Hortus Palatinus

Hortus Palatinus
Hortus Palatinus und Heidelberger Schloss, gemalt von Jacques Fouquières; Kurpfälzisches Museum Heidelberg
Hauptterrasse des ehemaligen Hortus Palatinus

Der Hortus Palatinus (lateinisch: „Pfälzischer Garten“) war der Garten des Heidelberger Schlosses.

Er war der erste Renaissance-Garten in Deutschland und Vorbild für ähnliche Gärten in anderen deutschen Residenzen und galt zu seiner Zeit als einer der berühmtesten Gärten Europas.

Inhaltsverzeichnis

Zur Geschichte des Hortus Palatinus

Auftraggeber des Hortus Palatinus war Kurfürst Friedrich V., der dadurch aber die Wehrkraft des Schlosses beeinträchtigte. Dieser Terrassengarten wurde von dem aus England berufenen französischen Ingenieur und Gartenarchitekten Salomon de Caus, der auch einer der größten Physiker seiner Zeit war, im Jahr 1616 begonnen und durch die kriegerischen Unruhen der folgenden Jahre (Dreißigjähriger Krieg) nie fertiggestellt. Die Gartenanlage ersetzte das so genannte Hasengärtlein, den spätmittelalterlichen Burggarten. Als Friedrich zum König von Böhmen gewählt wurde und seine Residenz nach Prag verlegte, wurden die Arbeiten am Hortus Palatinus eingestellt.

Nur durch die Entwürfe von de Caus und durch Gemälde sind Form und Anlage der Parterres überliefert. Salomon de Caus hat seinen Garten in einem reich mit Kupferstichen illustrierten Buch selbst beschrieben. Die Vorrede ist datiert auf den 20. Dezember 1619 und ist in französischer Sprache geschrieben, denn Salomon de Caus scheint der deutschen Sprache nicht mächtig gewesen zu sein.

Bemerkenswert ist der Baumbestand, der aus einer Sammlung des Kurfürsten resultiert. Der Hortus Palatinus wurde von den Zeitgenossen als „achtes Weltwunder“ betrachtet.

Die Entwicklung und die Gestalt des Garten sind auf Stichen von Matthäus Merian festgehalten. Einer der Stiche diente dem flämischen Maler Jakob Facquier als Vorlage für sein Gemälde. Es zeigt den Schlossgarten im Zustand von 1620.

Die Gartenterrassen des Hortus Palatinus

Erste Terrasse (Untere Terrasse, Koniferenterrasse)

Pyramidentreppe, Kupferstich von Matthäus Merian
Lage: 6 Meter tiefer als die Hauptterrasse

Die Untere Terrasse besaß in der Mitte ein Wasserbecken in der Form eines Geigenkastens, an dessen Seiten Figuren der Flussgötter Neckar und Main standen. Auf dieser Terrasse, die wegen ihres Bewuchses auch Koniferenterrasse genannt wird, stehen zwei bemerkenswerte Bäume:

  • Griechische Tanne; Abies cephalonica: Die Griechische Tanne ist ein raschwüchsiger Baum, der bis 40 Meter hoch wird und Durchmesser bis 1 Meter erreicht.
  • Erbsenfrüchtige Scheinzypresse; Chamaecyparis pisifera: Dieser Baum zeigt die so genannte „Schleppenbildung“, bei der sich die unteren Zweige zur Erde senken und eigene Wurzeln entwickeln.

Nachdem im Jahr 1832 ein Lehrstuhl für Forstbotanik an der Technischen Hochschule Karlsruhe eingerichtet worden war, ließ das Interesse an diesen Anpflanzungen stark nach. Im Lauf der Jahre durchsetzten immergrüne Koniferen den ursprünglich mit Laubhölzern bestückten Park und veränderten den Gesamteindruck erheblich.

Um die vielen Springbrunnen und die Wasserkünste zu speisen, war eine große Menge Wasser erforderlich. Die Lage des Gartens am quellreichen Nordhang des Königstuhls erleichterte jedoch die Versorgung mit Wasser. Hatte das Wasser die Brunnen auf den verschiedenen Terrassen passiert, so wurde es im Bassin auf der Unteren Terrasse gesammelt. Von hier konnte es dann ins Friesentälchen abfließen.

