Isagoge

Isagoge

Die Isagoge (altgriechisch εἰσαγωγή, eisagogé: „Einführung“) ist eine kurze Einführung zur Kategorien-Schrift des Aristoteles, die der griechische Philosoph Porphyrios im 3. Jahrhundert verfasste und die große Bedeutung für die Philosophie im Mittelalter hatte.

Inhaltsverzeichnis

Übersicht

Beginn der Isagoge des Porphyrios im altgriechischen Original

In der Isagoge erläutert Porphyrios fünf miteinander verbundene philosophische Grundbegriffe, die sogenannten Prädikabilien:

  1. Gattung (altgr. γένος (génos), lat. genus)
  2. Art (altgr. εἶδος (eîdos), lat. species)
  3. Differenz (altgr. διαφορά (diaphorá), lat. differentia)
  4. Proprium (altgr. ἴδιον (ídion), lat. proprium)
  5. Akzidenz (altgr. συμβεβεκός (symbebekós), lat. accidens).

Gleich am Anfang der Schrift formuliert Porphyrios bezüglich der Unterscheidung von Arten und Gattungen aus der aristotelischen Topik jene drei Fragen, die den Rahmen des mittelalterlichen Universalienstreits absteckten:

  1. Sind Universalien vom Denken abhängig oder unabhängig?
  2. Falls sie unabhängig sind, existieren sie dann als reale Dinge?
  3. Sind sie von den Sinnen getrennt oder mit ihnen verbunden?

Porphyrios beantwortet diese Fragen jedoch ausdrücklich nicht.

Ihre Diskussion begann erst bei Boëthius, der die Isagoge zweimal ins Lateinische übersetzte und ausführlich kommentierte. Seit dieser und weiteren lateinischen Übertragungen ist die Schrift auch unter dem Titel Quinque voces (lat. „Fünf Begriffe“) bekannt. Im abendländischen Mittelalter war die Isagoge in Boëthius‘ Übersetzung das wichtigste einführende Handbuch der logica vetus ("alte", d. h. aristotelische Logik). Eine vergleichbare Wirkung erzielte im arabischsprachigen Raum die arabische Übersetzung, die Abu 'Uthman ad-Dimashqi um 900 anfertigte. Weitere Übersetzungen ins Lateinische, Syrische und Armenische sind bekannt; insgesamt wurde die Schrift mehr als zwanzigmal kommentiert und bis ins 12. Jahrhundert als einführendes Lehrbuch verwendet.

Modell des menschlichen Wissens

In Anschluss an die Isagoge wurde im Mittelalter die Metapher der arbor porphyriana geprägt. Die arbor porphyriana stellt die systematische Klassifikation von Gattungen und Arten als rekursiven Baum dar.

Die arbor porphyriana dient auch der Diskussion philosophischer Probleme:

Hylomorphisches Modell

Individuen bestehen aus einem Substratum (Materie) in Verbindung mit einer bestimmten Gestalt. Diese Struktur spiegelt die logische Struktur von Subjekt und Prädikat wider; dies wird allerdings in der Diskussion des Akzidentiellen nur angedeutet, obwohl die Gestalt bereits im Kontext der Art erwähnt wird.

Gleichnamige Werke anderer Autoren

  • Albinus, ein Philosoph (Platoniker), verfasste im 2. Jahrhundert eine früher als Isagoge bekannte, heute meist Prolog genannte Einführung in die platonische Philosophie.
  • Constantinus Africanus, ein Benediktiner des 11. Jahrhunderts, fertigte eine lateinische Übersetzung einer Einleitungsschrift in die Humoralphysiologie des syrisch-arabischen Übersetzers Hunayn ibn Ishaq an, die Isagoge (Iohanicii) genannt wird.
  • Boncompagno da Signa (1194-1243), ein Rhetoriker, schrieb eine Isagoge (auch Ysagoge genannt) (lateinischer Text und englische Übersetzung).
  • Julius Sperber (um 1540-1616), Alchemist und Rosenkreuzer, schrieb 1608 eine Isagoge als "Einführung in die wahre Kenntnis Gottes und der Natur".

Siehe auch

Übersetzung

  • Jonathan Barnes: Porphyry: Introduction, Clarendon Press, Oxford 2003, ISBN 0-19-924614-9 (englische Übersetzung der Isagoge mit ausführlichem Kommentar)

Literatur

  • Christos Evangeliou: The Aristotelianism of Averroes and the Problem of Porphyry's Isagoge. In: Philosophia Nr. 15-16 (1985-86), S. 318-331.

Weblinks


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