Holstein

Holstein
Karte der Kimbrischen Halbinsel. Die Grenzen Holsteins entsprechen dem heutigen Verständnis, müssen aber historisch differenzierter betrachtet werden.

Holstein (dän. und niederdt.: Holsten, lat.: Holsatia) ist der südliche Landesteil des deutschen Bundeslandes Schleswig-Holstein und wurde nach einem der drei hier ursprünglich ansässigen Sachsenstämme, den Holsten (eigtl. Holtsaten = „Waldbewohner“; vgl. Altsächs. holt „Gehölz, Wald“ und sāt „Sasse, Bewohner“), benannt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Als Karl der Große die Sachsen unterwarf, fügte er auch deren nordelbisches Gebiet seinem Reich hinzu: Holstein gehörte von 811 bis 1806 zum Fränkischen Reich bzw. Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und war nach 1815 ein Mitglied des Deutschen Bundes. Es war bis 1474 Grafschaft und anschließend bis 1864 Herzogtum Holstein. Das heute Ostholstein genannte Gebiet östlich der Schwentine war im Frühmittelalter von Slawen besiedelt (Wagrien) und wurde erst im Hochmittelalter durch die Grafen von Holstein unterworfen, ausführlich beschrieben in der Slawenchronik des Helmold von Bosau.

Vier Jahrhunderte lang, von 1460 (Vertrag von Ripen) bis 1864 (Deutsch-Dänischer Krieg), waren Holstein und das nördlich angrenzende Herzogtum Schleswig in Personalunion mit dem Königreich Dänemark verbunden, dabei ab 1773 als Teile des Dänischen Gesamtstaates, der auch Norwegen und Island umfasste. Im Gegensatz zu Schleswig blieb Holstein aber bis 1806 staatsrechtlich stets Teil des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und bildete dessen nördlichstes Territorium, auch wenn es zumeist vom dänischen König in seiner Funktion als Herzog regiert wurde. Die Nordgrenze des Herzogtums war also zugleich die Reichsgrenze, nur knapp hundert Jahre lang, von 934 bis 1025, gehörte auch das Gebiet bis zur Schlei als Mark Schleswig zum sächsischen Herrschaftsgebiet und bildete die nördliche Grenzmark des Heiligen Römischen Reiches. Als Ergebnis des Krieges zwischen Dänemark und Preußen/Österreich verlor Holstein 1864 seine politische Eigenständigkeit (preußische Provinz Schleswig-Holstein[-Lauenburg] bis 1946). Seit 1946 bildet es gemeinsam mit dem Landesteil Schleswig wieder ein staatliches Gemeinwesen, das Bundesland Schleswig-Holstein.

Bis 1864 war Glückstadt an der Elbe der Sitz der obersten Behörden für Holstein. Größte Stadt war seit dem 18. Jahrhundert Altona, bevor es als Folge des Groß-Hamburg-Gesetzes 1937 nach Hamburg eingemeindet wurde. In der Preußenzeit wurde Kiel als Marinestützpunkt und Industriestandort zur zweiten Großstadt; die Provinzialregierung für Holstein und Schleswig hatte ihren Sitz allerdings von 1879 bis 1917 in Schleswig, das außerhalb Holsteins liegt.

Die wohl erste schriftliche Erwähnung der namengebenden Holsteiner findet sich bei Adam von Bremen anno 1076:

Transalbianorum Saxonum populi sunt tres. Primi ad occeanum sunt Tedmarsgoi, et eorum ecclesia mater in Melindorp. Secundi Holcetae, dicti a silvis, quas accolunt; eos Sturia flumen interluit, ecclesia Scanafeld. Tercii et nobiliores Sturmarii dicuntur, eo quod seditionibus ea gens frequens agitur. Inter quos metropolis Hammaburg caput extollit, olim viris et armis potens, agro et frugibus felix;

übersetzt:

„Es gibt drei nordelbische Sachsenstämme: erstens die Dithmarschener; sie wohnen am Meere, und ihre Mutterkirche steht in Meldorf. Zweitens die Holsten: sie heißen nach den Holzungen, in deren Nähe sie sitzen; durch ihren Gau fließen die Stör; ihre Kirche ist Schenefeld. Der dritte und edelste Stamm heißt Stormarn, weil dieser Gau häufig von Stürmen der Unruhe ergriffen wird. In seiner Mitte erhebt die Mutterkirche Hammaburg ihr Haupt, die früher reich war an Männern und Waffen, ergiebig an Land und Früchten.“[1]

Das ursprüngliche Holstein umfasste also ungefähr die heutigen Kreise Segeberg, Steinburg, Pinneberg, Neumünster, Kiel, Rendsburg-Eckernförde südlich der Eider, südliches Plön und Stormarn. Dithmarschen zählt man zwar prinzipiell ebenfalls zu Holstein, doch konnte sich diese Landschaft das gesamte Mittelalter hindurch eine weitgehende Unabhängigkeit bewahren, bevor es im 16. Jahrhundert auch faktisch Teil des Herzogtums Holstein wurde.

