Interaktive Wertschöpfung

Interaktive Wertschöpfung

Open Innovation ist die Öffnung des Innovationsprozesses von Unternehmen und damit die aktive strategische Nutzung der Außenwelt zur Vergrößerung des eigenen Innovationspotentials.

Der Begriff Open Innovation ist zurückzuführen auf Henry Chesbrough (Haas School of Business/University of California, Berkeley).

Inhaltsverzeichnis

Motivation

Die Öffnung und damit Einbeziehung der Umwelt in den Innovationsprozess von Unternehmen kann auf die erhöhte Geschwindigkeit des Wirtschaftsgeschehens zurückgeführt werden. Gassmann und Enkel (2004) nennen den steigenden Wettbewerbsdruck durch die Globalisierung, kürzere Produktlebenszyklen und den damit höheren Innovationsdruck als maßgebliche treibende Faktoren für die Notwendigkeit, den Innovationsprozess zu optimieren und als Folge zu öffnen.

Kernprozesse

Open Innovation kann nach Gassmann und Enkel (2006) in drei Kernprozesse zerlegt werden:

(Als Voraussetzung ist jedoch zu beachten, dass das Unternehmen die Fähigkeit aufweisen muss, externes Wissen zu internalisieren und/oder internes Wissen zu externalisieren. Vgl. implizites Wissen bzw. tacit knowledge)

Outside-In-Prozess

Der Outside-In-Prozess ist die Integration externen Wissens in den Innovationsprozess. Das Know-How der Lieferanten, Kunden und externer Partner (z.B. Universitäten) soll genutzt werden, um die Qualität und Geschwindigkeit des Innovationsprozesses zu erhöhen. Bereits 1986 hat Eric von Hippel die Lead-User-Methodik beschrieben - also die Einbeziehung besonders fortschrittlicher Verbraucher in die Entwicklung neuer Produkte. Damit hat er ein frühes Tool des Outside-In-Prozesses entwickelt.

Der Outside-In-Prozess verdeutlicht, dass der Ort, an dem neues Wissen kreiert wird, nicht grundsätzlich mit dem Ort übereinstimmen muss, an dem Innovationen entstehen.

Inside-Out-Prozess

Der Inside-Out-Prozess ist die Externalisierung von internem Wissen. Unternehmen nutzen diesen Prozess zum Beispiel, um Lizenzgebühren für Patente bzw. Innovationen einzunehmen, die nicht für die operative Geschäftstätigkeit nützlich sind.

Der Inside-Out Prozess verdeutlicht, dass der Ort, an dem Wissen bzw. die Innovation entsteht, nicht mit dem Ort übereinstimmen muss, an dem die Innovation genutzt und in neue Produkte umgesetzt wird.

Coupled-Prozess

Der Coupled-Prozess ist eine Mischform aus dem Outside-In-Prozess und dem Inside-Out-Prozess: Die Internalisierung von externem Wissen in Verbindung mit der Externalisierung von internem Wissen.

Das Schaffen von Standards und der Aufbau von Märkten stehen beim Coupled-Prozess im Fokus. Die Umwelten sollen aktiv bei der Entwicklung von Innovationen integriert werden, und durch die gleichzeitige Externalisierung dieser Innovation soll sich ein Markt um die Innovation herum aufbauen (z.B. die Freigabe des Solaris-Quellcodes von Sun Microsystems).

Abgrenzung zu anderen Forschungsfeldern

Open innovation grenzt sich zu Close Innovation ab, also dem Innovationsverständnis, welches nach Schumpeter (1942) die Exklusivität einer Innovation als wesentliche Rente des Innovators bezeichnet. Des Weiteren ist die Open-Source-Entwicklung von Produkten als eine Extremform von Open Innovation zu verstehen.

Weitere Anwendungen von Open Innovation gibt es in der Finanzbranche, wobei Institute eigene und Produkte von anderen Firmen – auch von Konkurrenten – anbieten. Diese Partnerschaftskonzepte für den Vertrieb von fremden Innovationen wurden von der herstellenden Industrie adaptiert und sind heute unter dem Begriff Open Architecture zu einem De-facto-Standard in der Finanzbranche geworden. Durch diesen Ansatz erzielen Anbieter von Finanzprodukten eine unabhängigere Beratung und bessere Kundenakzeptanz. Neben diesen positiven Anwendungsgebieten gibt es aber auch negative Auswirkungen von Open Innovation. Fasnacht (2009) erklärt zum Beispiel, dass zu offene Geschäftsmodelle zu komplexen und unkontrollierten Systemen führen. Dieses systemische Risiko wurde unterschätzt und gilt als Mitauslöser der globalen Finanzkrise.[1]

Siehe auch

Literatur

  1. Offene Geschäftsmodelle als Mitauslöser der globalen Finanzkrise, Neue Zürcher Zeitung, 9. Januar 2009
  • Fasnacht, Daniel (2009): Open Innovation in the Financial Services: Growing through Openness, Flexibility and Customer Integration. Springer, Berlin.
  • Brem, A. (2008): The Boundaries of Innovation and Entrepreneurship - Conceptual Background and Essays on Selected Theoretical and Empirical Aspects, Gabler, Wiesbaden, 2008.
  • Braun, Viktor R.G. (2007): Barriers to user-innovation & the paradigm of licensing to innovate, Dissertation: Technische Universität Hamburg-Harburg
  • Chesbrough, H. W. (2003): Open Innovation. The New Imperative for Creating and Profiting from Technology, Boston: Harvard Business School Press
  • Chesbrough, H. W./Vanhaverbeke, W./West, J. (Hg., 2006): Open Innovation. Researching a New Paradigm, Oxford: Oxford University Press
  • Gassmann, O./Enkel, E. (2006): Open Innovation. Die Öffnung des Innovationsprozesses erhöht das Innovationspotential, in: zfo, 3/2006 (75. Jg.), S. 132-138
  • Hippel, E. v. (1986): Lead Users. A Source of novel product concepts, in: Management Science, Vol. 32, S. 791-805
  • Hippel, E. v. (2005): Democratizing Innovation, Boston, Mass./London: MIT Press
  • Reichwald, R./Piller, F./Ihl, C. (2006): Interaktive Wertschöpfung: Open Innovation, Individualisierung und neue Formen der Arbeitsteilung, Wiesbaden: Gabler (unter Creative Commons-Lizenz)
  • Reichwald, R./Meyer, A./Engelmann, M./Walcher, D. (2007): Der Kunde als Innovationspartner, Wiesbaden: Gabler
  • Schumpeter, J.A. (1950): Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie, zweite, erweiterte Auflage, Bern: A. Francke AG Verlag
  • Walcher, D. (2007): Der Ideenwettbewerb als Methode der aktiven Kundenintegration, Wiesbaden, DUV.
  • Artikel über das Konzept eines Integrierten Ideenmanagements (mit der Möglichkeit eines kostenlosen Downloads des Full Papers

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