Interurban

Interurban
South Shore Zug in den Straßen von Michigan City, 2002.

Interurban ist eine Bezeichnung aus dem englischsprachigen Raum für eine (Schienen)Verkehrsverbindung zwischen städtisch geprägten Gebieten. In Amerika versteht man darunter eine Mischform aus Überlandstraßenbahn und Nebenbahn, welche zur Kostenersparnis in dicht bebautem Gebiet auch auf Straßen und in schwach bebauten Gebieten überwiegend auf eigenem Gleiskörper geführt wird.

Die ersten Interurbans wurden ab 1880 errichtet, die meisten wurden aber zwischen 1900 und 1908 konstruiert. Danach wurden nur noch wenige neue Interurbans gebaut. Nach Ende des ersten Weltkrieges begann der Niedergang, der durch die frühe Massenmotorisierung in den USA ausgelöst wurde. Die große Depression Anfang der 1930er führte zur Schließung der meisten Systeme, und nur wenige Strecken haben bis nach 1970 überlebt. Bei Interurbans wird meist schwereres Rollmaterial als bei einer Straßenbahn eingesetzt, und es bestehen stärkere Verknüpfungen zur normalen Eisenbahn.

Interurbans dienen hauptsächlich dem Passagiertransport und sind meist elektrifiziert.

Vom Charakter entsprechen sie am ehesten Stadtbahnen oder dem Karlsruher Modell.

Inhaltsverzeichnis

Elektrifizierung

Die meisten Interurban Linien in Nordamerika wurden als 600-Volt-Gleichstrom-Systeme errichtet, wie die normalen Straßenbahnen. Die niedrige Spannung bereitete jedoch Probleme bei der Übertragung auf langen Abschnitten. So wurden Unterwerke gebaut, welche eine höhere Spannung für die einzelnen Abschnitte heruntertransformierten. Da es oft an Elektrizitätswerken mangelte, wurden viele Interurban-Gesellschaften gleichzeitig Energieversorger.

Die Übertragung auf die Wagen erfolgte meist über Oberleitung und Stromabnehmer, einige Betriebe nutzten Stromschienen.

Später wurden auch 1200-Volt-Wechselstromsysteme entwickelt, die sich jedoch nicht mehr durchsetzen konnten.

Spurweite

Die meisten Interurbans wurden in Normalspur errichtet, aber es gab eine Reihe von Ausnahmen. Da Interurbans häufig die vorhandenen Gleise von städtischen Straßenbahnen nutzten, wurde oft diese Spurweite übernommen, auch wenn sie von der Normalspur abwich. Einige Gemeinden ordneten den Bau in Schmalspur an, so dass keine Güterwaggons der normalen Eisenbahn auf diese Gleise wechseln konnten.

Besonderheiten

Einzelne Betriebe boten Schlafwagenkurse auf ihren Verbindungen an. Beispielsweise fuhren solche Wagentypen von Indianapolis nach Columbus [1].

Bereits 1914 wurden auf der Shaker Heights Linie der Cleveland Railway Fahrzeuge mit Niederflureinstieg verwendet [2].

In Los Angeles wurden auf den Interurbanlinien der Pacific Electric Touristenrundfahrten angeboten [3].

Die Lehigh Valley Transit Company fuhr mit ihren Triebwagen bereits 1920-1940 auf einzelnen längeren Streckenabschnitten zwischen Philadelphia und Quakerstown ca. 130 km/h schnell [4].

Verbreitung

Kanada

1887 ging die St. Catharines and Niagara Central Railway, die erste Interurban-Linie der Welt, in Betrieb. Sie lief zwischen St. Catharines und Thorold, Ontario, Kanada. In Ontario wurden Interurban auch radial railways ( Radialbahnen ) genannt, weil sie von einer zentralen Stadt ausstrahlten.

Kuba

  • Die Hershey-Bahn verläuft von der Hauptstadt Havanna in die Stadt Matanzas. Die Strecke befindet sich zum Großteil im Originalzustand.

Mexiko

Zwischen 1900 und 1910 kauften kanadische Investoren den Straßenbahnbetreiber Compañía de Tranvías De México in Mexiko-Stadt und versuchten ein Radialsystem nach kanadischen Vorbild zu bauen. Die begonnenen Linien sollten Toluca und Puebla erreichen. Typische Interurbanwagen wurden von der St. Louis Car Company aus den USA importiert. Die schwierige Topographie und die politische Unruhe, welche in der Mexikanischen Revolution gipfelte, brachten das Projekt zum Scheitern. Bis dahin waren Linien bis nach La Venta und Tulyehualco sowie die Vorstadtlinie wurden nach San Angel und Coyoacán errichtet[5]. Ein Teil der ehemaligen Puebla-Linie funktioniert heute als das Xochimilco Light Rail-System. Ein anderes mexikanisches System, das von seiner Art als Interurban betrachtet werden kann, war die Playa Miramar Schnelllinie in Tampico. Im mexikanischen Staat Yucatan gab es ungefähr 1.500 Kilometer Interurbans, meist in Schmalspur und mit Pferden oder Benzin betrieben.[6].

