Japan-Knigge

Japan-Knigge

Das soziale Verhalten in Japan von Japanern untereinander einerseits und im Kontakt mit Gaikokujin (外国人, dt. Ausländern; kurz, etwas weniger höflich: Gaijin) andererseits unterscheidet sich in vielen Punkten von anderen westlichen, aber auch asiatischen Nachbarländern. Das rührt teilweise daher, dass Japan ein Inselstaat und somit entsprechend vor der modernen Zeit mehr oder weniger isoliert war. Das dadurch entsprechend ausgeprägte Bewusstsein der Japaner kann als einzigartig angesehen werden.

Inhaltsverzeichnis

Zwischenmenschliches

Titel und Anrede

siehe auch: Japanische Anreden

Wichtigstes Prinzip in der japanischen Konversation ist, dem Gesprächspartner gegenüber Respekt zu zeigen und sich selbst gegenüber Bescheidenheit. Dieses System, dessen grammatikalische Mittel Keigo (敬語, "Höflichkeitssprache") genannt werden, basiert auf den Hierarchievorstellungen des Konfuzianismus. Keigo ist deutlich komplexer als die Unterscheidung nach "Du" und "Sie" in der Deutschen Sprache, und stellt daher eine große Hürde beim Lernen der gehobenen japanischen Sprache dar. Zwar spielt das eigentliche Keigo im japanischen Alltag nur noch im Geschäftsleben eine Rolle, und die Mehrzahl der Japaner gibt in Umfragen zu, den fehlerfreien Gebrauch von Keigo nicht zu beherrschen, doch gibt es auch eine verwirrende Vielfalt von Anreden, die durchaus im Alltag gebraucht werden.

In der Anrede werden Männer und Frauen angesprochen, indem man -san (さん) an den Familiennamen anhängt. Manchmal wird auch der Vorname mit -san benutzt, um Respekt, aber Nähe auszudrücken. Diese Silbe wird auch verwendet, wenn man von jemandem in seiner Abwesenheit spricht. Die Silbe -san drückt Respekt aus, daher benutzt man sie nicht, wenn man von sich selbst oder den eigenen Familienangehörigen spricht.

Freunden und Geschwistern gegenüber wird nur der Vorname ohne Suffix verwendet.

Die Nachsilbe -chan (ちゃん) wird für kleine Mädchen und Niedliches (kawaii) im Allgemeinen (Katzen nekochan, Babys akachan) benutzt und entspricht den deutschen Suffixen "-chen" oder "-lein". Oft wird dabei auch der Name gekürzt, so wird Yukiko (幸子) zu Yuki-chan (幸ちゃん). Wenn Frauen niedlich wirken wollen, benutzen sie -chan auch untereinander.

"-kun" wird für Klassenkameraden, Soldaten in der Einheit und Jungs im Allgemeinen verwendet. Für ältere Jungs als der Sprecher selbst gibt es das respektvollere -senpai, das Schüler und Studenten der höheren Jahrgänge bezeichnet.

-sama (様 oder さま) ist die respektvollste Anrede im modernen Japanisch, sieht man mal vom Hofzeremoniell des Tennō ab, wo noch alte Adelstitel im Gebrauch sind. Es wird in der Anrede in Briefen verwendet und gegenüber angesehenen Persönlichkeiten. minasama (皆様) dient als Äquivalent von "Meine Damen und Herren".

