Ilja Richter

Ilja Richter
Ilja Richter bei einer Signierstunde in Worms, 2007

Ilja Richter (* 24. November 1952 in Berlin-Karlshorst) ist ein deutscher Schauspieler, Synchronsprecher, Sänger und Fernsehmoderator.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ilja Richter wurde als drittes Kind von Eva und Georg Richter geboren. Der Vater war damals Kommunist und benannte seinen Sohn nach Ilja Ehrenburg. Nachdem die Familie in der DDR politisch in Schwierigkeiten geraten war, zog sie 1953 nach West-Berlin. Dort pachteten die Eltern eine Gaststätte. 1955 wurde Iljas Schwester Janina geboren, und 1959 siedelte die Familie nach Köln über. Auch dort betrieben die Richters eine Gaststätte, zogen aber 1961 zurück nach West-Berlin, wo sie eine Pension eröffneten. Die Mutter, eine ehemalige Schauspielerin, brachte Ilja zum Vorsprechen zum SFB. Der RIAS engagierte den talentierten Sänger. Seine erste Sprecherrolle war das „Mäuschen Kukuruz“ in dem Hörspiel Schwarz auf weiß von Ephraim Kishon, in dessen Fernsehverfilmung er 1963 an der Seite von Edith Hancke zu sehen war. Damit war ein Kinderstar entdeckt, der in der Folgezeit an über 60 Hörspielen des RIAS mitwirkte und für Kinderrollen an die Berliner Theater weiterempfohlen wurde.

Seine erste Bühnenrolle bekam Ilja Richter 1961 in Belvedere am Berliner Renaissance-Theater mit Viktor de Kowa in der Hauptrolle. Um seinen Verpflichtungen nachkommen zu können, kam er auf eine Privatschule. 1963 übernahm er eine kleine Rolle in dem Musical Annie Get Your Gun am Theater des Westens. Die Hauptrolle spielte Heidi Brühl. 1966 trat er mit Vico Torriani – ebenfalls im Theater des Westens – in dem Singspiel Im weißen Rößl auf. Seine Begabung fand viel Beachtung, als er 1966 in dem Zwei-Personen-Stück Freunde und Feinde als Partner von Martin Held spielte.

Richter spielte 1967 in der ZDF-Fernsehserie Till, der Junge von nebenan mit. Als 16-Jähriger übernahm er ab Februar 1969 (zusammen mit Suzanne Doucet) die Co-Moderation der Musiksendung 4-3-2-1 Hot & Sweet im ZDF. Es sollte die Antwort des ZDF auf den Beat-Club der ARD sein. Ein Unterschied zum Stil des Beat-Club war, dass Ilja Richter – in deutlichem Kontrast zu der Art, wie Jugendliche sich damals kleideten – immer in Sakko mit Krawatte und Stoffhose auftrat. Gedreht wurde in Berlin. 1970 moderierte Richter die Musiksendung alleine weiter.

Am 13. Februar 1971 wurde daraus Disco. Das Wort war in Deutschland noch neu. Richters Sprüche („Licht aus! Whoom! Spot an! Jaaa …!“) waren damals geflügelte Worte. Disco erreichte Traumeinschaltquoten. Wegen des großen Erfolgs kam die Sendung bald ins Abendprogramm.

Das Außergewöhnliche an der Sendung war, dass Interpreten völlig unterschiedlicher Musikrichtungen (Schlager, Pop, Rock) nacheinander auftraten. Aufgelockert wurde das Programm von Einspielungen vorher aufgezeichneter Sketche, in denen Ilja Richter zusammen mit einem prominenten Gast auftrat.

Insgesamt blieb Richter mit Disco elf Jahre im Programm. Im November 1982 wurde das Format eingestellt. 1975 hatte Ilja Richter den „Bravo Otto“ bekommen. Noch 1997 wurde Disco in der 100. Folge von Kalkofes Mattscheibe bei Premiere parodiert.

1978 produzierte der Tucholsky-Liebhaber Richter mit der Schauspielerin Ursela Monn das Album Riekes Jesäng mit Berliner Chansons.

Danach arbeitete er als Schauspieler und Regisseur. Den Einstieg dazu fand er in der Berliner Komödie Treppauf–Treppab und ging mit diesem Stück im Herbst 1983 auch auf Tournee, wobei es für das Fernsehen aufgezeichnet und 1984 ausgestrahlt wurde. Sein bekanntester Auftritt war das Ein-Personen-Stück Der Ansager einer Stripteasenummer gibt nicht auf von Bodo Kirchhoff in der Regie von Detlef Altenbeck. Eine Zeit lang war Richter Mitglied des Ensembles des Bremer Schauspielhauses. Als Holzwurm in der Oper schuf er mit der Deutschen Grammophon Gesellschaft hörenswerte Opernnacherzählungen.