USA

bestehende Strecken

  • Die South Shore Electric verläuft von der Millennium Station in Chicago nach South Bend, Indiana sie ist die Nachfolgerin des Passagierverkehrs der Chicago South Shore and South Bend Railroad, welche Teil des ehemaligen großen Interurban-Imperiums von Samuel Insull war. Die Linie bringt Pendler von Chicago in die Vororte in Nordwest Indiana. Sie besitzt noch einen auf der Straße verlaufenden Teil in Michigan City, Indiana, wurde aber weitgehend zu einer normalen Vorortbahn umgestaltet und nutzt teilweise die Trasse der Metra Electric Line (der ehemaligen) Illinois Central Railroad) in das Stadtzentrum von Chicago.
  • Die gelbe Linie der Chicago Transit Authority, auch als Skokie Swift bekannt, ist Teil der ehemaligen Chicago North Shore & Milwaukee's 1924 high speed Skokie Valley Route. Die North Shore Linie gehörte ebenso zum Imperium von Samuel Insull.
  • Die ehemalige Philadelphia and Western Railroad ist jetzt die SEPTA Norristown High Speed Line und besitzt kaum noch Interurbancharakteristik.
  • In Los Angeles nutzt die LACMTA Blue Line einen großen Teil der Trasse der ehemaligen Pacific Electric-Strecke zwischen Los Angeles und Long Beach. Es gibt in Long Beach und Los Angeles Streckenteile, die auf der Straßenfahrbahn verlaufen, sowie ein kurzes Tunnelstück am Endpunkt in Los Angeles.

Folgende Linien besitzen einige Interurbanmerkmale:

  • Die grüne Linie "D" in Boston, eine Stadtbahnlinie auf eigenem Gleiskörper (ehemalige Dampfeisenbahnstrecke der Boston and Albany Railroad).
  • Die Ashmont-Mattapan High Speed Line in Boston, eine Stadtbahnlinie auf eigenem Gleiskörper (ehemalige Dampfeisenbahnstrecke der Dorchester and Milton Branch Railroad.
  • Die IRT Dyre Avenue Line in New York, eine Stadtbahn, welche ein Teilstück der Westchester and Boston Railway Interurban nutzt.
  • Die Iowa Traction Railroad (ehemalige Mason City and Clear Lake Railway), welche bis heute elektrischen Frachtbetrieb unterhält.
  • Ehemalige Interurbans, wie die Cedar Rapids and Iowa City Railway oder die Central California Traction Company, welche ihre Strecken heute für dieselbetriebene Frachtlinien nutzen.
  • Die Chicago South Shore and South Bend Railroad nutzt ebenfalls noch mit Diesel betriebene Frachtzüge auf der South Shore Line.

Andere Streckenabschnitte von Interurbans sind als Teil normaler Eisenbahnen in Betrieb, z. B. die Sacramento Northern Railway, welche heute von der Union Pacific Railroad und der Sierra Northern Railroad genutzt wird.

Einzelnachweise

  1. Traction Planbook. Carstens Publications, 1975, ISBN 0-911868-16-X: Die Holland Palace Car Co. produzierte 1906 und 1914 Wagentypen für die Indianapolis & Eastern und die Appleyard Syndicate Lines
  2. Traction Planbook. Carstens Publications, 1975, ISBN 0-911868-16-X: Die von der Kuhlman Car Co. hergestellten Triebwagen hatten einen abgesenkten Einstiegsbereich in Wagenmitte mit einer Stufenhöhe von ca. 35 cm ab Schienenoberkante gemessen; ähnlichen Typen wurden auch z.B. auf der Trenton-Princeton Fast Line eingesetzt; bei diesen beiden Beispielen musste aber im Wageninneren in den eigentlichen Fahrgastraum hinaufgestiegen werden.
  3. Donald Duke: Pacific Electric Railway. Golden West Books, 1958, ISBN 0-87095-030-4: Im "Orange Empire Trolley Trip" fuhr man 175 Meilen des um ein vielfaches längeren Gesamtsystems im Orange County ab
  4. Lehigh Valley Transit Company in der englischen Wikipedia
  5. Allen Morrison: The Tramways of Mexico City (Ciudad de México): Part 2: Early Electrics. Abgerufen am 20. November 2008 (englisch).
  6. Allen Morrison: The Tramways of Yucatán: Part 2: Intercity Lines. Abgerufen am 20. November 2008 (englisch).

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