Amiga (Plattenlabel)

Amiga (Plattenlabel)
Logo von Amiga, 1950er Jahre bis 1969
Logo von Amiga, ab 1969

Amiga (eigene Schreibweise auch: AMIGA) war ein Plattenlabel des von Ernst Busch gegründeten Musikverlags Lied der Zeit Schallplatten-Gesellschaft mbH, Berlin. 1954 ging es über auf den staatlichen DDR-Tonträgerproduzenten VEB Deutsche Schallplatten Berlin und war im VEB nun dem Ministerium für Kultur nachgeordnet.[1] Amiga sollte die Bandbreite der populären Musik abdecken. Darunter fielen Beat-, Rock- und Popmusik ebenso wie Jazz, Schlager, volkstümliche Musik und populäre Instrumentalmusik. Amiga bestand von 1947 bis 1994. Seitdem wird das Erbe von mehr als 30.000 Titeln (von 2200 Schallplattenproduktionen und 5000 Singles) von der BMG Berlin Musik GmbH, jetzt Sony Music Entertainment vermarktet. Als Markenname für Veröffentlichungen von Tonträgern aus der DDR-Zeit wird Amiga weiterhin verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Repertoire

Das Kernrepertoire von Amiga bestand aus Tanz- und Unterhaltungsmusik von Künstlern aus der DDR. Die Kontingentierung der musikalischen Genre sowie die Auswahl der Künstler, ihrer Stücke und Texte unterlag den staatlichen Vorgaben der DDR-Kulturpolitik. Schlager sowie Rock/Pop nahmen zuletzt jeweils 25 % des Gesamtausstoßes ein, Blues/Jazz und Folk jeweils 15 %, der Rest verteilte sich auf Stimmungsmusik, Kinderlieder sowie leichte Klassik. Nach dem Aufkommen des Rock'n'Roll und Beat in den 1960er Jahren war der „harte Beat“ rasch verpönt, anstelle dessen wurden auch im Rock/Pop-Bereich bevorzugt Stücke mit „liedhaftem“ Charakter produziert.

Vereinzelt wurden auch von Amiga getragene Produktionen, vor allem von Karat, Silly, den Puhdys und City, in der Bundesrepublik Deutschland als Lizenz übernommen, unter anderem vom westdeutschen Plattenlabel Teldec. Im Bereich des freien Jazz übernahm Amiga dagegen „westliche“ Aufnahmen der Free Music Production von DDR-Musikern, beispielsweise von der Ulrich Gumpert Workshop Band und vom Trio Kowald-Smith-Sommer und veröffentlichte sie als Amiga-Platte. In den späten 1980er Jahren kam es außerdem zu Koproduktionen mit westlichen Vertragspartnern. Unter anderem wurden einige Aufnahmen von Ost-Künstlern im West-Berliner Ariola-Studio eingespielt oder von westlichen Gastproduzenten betreut.

Neben Künstlern aus der DDR wurden ab Mitte der 1960er Jahre auch ausgewählte Singles und LPs von Künstlern aus dem westlichen Ausland in Lizenz verlegt, die wegen des insgesamt geringen Angebots an westlicher Musik und den üblicherweise niedrigen Auflagen[2] meist schnell vergriffen waren. Zumeist wurden keine Einzelalben lizenziert, sondern eine Zusammenstellung von Titeln aus mehreren Alben der Interpreten. Zu den ersten Lizenz-LPs zählten in den 1960er Jahren Alben der Beatles und von Bob Dylan. In den frühen 1970er Jahren gab es wegen der restriktiveren Kulturpolitik und der knappen Devisen zumeist nur Lizenzpressungen von osteuropäischen Interpreten wie Czeslaw Niemen oder Omega, bevor in den späten 1970er und insbesondere mit der sinkenden Popularität der nationalen Produktionen in den 1980er Jahren wieder zahlreiche Lizenzpressungen von westlichen Interpreten erschienen, darunter Beach Boys, Bee Gees, Chuck Berry, Kate Bush, Eric Clapton, Falco, Joe Cocker, Deep Purple, Depeche Mode, Dire Straits, Eagles, Peter Gabriel, Genesis, Jimi Hendrix, Whitney Houston, Les Humphries Singers, Madonna, Michael Jackson, Elton John, Janis Joplin, The Kinks, John Lennon, Udo Lindenberg, Peter Maffay, Middle of the Road, Modern Talking, Moti Special, Nena, Pink Floyd, Elvis Presley, Queen, Rolling Stones, Jennifer Rush, Sandra, Santana, Scorpions, Supertramp, Tina Turner und The Who. Jazz- und Blueslizenzen erschienen innerhalb der Reihen Amiga Jazz und später auch Blues Collection, worunter B. B. King, Klaus Doldinger, Mahavishnu Orchestra, Champion Jack Dupree, Howlin' Wolf, Bessie Smith und andere verlegt wurden.