Von 1985 bis 1987 war er Kolumnist bei der taz und der Hamburger Morgenpost.

Richter betätigt sich auch als Synchronsprecher, vor allem für Trickfilme. Zu den bekanntesten Figuren, denen er seine Stimme lieh, zählen das Erdmännchen Timon aus dem Disney-Film Der König der Löwen, Graf Duckula aus der gleichnamigen Zeichentrickserie und Mike Glotzkowski aus dem Disney-Film Die Monster AG.

Auch Bücher hat er publiziert: Neben seiner Autobiografie (Spot aus! Licht an! ) veröffentlichte Ilja Richter das Buch Der deutsche Jude, in dem er sich gemeinsam mit seiner Mutter ironisch mit der deutsch-jüdischen Geschichte auseinandersetzt. Sein Buch Bruno – von Bären und Menschen (September 2007) ist eine Parabel über den 2006 erschossenen „Problembär“ Bruno. Dieses Kinderbuch gibt es ebenfalls als Hörbuch.

Ilja Richter war von 1975 bis 1978 mit der Sängerin Marianne Rosenberg liiert. Bis 2003 war er mit der Filmcutterin Stephanie von Falkenhausen verheiratet. Er hat einen Sohn, der nicht aus dieser Ehe stammt.

Auszeichnungen

Rollen als Schauspieler

Filmografie

Filmsynchronisation

  • 1984: Ferdy – Die silberne Grotte (Ferdy the Ant) – dt. Stimme von „Tolpatsch“
  • 1989: Graf Duckula (Count Duckula) – dt. Stimme von „Graf Duckula“
  • 1994: Der König der Löwen (The Lion King) – dt. Stimme von „Timon“
  • 1995–1999: Abenteuer mit Timon und Pumbaa, alle 86 Episoden – dt. Stimme von „Timon“
  • 1999: Jim Knopf (Zeichentrickserie) – dt. Stimme von Mies Fies Ling
  • 1999: Tobias Totz und sein Löwe – dt. Stimme des Nashorns
  • 1999: Der König der Löwen 2 (The Lion King II – Simba's Pride) – dt. Stimme von „Timon“
  • 1999: Matrix (The Matrix) – dt. Stimme von „Cypher“ / „Mr. Reagan“
  • 2001: Die Monster AG (Monsters, Inc.) – dt. Stimme von „Mike Glotzkowski“
  • 2002: Friends, Staffel 9, Episode 6 – dt. Stimme von „David“
  • 2003: Das Geheimnis der Frösche (La prophétie des grenouilles) – dt. Stimme für Schweine
  • 2004: Der König der Löwen 3 (The Lion King 1½) – dt. Stimme von „Timon“
  • 2006: Die Rotkäppchen-Verschwörung (Hoodwinked) – dt. Stimme vom „Regisseur“
  • 2008: Waltz with Bashir (ואלס עם באשיר) – dt. Stimme von „Carmi Cna'an“
  • 2009: Die kleine Monsterin – dt. Stimme von „Edison“
  • 2010: Das Sandmännchen – Abenteuer im Traumland – dt. Stimme von „Habumar“
  • 2010: Nummer 6, Episode 5 „Der Doppelgänger“ – dt. Stimme von „Nummer Zwei“ (Anton Rodgers)
  • 2010: Chi Rho – Das Geheimnis – dt. Stimme von „C.T.“

