Jean Auguste Dominique Ingres

Jean Auguste Dominique Ingres
Selbstporträt, 1804, Musée Condé, Chantilly, France
Das Türkische Bad, 1863, Louvre, Paris
Die Badende von Valpincon, 1808, Louvre, Paris
Die Schwestern Montagu, 1815, Bleistift auf Papier, Privatbesitz
Die Comtesse d'Haussonville, 1845, The Frick Collection, New York
Jeanne d’Arc au sacre du roi Charles VII, dans la cathedrale de Reims, 1854, Musée du Louvre, Paris

Jean-Auguste-Dominique Ingres [ɛ̃ːgʀ] (* 29. August 1780 in Montauban; † 14. Januar 1867 in Paris) ist der bedeutendste Vertreter der offiziellen französischen Kunst im 19. Jahrhundert. Über Jahre hinaus wurde seine Kunst kaum beachtet, doch bei seiner Rückkehr aus Italien wurde er als herausragender Maler des Klassizismus und Bewahrer der Traditionen gefeiert.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Schon früh kam Ingres mit Kunst und Musik in Berührung. Sein Vater, selbst vielseitiger Künstler (Bildhauer, Stuckateur, Miniaturmaler) aber unbedeutend, lehrte ihn das Malen, Zeichnen und das Violine spielen. 1791 schickte er seinen Sohn nach Toulouse, um die Akademie vor Ort zu besuchen. Mit 14 Jahren trat dieser als Geiger im Stadttheater auf. Neben dem Malen sollte das Geige spielen Ingres ein Leben lang begleiten. Im August 1796 machte er sich auf den Weg nach Paris. Im Gepäck hatte er Empfehlungsschreiben seiner Akademielehrer. Eines davon, das von Clément-Émile Roques, dem Zeichenlehrer und Freund Jacques-Louis Davids in Toulouse, sollte besonders wichtig sein. Abgesehen davon war Ingres sehr entschlossen und sich seiner Talente sicher.

In Paris fand er rasch einen Platz im Atelier von Jacques-Louis David und schon zwei Jahre später (1799) wurde er in die Malklasse der École des Beaux-Arts aufgenommen. Schon 1801 gewann er den Prix de Rome mit »Die Abgesandten des Agamemnon im Zelt des Achilles«. Der Prix de Rome war für Kunststudenten die begehrteste Auszeichnung und galt als Sprungbrett zu höchsten akademischen Ehren. Daneben ermöglichte er den Gewinnern einen vierjährigen Aufenthalt an der Französischen Akademie in der Villa Medici in Rom. Auf Grund politischer und wirtschaftlicher Hindernisse konnte Ingres das Stipendium erst 1806 antreten. In der Zwischenzeit erhielt er auf Staatskosten ein Atelier in Paris und Aufträge. So malte er 1802 Napoleon für die Stadt Lüttich und schuf 1805 eine Porträtserie für die Familie Riviere. Im selben Jahr porträtierte er Napoleon nochmals pompös im Hermelinmantel. Alle diese Bilder wurden 1806 im Salon de Paris ausgestellt, aber von der Kritik als gotisch verspottet.

Im Oktober 1806 erreichte er Rom, wo er herzlich aufgenommen wurde. Nun begann er sein Stipendium damit zu verbringen, um alte Meister zu studieren und zu kopieren. Ohne von der Davidschen Richtung, deren energievollster Vertreter er war, abzuweichen, hatte er in Italien seine Studien vornehmlich auf Raffael und die antiken Wand- und Vasenmalereien gerichtet, die seinen Stil beeinflussten und ihn namentlich in seiner Abneigung gegen die Farbe bestärkten. In Rom gewann er zwei enge Freunde: den Kunststecher Edouard Gatteaux und Charles Marcotte d’Argenteul. Letzter war bei der Beschaffung von Aufträgen sehr hilfreich. 1811 sandte Ingres seine letzte Pflichtleistung nach Paris. Die Kritik über »Jupiter und Thetis« war vernichtend. Viele sahen sein Talent und das Stipendium vergeudet. In Rom war man weniger kritisch mit ihm, was ihn wohl dazu veranlasste, auch nach dem Ablauf seines Stipendiums in Rom zu bleiben. Er verdiente sich seinen Unterhalt mit dem Porträtieren von Verwandten des Gouverneurs und anderen Personen von Stand. Als meisterlich ausgeführt gelten auch seine Bleistift-Zeichnungen in diesem Genre.