Die Grenze zwischen Holstein und dem heutigen Landesteil Schleswig bildeten schon seit der Zeit Karls des Großen die Eider (lateinisch: Egdor fluvius) und die Levensau (nördlich von Kiel). Das östliche Moor- und Waldland zwischen Eider bzw. Schlei und der Elbe bildete gegenüber den slawischen Gebieten eine naturräumliche Grenze mit dem Namen Limes Saxoniae.

Neben den erwähnten Gauen Dithmarschen und Holstein existierte drittens zunächst der Gau Stormarn, das heutige Südholstein (größer als der heutige gleichnamige Kreis). Während Dithmarschen erst zeitweilig dem Grafen von Stade unterstellt war und sich dann zu einer faktisch autonomen Bauernrepublik entwickelte, verschmolzen die Gaue Holstein und Stormarn zur Grafschaft Holstein. Die Ernennung von Adolf von Schauenburg zum Grafen von Holstein und Stormarn erfolgte 1111 durch den sächsischen Herzog Lothar von Supplinburg. Nach der Eroberung der slawischen Gebiete (Wagrien) östlich des Limes Saxoniae (Ostholstein) konnten die Grafen von Holstein auch in den westlichen Landesteilen ihre Macht gegenüber dem niederen Adel stark ausbauen. Nur in Dithmarschen hielten sich bis 1559 hinein die freien Bauern.

In die Regierungszeit Graf Adolfs III. von Schauenburg und Holstein fällt der Versuch der Expansion Dänemarks unter König Knut VI. und seinem Nachfolger König Waldemar II.. Diese war, nachdem Adolf III. 1201 die Schlacht bei Stellau verloren hatte und später in Hamburg gefangen genommen worden war, für einige Jahre erfolgreich. Aufgrund der Niederlage verzichtete Graf Adolf III. im Jahr 1203 zunächst auf die Grafschaft Holstein und zog sich in die Grafschaft Schauenburg zurück, um seine Befreiung aus der Gefangenschaft zu erlangen[2]. Erst seinem Sohn Graf Adolf IV. gelang die Rückeroberung Holsteins. Denn der Versuch König Waldemars II., Holstein und weitere Territorien fest in sein Reich zu integrieren, scheiterte 1227 in der Schlacht von Bornhöved am Widerstand einer Koalition norddeutscher Fürsten unter Führung des Bremer Erzbischofs und Adolfs IV.

Die Grafen von Holstein festigten nach diesem Sieg ihre Herrschaft nicht nur in Holstein, sondern gewannen bald auch im benachbarten Herzogtum Schleswig an Einfluss, zeitweilig auch in Dänemark selbst. So verstärkte sich die Verbindung zwischen Holstein und Schleswig; vor allem der holsteinische Adel hatte bald große Besitztümer nördlich der Eider, und die Schauenburger stellten schließlich auch den Herzog von Schleswig.

Ab 1261 wurde die Grafschaft Holstein durch die Grafen von Schauenburg und Holstein in verschiedene Grafschaften unterteilt.

Um nach dem Aussterben der Schauenburger Grafen 1459 eine erneute Auseinanderentwicklung der Herzogtümer zu vermeiden, wählten die Stände (Adel, Städte und einige kirchliche Einrichtungen) beider Herzogtümer 1460 den dänischen König Christian I. von Dänemark zum Herzog von Schleswig und Grafen von Holstein.

Die Grafschaft Holstein blieb Teil des Heiligen Römischen Reiches und wurde am 14. Februar 1474 durch den habsburgischen Kaiser Friedrich III. in Rothenburg ob der Tauber zum Herzogtum Holstein (reichsunmittelbares Lehen) erhoben. Der dänische König Christian I. wurde dadurch als Herzog von Holstein zum Lehnsmann des Kaisers des „Heiligen Römischen Reiches (deutscher Nation)“.

