Holstein-Gottorp

Holstein-Gottorp
Schloss Gottorf, der namensgebende Stammsitz des Hauses Schleswig-Holstein-Gottorf

Das herzogliche Haus Schleswig-Holstein-Gottorf (auch Holstein-Gottorp) war eine Nebenlinie des Hauses Oldenburg. Sie wurde benannt nach dem Stammsitz der Familie, Schloss Gottorf bei Schleswig. Die Gottorfer Herzöge regierten von 1544 bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts das gleichnamige, territorial verstreute Teilherzogtum in Schleswig und Holstein, von 1713 bis 1773 nur noch in Holstein. Aus dem Haus Gottorf gingen im 18. Jahrhundert unter anderem vier schwedische Könige und mehrere russische Zaren hervor.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtlicher Überblick

Schleswig und Holstein um 1650. Die Karte zeigt die zersplitterten Herzogtümer, der Gottorfer Anteil ist gelb gekennzeichnet

Das herzogliche Haus entstand 1544, als König Christian III. von Dänemark seine jüngeren Halbbrüder entschädigte: Adolf residierte auf Schloss Gottorf und begründete die Linie der Herzöge von Schleswig-Holstein-Gottorf. Johann residierte als Herzog in Hadersleben und begründete die Linie Schleswig-Holstein-Hadersleben. Als er 1580 kinderlos starb, wurde sein Anteil den beiden anderen Teilen wieder zugeschlagen. Die Herzogtümer Schleswig und Holstein waren zu jener Zeit ein Flickenteppich von kleineren Verwaltungseinheiten; den sogenannten Ämtern in Holstein, den Harden in Schleswig und den Güterdistrikten, die allesamt zum Teil unter gottorfscher (herzoglicher), zum Teil unter dänischer (königlicher) Hoheit standen. Die Aufteilung der einzelnen Verwaltungsgebiete in Schleswig und Holstein geschah zum einen nach der Höhe der Steuereinkünfte, zum anderen beabsichtigt in zersiedelten Territorien, damit keine Seite einen dominanten Herrschaftsbereich herausbilden konnte. Das bedeutete aber auch eine erschwerte Verwaltung und - im Falle eines Krieges - nicht zu verteidigende Grenzen. Zum Gottorfer Territorium gehörten neben den Ländereien um den Stammsitz Gottorf unter anderem Teile Nordfrieslands, die Halbinsel Eiderstedt, das nördliche Dithmarschen, Fehmarn, die Ämter Kiel, Neumünster, Bordesholm, Reinbek, Trittau und Cismar oder das heute zu Dänemark gehörende Tondern.

Das kleine Herzogtum Schleswig-Holstein-Gottorf entwickelte sich auf politischen und kulturellem Gebiet zu einem bedeutenden Machtfaktor in Nordeuropa. Bereits unter Herzog Adolf wurden zahlreiche Residenzbauten wie die Schlösser von Gottorf und Kiel erweitert oder, wie die Schlösser von Husum, Reinbek, Tönning und Trittau, neu errichtet. Ab 1586 stellten Mitglieder des Hauses Schleswig-Holstein-Gottorf auch die Fürstbischöfe von Lübeck und zwischen 1585 und 1634 auch die evangelischen Administratoren des Bistums Bremen. 1620 wurde mit Friedrichstadt der - erfolglose - Versuch unternommen, eine neue Stadt als Mittelpunkt einer von Spanien bis nach Russland reichenden Handelslinie zu gründen, 1665 wurde die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel gestiftet. Der Gottorfer Riesenglobus gehörte zu den größten technischen Wundern seiner Zeit und die exotischen Pflanzensammlungen in den Gärten des Residenzschlosses wurden im Gottorfer Codex katalogisiert.