Weiterhin sind Suffixe üblich, die die Stellung in der Hierarchie klar machen. Mit Nachname plus sensei (先生, wörtlich: früher geboren) spricht man Gebildete wie Lehrer, Anwälte, Ärzte, Professoren und Budo-Trainer an, die Anrede ist geschlechtsneutral. "Nakamura-sensei" kann daher Herr oder Frau Nakamura sein. In Unternehmen wird den Namen der Chefs der verschiedenen Ebenen ein -buchō, -kachō oder -shachō angehängt. Um die genaue Stellung des Gesprächspartners zu erfahren, sind die Visitenkarten wichtig. Man kann auch den Namen weglassen und nur die Funktion als Anrede verwenden, und zum Beispiel einen Lehrer mit sensei anreden. Hier gilt aber auch wieder: Mitglieder des eigenen Unternehmens bezeichnet man anderen gegenüber ohne die Höflichkeits-Suffixe. So redet ein Delegationsleiter über den eigenen Unternehmenschef als "社長の井上"(Unternehmenschef Iinoue). Die Stellung in der Hierarchie wird als Attribut vor den Namen gesetzt.

Die Nachsilbe -tachi (達) bildet dagegen einen Plural. Neben watashitachi (私達, wir) kann man die Nachsilbe auch an andere Personalpronomen und an Namen anhängen. Dann bezeichnet man damit nicht nur das entsprechende Individuum sondern die ganze Gruppe von Leuten, mit denen die Person normalerweise anzutreffen ist.

Japaner mit Auslandserfahrung stellen sich einem Ausländer gegenüber möglicherweise nach amerikanischer Sitte mit ihrem Eigennamen vor. Dann wird es natürlich knifflig. Wenn das Gespräch auf Japanisch geführt wird, sollte man sich trotzdem an die japanischen Konventionen halten. Wenn Englisch benutzt wird, geht das etwas legerer.

Ein großer Unterschied zum Deutschen besteht in der Benutzung von Personalpronomen. Es gibt zwar Wörter, die eine ähnliche Funktion haben, die japanische Sprache, die viel mit Respekt und Hierarchie arbeitet, benutzt hier aber viel mehr Abstufungen. Es gibt rund zehn verschiedene Arten, "ich" zu sagen (der eigene Vorname; watakushi / watashi 私; boku 僕 und ore 俺 sind nur einige regionsunabhängige Beispiele), je nachdem ob man Mann oder Frau ist, alt oder jung, und wer der Gesprächspartner ist. Am einfachsten ist, Gesprächspartner immer mit Nachnamen und -san anzureden und von sich selbst ebenfalls mit Namen oder mit watashi 私 (Neutral) zu sprechen.

Wo im Deutschen immer das Personalpronomen nötig ist, um zu bezeichnen, um wen es geht, wird es im Japanischen eher weggelassen und aus dem Kontext geschlossen, um wen es sich eigentlich handelt. Die Personalpronomen der dritten Person haben zusätzlich zur typischen Lehrbuch-Version, in der japanischen Umgangssprache oft eine besondere Bedeutung. Mit kare 彼 und kanojo 彼女 wird je nach Zusammenhang oft der Freund oder die Freundin (Partner / Partnerin) gemeint. Kareshi 彼氏 bedeutet in der gesprochenen Sprache heute ausschließlich „der Freund" im Sinne von „Liebhaber". Ob jemand Single ist, fragt man also mit „kareshi / kanojo ga imasu ka?" anata あなた ist das einzige im aktuellen Japanisch verwendete Wort mit der Bedeutung "du", das in neutralen Zusammenhängen als "Sie" gebraucht werden kann z. B.: "Bitte benutzen Sie die Yamanote-Linie bis zur Station Shinjuku und steigen sie dann ..." Es stammt von einer gleichnamigen Anrede von Frauen für ihre Ehemänner. Anreden von unbekannten oder höhergestellten Erwachsenen mit anata ist ausgeschlossen!

Weiterhin ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass ehemalige sehr höfliche sie-Wörter in der Geschichte der Sprache oft unhöflich geworden sind. Beispiele dafür sind:

  • kimi 君 ursprünglich Bezeichnung für den Tenno(ookimi 大君) in der Edo-Periode, jetzt Ausdruck für "du" in der Männersprache
  • omae お前 (ehrenhafter Gegenüber) früher "Sie", jetzt "hey du!" (Ausruf, unhöflich) oder im vertrauten Zusammenhang ein einfaches "du" (ebenfalls Männersprache)
  • kisama 貴様 (Ehrenwerter hochverehrter [Herr]) bedeutet in heutiger Verwendung ironischerweise "du Arschloch".