In dieser Eigenschaft wurde sein späterer Nachfolger auf dem Thron, König Christian IV., als Herzog von Holstein in den Dreißigjährigen Krieg verwickelt, der ab 1627 auch in Holstein zu erheblichen Verwüstungen führte. Die alte Eidergrenze behielt fortan in einigen Fällen formale Bedeutung (so erfolgte 1665 die Einrichtung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel aufgrund eines kaiserlichen Privilegs), während Holstein zugleich wirtschaftlich, politisch und sozial (insbesondere in der adligen Oberschicht) in den dänischen „Gesamtstaat“ integriert wurde und im 18. Jahrhundert an dessen umfangreichen Reformen (Agrarreform, Bauernbefreiung, Volksbildung) Teil hatte.

In den Jahren 1544 und 1564 kam es zu Landesteilungen im Hause Dänemark (aus dem Geschlecht der Oldenburger (i. Oldenburg)), die zu einem Nebeneinander von „königlichen“ und „herzoglichen“ Gebieten in Holstein (wie auch im Herzogtum Schleswig) führen sollte.

Die Hexenverfolgungen im Herzogtum Holstein erstreckten sich von 1530 bis 1735. Im Bereich von Holstein, Lauenburg und Lübeck gab es Hexenprozesse gegen insgesamt 490 Personen. Viele Verfolgungen gab es von 1600 bis 1640 und 1660 bis 1670.

Zusammen mit Schleswig war Holstein nach 1815 Grund für wachsende Konflikte zwischen Dänemark und nationalromantischen Kreisen in Mittel- und Süddeutschland. Ab den 1830er Jahren entstand neben einer liberalen auch eine deutschnationale Opposition gegen die monarchische Herrschaft im dänischen Gesamtstaat, die im März 1848 in einem Aufstand in Kiel und der Einsetzung einer provisorischen schleswig-holsteinischen Regierung gipfelte, in der aristokratische und liberale Elemente vertreten waren. Die Situation verschärfte sich dadurch, dass zeitgleich in Kopenhagen die dänisch-nationale Richtung zur Regierung gelangt war. Der anschließende (Bürger-)Krieg dauerte bis Anfang 1851 und kostete mehrere Tausend Tote (die meisten in der entscheidenden Schlacht bei Idstedt, 25. Juli 1850). Nach der Niederlage der Schleswig-Holsteiner und der Wiederherstellung der dänischen Administration kam es zu einer ersten großen Auswanderungswelle, zumeist nach Übersee.

Ende 1863 kam es aufgrund der unklaren Nachfolge des kinderlos verstorbenen Königs bzw. Herzogs Frederik VII. und durch die dänische Novemberverfassung, die erneut Holstein formal in den Gesamtstaat zu integrieren versuchte, zu einer erneuten Verschärfung der Lage, die der Deutsche Bund zum Anlass nahm, militärisch zu intervenieren. Unter preußisch-österreichischer Führung wurden die Herzogtümer und Jütland im Deutsch-Dänischen Krieg besetzt (wochenlange Kämpfe um die Düppeler Schanzen, April 1864) und Dänemark zur Abtretung Schleswigs und Holsteins genötigt. Das kurze preußisch-österreichische Kondominium beendete die Gasteiner Konvention 1865, bevor nach dem Deutschen Krieg 1866 Holstein und Schleswig 1867 von Preußen annektiert wurden; Lauenburg wurde von 1865 bis 1876 von Preußen in Personalunion regiert.

In den folgenden Jahrzehnten kam es zu größeren Migrationsbewegungen (Auswanderung nach Übersee besonders von der Westküste, erheblich Zuzug aus Deutschland in die Industriestädte Kiel und Altona) und am Anfang des 20. Jahrhunderts zu mehreren schweren Agrarkrisen. Diese lösten in den 1920er Jahren unter der bäuerlichen Bevölkerung teilweise anarchische Aufruhrbewegungen aus und waren für die frühen Erfolge der Nationalsozialisten mitverantwortlich. Der Zweite Weltkrieg endete besonders für Kiel mit sehr schweren Bombenzerstörungen. Unter britischer Besatzung wurde Schleswig-Holstein 1946 nach der Zerschlagung Preußens wieder staatlich eigenständig und 1949 ein Land der Bundesrepublik Deutschland.

