Ambrosius Aurelianus

Ambrosius Aurelianus

Ambrosius Aurelianus war, den Legenden folgend, die von Gildas und in der anonymen Historia Brittonum überliefert werden, ein spätantiker römisch-britischer Anführer, der im 5. Jahrhundert die wichtige Schlacht von Mons Badonicus gegen die Angelsachsen gewann.

Ambrosius Aurelianus ist eine der wenigen Personen, die Gildas namentlich erwähnt. Nach dem verheerenden Aufstand der Sachsen um 440, die von Vortigern als Söldner ins Land gerufen worden waren und dann rebelliert hatten, hätten sich die überlebenden romanisierten Bewohner der Insel unter Führung von Ambrosius, der beschrieben wird als ein vornehmer Mann, der vielleicht als einziger Römer den Schock dieses bemerkenswerten Sturms überlebte. Seine Eltern, die sicherlich den Purpur getragen hatten, waren in ihm getötet worden. Seine Nachkommen in unseren Tagen sind gegenüber der Außergewöhnlichkeit ihres Großvaters viel niedriger (Gildas, De excidio et conquestu Brittaniae 1,25). Gildas zufolge war es Ambrosius, der die Überlebenden in einer bewaffneten Gruppe organisierte und einen ersten militärischen Sieg über die sächsischen Invasoren errang.

Zwei Punkte in dieser kurzen Beschreibung haben besondere Aufmerksamkeit erregt. Der erste ist die Frage, was Gildas mit der Aussage meint, Ambrosius’ Eltern hätten "sicherlich" (nimirum) den Purpur getragen? Heißt dies, dass Ambrosius mit einem der römischen Kaiser oder einem Usurpator wie Konstantin III. († 411) verwandt war? Vielleicht wurde Gildas Aussage durch die walisische Tradition angeregt, er sei einer der Söhne des Kaisers Magnus Maximus († 388) und seiner keltischen Frau Helen gewesen. Andererseits darf die Einschränkung nimirum nicht übersehen werden; nach Ansicht vieler Historiker macht sie deutlich, dass Gildas den Verweis auf den Purpur nicht wörtlich meinte, sondern lediglich ausdrücken wollte, Ambrosius sei so edel gewesen, dass man hätte meinen können, er sei von kaiserlicher Abstammung. Wieder andere Forscher meinen, dass "den Purpur tragen" nicht notwendigerweise auf eine kaiserliche, sondern auch auf eine senatorische Herkunft verweisen könne.

Die zweite Frage ist die Bedeutung des Wortes avita. Hier sind zwei Übersetzungen möglich: Heißt es allgemein „Ahnen“, oder meinte Gildas spezifisch „Großvater“ – was bedeuten würde, dass Ambrosius etwa eine Generation vor der Schlacht von Mons Badonicus gelebt hätte. Der Mangel an Informationen aus dieser Zeit hindert daran, eindeutige Antworten zu geben.

Auch die deutlich spätere Historia Brittonum bewahrt einige Details der Überlieferung zu Ambrosius. Der wichtigste darunter ist die Geschichte von Ambrosius, Vortigern und den beiden Drachen von Dinas Emrys (walisisch für „Festung des Ambrosius“) in den Kapiteln 40 bis 42, eine Geschichte, die später von Geoffrey von Monmouth in seiner Historia Regum Britanniae erneut erzählt wird, wo die Person Ambrosius mit der walisischen Legende vom Zauberer Merlin verknüpft wird, der bekannt war für angebliche Prophezeiungen über zukünftige Siege der keltisch-römischen Einwohner Britanniens über die Sachsen und Normannen.

Aber es gibt auch einige kurze Abschnitte in der Historia Brittonum, die sich mit Ambrosius beschäftigen: Im Kapitel 31 erfahren wir, dass Vortigern "durch Angst" vor Ambrosius regiert habe; später, in Kapitel 66, werden verschiedene Ereignisse mit der Schlacht von Guoloph zwischen Ambrosius und Vitolinus in Verbindung gebracht; zuletzt, im Kapitel 48, wird gesagt, dass Pascent, der Sohn von Vortigern, die Herrschaft über die Königreiche Buellt und Gwrtheyrion zugesprochen wurde. Es ist nicht eindeutig, wie diese verschiedenen Teile zueinander gehören, aber es ist nicht außer acht zu lassen, dass sie alle aus der gleichen Quelle stammen.