Zu den dramatischen Treppenanlagen gehörte die Pyramidentreppe, die von der Hauptterrasse zum unteren Garten führen sollte. Beim Abstieg über die geländerlosen Steilseiten sollten die Besucher des Gartens den Eindruck bekommen, sie könnten über das Neckartal hinwegfliegen.

Zweite Terrasse (Große Terrasse, Hauptterrasse)

Die Gestaltung der Hauptterrasse war durch eine Folge größerer Felder bestimmt, die mit ornamentierten Feldern gestaltet waren. Blumen spielten nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger waren zugeschnittene Hecken. Im Mittelpunkt eines Knotenfeldes stand der Säulenbrunnen.

Das Knotenornament bestand aus verschlungenen und sich kreuzenden Pflanzenbändern. Bevorzugt für diese Broderien waren Thymian, Rosmarin, Lavendel und Salbei. Die Zwischenräume wurden mit farbigen Kieseln, gestoßenem Glas oder gemahlenem Gestein ausgefüllt.

Hier begann Kurfürst Karl Philipp im Jahr 1719, die Gartenanlage Friedrichs V. in eine barocke Form zu bringen. Hier stand auch die Figurengruppe, die später – nach einem Zwischenaufenthalt im Schwetzinger Schloss und einigen Ergänzungen – im Jahr 1767 auf dem Marktplatz von Mannheim aufgestellt wurde.

Zu den exotischen Bäumen hier zählen:

  • Kaukasische Flügelnuss; Pterocarya fraxinifolia
  • Eschen-Ahorn; Acer negundo: Der Eschen-Ahorn ist ein schnell wachsender Baum, der oft mehrere Stämme hat.
  • Fächerbaum; Ginkgo biloba: Der Ginkgobaum gelangte erst um das Jahr 1730 nach Europa.
  • Mehlbeere; Sorbus aria: Die Mehlbeere stammt aus den Bergwäldern Südeuropas und wird oft als Straßen- und Parkbaum gepflanzt.

Parterregärten

rekonstruierter Rest des Brunnenoktogons

Das Knotenfeld setzte sich aus vier Beeten zusammen, die aus jeweils individuellen Mustern mit sich gegenseitig überschneidenden Bändern bestanden. Das Knotenfeld war von einer wellenförmigen Einfassung und kleinen Laubbäumen umgeben.

In einem anderen Knotenfeld stand in einer achteckigen Beckeneinfassung der Brunnen mit Fratzengesichtern aus Metall. Die jetzige Beckeneinfassung wurde im Jahr 1973 mit einigen alten Steinen aus der Zeit von Salomon de Caus rekonstruiert.

Große Grotte

Portal zur Großen Grotte von Salomon de Caus
De Caus:Wasserspiel Galathea für den Hortus Palatinus

Vor der Großen Grotte befindet sich ein Wasserbassin mit der Figur des Rheins. Die 1974 restaurierten Bassins liegen nicht nur an der ursprünglichen Stelle, sondern entsprechen auch dem ursprünglichen Aussehen. Sie sind mit dem liegenden „Vater Rhein“ und dem Portal der Großen Grotte ein Blickfang in dieser Ecke des Schlossgartens.

Die Große Grotte hatte vier Räume, wobei nur die beiden inneren Grottenräume waren. Die beiden äußeren Räume waren wohl für technische Zwecke bestimmt. Salomon de Caus schreibt hierzu:

„Das Gewölbe des ersten Teils [linker Grottenraum] ist von schöner Aufteilung und mit Figuren aus allerhand Muscheln [geschmückt]. Der andere Teil [rechter Grottenraum] ist rauh [und] von grobem Zierat. In dieser Grotte gibt es unterschiedliche und mancherlei lustige Wasserkünste, mit denen man, wenn man sie allesamt springen sehen will, wohl eine Stunde zubringen kann“

Salomon de Caus[1]

Im ersten Grottenraum floss das Wasser kaskadenartig in ein Becken, in dem ein Springbrunnen eine Kugel balancieren sollte. Durch Öffnungen in der Decke konnte das Ganze effektvoll beleuchtet werden. Im zweiten Grottenraum stand ein steinerner Tisch, in dem geheimnisvolle Wasserkünste (Wasserspiele) eingebaut gewesen sein sollen, die man durch einen versteckten Mechanismus einschalten konnte.

