Impressionismus (Musik)

Impressionismus (Musik)
Impression, soleil levant von Claude Monet

Als Musik des Impressionismus bezeichnet man eine Stilrichtung der Musik ungefähr von 1890 bis 1920, deren Hauptvertreter der französische Komponist Claude Debussy war.

Inhaltsverzeichnis

Impressionismus-Begriff

Der wesentliche Impuls für den musikalischen Impressionismus ging von der Malerei aus (siehe Impressionismus). Entgegen dem üblichen Arbeiten innerhalb des geschlossenen Ateliers begannen einige französische Künstler, ihnen voran Claude Monet, unter freiem Himmel (frz. plein air) zu malen. Genaue Beobachtung der Licht- und Schattenverhältnisse ließen sie mit diesen Effekten spielen, statt klaren Konturen setzten die Impressionisten der Leinwand subjektiv wahrgenommene Farbe ein, entscheidend wurde schließlich der Eindruck (frz. l'impression) des Augenblicks. Eine solche Haltung warf man 1887 Debussys Kompositionen als „vagen Impressionismus“ vor.

Komponisten

Ein weiterer bedeutender Komponist des Impressionismus ist Maurice Ravel, der allerdings auch viele Werke komponierte, welche nicht als impressionistisch bezeichnet werden können. Die Werke vieler Komponisten gehören dem Impressionismus an, oder wurden von ihm beeinflusst.

Synergie der Künste

Vaslav Nijinsky als Faun

Die mit Debussy befreundeten Dichter Charles Baudelaire, Paul Verlaine und Stéphane Mallarmé brachten ihn mit dem Symbolismus der Dichtung in Verbindung. Auf ein Libretto von Maurice Maeterlinck komponierte Debussy seine Oper „Pelléas et Mélisande“. Auch seine Lieder sind von einer hohen Konzentration auf den Textinhalt und die daraus resultierende Atmosphäre gekennzeichnet. Die Musik „Prélude à l'après-midi d'un faune“ wurde später in ein Ballett umgewandelt.

Merkmale

Debussy: Pagodes, aus Estampes.

Der Impressionismus kennzeichnet das Ende der Romantischen Musik. Obwohl zeitgleich noch Komponisten der Spätromantik wirkten, entwickelte der Impressionismus bereits eine eigenständige Tonsprache, die ihn von diesen Werken abhob. Als Ausgangspunkt dieser Entwicklung wird häufig der berühmte Tristan-Akkord von Richard Wagner gesehen, der erstmals mit der funktionalen Harmonik brach.

Geschlossene Melodien in einem festgelegten Schema oder Satz wurden vermieden. Stattdessen ist die Melodik von einer fließenden, wellenförmigen, oder auch pendelnden Bewegung gekennzeichnet. In Debussys „Pelléas“ finden sich auch viele Stellen, in denen Passagen rezitativisch auf einem Ton gesungen werden; hier sind die Klangfarben des Orchesters von weitaus größerer Bedeutung als die Melodie der Singstimme.

Ein stabiles tonales Zentrum wurde häufig vermieden. Ganztonleitern waren speziell ein Kennzeichen von Debussys Musik, auch Kirchentonleitern oder kirchentonale Wendungen wurden statt festgelegten Tonarten gebraucht. Auch ein oft benutztes Kennzeichen impressionistischer Musik ist die Pentatonik, welche einen fernöstlichen Charakter hat und etwas ziellos wirkt, da sie weder zu Dur noch zu Moll gehört. Im Zuge dieser experimentellen Phase konnte sich die Dissonanz weiter emanzipieren. An Stelle der Dur- und Molldreiklänge der Kadenz setzt der Impressionismus Quart- und Quintklänge, außerdem benutzt er Akkorde, insbesondere Septakkorde, die er nicht im Sinne einer funktionalen Harmonik weiterführt, sondern nur parallel verschiebt. Er benutzt Ganztonleitern, mit denen sich nur übermäßige Dreiklänge erzeugen lassen und pentatonische Skalen, die lediglich eine beschränkte Tonauswahl zulassen.

Harmonisch fanden sich Rückungen statt Kadenzen und ihren Ausweitungen, frei schwebende und harmonisch ungebundene Akkorde, Bordunquinten. Klangnuancen entwickelten sich zu äußerster Wichtigkeit, die atmosphärische Stimmungen unmerklich verändern konnten.

