Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten

Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten
Internationales Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten
International Centre for Settlement of Investment Disputes
Centre international pour le règlement des différends relatifs aux investissements

Logo

Sitz des ICSID im Weltbankgebäude in Washington
Organisationsart Unabhängige Organisation
Kürzel ICSID
Leitung Meg Kinnear
Gegründet 1965
Hauptsitz Washington, D.C.
http://www.worldbank.org/icsid/

Das Internationale Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (englisch International Centre for Settlement of Investment DisputesICSID) ist ein internationales Schiedsgericht mit Sitz in Washington, D.C., das der Weltbankgruppe angehört.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines und Geschichte

Dunkelgrün = ICSID in Kraft; hellgrün = ICSID unterschrieben, Ratifikation ausstehend; rot = ehemalige Mitgliedsstaaten

Die ICSID ist eine der fünf internationalen Organisation, die der Weltbankgruppe angehören. Es hat seinen Sitz in Washington, D.C., wo sich auch das Hauptquartier der Weltbank befindet und ist im gleichen Gebäude ansässig. Das ICSID ist allerdings keine Sonderorganisation der Vereinten Nationen gemäß Artikel 57 der UN-Charta.

Das ICSID wurde unter Führung der Weltbank die im Rahmen der „Konvention über die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Staatsbürgern anderer Länder“ gegründet. Gründungsdokument und Rechtsgrundlage ist das „Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten“ von 1965. Das Übereinkommen trat am 14. Oktober 1965 in Kraft. Im Juni 2008 haben die ICSID-Konvention 155 Länder gezeichnet, wovon 143 die Ratifikationsurkunden hinterlegt haben und damit Vertragsstaaten geworden sind. Deutschland ist Gründungsmitglied. Im Geschäftsjahr 2008 verzeichnete ICSID einen Rekordanstieg auf 48 Anrufungen zur Schlichtung und Mediation von Investitionsstreitigkeiten (seit Gründung 268 Fälle).

Mit Wirkung zum 1. November 2007 ist Bolivien aus ICSID ausgetreten.

Organisation und Aufbau

Das ICSID besteht aus zwei Hauptorganen – dem Verwaltungsrat (Administrative Council) und dem Sekretariat, an dessen Spitze der Generalsekretär (Secretary-General) steht. Seit dem 22. Juni 2009 übt dieses Amt die Kanadierin Meg Kinnear aus. Der Verwaltungsrat besteht aus jeweils einem Vertreter aus jedem Mitgliedsstaat. Seine Sitzungen finden unter Leitung des amtierenden Präsidenten der Weltbank staat, der allerdings kein Stimmrecht hat. Zu den Aufgaben des Verwaltungsrates gehören vor allem die Verabschiedung von Verfahrensregeln, die Verabschiedung des Haushalts und die Wahl des Generalsekretärs. Die Aufgabe des Generalsekretärs sind die Leitung und Vertretung des ICSID. Außerdem hat er ein prima facie-Prüfungsrecht für die Zulässigkeit neu eingereichter Klagen vor dem ICSID.

Zweck und Charakter des ICSID

Das ICSID soll eine neutrale internationale Streitbeilegungsinstitution bilden, die unabhängig von nationalen Gerichten tätig werden kann. Die Gründe für Investitionsstreitigkeiten sind häufig ein Auseinanderfallen der politischen Interessen des Gastlandes und den wirtschaftlichen Interessen des Investors.[1] In einem ICSID-Verfahren sollen diese beiden gegensätzlichen Interessen von Gaststaat und ausländischen Investor ausbalanciert werden.[2] Auf diese Weise soll die Investionsbereitschaft ausländischer Investoren gesteigert werden. Dem Investor kommt durch ein Verfahren vor dem ICSID, als integrierter Bestandteil der Weltbank, zu Gute, dass es sich kaum ein Staaten leisten kann, bei der Weltbank in Verruf zu geraten.[3] Zumindest besteht für die Weltbank theoretisch die Möglichkeit einem Staat neue Kredite zu verweigern.[4]

