Horst Kasner

Horst Kasner

Horst Kasner (* 6. August 1926 in Berlin; † 2. September 2011 in Templin[1]) war ein deutscher evangelischer Theologe und Vater der Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Inhaltsverzeichnis

Biographie

Horst Kasner wurde 1926 als Sohn eines Polizisten in Berlin-Pankow geboren, wo er auch aufwuchs. Über die Art des Wehrdienstes des bei Kriegsende 18-jährigen Horst Kasner und eine eventuelle Kriegsgefangenschaft ist nichts bekannt. Horst Kasner studierte ab 1948 Theologie, zunächst in Heidelberg und anschließend in Hamburg. Er heiratete die zwei Jahre jüngere Latein- und Englischlehrerin Herlind Jentzsch (* 8. Juli 1928 in Danzig). Im Juli 1954 wurde die gemeinsame Tochter Angela – die spätere Bundeskanzlerin Angela Merkel – geboren.

Übersiedlung in die DDR

Noch 1954, einige Wochen nach der Geburt der Tochter, übersiedelte die Familie Kasner von Hamburg in die DDR. Die damaligen Wanderungsbewegungen über die noch nicht vollständig abgeriegelte innerdeutsche Grenze liefen in die umgekehrte Richtung: Allein in den ersten fünf Monaten des Jahres 1954 hatten 180.000 Menschen die DDR verlassen, zwischen 1949 und dem Mauerbau 1961 rund 2,5 Millionen. Als Gründe für den Umzug Horst Kasners werden Wünsche des Hamburger Bischofs Hans-Otto Wölber vor dem Hintergrund des damaligen Pfarrermangels innerhalb der DDR genannt, dem die westdeutschen Landeskirchen entgegenwirken wollten.[2] Für die Evangelische Kirche in Berlin-Brandenburg trat Kasner in der DDR eine Pfarrerstelle im Dorf Quitzow bei Perleberg an, die Familie wohnte im dortigen Pfarrhaus. Die Situation von Christen und Kirche in der DDR war zum damaligen Zeitpunkt durch Bedrängung seitens der SED geprägt. Dabei zeigten einzelne Pfarrer unterschiedlich starke Bereitschaft, mit der Staatsführung zusammenzuarbeiten und beim „Aufbau des Sozialismus“ mitzuwirken.

Pastoralkolleg Templin

Drei Jahre später, 1957, wechselte Horst Kasner in die Kleinstadt Templin in Brandenburg. Dort übernahm er auf Wunsch des damaligen Generalsuperintendenten Albrecht Schönherr den Aufbau eines Seminars für kirchliche Dienste, später Pastoralkolleg, eine kirchliche Weiterbildungsstelle. „Aufgrund seiner guten Voraussetzungen für das Amt und seiner Fähigkeit auch pädagogisch zu wirken“ sei Kasner nach Templin berufen worden, sagte Schönherr in einem Gespräch aus dem Jahr 2004. Der Standort der Weiterbildungsstelle war der Waldhof, ein kirchlicher Gebäudekomplex außerhalb des unmittelbaren Stadtgebietes von Templin, auf dessen Gelände ab 1958 auch geistig Behinderte untergebracht waren.

Am 7. Juli 1957 wurde der Sohn Marcus und am 19. August 1964 die zweite Tochter Irene geboren.

Horst Kasner galt als ein Kirchenmann, der nicht in Opposition zur Staatsführung und zur Kirchenpolitik der SED stand. Er war – ebenso wie Albrecht Schönherr und Hanfried Müller – Mitarbeiter im Weißenseer Arbeitskreis, der Gegenpositionen zum Bischof in Berlin-Brandenburg, Otto Dibelius, vertrat. Aus Sicht der Staatsführung galt Kasner als einer der „progressiven“ Kräfte. Sein Spitzname zu DDR-Zeiten, der auch in der Presse immer wieder zitiert wird, war dementsprechend der „rote Kasner“. Er befand sich als langjähriger Leiter des Pastoralkollegs in einer Schlüsselstellung innerhalb der Evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg: Theologen mussten im Rahmen ihrer Weiterbildung oder während ihrer Ausbildungszeit als Vikare vor dem zweiten theologischen Examen nach Templin. In diesem Zusammenhang ist kein Druck auf Pfarrer bekannt, die – anders als Kasner – als systemkritisch galten. Richard Schröder schreibt 2004:

„Für mich gehörte Herr Kasner immer zu den vertrauenswürdigen Personen. Und jedenfalls war er kein Konformist. Das Pastoralkolleg Templin war für uns immer auch ein Fenster nach Westen, durch westliche Referenten und westliche Literatur. Die theologischen Referenten waren nicht nach Linie handverlesen.“[3]

Horst Kasner nahm an Auslandsreisen der Nationalen Front teil und verfügte neben dem Privileg von Westreisemöglichkeiten über zwei PKW: einen Dienstwagen und ein Privatfahrzeug, das über Genex beschafft worden war. Andererseits jedoch blieb seiner Frau Herlind Kasner die Tätigkeit im DDR-Schuldienst verwehrt. Ein Anwerbeversuch der Staatssicherheit gilt als gescheitert. Die Aufnahme eines Hochschulstudiums der Kinder wurde – anders als bei einigen anderen Pfarrersfamilien – nicht behindert.

Der Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland stand Kasner spätestens seit den 1960er Jahren kritisch gegenüber, er unterstützte die Wiedervereinigung nicht.

Ständige Gesprächspartner Kasners in Sachen SED-Kirchenpolitik waren Wolfgang Schnur und Clemens de Maizière, der Vater des späteren DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière. Schnur, der spätere Vorsitzende der Partei Demokratischer Aufbruch, war Mitglied der Synode der Evangelischen Kirche in Mecklenburg, zeitweise Vizepräsident der Synode der Evangelischen Kirche der Union (EKU) und Synodale des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR. Clemens de Maizière war ebenfalls als Rechtsanwalt in der DDR tätig. Er war daneben Synodaler der Berlin-Brandenburgischen Kirche und führendes Mitglied der CDU der DDR. Der Verhandlungspartner von Clemens de Maizière, Wolfgang Schnur und Horst Kasner in der DDR-Regierung war von 1979 bis 1988 der damalige Staatssekretär für Kirchenfragen Klaus Gysi.

Nach der Wende (DDR) brachten ihm, der sich dann zeitweilig gegen die militärische Weiternutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock („Bombodrom“) engagierte,[4] die Beziehungen zu Lothar de Maizière Kritik ein, da dieser für die Stasi tätig gewesen sein soll.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Merkels Vater gestorben – Termine abgesagt; dpa-Meldung auf newsecho.de, 3. September 2011, abgerufen am 3. September 2011
  2. Lit.: Langguth
  3. zitiert nach Lit. Langguth
  4. Martin Klesmann, Jürgen Schwenkenbecher: Keine Ruhe in Rheinsberg; Berliner Zeitung, 7. Juni 2006

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