Pomeranzenhain

Die Pomeranze (Citrus aurantium L.) oder Bitterorange ist eine Zitruspflanze mit leuchtend oranger Schale und wird z.B. für Orangeat verwendet. Zu dem Feld mit den Pomeranzen schrieb der Gartenarchitekt Salomon de Caus,

„dass die Ränder der Beetstücke mit behauenen Steinen von zwei Schuh Höhe eingefaßt und entsprechend mit Erde aufgefüllt sind. Dieses Feld soll Pomeranzenbäume erhalten. Zwischen den Pomeranzenbäumchen kann man auch Melonen pflanzen.“

Salomon de Caus[1]

Die etwa 60 Jahre alten Pomeranzenbäume wurden vom Herrengarten in der westlichen Vorstadt mit großem Aufwand auf das Schloss geschafft. Die Überführung der Bäume wurde als besondere gärtnerische Leistung in der Inschrifttafel der Nischenarchitektur mit dem Standbild Friedrichs gewürdigt.

Salomon de Caus stellte die kleinen Zitrusbäumchen mit ihren gelben Früchten bewusst auf Augenhöhe in hoch sitzende Erdkästen, um den Eindruck zu erwecken, dass die Pomeranzen das ganze Jahr über im Freien wachsen. Im Winterhalbjahr wurden aber diese empfindlichen Pflanzen durch einen Holzverschlag geschützt. Die alten Pomeranzenbäume wurden im Jahr 1619 vom unteren zum oberen neuen Garten gebracht. Nachdem Kurfürst Friedrich V. mit seinem Hof nach Prag gezogen war, um sich zum König von Böhmen krönen zu lassen, wurden die Arbeiten jedoch eingestellt.

Monatsblumengarten (Rosenrondell)

Jahreszeitenparterre, gemalt von Jacques Fouquières (Ausschnitt aus der Darstellung des Hortus Palatinus

Zu den gärtnerischen Erfindungen dieser Anlage gehörte neben dem Wasserparterre das Jahreszeitenbeet am Nordende, das wohl vom botanischen Garten in Padua inspiriert wurde. Das Rund wurde für eine Blumenuhr genutzt, bei der die Blüte jeden Monat um drei Felder vorrückte.

In der Mitte dieses so genannten Rosenrondells ließ Freiherr von Oberndorff im Jahr 1771 das Oktogon erbauen, ein achteckiges Lusthaus mit vier Türen und vier Fenstern, das wohl von ihm selbst zu gesellschaftlichen Zwecken genutzt wurde. Von diesem Gebäude ist keine Abbildung bekannt. Im Jahr 1891 wurde in der Mitte des Rondells das Scheffeldenkmal errichtet, das im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen wurde.

Die Wirtschaft im Rosenrondell wurde allmählich zum wichtigsten Teil des Gartens, für deren Erweiterung sich fast alle Kreise der Stadt einsetzten. Bereits 1865 richtete der Pächter an die Domänenverwaltung die Bitte, einen Musikpavillon zu errichten, denn das Musikzelt sei zu klein und unschön. Der Pächter verzichtete im Gegenzug auf seine Schweineställe. Schon im Jahr 1874 regte der Schlossverein ohne Erfolg eine Vergrößerung der Wirtschaft an. Im Jahr 1879 beantragte er die Errichtung eines neuen Musikpavillons, da die Akustik im alten sehr schlecht sei. Die Bauinspektion entgegnete, dass der Hauptmangel in der schwachen Besetzung des Orchesters mit 8 bis 10 Mann liege, die sich »auf ihren Instrumenten abmartern müßten«, um ihre Streichmusik zur Geltung zu bringen.