Namen

siehe auch: Japanische Namen

Japanische Familiennamen stehen traditionell vor dem persönlichem Namen. Wird der Name in Kanji geschrieben, steht er immer in dieser Reihenfolge, in westlicher Schrift wird er aber in der Regel Vorname Nachname geschrieben.

Hinweis: Endet ein Name auf -moto (本, Wurzel), -yama (山, Berg), -ta/-da (田, Feld), -mura (村, Dorf), -ki (木, Baum) oder -bayashi (林, Hain), so ist es meist der Familienname. Weibliche Eigennamen enden oft auf -ko (子). Männernamen kennen wesentlich mehr Varianten, -ichi, -suke oder -taro trifft man allerdings öfters an.

Trivia: Für Ausländer wirkt die Liste gebräuchlicher japanischer Namen sehr kurz, tatsächlich gibt es aber für gleich gesprochene und in Rōmaji gleich geschriebene Namen, besonders bei männlichen Vornamen, oft viele unterschiedliche Schreibweisen in Kanji, denen unterschiedliche Bedeutungen zu Grunde liegen.

Verhältnis Eltern-Kinder

Die berühmten drei Affen von Nikko: nichts (Böses) sehen, nichts (Böses) hören, nichts (Böses) reden

Benimmt sich ein japanisches Kind unartig, tun die Eltern oft so, als hätten sie dies nicht bemerkt. Will das Kind die Aufmerksamkeit seiner Eltern zurückgewinnen, muss es sich erst artig benehmen. Sinnbild für dieses Verhalten sind die berühmten drei Affen von Nikko:

  • mizaru (見ざる) = nichts (Böses) sehen
  • kikazaru (聴かざる) = nichts (Böses) hören
  • iwazaru (言わざる) = nichts (Böses) reden

Geschenke

Geschenke werden manchmal nicht in der Gegenwart des Schenkenden ausgepackt, um beiden Seiten einen Gesichtsverlust bei Überraschung und Enttäuschung zu ersparen. Ein Geschenk verlangt ein Gegengeschenk, das allerdings – aus logischen Gründen – von geringerem Wert sein sollte. Ausnahmen bilden Dankesgeschenke, hier ist die Gegenleistung ja schon erbracht worden.

Geld unverhüllt zu schenken gilt als plump. Deshalb gibt es in Schreibwarenläden spezielle Umschläge für Geldgeschenke zu kaufen.

Beim Schenken beachten Japaner viele Tabus. Nicht angebracht sind:

  • Vier Gegenstände: vier (shi) klingt gleich wie japanisch für "tot"
  • Weiße Taschentücher weisen auf Trauer hin
  • Weiße Blumen gibt es nur für Beerdigungen
  • Scheren und Messer weisen auf Trennung der Bande hin
  • Gegenstände, die das kaiserliche Wappen enthalten
  • Abbildungen mit Füchsen, die für Hinterhältigkeit stehen
  • Gelbe Taschentücher und ähnliches weist auf Verrat hin.

Als Ausländer sollte man sich aber nicht zu große Gedanken darüber machen, denn von Gaijin erwarten Japaner keine tiefere Kenntnis dieser Regeln. Gäste aus Deutschland sollten etwas mitbringen, das Japaner als "typisch deutsch" empfinden. Japaner lieben auch Dinge, die Deutsche als verspielt oder kitschig empfinden. Wer aus München kommt, liegt mit einem Bierkrug, auf dem das Hofbräuhaus abgebildet ist, bestimmt richtig. Berliner können es mit einem kleinen Brandenburger Tor versuchen. Selbst eine Sandmännchenpuppe, die die Titelmelodie singt, wurde schon mit Erfolg in Japan verschenkt. Bei Artikeln wie T-Shirts, die von bekannten Labels hergestellt werden, ist auf Markenzeichen zu achten. Wenn es z. B. einen bestimmten Aufdruck nicht von weltbekannten Marken gibt, sollte ein anderer gewählt werden, sofern nicht sicher davon ausgegangen werden kann, dass sich der Empfänger nichts aus Marken macht. (Im Zweifelsfall muss vom Gegenteil ausgegangen werden). Eventuell kann man auch im Voraus etwas über die Interessen des Beschenkten herausfinden.

