Ian McDonald (Autor)

Ian McDonald (Autor)

Ian McDonald (* 1960 in Manchester) ist ein britischer Schriftsteller.

Ian McDonald bei den 9. SF-Tagen NRW

Ian McDonald wurde 1960 in Manchester als Sohn einer irischen Mutter und eines schottischen Vaters geboren. 1965 zog er mit seiner Familie nach Nordirland. Ein Studium der Psychologie brach er ohne Abschluss ab, war lange arbeitslos und nahm verschiedene Arbeiten an. Zeitweise arbeitete er für eine Missionsgesellschaft und betreute einen ugandischen Mädchenchor während einer Tournee durch Irland, schrieb aber auch für Sesame Tree, den irischen Ableger der Sesamstraße. Seine erste SF-Story publizierte er 1983 in dem kurzlebigen Magazin Extro, sah sich nach anderen Veröffentlichungsmöglichkeiten um und kam mit Bantam Books in Kontakt, die ihn nach einem Roman fragten. Daraufhin schrieb McDonald Desolation Road. Seit 1987 ist er freischaffender Schriftsteller.

Seine Romane und Geschichten sind vom Nordirlandkonflikt geprägt, sehr häufig werden Interessengegensätze und Auseinandersetzungen zwischen Volksgruppen geschildert, die sich in Herkunft oder Religion unterscheiden. Beispielsweise handelt sein Roman Narrenopfer von einem Konflikt zwischen Menschen und als Flüchtlingen eingewanderten Außerirdischen. In Herzen, Hände und Stimmen prallen zwei Lebensweisen aufeinander, eine biologisch verwurzelte und eine technisch orientierte, wobei es angesichts der Frage, welche besser sei, keine Antwort gibt. Ein weiteres wiederkehrendes Thema bei McDonald ist der Konflikt zwischen High-Tech-Entwicklungen und den Verhältnissen in Entwicklungsländern.

Der Chaga-Zyklus (bislang bestehend aus der Kurzgeschichte Zum Kilimandscharo, den Romanen Chaga und Kirinya sowie der Novelle Tendeléo's Story) schildert, wie biologische Pakete auf der Erde einschlagen und Zonen eines wild wuchernden fremden Lebens entstehen lassen, in denen die irdische Ökologie komplett absorbiert wird. Die Art und Weise, wie Menschen und Staaten damit umgehen, ob sie die Alien-Biologie als tödliche Bedrohung sehen oder als Chance für ein AIDS-Heilmittel begreifen, interessiert den Autor sehr. Die Reaktionen verraten viel über soziale Strukturen, Macht und Diskriminierung.

In dem Roman River of Gods schildert McDonald ein in Einzelstaaten zersplittertes Indien des Jahres 2047, in dem Künstliche Intelligenzen auf Techno-Hinduismus treffen. Auch die Texte des Erzählungsbandes Cyberabad Days spielen in dieser Welt.

Für die Romane Schere schneidet Papier wickelt Stein und Narrenopfer erhielt McDonald den Kurd-Laßwitz-Preis.

Inhaltsverzeichnis

Werke

Romane

  • 1988 Desolation Road (deutsch: Straße der Verlassenheit, Bastei, 1991) ISBN 3-404-24141-X
  • 1989 Out On Blue Six (deutsch: Rebellin des Glücks, Bastei, 1989) ISBN 3-404-24147-9
  • 1991 King of Morning, Queen of Day (deutsch: König der Dämmerung / Königin des Lichts, Bastei, 1992) ISBN 3-404-20190-6
  • 1992 Hearts, Hands and Voices (deutsch: Herzen, Hände und Stimmen, Heyne, 1993) ISBN 3-453-06588-3
  • 1992 Kling Klang Klatch (deutsch: Das Kling- Klang Geheimnis, Carlsen, 1992) ISBN 3-551-72550-0, ein Comicroman
  • 1994 Necroville (deutsch: Necroville, Heyne, 1996) ISBN 3-453-10914-7
  • 1994 Scissors Cut Paper Wrap Stone (deutsch: Schere schneidet Papier wickelt Stein, Heyne, 1994) ISBN 3-453-07745-8
  • 1995 Chaga (deutsch: Chaga oder Das Ufer der Revolution, Heyne, 1997) ISBN 3-453-12634-3
  • 1996 Sacrifice of Fools (deutsch: Narrenopfer, Heyne, 1998) ISBN 3-453-14867-3
  • 1998 Kirinja (deutsch: Kirinya, Heyne, 2000) ISBN 3-453-17091-1
  • 2000 Tendeléo's Story (deutsch: Tendeléos Geschichte, in: Peter Crowther (Hrsg.): Unendliche Grenzen, Bastei, 2003) ISBN 3-404-23266-6
  • 2001 Ares Express
  • 2004 River of Gods
  • 2007 Brasyl
  • 2010 The Dervish House