Ab Anfang 1945 erreichten mehrere Millionen Flüchtlinge vorwiegend aus Pommern und Ostpreußen auf dem See- oder Landweg Schleswig-Holstein. Die Bevölkerungszahl des Landes verdoppelte sich bis Ende des Jahrzehnts bei unterschiedlicher Verteilung (1939–1950: Kreis Stormarn +54 %, Kreis Herzogtum Lauenburg +51 %, Kiel -7 %), sank allerdings in den 1950er Jahren aufgrund von Umsiedlungen innerhalb des Bundesgebietes wieder leicht. Um 1960 bestand rund 40% der Bevölkerung aus Flüchtlingen und Vertriebenen bzw. ihren minderjährigen Kindern. Die Integration führte zu zahlreichen Spannungen und problematischen Lebensabläufen und prägte auch die politische Landschaft bis in die 1980er Jahre, hat sich aber nicht in größerem Umfang virulent entladen; insbesondere sind keine größeren gewaltsamen Auseinandersetzungen bekannt geworden.

Seit den 1970er Jahren ist das wohlhabende Hamburger Umland durch eine verstärkte Einwanderung aus Hamburg, aber auch anderen Ländern Deutschlands geprägt.

Wappen

Wappen von Holstein; ähnlich dem Wappen von Schaumburg

Das silberne Nesselblatt auf rotem Grund ist das Wappen der Schauenburger, die 1111 mit Holstein belehnt wurden. Verschiedene Städte Holsteins haben dies Wappen übernommen, indem sie zur Unterscheidung ein weiteres Zeichen hinzufügten, zum Beispiel die Landeshauptstadt Kiel das schwarze Boot.

Über die Entstehung des holsteinischen Wappens und über seinen Sinn ist viel geschrieben worden. Die Meinungen sind sehr geteilt. Nach der einen Ansicht ist die silberne Figur ein Nesselblatt, nach einer anderen, ein Blatt des Hülsenbusches (Ilex). Die Schauenburger sollen nach einer 3. Ansicht ein Nesselblatt in ihr Wappen aufgenommen haben, weil ihr Stammschloss an der Weser auf dem Nettelnberg lag. Dagegen spricht aber die Tatsache, dass die Schauenburger ursprünglich einen Löwen im Wappen führten und erst später, als sie Landesherren von Holstein waren, das „Nesselblatt“ als Wappenfigur annahmen. Das Nesselblatt ist erst 1239 nachgewiesen.

Das Nesselblatt wurde in Holstein zuerst von Adolf IV., der 1227 die Dänen bei Bornhöved besiegte, neben dem Löwenwappen, später von seinen Söhnen als alleiniges Wappen geführt.

Geografie

Holstein und Umgebung

Die historische Landschaft Holstein wird im Süden durch den Unterlauf der Elbe zwischen dem Stadtgebiet Hamburgs (das historisch zu Holstein-Stormarn zählt) und Brunsbüttel begrenzt. Von hier nach Norden folgt die Grenze zur Dithmarschen (frühere Bauernrepublik) und zum Landesteil Schleswig dem heutigen Nord-Ostsee-Kanal und der (teilweise mit dem Kanal zusammenfallenden) Eider sowie der Levensau. Die Städte Rendsburg und Kiel liegen direkt an der Eider-/Levensau-Linie, zählen mit ihren historischen Stadtteilen aber noch zu Holstein. Von Kiel bis Lübeck reicht Holstein an die Ostsee, jedoch gehört die Insel Fehmarn, durch einen 2 km breiten Sund vom ostholsteinischen Festland getrennt, historisch zu Schleswig. Das Herzogtum Lauenburg zählt ebenfalls nicht zur Landschaft Holstein, deren Südostgrenze, der heutigen Kreisgrenze Stormarn-Lauenburg entsprechend, in unregelmäßiger Linie von Lübeck zur Mündung des Grenzflusses Bille in die Elbe nahe der Hamburger Innenstadt verläuft.

Die Großlandschaften Holsteins sind: die Geest (< niederdeutsch güst „unfruchtbar“), ein teilweise sandiges, leicht gewelltes Gebiet mit typischen Geländehöhen zwischen 20 und 50 m über dem Meer; an sie nordöstlich einer unregelmäßigen Linie etwa zwischen Rendsburg und NO-Hamburg anschließend das östliche Hügelland, ein von der (letzten) Weichsel-Eiszeit geformtes, sehr fruchtbares Moränenland mit welliger Bodengestalt, das im Massiv des Bungsbergs in Ostholstein 168 m über dem Meer erreicht; entlang der Elbe die Elbmarschen, auf Sedimentgrundlage durch Kultivierung seit dem 12. Jahrhundert gewonnenes und extrem fruchtbares Kulturland.