Theater und Musicals

  • 1961: Belvedere
  • 1962: Fußgänger der Luft
  • 1966: Freunde und Feinde
  • 1967: Im weißen Rössl
  • 1982: Treppauf-Treppab
  • 1983: Sweet Charity
  • 1984: Wie man was wird im Leben, ohne sich anzustrengen
  • 1984: Der reinste Wahnsinn
  • 1985: Nur keine Panik
  • 1987: Häuptling Abendwind … als Friseur
  • 1987: Designern gibts der Herr im Schlaf
  • 1988: Augenblicke für Feinde und Freunde
  • 1990: Schergen bringen Glück
  • 1990: Die Möwe … als Medwedenko
  • 1992: Sommernachts-Sexkomödie
  • 1992: Die Hose
  • 1992: Stepping Out
  • 1993: Lasst uns endlich anfangen
  • 1995: Der Ansager einer Stripteasenummer gibt nicht aufDüsseldorfer Schauspielhaus
  • 1996: Das Kryptogramm – Düsseldorfer Schauspielhaus
  • 1997: Zuständ wie im alten RomTheater des Westens, Berlin
  • 1998: The Black RiderRenaissance Theater Berlin und Burgfestspiele Bad Hersfeld … als Teufel
  • 1998: AltweibersommerMünchner Volkstheater
  • 2000/2001: Chicago – Theater des Westens, Berlin … als Amos Hart
  • 2001: Der SnobWestfälisches Landestheater
  • 2001/2002: Mord auf Rezept – Kleine Komödie am Max II, München und Theater am Kurfürstendamm, Berlin … als Dr. Flemming
  • 2003–2005: Galanacht – Komödie am Winterhuder Fährhaus, Hamburg
  • 2003–2006: My fair lady – Tournee … als Prof. Henry Higgins
  • 2004: Hohner – das Musical – Trossingen … als Liquidator
  • 2004/2005: Pinkelstadt – das Musical … als Werdmehr von Mehrwerth
  • 2005: Jedermann – Ital-Reding-Hofstadt, Schweiz und im Berliner Dom … als Mammon
  • 2006: Verrückte muss man gar nicht erst in Stimmung bringen – Tournee
  • 2006–2008: Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran – Tournee … als Momo
  • 2007: Monsieur Ibrahim und die Blumen des KoranErnst-Deutsch-Theater Hamburg … alle Rollen
  • 2007: Blattschuss (Düsseldorf) … als Ehemann
  • 2007: Ilja Richter erinnert sich – Show oder So
  • 2007: Nibelungen Festspiele-Worms … als Rüdiger von Bechelaren
  • 2007: AIDS Gala-Hamburg
  • 2007: Verrückte muss man gar nicht erst in Stimmung bringen
  • 2007: Kiss me, Kate – Duisburg
  • 2007: Hello, Dolly! – Tournee
  • 2008: Richard III.
  • 2008: Nibelungen Festspiele-Worms … als Rüdiger von Bechelaren
  • 2010: Monsieur Ibrahim und die Blumen des KoranSchlossparktheater Berlin
  • 2011: Sechzehn VerletzteAltes Schauspielhaus Stuttgart[1]
  • 2011: Komiker aus VersehenKomödie im Marquardt in Stuttgart

Hörspiele

  • 1989 – Graf Duckula
  • 1994 – König der Löwen (Teile 1, 2 und 3) … als Timon
  • 1999 – Tobias Totz und sein Löwe … als Nashorn
  • 2001 – Der Holzwurm der Oper erzählt
  • 2003 – Die drei ???: Gefährliches Quiz (Folge 109) … als Nick Nobel
  • 2003 – TKKG: Argentinische Entführung
  • 2009 – Radiotatort: Kaltfront … als Paul Breitner

Hörbücher

  • 2003 – Schiffbruch mit Tiger
  • 2003 – Artemis Fowl
  • 2004 – Bambiland
  • 2005 – Die Hintergründe zu den Helsinki Roccamatios
  • 2005 – Die Bären-Strategie
  • 2006 – Groß ist die Welt
  • 2006 – Gedichte von Ringelnatz
  • 2006 – Kabale und Liebe … als Hofmarschall von Kalb
  • 2007 – Bruno – von Bären und Menschen, Gugis, Lahr 2007, ISBN 978-3-939461-24-1.

Schallplatten (Auswahl)

  • 1961 – Schokolade, Pfefferminz, saure Drops
  • 1961 – Lausbubentwist
  • 1961 – Ich möchte am Broadway Blümchen pflücken
  • 1969 – Tip-Tap in die Tulpen
  • 1970 – Ich hol' dir gerne vom Himmel die Sterne
  • 1972 – Eine Goldmedaille für deine Supertaille
  • 1977 – Tip-Tap in die Tulpen (Neuversion)
  • 1979 – Liebe im Büro
  • 1984 – Liebeslied

Bücher

  • Star-Szene '77. 1000 Top-Stars präsentiert von Ilja Richter, Verlagsgesellschaft für Nachschlagewerke, Taunusstein 1977.
  • Eva Richter, Ilja Richter: Der deutsche Jude. In: Bibliothek der deutschen Werte. Droemer Knaur 2766 Satire, München 1993, ISBN 3-426-02766-6.
  • Ilja Richter, Harald Martenstein: Meine Story. dtv 2001, ISBN 3-423-20436-2 (Originaltitel: Spot aus! Licht an! – Meine Story. Hoffmann und Campe, Hamburg 1999, ISBN 3-455-11277-3).
  • Ilja Richter, Viola Roggenkamp: Meine Mamme. Mit einem Essay über nachgeborene Juden in Deutschland und ihr Erbe, Fischer 16740, Frankfurt am Main 2005, ISBN 978-3-596-16740-1.
  • Ilja Richter, Erich Rauschenbach (Illustrator): Bruno – Von Bären und Menschen. Boje, Köln 2007, ISBN 978-3-414-82047-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ilja Richter: „Sechzehn Verletzte“ in Stuttgart. Südwest Presse Online-Dienste GmbH, abgerufen am 20. März 2011.

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