Die Auswahl der in Lizenz gepressten Westproduktionen folgte dabei auch kulturpolitischem Kalkül. Die innerhalb der DDR selbst angebotenen Lizenzveröffentlichungen hatten künstlerische Qualität mit bürgerlich-humanistischer bzw. sozialistischer Haltung zu vereinen.[3] Gegenüber so genannten Gestattungsproduktionen, die primär für Devisen in Intershops angeboten wurden, galten weniger restriktive Vorgaben.

Außer Einzelalben wurden auch zahlreiche Sampler veröffentlicht, darunter die in 16 Folgen von 1972 bis 1976 erschienene Reihe Hallo (teils mit Posterbeilage) und die jährliche Kompilation Die großen Erfolge von 1976 bis 1989. Mit der in über 20 Folgen erschienenen Sampler-Reihe Kleeblatt wurden ab den späten 1970er Jahren jeweils vier Bands oder Interpreten mit jeweils mehreren Titeln auf einem Album vorgestellt. Unter dem Namen Amiga-Quartett wurden Platten im Single-Format mit jeweils vier Stücken veröffentlicht.

Die Schallplattencover aller Veröffentlichungen wurden von einer firmeneigenen Gestaltungsabteilung entworfen und beim VEB Gotha-Druck produziert. Die Vorlaufzeit für eine Veröffentlichung betrug dort bis zu einem halben Jahr.

Die LPs (überwiegend handelte es sich um einzelne LPs, nur sehr selten wurden Doppel-LPs, LP-Boxen oder Ähnliches veröffentlicht) wurden in einer einfachen vierfarbigen LP-Hülle zumeist mit neutraler Innenhülle ausgeliefert. Beilagen oder Hüllen in Sonderformaten blieben seltene Ausnahmen. Auch für die Lizenzpressungen wurden zumeist eigene LP-Covers gestaltet, die sich oft an die Gestaltung der Originalausgaben anlehnten, jedoch auch häufig um politische Details verändert waren. So war bei den Bandfotos einer LP von Herbert Grönemeyer der Schlagzeuger retuschiert worden, weil er 1978 aus der DDR ausgereist war. Bei einer LP von John Lennon wurde auf einen auf dem Cover enthaltenen Auszug der US-Verfassung verzichtet.

Die Singles erschienen aus Zeit- und Geldnot häufig nur in neutralen Hüllen oder einheitlich gestalteten Lochcovers. Auch wenn die Singles individuell gestaltete Covers aufwiesen, fielen diese häufig sehr einfach aus. So besteht die Covergestaltung zahlreicher Amiga-Singles nur aus Schrift, und die drei 1965 erschienen Beatles-Singles verwenden jeweils dasselbe Covermotiv. Grundsätzlich unterschied sich Amiga mit diesem kostensparenden Verfahren nicht von den Plattenfirmen in der Bundesrepublik Deutschland.

Auflagenstärkste Produktionen

Die Amiga-Produktionen mit den höchsten Auflagen waren folgende Alben:

Preisgestaltung

Der Preis für eine Amiga-Langspielplatte lag fest bei 16,10 DDR-Mark. Die Amiga-LPs, deren Nummern mit 845 beginnen, wurden für 12,10 DDR-Mark verkauft, etwa Folk-Schallplatten oder Musikproduktionen für Kinder. Auch für Doppelalben, Singles und Musikkassetten gab es feste Preise. Gelegentlich wurden Restposten zum niedrigeren Preis verkauft.

Literatur

  • Birgit und Michael Rauhut: AMIGA. Die Diskographie aller Rock- und Pop-Produktionen 1964-1999. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 1999, ISBN 3-89602-189-3
  • Werner Josh Sellhorn: Jazz-DDR-Fakten Interpreten/Diskographien/Fotos/CD. NEUNPLUS11/Edition Kunst, Berlin 2005, ISBN 3-936033-19-6
  • Eberhard Kroll, Jochen Kleine-Horst: Erster allgemeiner Rock-, Pop- und Schlager-LP-Katalog der DDR. Daten, Fakten, Sammlerpreise. Band 1: LPs der Serie AMIGA 850/855 (1963-1984). I.P. Verlag Jeske/Mader GbR, Berlin 2000
  • Mathias Brüll: Jazz auf AMIGA. Die Jazz-Schallplatten des AMIGA-Labels von 1947 bis 1990. Pro Business, Berlin 2003, ISBN 3-937343-27-X
  • Frank Oehme, Bernd Meyer-Rähnitz, Joachim Schütte (Hrsg.): Die Ewige Freundin - von Lied der Zeit zum VEB Deutsche Schallplatten Berlin. Eine Firmendiscographie der Schellackplatten von AMIGA, ETERNA und LIED DER ZEIT. albis-international, Dresden und Ústí 2006, ISBN 80-86971-10-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rainer Bratfisch: Die Jazzszene in der DDR, Anhang Seite 291, Ch. Links Verlag, Berlin 2005, ISBN 3-86153-370-7
  2. Rauhut nennt eine vertragliche Vereinbarung von 10.000 Exemplaren pro Lizenzpressung
  3. Hansjürgen Schaefer in Wicke/Müller: Rockmusik und Politik. Berlin 1996

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