Kurzgeschichtensammlungen

  • 1988 Empire Dreams (deutsch: Sternenträume, Bastei 1993)
  • 1992 Speaking in Tongues
  • 2009 Cyberabad Days

Auszeichnungen

  • 1989 Locus Award, bester Debütroman: Desolation Road
  • 1991 Philip K. Dick Award, bester Roman: King of Morning, Queen of Day
  • 1993 BSFA, beste Kurzgeschichte: Innocent
  • 2001 Sturgeon Award, beste Kurzgeschichte: Tendeléo’s Story
  • 2005 BSFA, bester Roman: River of Gods
  • 2007 Hugo Award und BSFA 2007, beste Erzählung: The Djinn's Wife
  • 2008 BSFA, bester Roman: Brasyl
  • 2009 Grand Prix de l'Imaginaire, bester fremdsprachiger Roman: Roi du matin, reine du jour (französische Übersetzung von King of Morning, Queen of Day)
  • 2009 Philip K. Dick Award, Besondere Erwähnung: Cyberabad Days
  • 2010 BSFA, bester Roman: The Dervish House

Kritik

  • Karsten Kruschel über Herzen, Hände und Stimmen: "Mathembe selbst besitzt die gentechnisch vererbte Fähigkeit, aus biologischem Grundmaterial Lebewesen nach Belieben zu formen; und irgendwann hat sie beschlossen, daß das Sprechen nicht die Mühe wert ist. Sie gilt als stumm. Dieser literarische Kunstgriff gestattet es Ian McDonald, sowohl die konfessorischen als auch die proklamatorischen Ideen, Sprüche und Ansichten von außen zu zeigen. Weil Mathembe die Welt nicht mit Worten, sondern mit Körpersprache beschreibt, vermag sie die Verlogenheit, Engstirnigkeit und Idiotie beider Religionen/Lebensweisen zu durchschauen. Die Brutalitäten der mit Panzerung und Elektronik ausgestatteten Imperiumssoldaten und die der mit Viren und Biowaffen arbeitenden "Krieger des Schicksals" auf der anderen Seite unterscheiden sich nur technologisch. Beide Seiten fügen jenen Leuten Leid zu, für die zu kämpfen sie vorgeben. Das Buch ist also neben einer direkten Reaktion auf nordirische Zustände auch Spiegel ähnlicher Konflikte überall auf dieser Welt. Die Geschichte der Vertreibung bei Ian McDonald ist nichts weiter als das, was im verblutenden Jugoslawien "ethnische Säuberung" genannt wird: Völkermord der Links- an den Rechtshändern und vice versa. Die Machart des Romans ist die der Suche: Mathembe sucht die in den Kriegswirren verrissene Familie - und, unbewußt, einen Ausweg aus dem Dilemma. Daß Ian McDonald keinen anderen Schluss findet als die Flucht ins Transzendente - einen per Kuß zu übertragenden Friedens-Virus -, scheint für solcherart Konflikte typisch. Der Knoten ist gordisch."[1]

Literatur

  • Ralf Reiter: Mit Sprache gegen Unterdrückung. Ian McDonald und seine Bücher. In: Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Jahr 1994, Wilhelm Heyne Verlag, München, ISBN 3-453-07245-6, S. 247–257.
  • Lutz Gräfe: Interview mit Ian McDonald. In: Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Jahr 1998, Wilhelm Heyne Verlag, München, ISBN 3-453-13313-7, S. 574–586.

Einzelnachweise

  1. In: Wolfgang Jeschke (Hrsg.): Das Science Fiction Jahr 1995, Wilhelm Heyne Verlag, München, ISBN 3-453-07967-1, S. 721.

Weblinks

 Commons: Ian McDonald (author) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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