Altes Rathaus (Göttingen)

Altes Rathaus (Göttingen)
Blick auf das alte Rathaus aus südöstlicher Richtung. Im Vordergrund ist der Marktplatz mit dem Gänseliesel zu sehen.

Das alte Rathaus in Göttingen wurde in mehreren Bauabschnitten ab 1270 errichtet und war bis 1978 Sitz des Rates und der Verwaltung der Stadt Göttingen. Es steht an der Westseite des Marktplatzes inmitten der Altstadt.

Wann genau mit dem Bau des Gebäudes begonnen wurde, ist nicht überliefert. Jedoch zeigen Untersuchungen an den noch erhaltenen Balken der mittelalterlichen Dachwerke, dass die verwendeten Hölzer um das Jahr 1270 gefällt wurden. Daher geht man davon aus, dass diese kurz darauf zum Bau verwendet wurden. In einer Urkunde aus dem Jahre 1344 wird der Rathausbau als „cophus“ bezeichnet, woran man erkennen kann, dass die einflussreiche Kaufmannsgilde das Gebäude ebenfalls für ihre Zwecke nutzte. Auch wurde schon in dieser Zeit der Keller des Gebäudes als „winkeller“ genutzt.

Im Jahre 1366 genehmigte Herzog Ernst I., der zu dieser Zeit das Fürstentum Göttingen regierte, den Göttinger Bürgern,

„dat se mughen buwen, setten unde maken ore kophus unde rathus to Gottingen in de straten, wur unde wurvene se willet unde des to rade werdet unde on dat even unde bequeme is“
(dass sie bauen, setzen und machen mögen ihr Kaufhaus und Rathaus zu Göttingen an der Straße und auf der Straße wo und wie sie wollen und beschließen und es ihnen recht und bequem ist).

Der Grundstein des damit genehmigten Erweiterungs- und Umbaues des Rathauses wurde 1369 gelegt. Die heute noch erhaltenen Kämmereibücher weisen den Aufwand und den Ablauf aus. Der schon bestehenden Halle wurden nach Westen eine „Dorntze“ (niederdeutsch für „beheizbarer Raum“) und die Ratsküche mit Vorraum angebaut. Die Dorntze war der repräsentativste Raum des Gebäudes und diente dem Rat als Sitzungsraum. Im Obergeschoss waren Räume zu Lagerungszwecken. Im frühen 15. Jahrhundert erhielt die alte Haupthalle eine neue Balkendecke und südlich der Ratsküche wurde eine weitere „nygen dorntze“ angebaut. Zu dieser Zeit wurde auch eine Erweiterung des Gebäudes nach Süden eingeleitet; davor, an der östlichen Front, wurde eine Treppe angefügt und eine dreijochige Laube angesetzt. Der Zinnenkranz mit den runden Ecktürmen um das Dach herum wurde aber am niederen Erweiterungsbau unvollendet gelassen. Im Jahr 1540 wurden die Innenräume durch den Göttinger Maler Heinrich Heisen ausgemalt.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde das Gebäude verwüstet, als die Stadt von schwedischen und weimarischen Truppen unter Wilhelm von Weimar für die evangelische Seite zurückerobert wurde. Die sich verteidigenden kaiserlichen Truppen zogen sich nach der Erstürmung der Stadt kämpfend ins Rathaus zurück und ergaben sich dort erst in der sog. Blutkammer. Nachdem Halle und Erdgeschoss dadurch völlig verwahrlost waren, wurden in der Folgezeit alle repräsentativen Veranstaltungen in die Räume im Obergeschoss verlegt.

Nach der Gründung der Göttinger Universität im 18. Jahrhundert wurde das Gebäude renoviert und modernisiert. Vom Ende des 18. Jahrhunderts stammen auch die Wappenlöwen aus der Werkstatt der Brüder Heyd in Kassel. Zwischen 1883 und 1886 erfuhr die Halle eine neue Ausstattung und Ausmalung, die durch den Maler Hermann Schaper aus Hannover ausgeführt wurde. Auch die Gaststätte im Keller des Rathauses wurde Ende des 19. Jahrhunderts wieder eingerichtet. Bis 1907 wurde das Gebäude noch restauriert, danach ruhten die Arbeiten für siebzig Jahre.

Nach dem Bau des neuen Rathauses südlich der Altstadt im Jahre 1978 zog die Stadtverwaltung dorthin um und das nunmehr alte Rathaus konnte nach einer Restaurierung umgenutzt werden. Hierbei wurde das Dach über der Laube umgestaltet und ein Giebel aufgesetzt. Das Gebäude dient seitdem zu repräsentativen Zwecken und es finden dort regelmäßig Ausstellungen statt. Teile des Gebäudes dienen dem Fremdenverkehrsamt.

Der Bruchsteinbau ist heute 41 m lang und 21,5 m tief; zur Marktseite (gen Osten) zeigt er zwei deutlich unterschiedliche Baustile. Der nördliche, höhere Abschnitt wird durch einen abschließenden Zinnenkranz bestimmt. Der südliche Abschnitt mit der Laube wird durch ein hohes Rechteckfenster mit Werksteinrahmung beherrscht. Erst bei späteren Erweiterungsarbeiten zu Beginn dieses Jahrhunderts, als dort ein Zwischengeschoss eingebaut wurde, wurde dieses Fenster vergrößert und ist daher größer als die übrigen.

Literatur

  • Jens-Uwe Brinkmann: Altes Rathaus zu Göttingen (Kleine Kunstführer für Niedersachsen, Heft 1), Muster-Schmidt Verlag, 2. Auflage, Göttingen 1993
  • Hans Reuther: Architektur, Seite 530, 548 ff., in: Göttingen, Geschichte einer Universitätsstadt, Band 1, hrsg. von Dietrich Denecke und Helga-Maria Kühn, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1987
  • Wulf Schadendorf: Rathaus zu Göttingen (Kleine Kunstführer für Niedersachsen, Heft 1), Göttingen 1953

Weblinks

 Commons: Altes Rathaus, Göttingen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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