In den 1880er Jahren fanden täglich Konzerte in der Gartenwirtschaft statt. Das Finanzamt verlangte lediglich aus Fürsorge für das Städtische Orchester, dass wenigstens an einem Wochentag keine Konzerte abgehalten würden. Die Domänenverwaltung wehrte sich gegen den Ausbau der Gartenwirtschaft mit der Begründung, dass dies »unvereinbarlich mit dem landschaftlichen und historischen Charakter« des Schlossgartens sei. Aber 1895 gab sie nach und ließ eine neue Gartenwirtschaft erbauen. Durch diesen Ausbau der Gartenwirtschaft rückte der Schlossgarten immer mehr ins öffentliche Interesse und wurde zum Vergnügungspark.

Jahrzehntelang wuchsen die Sträucher und Bäume ungehindert, sodass das Schloss vom Garten aus so gut wie nicht mehr zu sehen war. Außerdem waren die Grotten und sonstigen Bauwerke zum größten Teil eingestürzt. Von 1923 vollzog sich jedoch ein Wandel als die Verwaltung des Schlosses und des Gartens vom Domänenamt auf das Bezirksbauamt überging.

Der Leiter dieses Amts begann nach längerem Studium der historischen Unterlagen des Hortus Palatinus mit Sanierungsarbeiten und wollte den Garten von den Zutaten befreien, die das harmonische Bild von Schloss und Garten beeinträchtigten. In jahrelanger Arbeit wurde der Garten so durchforstet, dass alle Gartenteile zueinander in erkennbare Beziehung kamen. Die hölzernen Schutzgeländer oder Hecken längs der Terrassen wurden durch steinerne Balustraden ersetzt, wodurch der Terrassenaufbau stärker in Erscheinung trat.

Das relativ große Schlosspark-Casino auf dem schönsten Platz der Hauptterrasse wurde nun als störend empfunden. Der Versuch, den Restaurationsbetrieb ganz zu beseitigen, schlug jedoch fehl und führte zu heftigen Anfeindungen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es im Schlossgarten keinerlei Aktivitäten mehr. Erst als sich die Volkswirtschaft zu erholen begann, nahm das Interesse am Schlossgarten wieder zu. In der Lokalpresse wurde heftig über das Schlosspark-Casino diskutiert. Erst als die Gartenwirtschaft im Jahr 1971 wegen Unrentabilität geschlossen wurde, konnte das Gebäude abgerissen werden.

Scheffelterrasse

Scheffelterrasse
ehemaliges Scheffeldenkmal von Adolf Heer, 1891

Auf der Großen Scheffelterrasse gegenüber der Schlossanlage war ein Gartenhaus geplant, das allerdings nicht zur Ausführung kam. Auffällig ist die Terrassenbefestigung in Form einer 20 Meter hohen Bogenkonstruktion. Durch diese Anlage konnte der Garten am Friesenberg erweitert werden.

Ihren Namen hat die Scheffelterrasse nach einer Bronzestatue des Dichters Joseph Victor von Scheffel, die von 1891 bis 1942 hier stand und 1942 eingeschmolzen wurde. Erst am 26. Juni 1976 wurde ein neuer Scheffelgedenkstein enthüllt. Dieser Stein ist bescheidener als das frühere Denkmal und zeigt ein Medaillon mit dem Bildnis Scheffels, das als Abguss vom Scheffelgrab in Karlsruhe genommen wurde.

Scheffel schrieb mehrere Gedichte über Heidelberg. Eines davon wurde in der Vertonung Anton Zimmermanns als Studentenlied populär. Zitiert sei hier nur die erste Strophe:

Alt-Heidelberg, du feine,
Du Stadt an Ehren reich,
Am Neckar und am Rheine
Kein' andre kommt dir gleich.

Scheffel war in Heidelberg sehr bekannt und es befanden sich an vielen Stellen Abbilder von ihm. Nur auf der Scheffelterrasse fehlte seit dem Ersten Weltkrieg das Scheffeldenkmal. Da beschlossen einige Studenten, eine Scheffelbüste zu stehlen und sie auf der Scheffelterrasse aufzustellen. Am folgenden Morgen lag sie beschädigt auf dem Boden. Ein Student rief einen Schlosswärter herbei und fragte schelmisch:

Sagen Sie, guter Mann, ist das vielleicht der berühmte Zwerg Perkeo vom Heidelberger Schloß?

