Jakobinermütze

Jakobinermütze
Phrygische Mütze

Eine Phrygische Mütze [ˈfryːgɪʃə], seltener auch Skythische Mütze [ˈskyːtɪʃə] genannt, ist eine Mützenart mit einer eigentümlichen Form, die ursprünglich von den antiken Phrygern getragen wurde. Ursprünglich war die Phrygische Mütze ein gegerbter Stier-Hodensack samt der umliegenden Fellpartie. Nach der mythischen Vorstellung der Griechen sollte ein solches Kleidungsstück die besonderen Fähigkeiten des Tieres auf seinen Träger übertragen.

Als Kleidungsstück besteht die Phrygische Mütze aus Stoff, Tuch, Wolle oder Leder und hat einen längeren runden Zipfel, der nach vorn geschlagen wird bzw. Richtung Stirn fällt. Das Aussehen dieser Mützenform dürfte heutzutage jedem bekannt sein von Trickfiguren wie den Schlümpfen oder den Mainzelmännchen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der Phrygischen Mütze

Die Phrygische Mütze wurde ursprünglich von den Phrygern und anderen indogermanischen anatolischen Völkern getragen. Später wurde sie charakteristisch für die Iranier und Thraker.

Der persische Heros Mithras wird stets mit einer Phrygischen Mütze abgebildet, ebenso der möglicherweise mit ihm gleichzusetzende, im Römischen Reich verehrte Mithras.

Die antiken Griechen sahen die Phrygische Mütze genau wie Hosen als typisch barbarische Kleidung an, und wann immer die Griechen Perser und andere ihrer Meinung nach Barbaren auf Vasen, Wandmalereien oder Mosaiken darstellten, ließen sie sie eine Phrygische Mütze auf der Abbildung tragen.

Die (von den Athenern als Barbaren angesehenen) Makedonier übernahmen die Phrygische Mütze und auch den ähnlich geformten Phrygischen Helm von den Thrakern.

Auch die biblischen sogenannten Heiligen Drei Könige (Magier aus dem Morgenland) werden in frühen Abbildungen mit der Phrygischen Mütze dargestellt, ein Hinweis darauf, dass sie aus Persien stammen könnten.

Im Mittelalter taucht die Phrygische Mütze wie auch der von den Normannen und Byzantinern verbreitete Phrygische Helm wieder verstärkt auf, und überraschenderweise besonders in Westeuropa.

Die Phrygische Mütze gilt seit dem Frühmittelalter als typisch für Sachsen und Angelsachsen. Außerdem wurde sie Bestandteil der Tracht der neapolitanischen Seeleute.

Des Weiteren fand sie Eingang in den Corno Ducale, die Kopfbedeckung der Dogen von Venedig.

Phrygische Mütze in der Neuzeit

Während der Französischen Revolution wurde die Phrygische Mütze von den Jakobinern als Ausdruck ihres politischen Bekenntnisses getragen. Sie glaubten irrigerweise, die phrygische Mütze sei in der Antike von freigelassenen Sklaven getragen worden. Daher wurde sie als sogenannte Freiheitsmütze in der politischen Ikonographie Frankreichs und ganz Europas zum Symbol demokratischer und republikanischer Gesinnung, bei den Gegnern der Revolution aber auch zum Kennzeichen der jakobinischen Schreckensherrschaft. Häufig wird auch die französische Symbolfigur Marianne mit einer Jakobinermütze dargestellt. Republikanische Darstellungen des deutschen Michel aus der Revolution von 1848/49 zeigen diesen häufig mit einer Schlafmütze, die meist als Persiflage der Jakobinermütze gedacht ist.

Verwendung als Freiheits- und Unabhängigkeitssymbol

Der Siegeszug der Jakobinermütze als Freiheitssymbol zeigt sich auch in ihrer Verwendung in vielen Staatswappen in Amerika, von denen viele im Gefolge der Französischen Revolution und der Zeit Napoleons ihre Unabhängigkeit erhielten.

Sie taucht als ein wichtiges Symbol in den Wappen Argentiniens, Boliviens, Kolumbiens, Kubas, Nicaraguas und im Wappen des US-amerikanischen Bundesstaates West Virginia auf. Die Phrygische Mütze ist außerdem dargestellt in den Flaggen El Salvadors, Haitis, Nicaraguas, und auf der Rückseite der Flagge Paraguays. Sie ist Bestandteil der Flaggen der US-amerikanischen Bundesstaaten New York und New Jersey sowie der Flagge des brasilianischen Bundesstaates Santa Catarina. Außerdem wurde die Phrygische Mütze im ehemaligen Wappen der Dominikanischen Republik (1844–1865) und in der ehemaligen Flagge Argentiniens (1836 bis etwa 1849) verwendet.

Verwendung des Begriffs in der Medizin

In der Medizin wird der Begriff phrygische Mütze für eine angeborene Formvariante der Gallenblase verwendet, die in der Röntgenkontrast- oder Ultraschalluntersuchung eine geknickte Form aufweist. Differenzialdiagnostisch muss sie von einer Septierung der Gallenblase unterschieden werden.

Literatur

  • Josef Eberle: Die rote Mütze. Zur Geschichte eines Freiheitssymbols. in: Josef Eberle (alias Sebastian Blau): Lateinische Nächte. Stuttgart 1967, ISBN 3-421-01331-4

Siehe auch


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