Der Landesteil Holstein (ein Begriff des gegenwärtigen politischen Lebens) bezeichnet das gesamte Bundesland Schleswig-Holstein außer dem Landesteil (= dem Südteil des alten Herzogtums) Schleswig. Er umfasst also außer der historischen Landschaft Holstein auch Dithmarschen, Lübeck (das erst 1937 politisch an Schleswig-Holstein kam), das Herzogtum Lauenburg, nicht aber die Freie und Hansestadt Hamburg. Der Landesteil Holstein hat eine Fläche von rund 10.000 km² (zwei Drittel des Bundeslandes) und etwas über zwei Millionen Einwohner (vier Fünftel der Bevölkerung des Bundeslandes).

Bis ins Spätmittelalter war innerhalb dieses seit etwa 1100 unter derselben Oberherrschaft versammelten Raumes die Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Siedlungsgebieten von Bedeutung: Im Süden Stormarn (entspricht etwa den heutigen Kreisen Stormarn und Pinneberg, Teilen Segebergs und dem nordelbischen Teil Hamburgs) und im Nordwesten das eigentliche Holstein (Eckpunkte ungefähr: Rendsburg-Kiel–BramstedtWilster) als Siedlungsgebiete der oben erwähnten Stormarn und Holsten. Der dritte nordelbische Sachsenstamm, die Dithmarscher, verlor erst 1559 seine faktische Unabhängigkeit. Im Osten eroberten die Grafen von Holstein im 12. Jahrhundert das seit dem frühen Mittelalter slawisch (Wagrier; Polaben) besiedelte Ostholstein, das durch Immigration von sächsischsprachigen Neusiedlern und die Integration in die Grafschaft Holstein ab etwa 1150 zu Ostholstein wurde (der Übergang von slawischer zu sächsischer [niederdeutscher] Sprache war hier im 15. Jahrhundert wohl abgeschlossen). Lange Zeit waren diese Gebiete durch kaum – teilweise bis heute dünn – besiedelte Ödmarkstreifen voneinander getrennt.

Die erste genaue Landesaufnahme Holsteins stammt von Johannes Mejer (1606-1674). Verschiedene seiner Landcarten wurden 1652 – zusammen mit Beschreibungen von Caspar Danckwerth – als dreiteiliger Atlas Neue Landesbeschreibung der zwei Herzogtümer Schleswig und Holstein gedruckt. Sie enthält auch Pläne der größeren Städte.

Ein umfassendes Werk ist die 1803 erschienene Topographie von Holstein in alphabetischer Ordnung von Johann Friedrich August Dörfer (1766-1824). Es wurde in mehreren Auflagen nachgedruckt und 1855 durch die Landeskunde Johannes von Schröder ergänzt. Neuere Landesaufnahmen wurden von Militärtopografen und im 20. Jahrhundert vom Landesvermessungsamt durchgeführt.

Sprachen

In Holstein wird Hochdeutsch sowie – vor allem in ländlichen Gegenden – Niederdeutsch gesprochen. Repräsentativen Umfragen zufolge verstehen über 80 % der Bevölkerung das Niederdeutsche; rund die Hälfte nutzt es zur täglichen mündlichen Kommunikation. Die Flüchtlinge und Vertriebenen nach 1945 wurden in beträchtlichem Umfang sprachlich assimiliert, das heißt erlernten das Holsteinische für alltägliche und berufliche Kommunikation, während dies für die Einwanderer aus anderen Teilen der Bundesrepublik, insbesondere seit den 1970er Jahren, nur sehr bedingt gilt. Im Hamburger Umland wird weithin eine nur wenig regional gefärbte Variante des Standarddeutschen gesprochen.

Im Mai 2007 räumte das Innenministerium den Gemeinden die Möglichkeit ein, zweisprachige Ortsschilder aufzustellen, wie es im friesischen Sprachgebiet (Landesteil Schleswig) bereits seit 1997 üblich ist.

Wirtschaft

Große Teile Holsteins wie die Elbmarschen sind landwirtschaftlich geprägt. Neben der überregional bekannten Apfelsorte Holsteiner Cox ist Holstein mit der Rinderrasse Holstein-Rind sowie der Pferderasse Holsteiner weltweit bekannt.

