Islamische Dschihad-Union

Islamische Dschihad-Union

Hinter dem Namen Islamische Dschihad-Union (Islamic Jihad Union (IJU), auch Islamic Jihad Group (IJG)) wird eine militante Untergrundorganisation aus Usbekistan vermutet, deren Umfang allerdings umstritten ist.

In Deutschland wird die IJU von den Sicherheitsbehörden unterschiedlich eingeschätzt. Benno Köpfer vom Verfassungsschutz Baden-Württemberg hält die IJU für eine Interneterfindung.[1][2] Andererseits soll die IJU eine Splittergruppe der militanten Islamischen Bewegung von Usbekistan sein (Islamic Movement of Uzbekistan (IMU))[3] und mit dem Terrornetzwerk al-Qaida zusammenarbeiten.

Das US-Außenministerium setzte im Jahre 2005 die IJU auf seine Liste ausländischer Terrorgruppen.[4]

Nach Einschätzung des ehemaligen britischen Botschafters in Usbekistan Craig Murray hatte die IJU niemals Kontakt zu al-Qaida, sondern sei ein Phantom des usbekischen Präsidenten Islom Karimov,[1] wobei Murray als Quelle nicht unumstritten ist. Nachdem die britische Regierung ihn wegen nicht regierungskonformen Handelns von seinem Botschafterposten abgezogen hatte, verfasste Murray ein Buch mit dem Titel Murder in Samarkand: A British Ambassador’s Controversial Defiance of Tyranny in the War on Terror.

Geplante Terroranschläge in Deutschland

Nach Angaben des Bundesinnenministeriums hat sich die IJU in einem nicht weiter bezeichneten Internetauftritt zu geplanten Anschlägen in Deutschland bekannt, die so eine Schließung des Luftwaffenstützpunkts Termez in Usbekistan erreichen wollte.[5] Allerdings gibt es zu wenig IJU-Material, um die Echtheit des Bekennerschreibens eindeutig zu bestätigen.

Drei mutmaßliche Terroristen, die am 4. September 2007 in Oberschledorn festgenommen wurden („Sauerland-Gruppe“), sollten diese Anschläge mit ausführen. Die drei mutmaßlichen Terroristen waren angeblich 2006 in einem Terrorcamp in Pakistan und waren Besucher des Islamischen Informationszentrums (IIZ) in Ulm.[6] Zwei der drei mutmaßlichen Terroristen sind deutsche Konvertiten zum Islam, womit es sich in diesem Fall nicht um „importierten“, sondern „hausgemachten“ Terrorismus handelt.[7][8]

Neue Erkenntnisse: Usbekischer Geheimdienst als Gründer

Der usbekische Überläufer Ikrom Yakubov erklärte im ARD-Magazin Monitor vom 25. September 2008: „Die Islamische Jihad Union ist vom usbekischen Geheimdienst ins Leben gerufen worden.“ Im entsprechenden Bericht heißt es: „Mit Terroranschlägen wie in Taschkent habe der usbekische Diktator Karimov sein hartes Vorgehen gegen die eigene Bevölkerung dem Westen gegenüber rechtfertigen und sich als wichtigen Partner in der Anti-Terror-Koalition empfehlen wollen. Mehrfach habe man deshalb Terror-Organisationen selbst gegründet.“[9]

Außerdem berichtete der Spiegel am 6. September 2008 zu einem möglichen Geheimdiensthintergrund der Gruppierung: „Die Terrororganisation IJU ist nach SPIEGEL-Informationen schon früh von Geheimdiensten und der Polizei unterwandert worden. So fand die Lieferung von 26 militärischen Zündern an die sogenannte Sauerland-Gruppe um Fritz Gelowicz im August 2007 unter den Augen der CIA und eines türkischen Geheimdienstes statt.“[10]

Nach Informationen des Stern vom 4. Februar 2009 ermittelt das BKA gegen einen Kontaktmann des türkischen Geheimdienstes MIT und der amerikanischen CIA, der maßgeblich an der Beschaffung der Zünder beteiligt gewesen sein soll.[11]

Neben Craig Murray und Ikrom Yakubov bestätigt auch die usbekische Journalistin Galima Bukharbaeva die Gründung der Islamische Dschihad-Union durch den usbekischen Geheimdienst:

„Die IJU ist ganz eindeutig eine Erfindung des usbekischen Geheimdienstes. […] Ich war bei den Anschlägen [in Taschkent 2004] vor Ort und habe mit den Ermittlern der Polizei gesprochen. Sie haben gelacht über die IJU, jeder wusste damals, dass es eine Erfindung war. […] Ich war im Gericht, niemand hat etwas ausgesagt, selbst die Anwälte der Beschuldigten wurden von der Regierung bezahlt und sprachen kein Wort mit Journalisten. Das ganze ist ein großer Fake. Erst als in Deutschland die Sauerland-Terroristen auftauchten, wurde die IJU plötzlich wieder herangezogen. […] Deutschland geht Karimovs Strategie auf dem Leim. Und es ist eine große Schande, dass ein Staat wie Deutschland sich auf Aussagen dieses verbrecherischen Geheimdienstes beruft.“[12]

Siehe auch

Weblinks

Quellen

  1. a b Monitor 4. Oktober 2007: Al-Quaida in Deutschland – Wer steckt hinter der Terrorzelle im Sauerland? (Video, 8 Minuten)
  2. Rüdiger Bässler: Islamische Jihad-Union: Zweifel an Existenz der Terrorgruppe; in: taz vom 4. Oktober 2007.
  3. en:Islamic Movement of Uzbekistan
  4. U.S. Department of State: Country Reports on Terrorism, 6. Kapitel: Terrorist Organizations; 30. April 2007.
  5. Bundesinnenministerium: IJU bekennt sich zu den vereitelten Anschlägen in Deutschland; Pressemitteilung vom 11. September 2007.
  6. Rüdiger Bässler: Die Ulmer Verbindung; in: die tageszeitung, Ausgabe vom 6. September 2007.
  7. Kai Biermann: Terrorismus hausgemacht; in: Die Zeit vom 6. September 2007.
  8. Unter Terrorverdacht - Fritz G. forderte mehr Toleranz in Deutschland; in: Stern, Heft 38/2007.
  9. Monitor: Terror in Deutschland: Wer steuerte die Sauerland-Zelle?; Meldung vom 25. September 2008.
  10. Der Spiegel: Geheimdienste unterwanderten früh die Sauerland-Gruppe; Ausgabe vom 6. September 2008.
  11. stern.de: Sauerland-Zelle/Mutmaßlicher CIA-Mann war „der Chef“; Meldung vom 4. Februar 2009.
  12. Paul Schreyer: Ferngelenkte Terroristen? Anmerkungen zum Prozess gegen die Sauerland-Zelle; in:Telepolis 13. März 2010. Abgerufen am 13. März 2010

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