Bei Geschenken ist die Verpackung oft fast genau so wichtig wie der Inhalt. Aus diesem Grund haben die Japaner auch die Kunst der Verpackung auf ein hohes Niveau entwickelt.

Begrüßung

Händeschütteln ist in Japan unüblich. Statt dessen verlangt die Etikette eine – je nach Rang des Gegenüber gestaffelte – Verbeugung. Beim Verbeugen muss der Rücken gestreckt sein. Der Rangniedere muss der Waagerechten (dem rechten Winkel) näher kommen und länger in der Verbeugung verharren. Junge Japaner werden dem Europäer allerdings möglicherweise das Händeschütteln anbieten. Insbesondere westlichen Ausländern gegenüber gibt es auch die Kombination Verbeugen und gleichzeitig Händeschütteln. Es gibt einige Regeln, wer sich tiefer zu verbeugen hat:

Eine 5°-Verbeugung ist für neutrale Handlungen; eine 15°-Verbeugung ist für die höflichere Handlung; eine 30°-Verbeugung ist für eine Bitte oder tiefste Entschuldigung.

Außerdem ist ein direkter Blickkontakt zu vermeiden, da dieser von Japanern als unhöfliches Starren empfunden wird.

Gefühle

Tiefere Gefühle zeigt man in Japan selten. Vor allem „negative“, wie Zorn, Trauer und Enttäuschung werden traditionell je nach Alter oft nur den Eltern, dem besten Freund/der besten Freundin oder dem Ehepartner offenbart. Für Europäer ungewohnt kann das Lachen eines Gesprächspartners sein, dem man z. B. erregt von widerfahrener Ungerechtigkeit erzählt.

Lächeln kaschiert oft Schmerz und will dem Gegenüber Mitleid und eine gewisse Verpflichtung zur Hilfestellung ersparen.

Hara (腹, Bauch) – davon leitet sich Harakiri ab – ist der Männersprache zugeordnet und kann so viel wie Bauch, Geist oder Seele bedeuten. Frauen verwenden den Begriff Kokoro (心, dt. Herz) oder o-naka (お腹, Bauch).

Tatemae (建前, Fassade) ist das Gegenstück zu Honne und bezeichnet die öffentliche Haltung, die gezeigt wird, um die Harmonie zu wahren. Dies bedeutet oft einen Widerspruch zur Wahrheit oder den tatsächlichen Verhältnissen und eine Diskrepanz zwischen Denken und Sprechen. Honne ist das Gegenstück zu Tatemae und bezieht sich auf die wahre Absicht, die man verschweigt, um die Harmonie zu wahren.

Eine ungeschriebene Regel japanischer Filme besagt, dass Männer ihre Gefühle meist nicht offenbaren, und wenn doch einmal, dann nur entweder sehr indirekt oder laut, unter Schreien und Tränen.

Kritik

Auf Kritik wird in Japan noch empfindlicher reagiert als in westlichen Ländern. Bei aller Kritik ist zu beachten, dass der Kritisierte sein Gesicht wahren möchte. Kritik wird deshalb eher indirekt vorgebracht:

  • Vorsichtig durch Dritte
  • Ohne Worte (durch Schweigen)
  • Lob mit einer angedeuteten Einschränkung
  • Beim gemeinsamen Trinken
  • Ansprechen der ganzen Gruppe, die dann dem Schwächeren hilft
  • Allgemeine Kritik, ohne konkret zu werden
  • Betonung des erwünschten Resultats