Der Schlossführer antwortete verärgert:

Nee, dess is er net. Awwer gsoffe hott der aach …!“ (Nein, das ist er nicht. Aber gesoffen hat er auch.) [2]

Am äußersten Ende der Scheffelterrasse, wo die Balustrade nach rechts abknickt, stand die Redoute. Hier wollte Salomon de Caus ein turmartiges Gebäude mit einer offenen Halle errichten. Von dieser Lage hätte man einen beeindruckenden Rundblick über das Schloss, die Stadt Heidelberg und das Neckartal gehabt. Man arbeitete noch am Fundament, als Ende 1619 die Arbeiten eingestellt wurden.

Goethe-Marianne-Bank

Goethe-Marianne-Bank

Zu Beginn des Jahres 1922 setzte man an den östlichen Rand der Hauptterrasse die aus Muschelkalkstein gebildete Goethe-Marianne-Bank. Diese steinerne Bank geht auf einen Aufruf Heidelberger Professoren im Jahr 1919 zur Erinnerung an das Erscheinen des West-östlichen Divan hundert Jahre zuvor zurück.

In der Rückenlehne ist ein Wiedehopf dargestellt, der im Orient als Liebesbote galt. Der obere Text auf der Bank lautet:

»Und noch einmal fühlet Hatem Frühlingshauch und Sommerbrand«.

Dies bezieht sich auf Goethes Begegnung mit Marianne von Willemer. Goethe hatte das Buch »Suleika« des West-östlichen Divans nach Rede und Gegenrede Hatems und Suleikas geordnet. Die beiden Namen stehen für Goethe und Marianne von Willemer.

Der untere Text soll die Empfindungen Mariannes verdeutlichten:

»Dort wo hohe Mauern glühen, finde ich den Vielgeliebten.«

Florale Ornamente mit symbolischem Charakter, das Laub des Ginkgos und der Lorbeerpflanze, zieren die Armlehnen.

Wenige Meter neben der Steinbank befindet sich ein zwei Meter hohes Goethedenkmal mit einem bronzenen Kopf des Dichters. Es wurde am 5. Mai 1987, dem Europatag, enthüllt. Auf dem Sandsteinsockel steht folgende eingemeißelte Inschrift:

Auf der Terrasse hoch gewölbten Bogen war eine Zeit sein Kommen und sein Gehn.

Diese Inschrift ist aus einem Gedicht von Marianne von Willemer und verweist auf die hohen Bögen der Scheffelterrasse mit ihrer 20 Meter hohen Bogenkonstruktion.

Gartenkabinette

Ellipsentreppe

Dieser Gartenteil besteht aus drei neben einander liegenden Kabinetten mit Aussicht über den Garten. Zu den Gartenkabinetten führt die so genannte Ellipsentreppe, die ihren Namen daher hat, dass ihre Stufen in der Draufsicht zwei Ellipsen ergeben.

Dritte Terrasse (Zwischenterrasse; Universitätsterrasse)

Wirtschaft auf der Zwischenterrasse, 1830
Lage: 3,5 Meter höher als die Hauptterrasse

Die Zwischenterrasse ist als Ergänzung zur Hauptterrasse zu betrachten, von der man auf die Obere Terrasse gelangt. Sie wurde im Jahr 1852 dem Botanischen Institut der Universität Heidelberg für die Aufzucht von Holzgewächsen überlassen. Aber erst ab 1870 bemühte man sich verstärkt um die Aufzucht immergrüner Gewächse. Zu dieser Zeit führte diese Terrasse auch den Namen Universitätsterrasse. Doch schon wenige Jahre später wurde ein neuer botanischer Garten auf dem heutigen Gelände der Ludolf-Krehl-Klinik angelegt. Die große Entfernung erschwerte Beaufsichtigung und Bewirtschaftung.