Der jeweilige Lehnsherr der Gottorfer Herzöge war - für die Gebiete in Holstein - der deutsche Kaiser in Wien, für die Gebiete in Schleswig der jeweilige dänische König. Während die deutschen Kaiser kaum Interesse an dem kleinen norddeutschen Herzogtum hatten und es demzufolge nie Konflikte gab, war das Verhältnis zu Dänemark schon im 16. Jahrhundert angespannt. Obwohl ursprünglich aus einer dänischen Nebenlinie entstanden, wandten sich die Gottorfer Herzöge mit zunehmender Zeit vom Dänischen Reich ab und stattdessen dem schwedischen Königreich zu. Anstatt größere Souveränität zu erlangen, führte dies jedoch zu fortwährenden Konflikten mit Dänemark, die in der wiederholten Besetzung des Herzogtums von 1675 bis 1679 sowie von 1684 bis 1689 gipfelten. Die sogenannte Gottorfer Frage wurde zu einem nordeuropäischen Politikum.

Im Großen Nordischen Krieg verhielt sich Gottorf zwar offiziell neutral, unterstützte jedoch insgeheim das Königreich Schweden, indem es seine Festung Tönning zur Verfügung stellte. Nachdem Schweden im Laufe der Kriegsjahre Dänemark unterlag, wurden die schleswigschen Besitztümer des Herzogtums 1713 von der dänischen Krone besetzt. Im Frieden von Frederiksborg wurde die Annexion 1720 als rechtmäßig bestätigt. Die herzogliche Familie regierte von da als Holstein-Gottorf nur noch über die in Holstein liegenden Anteile des Herzogtums und verlagerte die Residenz ins Kieler Schloss. Faktisch zu einem Duodezstaat degradiert, versuchten die Gottorfer Herzöge im folgenden, ihre Souveränität wieder zu erlangen, was ohne den nun geschwächten früheren Bündnispartner Schweden jedoch nicht gelang. Durch familiäre Verbindungen schafften die Gottorfer jedoch eine Annäherung an Russland, das nach dem Krieg als neue europäische Großmacht auftrat. Durch das dortige ausbleiben eines männlichen Erben gelangte der Gottorfer Karl Peter Ulrich auf den russischen Thron und das Restherzogtum wurde nun in Personalunion verwaltet, in Holstein begann damit die sogenannte großfürstliche Zeit. Karl Peter Ulrich - der in Russland als Peter III. zählte - wurde kurz nach seinem Regierungsantritt gestürzt und ermordet, die Herrschaft übernahm seine Frau Katharina II. Unter ihr wurde 1773 mit Dänemark der Vertrag von Zarskoje Selo abgeschlossen, womit die Herrschaft der Gottorfer in Holstein endete und der sogenannte Dänische Gesamtstaat begründet wurde.

Wappen der Herzöge zu Schleswig-Holstein-Gottorf

Herzöge in den gottorfschen Anteilen in Schleswig und Holstein

Herzöge in den gottorfschen Anteilen in Holstein

  • 1702-1739 Karl Friedrich (* 1700, † 1739), Sohn von Friedrich IV; minderjährig.
  • 1739-1762 Karl Peter Ulrich (* 1728, † 1762), Sohn von Karl Friedrich, wurde als Peter III. 1762 zum russischen Zaren gekrönt und begründete die Linie Romanow-Holstein-Gottorp.
  • 1762-1773 Paul (* 1754, † 1801), Sohn von Karl Peter Ulrich, Zar von Russland 1796-1801

Siehe auch

Literatur

  • Kai Fuhrmann: Die Auseinandersetzung zwischen königlicher und gottorfischer Linie in den Herzogtümern Schleswig und Holstein in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. in: Kieler Werkstücke, Reihe A – Beiträge zur schleswig-holsteinischen und skandinavischen Geschichte, Band 1. Frankfurt a.M. 1990
  • Dieter Lohmeier, Kleiner Staat ganz groß – Schleswig-Holstein-Gottorf. Boyens & Co, Heide 1997, ISBN 3-8042-0793-6
  • Robert Bohn: Geschichte Schleswig-Holsteins. Verlag C.H. Beck, München 2006, ISBN 978-3-406-50891-2

Weblinks


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