Ja und Nein

Ein Ja (はい Hai) kann auch bedeuten, dass man aufmerksam zuhört. Die japanische Etikette verlangt, dass man den Sprecher durch wiederholtes Ja seiner Aufmerksamkeit versichert. Allerdings ist ein Jaja (はいはい Haihai) verpönt und gilt als unhöflich. Selbst ein hai, so desu (Ja, so ist es) eines Untergebenen einem Höhergestellten gegenüber muss nicht heißen, dass der Sprecher tatsächlich aus vollem Herzen zustimmen, vielleicht möchte er auch in der Öffentlichkeit den Chef nicht bloßstellen. Unter Gleichgestellten wird auch nur n (ん) oder un (うん) verwendet.

Ein direktes Nein ist verpönt. Zieht das Gegenüber die Luft durch die Zähne ein, deutet das auf Schwierigkeiten hin. Das Gleiche gilt für eine in den Nacken gelegte Hand. chigau (違う, [es ist] anders, Wörterbuchform) oder chigaimasu (違います, [es ist] anders, normalhöfliche Form) kommt dem deutschen "Nein" am nächsten.

Verhalten bei Mahlzeiten

Japanische Essstäbchen unterscheiden sich von den chinesischen vor allem darin, dass sie spitz zulaufen und oft kürzer sind. Ein Fauxpas wäre es, die Stäbchen senkrecht in den Reis zu stecken, da eine solche Anordnung den Räucherstäbchen im Reis für Verstorbene vorbehalten ist. Nie reicht man in Japan Speise von Essstäbchen zu Essstäbchen. (Von Stäbchen zu Stäbchen werden nach der üblichen Feuerbestattung die Knochen des Verstorbenen / der Verstorbenen bewegt.)

Hat man das Essen beendet, legt man die Stäbchen parallel zueinander auf den Teller oder steckt sie im Restaurant am besten bis auf 2-3 cm zurück in die Papierhülle, deren Ende man umfaltet, damit leicht erkennbar ist, das die Stäbchen bereits benutzt wurden. Leere Gläser werden von Tischnachbarn schnell wieder nachgeschenkt. Möchte man nichts mehr, so lässt man einen Rest im Glas. Wer sich selbst einschenkt, kann als Säufer gelten.

Männer dürfen am Tisch gemäßigt Suppe schlürfen. Niesen und in der Öffentlichkeit mit einem Taschentuch die Nase schnäuzen stößt in Japan gerade so unangenehm auf, wie lautstarkes Nase hochziehen in Europa nicht salonfähig ist. Es gilt als mangelnde Körperbeherrschung und gehört zum Abort.

In Japan wird das Essen oft auf Tellern serviert, von denen sich jeder etwas selbst nimmt. Sind keine extra Stäbchen vorhanden so sollte man seine eigenen umdrehen und die Kehrseite der Stäbchen verwenden (öffentliche Seite).

Ausbildung und Berufliches

Japanische Kinder werden schon früh auf Disziplin getrimmt, damit sie eine erfolgreiche Schullaufbahn hinter sich bringen. Voraussetzung für eine erfolgreiche Berufskarriere ist der Abschluss einer guten Universität, welche wiederum eine gute Schulausbildung voraussetzt usw. bis hinunter in den Kindergarten. Hinter dieser Erziehung stehen meist die Mütter. Der Begriff ist Kyōiku Mama (教育ママ, dt. Erziehungsmutter). Es gibt aber auch das Wort Mamagon (ママゴン), das sich zusammensetzt aus "mama" und "dragon" (englisch: Drachen).

