ersten Violinisten mit Jean-Pierre Guignon (1702–1774), ebenfalls einem Schüler von Somis, verließ er wütend das königliche Orchester.

Von 1738 bis 1743 lebte er in den Niederlanden, wo er in Den Haag mit Pietro Locatelli, der ihn stark beeinflusste, zusammenarbeitete. Er war Konzertmeister bei dem reichen Kaufmann François de Liz. Zeitweise muss er sich am Hofe der Anna von Oranien in Leeuwarden aufgehalten haben; ihr widmete er sein Opus 9. Nach dem Bankrott von de Liz im Jahr 1743 kehrte er nach Paris zurück. Ab 1744 folgte ein zweijähriger Aufenthalt in Chambéry, in den Diensten des spanischen Thronfolgers Philippe d'Espagne.

1748 wurde er musikalischer Direktor und erster Violinist am Privattheater des Herzogs Antoine VII. de Gramont (1722–1801), in nächster Nähe zur französischen Hauptstadt. In diesen letzten Lebensjahren wurde Leclair ein undurchsichtiger Mensch. Seine Frau trennte sich von ihm und er lebte in einer Absteige in der Rue de Careme-Prenant, einem der unsicheren Viertel von Paris.

Am frühen Morgen des 23. Oktober 1764 fand man ihn in seinem Hausflur, in einer Blutlache liegend und von drei Messerstichen tödlich verletzt. Verdächtigt wurden sein Gärtner und ein missgünstiger Neffe. Die Beisetzung fand am 25. Oktober statt. Anlässlich seines ersten Todestages fand am 2. Dezember 1765 eine Gedenkfeier in der Église des Feuillants in der Rue St. Honoré statt; Chor und Orchester der Concerts Spirituels führten das Profundis von de Mondonville auf.

Erst nach seinem Tode veröffentlichte seine Ehefrau Louise-Cathérine aus Geldnot die Werke Opus 14 und 15. Der Komponist und Musiktheoretiker Charles-Henri Blainville (1711–1771) bezeichnete Leclair als den französischen Corelli.

Stil

Als Virtuose und einer der Begründer der französischen Violinschule beeinflusste er diese maßgeblich. Er bewerkstelligte die Fusion der französischen und italienischen Stilrichtungen. Sein eleganter und brillanter Stil und die angewandte Kenntnis der Kontrapunktik stellen seine Concerti und Sonaten in die Nähe der Werke eines Antonio Vivaldi. Einer seiner Schüler war Joseph Boulogne Chevalier de Saint-George.

Werke

  • Opus 1: Premier livre de sonates (1723) [Tonarten: a, C, B, D, G, e, F, G, A, D, B, h]
  • Opus 2: Deuxième livre de sonates (1728) [Tonarten: e, F, C, A, G, D, B, D, E, e, h, g]
  • Opus 3: Sonates à deux violons sans basse (1730) [Tonarten: G, A, C, F, e, D]
  • Opus 4: 6 Sonates en trio pour deux violons et B. c. (1731–1732) [Tonarten: d, B, d, F, g, A]
  • Opus 5: Troisième Livre de Sonates (1734) [Tonarten: A, F, e, B, h, c, a, D, E, C, g, G]
  • Opus 6: Première Récréation de musique d’une exécution facile composée pour deux flûtes ou deux violons (1736) (Leicht ausführbare Suite für 2 Violinen oder Flöten) [Tonart: G]
  • Opus 7: 6 concertos a tre violini, alto e basso, per organo e violoncello (1737) [Tonarten: d, D, C, F, a, A]
  • Opus 8: Deuxième Récréation de musique d’une exécution facile composée pour deux flûtes ou deux violons (1737) [Tonart: g]
  • Opus 9: Quatrième Livre de Sonates (1743) [Tonarten: A, e, D, A, a, D, G, C, Es, fis, g, G]
  • Opus 10: 6 concertos a tre violini, alto e basso, per organo e violoncello (1745) [Tonarten: B, A, D, F, e, g]
  • Opus 12: Second livre de sonates à deux violons sans basse (1747-1749) [Tonarten: h, E, D, A, g, B]
  • Opus 13: 3 ouvertures et 3 sonates en trio pour 2 violons (1753) [Tonarten: G, D, D, h, A, g]
  • Opus 14 (postum): Trio für 2 Violinen und Generalbass (1766) [Tonart: A]
  • Opus 15 (postum): Sonate für Violine und B. c. (1767) [Tonart: F]
  • Die Oper Scylla et Glaucus op. 11 (Uraufführung 1746 in Paris)

Literatur

  • Gisela Beckmann: Die französische Violinsonate mit Basso continuo von Jean-Marie Leclair bis Pierre Gaviniès. Musikalienhandlung Wagner, Hamburg 1975. ISBN 3-921029-27-9
  • Marc Pincherle: Jean-Marie Leclair l’aîné. La Colombe, Paris 1952. ISBN 2-7307-0264-4 (Nachdruck 1985)

Online Partituren

Der jüngere Bruder

Jean-Marie Leclair le cadet (1703–1777) veröffentlichte eine Sammlung Duos für zwei Violinen. Sein Opus 1 von 1739 und sein Opus 2 von 1750 erschien unter der Aufsicht des älteren Bruders. Er schrieb auch ein Vokalwerk mit dem Titel „Le Rhône et la Saône von 1733.


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