Die Rhythmik war ebenso von einer verschleiernden, raffinierten Ästhetik geprägt. Der Eindruck eines sich stetig verändernden Klangteppichs ohne schroffe Wechsel wurde selten aufgehoben. Häufig wurde der Rhythmus so sehr verschleiert, dass eine Taktnotation völlig überflüssig war, da man sie nicht mehr nachvollziehen konnte. Häufig verwirrt die Metrik sogar eher, als das sie Ordnung schafft, da sich die Musik mit ihrem frei schwebenden, verschleierten Charakter nur schwerlich mit einem Ordnungssystem vereinbaren lässt.

Das hervorstechendste Merkmal war demnach die Klangfarbe und die Instrumentierung. Typisch sind Schichtungen von musikalischen Ebenen: Ein profunder, aber nicht aufdringlicher Bass, bewegte Mittelstimmen und ein signifikantes Motiv in den Oberstimmen, das aber nicht den Gesetzen der üblichen klassisch-romantischen Verarbeitung (Diminution, Abspaltung usw.) unterworfen war, sondern eher assoziativ behandelt wurde. Ein Sonderfall ist Maurice Ravels „Bolero“.

Durch diese Elemente war es möglich, Stimmungs- und Raumwechsel innerhalb eines Werkes subtil und changierend zu gestalten, ohne dass das Werk an sich mehrere abschließende, in sich geschlossene Kleinformen wie Lieder oder deutlich vom Rest einer Oper abgetrennte Duette benötigt hätte. Innerhalb eines Aktes verlaufen sämtliche Übergänge fließend und ohne formal bedingte Pausen. Die ambivalente Harmonik sorgt dabei heute noch für Überraschungen in den Hörgewohnheiten und lässt sich oft nicht mehr nach harmonischen Gesetzmäßigkeiten festlegen.

Typische Formen der Musik des Impressionismus sind die durchkomponierte Oper (neben „Pelléas et Mélisande“ von Debussy auch „Ariane et Barbe-Bleue“ von Paul Dukas und „L'Enfant et les Sortilèges“ von Maurice Ravel) und sinfonische Dichtungen. Auch Klavierwerke und Lieder, die in verschiedenen Sammlungen nach Dichtern gruppiert waren, sind häufig. Ein weiteres Charakteristikum ist der Rückgriff auf vorklassische Formen, wie Toccata, Sarabande, Menuett und Passepied. Anknüpfungspunkt sind in diesem Fall die Cembalomeister Jean-Philippe Rameau und François Couperin.

Die Impressionisten, ganz gleich ob Maler, Dichter oder Musiker, begannen sich v.a. wegen der Weltausstellung in Paris für fremde, außereuropäische Künste zu interessieren, und diese Hinwendung spiegelt sich auch in ihren Werken wider. Ein schönes Beispiel für den Exotismus in der impressionistischen Musik ist das Klavierstück Pagodes aus Estampes von Claude Debussy (siehe obige Abbildung): Der Titel (Pagodes = Pagoden) verheißt eine exotische Atmosphäre, und Debussy verwirklicht das mit kompositorischen Mitteln, die typisch sind für tonmalerischen Impressionismus. Da sind zunächst einmal die Bordunquinten im Baß. Die Akkorde sind ohne klare Funktionalität und sind klangmalerisch, die Melodie in der Oberstimme ist pentatonisch und entbehrt einer klaren Gliederung, wie sie in der Wiener Klassik üblich war. Mancherorts begleiten Quart- oder Quintparallelen die Melodie. Gelegentlich verliert die Melodie wegen des häufigen Wechsels zwischen Duolen und Triolen ihre Konturen. Der große Tonumfang auf dem Klavier (vom Kontra-G bis zum d'''') erschwert das Hören und Erkennen von Strukturen oder klaren Melodien. Der häufig geforderte Gebrauch des rechten Pedals bewirkt, dass die Töne ihre Konturen verlieren und verschwimmen. Mit diesen Mitteln spielt Claude Debussy auf die indonesische Gamelanmusik an und ruft beim Zuhörer den Eindruck einer Pagode in Ostasien hervor.

Siehe auch


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