Zum Zweck der Streitschlichtung entstandener Investionsstreitigkeiten stellt das ICSID die Verfahrensorganisation- und verwaltung, Räumlichkeiten und technische Hilfsmittel für Investitionsstreitigkeiten zwischen Vertragsstaaten und Unternehmen anderer Vertragsstaaten zur Verfügung.[5] Das ICSID tritt also selbst nicht als Schlichter oder Mediator auf. Es unterstützt lediglich durch Festlegung bestimmter Regelungen und Übernahme administrativer Tätigkeiten die Durchführung von Schlichtungs-/Mediationsverfahren im Bereich grenzüberschreitender Investitionen. Das ist ICSID kann daher nicht als fester Gerichtshof angesehen werden. Allerdings ist es in einen festen institutionellen Rahmen eingebunden und hat eindeutige Verfahrensregeln. Das ICSID kann als spezialisierte Form des International Court of Arbitration der International Chamber of Commerce angesehen werden.[6] Direkte inhaltliche Regelungen zum Investitionschutz enthält das ICSID-Übereinkommen nicht.[7]

Zuständigkeitsbereich des ICSID

Bei dem Streitgegenstand muss es sich um eine Investitionsstreitigkeit handeln, damit das ICSID tätig werden kann. Es muss also ein „investment“, eine Investition bzw. Kapitalanlage eines Angehörigen eines Staates in einem anderen Staat vorliegen und beide Staaten müssen das ICSID-Übereinkommen ratifiziert haben.

Bis Mitte der achtziger Jahre war der Schlichtungsmechanismus des ICSID ausschließlich Bestandteil konkreter, einzelner Verträge. Inzwischen findet sich die generelle Verpflichtung von Regierungen, sich bei Investitionsstreitigkeiten dem Schlichtungsmechanismus des ICSID zu unterwerfen, auch in circa 20 Investitionsgesetzen und in über 2000 bilateralen Investitionsschutzabkommen.

Wirkung der ICSID-Schiedsurteile

Der ergangene Schiedsspruch muss vom Mitgliedsland unmittelbar und wie ein letztinstanzliches Urteil, das durch eigene Gerichte des jeweiligen Staates ergangen ist, von dem Staat umgesetzt werden. Das ICSID-Übereinkommen berührt jedoch nicht die Grundsätze der Staatenimmunität gegen Vollstreckungen.[8] Die Verhandlungen des ICSID und der Schiedsspruch selbst bleiben geheim, es sei denn, die beiden Parteien stimmen einer Veröffentlichung zu.

Einzelne Fälle

Das Energieunternehmen Vattenfall hat im April 2009 vor dem internationalem Schiedsgericht eine Klage gegen Umweltauflagen eingereicht, die die Umweltbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg dem Unternehmen im Zuge der Genehmigung zur Errichtung des Kohlekraftwerks Moorburg gemacht hat[9].

Literatur

  • Burkhard Schöbener / Lars Markert: Das International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID). Organisation, Verfahren und aktuelle Entwicklungen. In: Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft. Archiv für internationales Wirtschaftsrecht (ZVglRWiss), 105. Bd. (2006), S. 65-116.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ibrahim Shihata: Außenwirtschaft. (41) 1986, S. 105 ff.
  2. Vgl. Artikel 43 und 48 des ICSID-Übereinkommens
  3. Richard Happ in: Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit. hrsg. von Rolf A. Schütze, 2. Auflage, Carl Heymanns, 2011, S. 981.
  4. Siehe World Bank Operational Policy 7.40. und World Bank Procedure 7.40.
  5. Siehe Artikel 1 Absatz 2 der ICSID-Übereinkommens.
  6. Richard Happ in: Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit. hrsg. von Rolf A. Schütze, 2. Auflage, Carl Heymanns, 2011, S. 978.
  7. Birgit Bippus: Die staatsvertragliche Anerkennung ausländischer Gesellschaften in Abkehr des Sitztheorie. Der Betrieb 1988, S. 218.
  8. Siehe Artikel 54 und 55 des ICSID-Übereinkommens.
  9. http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,714030,00.html

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