1813 beendete er sein bis dahin wichtigstes Bild »Traum des Ossian«. Im selben Jahr suchte er sich eine Frau, aus Überzeugung heiraten zu müssen. Durch eine Freundin wurde ihm Madeleine Chapelle empfohlen, die er auch heiratete. Beide führten jahrzehntelang, in guten wie in schlechten Zeiten, eine beispielhafte Ehe. Das darauf folgende Jahr (1814) sollte für Ingres ein schlechtes sein. Zuerst brach das Kaiserreich zusammen und mit ihm verschwanden auch die offiziellen Gönner, dann erkrankte seine Frau und neben einem Baby starb auch sein Vater. Nun kam seine Mutter einige Zeit nach Rom. Ingres verdiente Geld, wenn auch widerwillig, mit Porträts englischer Adeliger. In Paris ignorierte man weiter seine Kunst. 1819 sandte er »Die große Odaliske« und »Rüdiger befreit Angelika« an den Salon. Die Kritik blieb kühl bis feindselig. Ein Jahr später zog er nach Florenz, wo er sich mit Porträts von Botschaftern und reichen Besuchern mehr schlecht als recht über Wasser hielt.

1824 stellte er für die Kathedrale von Montauban den »Schwur Ludwigs XIII.« fertig. Er begleitete das Bild nach Paris, wo es neben »Das Massaker von Chios« von Delacroix ausgestellt wurde. Es wurde ein großer Erfolg, gleichzeitig mit den Kontroversen um Delacroix’ Bild. Ingres wurde zum Hüter alt überlieferter Werte, galt als hochbegabter Bewahrer klassischer Traditionen und wurde so zum Gegenpart der Romantiker. Karl X. verlieh ihm das Kreuz der Ehrenlegion und machte Ingres zum Mitglied der École des Beaux-Arts. Er richtete sich ein Atelier in Paris ein und hunderte Studenten kamen, um bei ihm zu lernen. Mit dem Erfolg kamen auch die Aufträge. 1829 erhielt er eine Professur an der École. Fünf Jahre später wurde er sogar ihr Präsident. Als sein »Martyrium des Heiligen Symphorian« beim Salon schlecht ankam, beschloss er Paris in Richtung Rom zu verlassen. Dort wurde er Direktor der Französischen Akademie. Er war ein vorbildlicher Lehrer und Verwalter und sorgte für viele Verbesserungen. Eine seiner kunstvollsten Rekonstruktionen der antiken Welt, »Antiochos und Stratonike«, entstand während seines zweiten Romaufenthalts. 1841 kehrte er nach Paris zurück. Er galt als unumstrittener Meister der offiziellen französischen Kunst. Herzöge standen für Porträts Schlange, Institutionen erteilten ihm große Aufträge.

1849 starb seine Frau. Ingres trauerte sehr um sie und ging auf Reisen. Mit 71 Jahren fand er nochmals zu seiner Vitalität und heiratete erneut. Zur Pariser Weltausstellung 1855 stellte man ihm und Delacroix ganze Räume für eine Retrospektive zur Verfügung. Ingres und Delacroix, die beiden bedeutendsten Vertreter zweier konkurrierender Malweisen (klassische und romantische), hegten große Abneigung gegen einander, die mit den Jahren immer größer wurde. Fast achtzigjährig wurde Ingres mit Ehren überhäuft und wurde Rektor der École des Beaux-Arts. Selbst im hohen Alter besaß er noch erstaunlich viel Energie und schuf Meisterwerke, wie »Das türkische Bad« (1863). 1867 starb Ingres in Paris. Seiner Heimatstadt vermachte er mehr als 4.000 Zeichnungen. Diese, zusammen mit seiner Palette, seiner Geige und anderen Gegenständen bilden die Heiligtümer des Musée Ingres.