Kennzeichnend für die japanische Arbeitswelt war fast bis zum Ende des 20. Jahrhunderts das Prinzip der lebenslangen Beschäftigung, wenn man das Glück hatte, einen Arbeitsplatz in einem renommierten Betrieb zu erhalten. Aber auch nach der Asienkrise hat sich die hohe Arbeitsmoral der Japaner erhalten. So verzichten nach wie vor viele Angestellte auf den ihnen zustehenden Jahresurlaub aus Loyalität mit dem Unternehmen und den Kollegen, die dann ja die anfallende Arbeit für einen mit erledigen müssten. Auch der Krankenstand ist mit 1 Prozent erstaunlich niedrig (Deutschland 2005: 3,3 Prozent), dafür ist Karōshi (Tod durch Überarbeitung) seit Ende der 1980er Jahre ein Medienthema.

Kollegen nehmen an familiären Ereignissen regen Anteil und schaffen dadurch ein Klima der Geborgenheit. Der Preis für diese Geborgenheit ist allerdings auch ein enorm hoher Gruppenzwang.

Zur Corporate Identity gehört auch die Unternehmenshymne, die oft vor Arbeitsbeginn von der Belegschaft gemeinsam im Freien gesungen wird.

Visitenkarten (名刺 Meishi) sind in der Geschäftswelt absolut unerlässlich, denn sie sind die Grundlage für das Kennenlernen und zeigen den jeweiligen Status des Gegenüber an. Man nimmt die Visitenkarte mit beiden Händen entgegen und liest sie oder betrachtet sie zumindest symbolisch. Viele Visitenkarten haben je eine Seite mit japanischer und „westlicher“ Schrift. Findet ein Gespräch am Tisch statt, wird die Karte links oben vom Empfänger, mit der Schriftseite für ihn lesbar, abgelegt. Keinesfalls steckt man die Visitenkarten in die Hosen- oder Jackentasche, das gilt als respektlos. Zur Aufbewahrung gibt es Etuis, oder man benutzt das Portemonnaie. Auf fremde Visitenkarten soll man, zumindest im Beisein des Gebers, nichts notieren.

Der Begriff Salaryman leitet sich von dem (nicht existierenden) englischen Wort salary man (von salary = Gehalt, man = Mann) her. Er bezeichnet den Büroangestellten eines guten Unternehmens. Früher war es das Ziel von Oberschülern und Studenten, Salaryman in renommierten Unternehmen zu werden. Das änderte sich, nachdem die lebenslange Beschäftigung schrittweise aufgelöst wurde.

Der japanische Begriff für Unternehmen lautet Kaisha (会社). Diese Kaisha beansprucht mehr vom Privatleben ihrer Mitarbeiter als zum Beispiel ein deutsches Unternehmen. Dazu gehört auch das Nomikai (飲み会), das gemeinsame Trinken mit Kollegen nach Feierabend. Die Kaisha verlangt mehr von ihren Mitarbeitern, bindet sie aber auch mehr in die Entscheidungsprozesse ein. Nemawashi (根回し) bedeutet so viel wie „die Wurzeln bündeln“ und bezeichnet den Vorgang, dass bei der Entscheidungsfindung alle Betroffenen mit einbezogen werden.

Siehe auch: Office Lady - Fenstergucker - Nemawashi

Sprache

siehe: Japanische Sprache

Die Formulierung einer Bitte auf Japanisch ist relativ umständlich. Eigentlich kann man eine Bitte nur in einem ganzen Satz formulieren. In diesem Satz wird dann das Verb kudasai (ください) verwendet, das wörtlich „heruntergeben” bedeutet und die eigene untergeordnete Stellung andeutet. Andere Begriffe, um im Satz eine Bitte auszudrücken, sind dōzo (bitte) oder onegai shimasu (ich habe eine Bitte).

Die Höflichkeit gebietet es Japanern, eine Bitte nicht abzulehnen. Fängt ein Japaner an zu zögern oder auf Probleme hinzuweisen, ist das als "Nein" zu interpretieren. Am besten trägt man Bitten nur indirekt vor (ich hätte da ein Problem ...), um dem Gegenüber den Gesichtsverlust zu ersparen.

Beim Bedanken bieten sich mehrere Abstufungen an:

  1. どうもありがとうございます Dōmo arigatō gozaimasu! 
  2. Dōmo arigatō!
  3. Dōmo! oder ありがとう Arigatō! 

