Hunger (Roman)

Hunger (Roman)

Hunger (norweg.: „Sult“) ist der erste Roman von Knut Hamsun. Mit ihm schaffte er seinen literarischen Durchbruch.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Hamsun begann die Niederschrift des Romans im Sommer 1888, als das Schiff auf der Rückfahrt von seinem zweiten Amerikaaufenthalt nach Kopenhagen einen Tag Zwischenstopp in Kristiania machte. Die Stadt weckte in ihm unangenehme Erinnerungen an das Jahr 1886, als er hier arbeitslos eine schwere Hungerzeit durchzustehen hatte. Hamsun verließ das Schiff nicht und schrieb in der Nacht die bekannten ersten Zeilen des Romans, welche bereits die bedrückende Atmosphäre des ganzen Buches erfassen: [1]

Det var i den Tid jeg gik omkring og sultet i Kristiania, denne forunderlige By som ingen forlater för han har faat Maerker av den... (aus Sult, Samlede Verker, 1933) (deutsch: „Es war in jener Zeit, als ich in Kristiania umherging und hungerte, in dieser seltsamen Stadt, die keiner verlässt, ehe er von ihr gezeichnet worden ist.“)

In Kopenhagen mietete er sich eine Dachkammer und schrieb, wieder unter Hunger, weiter. Mit dem noch unfertigen Manuskript ging er zu Edvard Brandes, dem Feuilletonredakteur der Zeitung Politiken. Der tief ergriffene Brandes überredete Carl Behrens, es in der dänischen Zeitschrift „Ny jord“ (=„Neue Erde“) im November in Bruchstücken anonym zu veröffentlichen. Das Werk erregte sogleich wegen der Radikalität seiner Schilderung und des Bruchs mit der noch jungen Konzeption des neuen Realismus Aufsehen. Die Zeitschrift Dagblad lüftete bald das Geheimnis der Identität des Verfassers. Hamsun arbeitete weiter an dem Werk, welches dann 1890 vollständig, aber immer noch anonym erschien. Bereits im selben Jahr wurde es von Samuel Fischer in deutscher Übersetzung veröffentlicht. [2]

Inhalt

Der Roman schildert aus der Ich-Perspektive den körperlichen und vor allem seelischen Verfall eines jungen erfolglosen Schriftstellers und Journalisten in Kristiania. Gelegentlich kann er einen Artikel an eine Zeitung verkaufen, doch reichen die Einnahmen kaum aus, Nahrung und Wohnung zu bezahlen, sodass er hungernd und obdachlos durch die Stadt streicht. Indem er seine prekäre Situation zu verbergen sucht, verschlimmert er sie noch. Die geistige Verfassung des Erzählers wird sehr ausführlich und eindringlich beschrieben und schwankt heftig zwischen Wahnsinn, Hoffnung, Verzweiflung und Scham.

Rezeption und Wirkung

Das Werk bekam von Anfang an meist positive bis überschwengliche Kritiken. Der dänische Autor und Kritiker Erik Skram lobte das Werk als "literarisches Ereigniss ersten Ranges", und der norwegische Kritiker Carl Nærup schrieb 1895, dass es die "Grundlage einer neuen Literatur in Skandinavien gelegt habe". Viele Kritiker halten den Roman für Hamsuns bestes Werk. Hamsun war über Nacht bekannt, war ein willkommener Gast in Intellektuellen-Zirkeln und erhielt sogar Einladungen zu Lesungen in den USA. [3]

Viele bedeutende Schriftsteller des 20. Jahrhunderts wie Franz Kafka, Hermann Hesse, Thomas Mann, Ernest Hemingway und James Joyce ließen sich durch die neuartige Schreibweise von Hamsuns Erstlingswerk beeinflussen. [4] Der Roman gilt als bedeutender Meilenstein in der Entwicklung der Erzähltechnik des Bewusstseinsstroms. 1966 wurde der Stoff von Henning Carlsen mit Hunger verfilmt.

Ausgaben

Anlässlich des 150. Geburtstages Knut Hamsuns erschien 2009 eine überarbeitete deutsche Übersetzung des Romans von Siegfried Weibel, die ein Nachwort von Daniel Kehlmann ergänzt.

Weblinks

Einzelbelege

  1. Martin Beheim-Schwarzbach: Knut Hamsun - mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg, 1958, 37. - 39. Tausend, 1990, S. 37
  2. Martin Beheim-Schwarzbach: Knut Hamsun - mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg, 1958, 37. - 39. Tausend, 1990, S. 37
  3. Einführung von Sverre Lyngstad in Knut Hamsun, Sverre Lyngstad: Hunger, Rebel Inc., 1996, S. VII
  4. Knut Hamsun oder der Dichter ist weder Weisheitslehrer noch Prophet oder Übermensch; in Josef Rattner und Gerhard Danzer: Dänemark und Norwegen in Europa - geistesgeschichtliche und literarische Essays, Königshausen & Neumann, Würzburg, 2004, S. 287

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