Auf der Zwischenterrasse sind einige exotische Bäume zu sehen:

  • Mispel (Mespilus germanica): Der Anbau erfolgte wegen der Früchte, die erst nach dem Frost essbar sind und aus denen sich Marmelade herstellen lässt.
  • Turners-Eiche (Quercus turneri „Pseudoturneri“): Diese Eichenart entstand im 18. Jahrhundert in der Baumschule Turner in Essex aus einer Kreuzung zwischen der Steineiche (Quercus ilex) und der Stieleiche (Quercus robur).
  • Atlas-Zeder (Cedrus atlantica „Glauca“): In der Bibel werden die Libanon-Zedern für den Bau des Tempels in Jerusalem erwähnt.
  • Mammutbaum (Sequoiadendron giganteum): Der Mammutbaum kam erst im Jahr 1853 nach Europa, was damals als Sensation betrachtet wurde.
  • Riesen-Lebensbaum (Thuja plicata): Der Riesen-Lebensbaum ist schnellwüchsig und auch im Winter tiefgrün.
  • Kanadische Hemlocktanne (Tsuga canadensis): Die Hemlocktanne ist eine Konifere mit breiter Krone, die im Alter die Form einer Pyramide bekommt.

Vierte Terrasse (Obere Terrasse)

zwei Personen beim Pall-Mall-Spiel (Ausschnitt aus einem Kupferstich von Matthäus Merian)
Lage: 2,5 Meter höher als die Zwischenterrasse

Damit der Hofstaat die Pracht der Knoten- und Broderiebeete genießen konnte, hatte Salomon de Caus eine schmale Übersichtsterrasse um die L-förmige Gartenanlage gelegt. Von hier aus hatte man quasi eine Vogelperspektive und konnte weit in die Landschaft, hinunter ins Neckartal und hinüber zum Schloss sehen. Diese Terrasse ist nur 8,5 Meter breit und hatte zur Bergseite hin eine Stützmauer, in der verschiedene Räumlichkeiten, wie Treppenaufgang, Brunnenstube, Gärtnerhaus, Galerie und Großes Gewölbe untergebracht waren.

Auf der Oberen Terrasse gibt es keine gärtnerische Anlagen. Nur längs der Mauer waren Bäumchen gepflanzt. Diese Terrasse war als Aussichts- und Promenierterrasse vorgesehen. Sie sollte auch als Spielplatz für das Palamaill-Spiel dienen und außerdem so weit verlängert werden, dass ein Blick auf die Westseite des Schlosses möglich gewesen wäre.

mit Wasser betriebene Orgelmaschine von Salomon de Caus
  • Ehemalige Galerie: Die Ruinen der ehemaligen so genannten Galerie wurden ab 1912 freigelegt und ergänzt. Elf Säulen trugen eine Attika, in deren quadratischen Feldern 10 Taten des Herkules als Reliefs dargestellt werden sollten, denn Friedrich V. identifizierte sich mit Herkules in der Selbstdarstellung seiner Herrscherpersönlichkeit.
  • Kleine Grotte: Die Kleine Grotte hatte in der Rückwand eine große Nische, in der über phantasievoll gestaltete Steine in feinen Strahlen Wasser floss.
  • Ehemaliges Fürstenbad: Von den Badebassins für den Fürsten ist heute nichts mehr zu sehen. Die kleine Kammer in der Rückwand diente der Lagerung des Brennmaterials, mit dem der Raum und das Badewasser aufgeheizt werden sollten.
  • Ehemaliger Raum für Maschinen: In diesem Raum sollten mit Wasser angetriebene Maschinen in Blasebälgen die Luft zu Winddruck verdichten. Eine Orgelmaschine drehte durch Wasserkraft über das Zahnradgetriebe eine Walze und betätigte eine Klaviatur. Wegen der Maschinengeräusche sollten in diesem Raum nur die Maschinen (ohne Pfeifen) untergebracht werden.
  • Ehemaliger Raum für südländische Gewächse: Dieser Raum war eine Art Orangerie, in der Rosmarin, Pomeranzen und Granatapfel im Winter untergebracht werden sollten. Hier waren die Pfeifen vorgesehen, die von der Orgelmaschine im benachbarten Raum betrieben werden sollten.
  • Nische mit portalartiger Umrahmung: Den Abschluss der Oberen Terrasse sollten eine Nische mit portalartiger Umrahmung und ein Standbild bilden. In der Nische befand sich ein Brunnen mit dem Meeresgott Neptun. Auf der Attika war eine Inschrift angebracht und darüber das Standbild des Bauherrn Friedrich. Den Platz der Attika nimmt heute die Überführung des Schloss-Wolfsbrunnenweges ein.