Werk

Ingres' Werke blieben lange wenig beachtet. Während die früheren sich ganz in der pseudo-klassizistischen Richtung Davids halten, sind seine beiden späteren Hauptwerke, das »Schwur Ludwigs XIII.« und »die Apotheose Homers«, ganz nach Raffael gemalt. In seiner letzten Zeit wandte sich Ingres wieder der antiken Richtung zu, und namentlich erscheint seine »Stratonike« als Nachahmung antiker Genremalerei, wobei die Figuren an die etruskischen Vasenbilder erinnern und alles Beiwerk mit minutiöser Genauigkeit ausgeführt ist.

Der Zeichnung und Modellierung legte Ingres mehr Bedeutung bei als der Farbe. So verwundern der scharfe Gegensatz und die massiven Verfeindungen nicht, die zu Lebzeiten der beiden Schulhäupter und deren Anhängern herrschten, nämlich zwischen den Ingristes oder Dessinateurs und den Coloristes, den Schülern und Bewunderern von Delacroix. Durch die Hervorhebung des Graphischen zu Lasten der Farbgebung erhalten Ingres' Bilder etwas Trockenes und Kühles; auch war er kein Neuerer und Erfindungsgeist. Anderseits verdienen seine sorgfältigen Studien, die Reinheit und Präzision seiner Linien und Umrisse die größte Anerkennung: Ingres wie einzelne seiner Schüler haben in dieser ernsten, strengen Richtung Hervorragendes geleistet.

Richomme, Luigi Calamatta und Louis Pierre Henriquel-Dupont haben nach seinen Werken treffliche Kupferstiche gefertigt. Sie wurden auch von Reveil in Umrissen herausgegeben (Par. 1851).

Werke (Auswahl)

  • Aix-en-Provence, Musée Granet
Jupiter und Thetis (1811)
  • Autun, Kathedrale
Martyrium des Hl. Symphorian (1834)
  • Baltimore, Walters Art Museum
Odaliske mit Sklavin (1842)
  • Lüttich, Musée des Beaux-Arts
Bonaparte als Erster Konsul (1804)
  • Montauban, Kathedrale
Schwur Ludwigs XIII. (1824)
  • Nantes, Musée des Beaux-Artes
Madame de Senonnes (1814-1816)
  • Paris, Musée National du Louvre
Die Valpincon-Badende (1808)
Ödipus und die Sphinx (1808/25)
Die große Odaliske (1814)
Monsieur Bertin (1832)
Das türkische Bad (1863)
  • Paris, Musée d'Orsay
Die Quelle (1820/1856)

bekannte Schüler (Auswahl)

Violon d'Ingres

Im Französischen gibt es den Ausdruck violon d'Ingres mit der Bedeutung »Steckenpferd«, »Hobby«. Er bezieht sich auf Ingres' Hobby, Geige zu spielen, was dieser perfekt beherrschte und bei verschiedenen privaten Empfängen seinen Gästen auch exzessiv zumutete. Wenn also jemand sein Hobby sehr gut kann, dann spielt er Geige wie Ingres.

Zitate

„Das Porträt ist der Prüfstein des Malers“

– in Waetzold, 1908

Literatur

  • Karin H. Grimme: Jean-Auguste-Dominique Ingres. Taschen, Köln u.a. 2007. ISBN 978-3-8228-2709-3
  • Uwe Fleckner: Jean-Auguste-Dominique Ingres. Könemann, Köln 2000. ISBN 3-8290-1632-8
  • Götz Adriani/Ernst Goldschmidt(Hrg.): Ingres und Delacroix - Aquarelle und Zeichnungen, Dumont: Köln 1986, ISBN 3-7701-1850-2
  • Hans Naef: Die Bildniszeichnungen von J.-A.-D. Ingres, Benteli, Bern 1980. ISBN 3-7165-0251-0

Weblinks


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