Da Ambrosius und Vortigern in den Historia Brittonum als miteinander zerstritten gezeigt werden, haben manche Historiker vermutet, dass dies einen historischen Kern über die Existenz von zwei sich gegenüberstehenden Parteien bewahrt, die eine angeführt von Ambrosius, die andere von "Vortigern" (hinter diesem bei Gildas nicht erwähnten Namen verbirgt sich im übrigen vermutlich ursprünglich ein Titel). Auf Basis dieser Vermutung baute John N. L. Myres die Hypothese auf, Vortigern stehe für eine Partei von Pelagianern, während Ambrosius die katholische Seite vertreten habe. Spätere Historiker nahmen diese unbeweisbare Hypothese als Faktum und bildeten daraus ihrerseits eine Geschichte zu angeblichen Ereignissen im britischen 5. Jahrhundert mit verschiedenen Graden an Detaillierung. Eine einfachere Interpretation des Konflikts zwischen diesen beiden Personen ist, dass die Historia Brittonum Traditionen bewahrt, die dem damals in Powys regierenden Haus von Vortigern und seinen Nachkommen feindlich gesinnt sind. Diese Interpretation wird unterstützt durch den negativen Charakter, den alle nacherzählten Geschichten über Vortigern in den Historia Brittonum transportieren, die bis zum Vorwurfs des Inzests reichen. Bei den Spekulationen über diesen Konflikt muss man aber auch zugestehen, dass es wahrscheinlich ist, dass die historischen Vorbilder für Ambrosius und Vortigern in ihrem wirklichen Leben niemals voneinander gehört haben.

Ambrosius Aurelianus erscheint darüber hinaus in der späteren Artussage als „Ambrosius“, Sohn des Hochkönigs Konstantin, Nachfolger von Vortigern, älterer Bruder und Vorgänger von Uther Pendragon und erster Hochkönig, der Merlin als königlichen Ratgeber nutzt. Die Waliser kannten allem Anschein nach Überlieferungen von zwei verschiedenen Personen namens Ambrosius, die Geoffrey von Monmouth dann miteinander vermischt hat.

S. Appelbaum hat vermutet, dass Amesbury in Wiltshire in seinem Namen Ambrosius bewahrt, so dass Amesbury das Zentrum seiner Macht im späten 5. Jahrhundert gewesen sein könne. Namensforscher haben eine Anzahl von Toponymen in Dialekten der englischen Midlands gefunden, mit Ortsnamen, die das „ambre“-Element in sich tragen: Ombersley in Worcestershire, Ambrosden in Oxfordshire, Amberley in Herefordshire, und Amberley in Gloucestershire. Diese Forscher vermuten, dass diese Silbe das altenglische Wort für „amor“ repräsentiere, den Namen eines Waldvogels. Andererseits liegt Amesbury in einer anderen Sprachregion und passt nicht so einfach in das Ortsnamenmuster der verschiedenen regionalen Midland-Dialekte. Dies macht Appelbaums Annahme jedoch wahrscheinlicher. Wenn man die Etymologie zum einen kombiniert mit Geoffrey von Monmouths Überlieferung, Ambrosius Aurelianus habe Stonehenge gebaut (das in der Gemeinde Amesbury liegt), zum anderen mit der Präsenz einer eisenzeitlichen Wallanlage in der gleichen Gemeinde, dann ist man ganz besonders versucht, die schattenhafte Figur mit dem Ort zu verknüpfen.

Literatur

  • Frank D. Reno: The Historic King Arthur. Authenticating the Celtic hero of post-Roman Britain. McFarland & Co, Jefferson NC u. a. 1996, ISBN 0-7864-0266-0.

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