Jagdgenossenschaft

Jagdgenossenschaft

Jagdgenossenschaften sind in Deutschland Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie entstehen kraft Gesetzes, ohne dass es eines Beschlusses oder eines anderen Aktes bedarf.

Mitglieder einer Jagdgenossenschaft, so genannte Jagdgenossen, sind die Eigentümer der Flächen einer Gemeinde, die zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören. Zu einem gemeinschaftlichen Jagdbezirk gehören alle Grundflächen einer Gemeinde, die nicht zu einem Eigenjagdbezirk gehören und im Zusammenhang eine bestimmte, vom Landesrecht abhängige, Mindestfläche (mindestens 150 Hektar oder höhere Mindestflächen je nach Bundesland) umfassen. Bejagbare Flächen sind im Jagdkataster verzeichnet.

Die Jagdgenossenschaft jagt in Eigenregie oder verpachtet die Jagd in ihrem gemeinschaftlichen Jagdbezirk an den Jäger. Im Jagdpachtvertrag wird die Haftung der Jagdgenossenschaft für Wildschäden in der Regel auf den Pächter, den Jäger, übertragen. Die Haftung der Jagdgenossenschaft ist dann nur subsidiär. Entscheidungen trifft die Jagdgenossenschaft grundsätzlich nach dem Prinzip der doppelten Mehrheit, es muss eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen und der hinter einer Stimme stehenden Fläche bestehen. Der Ertrag aus der Pacht wird entsprechend der jeweiligen Grundstücksfläche auf die Jagdgenossen umgelegt, man spricht von einem Auskehranspruch der Jagdgenossen gegen die Jagdgenossenschaft.

Am 13. Dezember 2006 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass Zwangsmitgliedschaften in Jagdgenossenschaften verfassungsgemäß sind.[1]

Zur Geschichte

Bis 1848 stand das Jagdrecht dem jeweiligen Landesherrn als Jagdregal zu. Die deutschen Staaten hoben (mit Ausnahme von Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz) diese Rechte im Gefolge der Revolution von 1848/49 auf. Jagd war nur noch auf eigenem Grund und Boden möglich. Aufgrund der ungeregelten Jagdausübung, die von jedem auf seinem Besitz möglich war, wurde jedoch befürchtet, dass es zu einer schnellen Abnahme der Wildbestände kommen würden, da weder Mindestgrößen, noch Schonzeiten die Jagdausübung regelten. So schrieb SCHLOTFELDT in der Deutschen Jäger Zeitung von 1884, "daß die freie Jagd in kurzer Zeit eine vollständige Vernichtung des Wildstandes nach sich ziehen muß, bedarf es keines Beweises"[2]. Wie stark diese Reduktion tatsächlich war, ist aus heutiger Sicht schwer nachzuvollziehen. Sicher ist, dass die (überhöhten) Wildbestände der feudalen Jagd reduziert wurden und auch darüber hinaus eine Bestandesabnahme (von nicht festlegbarem Ausmaß) stattgefunden hat. Die deutschen Staaten erließen daher in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts Gesetze, die das dem Grundeigentümer zustehende Jagdrecht und das Jagdausübungsrecht trennten und das Jagdausübungsrecht entweder den Gemeinden oder der Gemeinschaft der Grundeigentümer zuerkannten. Außerdem wurde mit dem Jagdpolizeigesetz von 1850 die Mindestgröße für die Ausübung der Jagd auf dem eigenen Grund und Boden auf 300 Morgen (ca. 75 ha.) festgelegt, welche bis heute als Mindestgröße erhalten geblieben ist.[3] Durch diese Regelungen wurde die Jagd erstmals bundesweit einheitlich geregelt und später in das Reichsjagdgesetz und in das heutige Bundesjagdgesetz übernommen.

Diese landesrechtlichen Regelungen zum sogenannten Reviersystem vereinheitlichte das Reichsjagdgesetz vom 3. Juli 1934, das die amerikanische Besatzungsmacht für ihre Zone 1948 aufhob. An dessen Stelle trat schließlich das Bundesjagdgesetz, das am 1. April 1953 Geltung erlangte und das Reviersystem bis heute beibehält. [4]

Literatur

  • Scholz, Jagdgenossenschaft und Jagdrecht in Deutschland und den Europäischen Nachbarländern, Aachen 1996.
  • Mitzschke/Schäfer, Kommentar zum Bundesjagdgesetz, 4. Aufl. 1982.
  • Jagdpolizeigesetz, 1850.
  • Hiller, Jäger und Jagd - Zur Entwicklung des Jagdwesens in Deutschland zwischen 1848 und 1914, Münster 2003.

Quelle

  1. Entscheidung des Bundesverfassungsgericht zur Verfassungsmäßigkeit von Zwangsmitgliedschaften
  2. E. Schlotfeldt, Deutsche Jäger Zeitung, 1884, Bd. 2, S. 302.
  3. Jagdpolizeigesetz, 1850, §3
  4. (vgl. zum Ganzen ausführlich Scholz, Jagdgenossenschaft und Jagdrecht in Deutschland und den Europäischen Nachbarländern, Aachen 1996, S. 23 ff. sowie Mitzschke/Schäfer, Kommentar zum Bundesjagdgesetz, 4. Aufl. 1982, Einleitung, Rn. 2 ff.; von Pückler, Agrarrecht 2001, S. 72 f.)
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