Das Friesental

Friesental, Kupferstich von Matthäus Merian

Das Friesental war mit in die Gesamtanlage einbezogen. Die Akten vermerkten im Jahr 1750, dass das Gebiet des Friesentals zum „Thier-Garthen“ wurde, in dem Rehe und Hirsche ästen. Der Hang zum Schloss hieß früher das „Kalte Tal“, da er nur wenig von der Sonne aufgewärmt wurde.

Auf der gegenüber liegenden Ostseite des Friesentals befindet sich das Karmeliterwäldchen, in dem nur noch wenige Überreste an das ehemalige Kloster der Karmeliter erinnern, die hier bei der von Kurfürst Ruprecht I. gestifteten Jakobskapelle eine Unterkunft für studierenden Mitbrüder errichtet hatten. In der Karmeliterkirche befand sich auch eine Grablege der Wittelsbacher. Weil es sich dabei um die unmittelbaren Vorfahren der bayrischen Könige handelte, ließen die Wittelsbacher, als sie in München residierten, die Särge 1805 nach München überführen und in der Gruft der Hofkirche Sankt Michael beisetzen.

Inschriftstein vor dem Dicken Turm

Inschriftstein vor dem Dicken Turm

Am Friesenberg, auf der Ostseite des Schlosses, befand sich auch der Schießstand der kurfürstlichen Artillerie. Kurfürst Karl vergnügte sich des Öfteren mit Schießen aus den Geschützen. Ein Inschriftstein aus dem Jahr 1681, links vor dem Dicken Turm, verweist auf seine Sonderleistung, auf die er offensichtlich sehr stolz war:

ANNO MDCLXXXI. DEN XXII JANUARI VON SCHLOS AUF DISEN ORT HAT WIEDER ALLES HOFFEN AUS STÜCKEN CHURFÜRST CARL MIT KUGEL KUGEL TROFFEN

Diese Inschrift soll an eine Schießleistung des Kurfürsten Karl am 22. Januar 1681 erinnern, der angeblich von zwei einander gegenüber aufgestellten Geschützen (= Stücken) Kugeln gleichzeitig abfeuern ließ, die sich in der Luft trafen. Dieser Stein wurde später in den Stückgarten versetzt, damit ihn mehr Menschen zur Kenntnis nehmen konnten.

Die Dichterin Marie Baum

Am Friesenberg 1, unterhalb des Schlosses, wohnte seit 1928 die Dichterin Marie Baum, eine enge Freundin Ricarda Huchs. Zeitweise lebten die beiden Frauen zusammen in Marie Baums Heidelberger Wohnung. Die handschriftliche Widmung Ricarda Huchs in der Druckfassung von „Römisches Reich Deutscher Nation“ an ihre Freundin nimmt Bezug auf den Ort der Entstehung:

Am Friesenberg gereifte Frucht / dankbar die schöne Heimat sucht.

Beschreibung des Friesentals

Friesental und Scheffelterrasse

Günter Heinemann beschreibt in seinem Heidelberg-Buch den Abstieg vom Schloss durch das Friesental:

„Wer den Schloßgarten auf einem direkten und zugleich eindrucksvollen Weg verlassen möchte, wählt am besten den Abstieg über das Friesental. Es ist ein Serpentinenweg, der in vier großen Kehren das beträchtliche Gefälle überwindet.“

Günter Heinemann[3]

Pläne zur Wiederherstellung des Hortus Palatinus

Am 13. September 2007 berichten die Rhein-Neckar-Zeitung und der Mannheimer Morgen von Plänen, die Gartenanlagen in ihrer ursprünglichen Form zu rekonstruieren. Eine Stiftung, die dieses Vorhaben entwickelt hat, steht seit mehreren Monaten in Verhandlungen mit dem Finanzministerium des Landes Baden-Württemberg, welches Eigentümer des Schlosses ist.