Etwa die Hälfte des japanischen Wortschatzes besteht aus Fremdwörtern. In historischen Zeiten kamen diese meist aus China. Seit der Meiji-Restauration ist die englische Sprache der größte Lieferant von Fremdwörtern. Diese Fremd- und Lehnwörter werden der japanischen Phonetik angepasst und in der Silbenschrift Katakana geschrieben. Wenn man einen Begriff auf japanisch nicht weiß, kann man es mit einem japanisch ausgesprochenen (amerikanisch-)englischen Wort versuchen, das oft verstanden wird.

Lachen gehört in den privaten Bereich und wird deshalb in der Öffentlichkeit nicht so gerne gesehen. Japanische Witze sind oft Wortspiele, die sich auf Grund der homophonen Struktur der japanischen Sprache sehr oft ergeben.

Alltagsleben

Genkan ist der Eingangsbereich zu einer japanischen Wohnung. Hier werden die Schuhe abgestellt, da der Innenbereich des Hauses nur mit Strümpfen oder speziellen Pantoffeln betreten werden soll. Für die Toilette gibt es spezielle "Toilettenpantoffeln".

Im Gegensatz zu Europa und Amerika dient die Badewanne ausschließlich zur Entspannung. Man wäscht sich, bevor man die Wanne betritt, indem man sich auf einen kleinen Schemel setzt, sich mit Wasser übergießt und dann mit Seife wäscht.

In Japan sind sowohl traditionelle Hocktoiletten als auch Sitztoiletten vorhanden. Letztere verfügen zunehmend über eine elektronische Steuerung von Zusatzfunktionen wie z.B. Bidet, Gesäßdusche und -Trocknung und anderes. Siehe auch: Toiletten in Japan.

Literatur

  • Thomas, Gothild und Kristina: Reisegast in Japan,Iwanowski's Reisebuchverlag, Muenchen 2001, ISBN 3-923975-82-1
  • Kobayashi, Kazuhiko: Business mit Japan. Was europäische Manager wissen müssen, ISBN 3-7844-7348-2
  • Lutterjohann, Martin: Kulturschock Japan, ISBN 3-8317-1187-9
  • Ogawa, Tadashi: Grund und Grenze des Bewusstseins. Interkulturelle Phänomenologie aus japanischer Sicht, ISBN 3-8260-1972-5
  • Tominaga, Minoru: Erfolgsstrategien für deutsche Unternehmer. So bestehen Sie im globalen Wettbewerb, ISBN 3-612-26634-9
  • Vardaman, James M.; Vardaman, Michiko: Japan from A to Z. Mysteries of everyday life explained, ISBN 4-900737-41-0
  • Williams, Stephen N.: American and Japanese Gestures, ISBN 4-7700-2344-8
  • Moosmüller, Alois: Kulturen in Interaktion. Deutsche und US-amerikanische Firmenentsandte in Japan, ISBN 3-89325-583-4
  • Coulmas, Florian: Die Kultur Japans, ISBN 3-406-52811-2
  • Coulmas, Florian: Japanische Zeiten, ISBN 3-463-40392-7
  • Coulmas, Florian: Die Deutschen schreien, ISBN 3-498-00921-4
  • Mutranowski, Bill: You Know You've been in Japan too Long…, ISBN 0-8048-3380-X
  • Neumann, Christoph: Darum nerven Japaner. Der ungeschminkte Wahnsinn des japanischen Alltag, Eichborn, Frankfurt a.M. 2002, ISBN 3-8218-3594-X

Siehe auch

Weblinks

  • Tenshi-Regeln Das Wissensportal um und über die japanische Kultur. (deutsch – Private Homepage mit vielen Informationen aus dem Bereich Kultur, Sprache und Geschichte Japans. Mit detaillierten Angaben zu Kimonos).

Wikimedia Foundation.

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