Internierungslager Frøslev

Internierungslager Frøslev
Appellplatz mit zentralem Wachturm
Zaun mit Wachturm

Das Internierungslager Frøslev (dänisch: Frøslevlejren) wurde 1944 in der gleichnamigen Gemeinde kurz hinter der deutsch-dänischen Grenze angelegt und führte damals die offizielle deutsche Bezeichnung „Polizeigefangenenlager Fröslee“.

Inhaltsverzeichnis

Entstehungsgeschichte

Dänemark hatte sich zu Beginn des Zweiten Weltkrieges für neutral erklärt und außerdem schon im Frühjahr 1939 einen Nicht-Angriffsvertrag mit Deutschland geschlossen. Gleichwohl wurde es von der Wehrmacht im April 1940 im Rahmen der Operation Weserübung besetzt. Die dänische Regierung sowie König Christian X. blieben unter Protest im Amt, auch die Verwaltung wie Bürgermeister, Ortspolizei oder Gerichte blieb in dänischer Hand. Es bildeten sich zunächst vereinzelte Widerstandsgruppen, die Sabotageakte gegen Eisenbahnlinien und gegen Firmen, die mit der Besatzungsmacht kollaborierten, durchführten.

In den folgenden Jahren verschlechterte sich die Situation für die dänische Bevölkerung, bis am 29. August 1943 die dänische Regierung zurücktrat und jede Zusammenarbeit mit der deutschen Besatzungsmacht einstellte. Gleichzeitig erfuhr die Widerstandsbewegung deutlichen Zulauf und verstärkte ihre Aktionen massiv, auch mit Unterstützung durch Ausrüstungsgegenstände, die von englischen Flugzeugen abgeworfen wurden (insbesondere Waffen, Sprengstoff, Funkgeräte).

Es bestand demnach die Gefahr, dass dänische Staatsangehörige in großem Umfang direkt in deutsche Konzentrationslager transportiert würden, was bis dahin im Verhältnis zu anderen besetzten Ländern weniger der Fall war, vor allem, weil die dänischen Juden größtenteils gerettet und nach Schweden evakuiert werden konnten. Das Lager Frøslev war folglich in erster Linie für politische Gefangene gedacht und nicht zur Inhaftierung und Deportation von Juden.

Das Lager

Der Departementschef im Außenministerium, Nils Svenningsen, konnte in Verhandlungen mit der deutschen Besatzungsmacht im März 1944 erreichen, dass in Frøslev ein Internierungslager für dänische Gefangene von Gestapo und SS eingerichtet wurde. Im Gegenzug versprachen die Deutschen, auf Deportationen in deutsche Konzentrationslager zu verzichten.

Das noch nicht ganz fertig gebaute Lager wurde am 13. August 1944 in Betrieb genommen und war im Endzustand gedacht für etwa 1.500 Gefangene. Im April 1945 waren dort jedoch ungefähr 5.500 Personen untergebracht. Der Betrieb wurde von Dänemark organisiert, ging jedoch bald in deutsche Verwaltung über. Die Versorgung mit Lebensmitteln und Arzneimitteln wurde durch dänische Stellen, so gut es in Kriegszeiten möglich war, sichergestellt, so dass im Gegensatz zu deutschen Konzentrationslagern nicht die Gefahr von Unterernährung oder fehlender medizinischer Versorgung bestand. Zwangsarbeit musste gleichwohl verrichtet werden.[1]

Die Besatzungsmacht hielt sich jedoch nicht an die eindeutigen Absprachen. Von den etwa 12.000 Gefangenen, die das Lager durchlaufen haben, wurden circa 1.625 in deutsche Konzentrationslager überführt, zum Beispiel nach Neuengamme. Von den nach Deutschland Deportierten wurden 220 Personen ermordet. Eine große Tafel im Museum enthält heute die Namen aller dieser Personen.

Bei dem Rücktransport skandinavischer KZ-Häftlinge im Rahmen der Rettungsaktion der Weißen Busse des Grafen Folke Bernadotte 1945 gab es in Frøslev einen Zwischenstopp.