Wie die Rhein-Neckar-Zeitung [4] am 4.Oktober 2007 berichtet, ist das Vorhaben unter Heidelberger Bürgern jedoch umstritten. Kritiker bemängeln vor allem, dass durch die geplanten Maßnahmen (u. a. Baumfällungen) der romantische Charakter des Gartens verloren ginge und dass ein nach den Originalplänen von de Caus gestalteter Hortus (der in dieser Form durch den Beginn des Dreißigjährigen Krieges auch nie fertiggestellt wurde) nicht zum heutigen Erscheinungsbild der Schlossruine passe. Auch die Tatsache, dass künftig Eintritt für den Besuch des Schlossparkes bezahlt werden soll, stößt bei manchem auf Kritik. Auch in der überregionalen Presse wird das Vorhaben kritisiert [5].

Eine Bürgerinitiative gegen die Umwandlung des im Stile eines englischen Garten naturbelassenen Hortus Palatinus, wie er seit dem 30-jährigen Kriege in Heidelberg existierte, bildete sich. Denn es war gerade der naturbelassene, verfallene Hortus Palatinus, der zur Quell-Landschaft der Romantik wurde. Dazu Hölderlin:

Aus dem Gedicht Ode an Heidelberg von 1800

Aber schwer in das Tal hing die gigantische,
Schicksalskundige Burg nieder bis auf den Grund,
Von den Wettern zerrissen;
Doch die ewige Sonne goß


Ihr verjüngendes Licht über das alternde
Riesenbild, und umher grünte lebendiger
Efeu; freundliche Wälder
Rauschten über die Burg herab.


Sträuche blühten herab, bis wo im heitern Tal,
an den Hügel gelehnt oder dem Ufer hold,
Deine fröhlichen Gassen
Unter duftenden Gärten ruhn.

Nicht zuletzt aufgrund des einhelligen Widerstandes der Denkmalschützer, die die Pläne als eine Verletzung der Charta von Florenz ansahen, wurde das Vorhaben eingestellt.[6][7]

Literatur

  • Salomon de Caus: Hortus palatinus a Friderico rege Boemiae, electore Palatino Heidelbergae exstructus. Die Entwürfe zum Heidelberger Schlossgarten. Reprint der Ausgabe Frankfurt, de Bry, 1620 (Grüne Reihe; 1), Wernersche Verlagsanstalt, Worms 1980, ISBN 3-88462-001-0
  • Salomon de Caus: Le jardin palatin. Reprint: Moniteur, Paris 1981, ISBN 2-86282-187-X
  • Gerhard Walther: Der Heidelberger Schlossgarten. Universitätsverlag Winter, Heidelberg 1990. ISBN 3-8253-7011-9
  • Roland Scotti: Der Heidelberger Schloßgarten: eine Bestandsaufnahme der wissenschaftlichen Literatur, der Pläne, der Ansichten unter besonderer Beachtung eines "romantischen" Landschaftsgartens im Bereich des "Hortus Palatinus". Gutachten, 1994

Einzelnachweis

  1. a b Gerhard Walther: „Der Heidelberger Schlossgarten
  2. heidelberger-altstadt.de: Scheffel Anekdoten, Zugriff am 13. Mai 2010
  3. Günter Heinemann: „Heidelberg
  4. rnz.de: „Hortus“-Wiederaufbau: Sinn oder Unsinn?, Zugriff am 13. Mai 2010
  5. "Das achte Weltwunder", Die ZEIT, 6. Dezember 2007
  6. Endgültiges Aus für den geplanten „Hortus Palatinus", Rhein-Neckar-Zeitung, 28. Januar 2009
  7. Hortus-Pläne für Stiftung "gescheitert", Mannheimer Morgen, 28. Januar 2009

Weblinks

 Commons: Hortus Palatinus – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
 Commons: Hortus Palatinus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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