Größere Industrieansiedlungen finden sich vor allem in den Großstädten Kiel und Lübeck sowie im Hamburger Umland, in geringerem auch in Neumünster. Kiel ist besonders als Schiffbauzentrum von Weltrang (unter anderem U-Boote mit Brennstoffzellenantrieb der HDW) bedeutend. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird die Ausdehnung der Stadtlandschaft Hamburgs planmäßig entlang mehrerer Siedlungsachsen betrieben, von denen drei (Pinneberg–Elmshorn; NorderstedtKaltenkirchen; AhrensburgBargteheide) auf holsteinischem und eine vierte (Geesthacht) auf lauenburgischem Gebiet liegen. An ihnen verdichtet sich die Siedlung und die vorwiegend mittelständische Wirtschaft, während es planerisch gelungen ist, eine Zersiedlung des gesamten Umlands zu verhindern. Insbesondere entlang der ersten beiden Achsen in nordwestlicher bzw. nördlicher Richtung reicht die praktisch ununterbrochene städtische Bebauung inzwischen bis Elmshorn bzw. Kaltenkirchen, also vom Hamburger Zentrum aus 30–40 km nach Holstein hinein.

Medien und Bildung

Größte regionale Tageszeitungen sind die Kieler Nachrichten, die Lübecker Nachrichten, die Regionalzeitungen des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages SHZ und das in Hamburg erscheinende Hamburger Abendblatt. Im Bereich Rundfunk ist vor allem der NDR (Norddeutsche Rundfunk) zu nennen. Zudem gibt es private Rundfunksender wie RSH (Radio Schleswig-Holstein) oder NORA (Nord-Ostsee Radio) und Offene Kanäle in Kiel, Lübeck und in Dithmarschen.

Die bedeutendste Hochschule des Landes ist die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, die im 17. Jahrhundert gegründet wurde. Wichtig ist daneben auch die kleine und spezialisierte (medizinische) Universität zu Lübeck mit Schwerpunkten in Medizin, Informatik und Biotechnologie. In Elmshorn residiert die private Fachhochschule „Nordakademie“.

Weltanschauungen

Über 60 % der Holsteiner sind Mitglied der evangelischen Kirche (Nordelbische Kirche). Daneben gibt es Katholiken (Erzbistum Hamburg), Freikirchler, Juden (Synagoge in Lübeck, neuere Gemeindegründung in Segeberg) und Muslime. Der Anteil der Konfessionslosen in Holstein hat in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich zugenommen.

Literatur

  • Robert Bohn, Geschichte Schleswig-Holsteins, München 2006 (Reihe C.H. Beck Wissen)
  • Steen Bo Frandsen, Holsten i helstaten. Hertugdømmet inden for od uden for det danske monarki i første halvdel af 1800-tallet, Kopenhagen 2008
  • Ulrich Lange (Hrsg.), Geschichte Schleswig-Holsteins, Neumünster ²2003
  • Olaf Klose (Hrsg.), Geschichte Schleswig Holsteins, 8 Bde., 1957ff. (umfassendes Standardwerk).
  • Paul von Hedemann-Heespen, Die Herzogtümer Schleswig-Holstein und die Neuzeit, Walter G. Mühlau, Kiel 1926 (zum Thema „Augustenburg“ : s. S. 712–733; Kap. 95 und 96)
  • Jörg Johannsen-Reichert, geb. Johannsen, Der Erbfolgestreit um die Herzogtümer Schleswig und Holstein im 19. Jahrhundert – Eine Untersuchung zu den Sukzessionsansprüchen der Herzöge von Sonderburg-Augustenburg auf Schleswig und Holstein, Shaker Verlag, Aachen 1999, ISBN 978-3-8265-4724-9; diese Monographie stellt eine erweiterte und überarbeitete Fassung der geschichtswiss. Dissertation (Ruhr-Universität Bochum, 1991) von Jörg Johannsen (M.A.) (Flensburg) dar, die unter dem Titel „Das Erbrecht an den Herzogtümern Schleswig und Holstein“ erschien.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Adam von Bremen, II, 17, S. 247. (Übersetzung nach der Ed. von Werner Trillmich, FSGA 11, 7. gegenüber der 6. um einen Nachtrag erweiterte Auflage, Darmstadt 2002, S. 137–499 (mit einem Nachtrag S. 758–764.)
  2. Holstein (Geschichte). In: Meyers Konversations-Lexikon. 4. Auflage. Band 8, Bibliographisches Institut, Leipzig 1885–1892, ‎ S. 663.

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