Gefangenenlager nach Kriegsende (Faarhuuslager)

Unmittelbar nach dem 5. Mai 1945, dem Kriegsende in Dänemark, übernahm die Widerstandsbewegung die Gewalt und begann damit, Angehörige der deutschen Minderheit zu verhaften und zusammen mit dänischen Kollaborateuren im Lager zu internieren. Die Kontrolle des Lagers ging jedoch recht schnell an den Staat über. Zeitweilig waren mehr als 5.500 Gefangene im Lager, das auf Anordnung des Polizeikommandeurs Ernst Brix in Faarhuuslager (dt. etwa: Schafhauslager) umbenannt worden war, um einen Strich unter die Vergangenheit als Frøslevlager zu ziehen. Faarhus war ein benachbartes Dorf. In den meisten Fällen wurde gemäß den mit rückwirkender Kraft beschlossenen Gesetzen der Rechtsabrechnung (Retsopgør) vor allem Anklage wegen Kollaboration erhoben, einige Inhaftierte kamen jedoch auch nach wenigen Wochen oder Monaten frei, ohne dass zwischenzeitlich eine Anklage erhoben worden war.

Insgesamt wurden von den rund 3.500 inhaftierten Mitgliedern der deutschen Volksgruppe 2.958 Personen nach diesen Gesetzen verurteilt, die meisten als sogenannte Zeit- oder Frontfreiwillige, wobei es bereits genügte, an einer Musterung teilgenommen zu haben, aber auch davon nur rund 3% wegen schwerwiegenderer Handlungen wie beispielsweise Denunziation. Infolge unzureichender Versorgung durch das dänische Rote Kreuz kamen auch einige der Insassen ums Leben. Die letzten Insassen wurden im Oktober 1949 entlassen.

Das Museum heute

Ein Teil des Lagers ist heute ein Museum und gehört zum Dänischen Nationalmuseum, wobei ausschließlich die Zeit als Frøslevlager, also bis 1945 gezeigt wird, die anschließenden Perioden als Faarhuuslager und Pattburglager jedoch bisher nicht.

Teile der ursprünglichen Anlagen und Bauten wurden nach Schließung des Lagers abgerissen, allerdings die Wachtürme Nr. 3 und 4 in den Jahren 1990 und 1991 rekonstruiert.

Einige der Baracken werden heute für andere Zwecke benutzt, wie zum Beispiel für eine Naturausstellung, für eine Informationsbaracke des dänischen Zivilschutzes, eine Ausstellung von Amnesty International und einige Räume, die im Rahmen eines Internats genutzt werden, um Schüler an Ort und Stelle zu unterrichten.

UNO-Museum

Im Lager befindet sich seit 1992 auch ein Museum, das die Dänen bei friedenssichernden Maßnahmen zeigt. Hier werden Dokumente über den internationalen Dienst des dänischen Militärs gesammelt. Zielsetzung ist das Andenken an dänische Einheiten, die im Rahmen der Friedenstruppen der Vereinten Nationen in Krisengebieten eingesetzt waren. Erstmals waren dänische Soldaten am 15. November 1956 in Ägypten eingesetzt.

Einzelnachweise

  1. Das Lager Frøslev – einst und jetzt. zehnseitige Broschüre, die im Museum ausliegt.

Literatur

  • Henrik Skov Kristensen: En station på vej til helvede. Harreslev banegård og deportationen af danske fanger fra Frøslev til tyske koncentrationslejre. Flensborg/Aabenraa 2002 (dänisch).
  • Henrik Skov Kristensen, Matthias Schartl: Harrislee-Bahnhof – eine „Station auf dem Weg in die Hölle“. Die Deportation dänischer Gefangener aus dem Internierungslager Frøslev in deutsche Konzentrationslager 1944/45. In: Grenzfriedensbund u. d. Historik Samfund for Sønderjylland (Hrsg.): Grenzfriedenshefte. Heft 3, Flensburg 1996.
  • Jørgen Mågård (Red.): Fanger i Frøslevlejren 1944-45. Hernov 1988 (1. Auflage 1974) (dänisch).
  • Hanns Christian Jessen: Faarhus 1945 – 1949 – Straflager für die deutsche Minderheit in Dänemark. Erlebnisse, Berichte, Dokumente. Husum Druck- und Verlagsgesellschaft, Husum 1987, ISBN 978-3-88042-365-7.
  • Gottfried Horstmann: Zwei Jahre meines Lebens – Erinnerungen an Faarhus. Der Nordschleswiger, Aabenraa 1954.

Weblinks

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