Hohlenstein-Stadel

Hohlenstein-Stadel

Das Lonetal liegt zwischen Stuttgart und München im Alb-Donau-Kreis und im Landkreis Heidenheim, Baden-Württemberg. Der namensgebende Bach Lone entspringt in Urspring und mündet nach 30 Kilometern bei Hürben/Giengen an der Brenz in die Hürbe, die der Brenz zufließt. 2006 wurde das Lonetal als eines der 77 bedeutendsten nationalen Geotope in Deutschland ausgezeichnet.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vor 200 Millionen Jahren war das heutige Lonetal von einem tropischen Meer bedeckt, dessen Korallen die heute noch sichtbaren hellen Felsen bildeten. Nach dem Rückzug des Jurameeres bildeten abfließende Wassermassen in der Kreidezeit und im Tertiär die einstige Ur-Lone, die zunächste nahe der Alpen, später auf Höhe des heutigen Lonetals in ein subtropisches Meer mündete, in dem sich Haie, Wale und andere Meerestiere tummelten. Im Tal dieser Ur-Lone konnte sich eine reiche Tierwelt ausbreiten, die die menschliche Besiedlung des Tals vor 30.000 Jahren begünstigte. Bruchstücke eines Löwenmenschen wurden bereits 1939 in der Höhle Hohlenstein-Stadel bei Asselfingen im Lonetal entdeckt, aber erst Jahrzehnte später, nach dem Zusammensetzen der Bruchstücke, wurde die Fundbedeutung klar. Neben dem Löwenmenschen wurden in Höhlen der Schwäbischen Alb (beispielsweise dem Hohlen Fels) weitere Statuen und Objekte aus der Altsteinzeit gefunden, die mit einem Alter von 30.000 bis 40.000 Jahren die bisher ältesten bekannten Kunstwerke des Menschen darstellen.

Höhlen im Lonetal

Im Lonetal gibt es mehrere Höhlen.

Fohlenhaus

Das Fohlenhaus ist eine begehbare Höhle und liegt dicht an der Lone zwischen Langenau, Bernstadt und Neenstetten im Alb-Donau-Kreis. Den Namen hat die Höhle von der Anordnung der zwei Höhlen-Mundlöcher in einem knapp 20 m hohen Felsen, der mit etwas Phantasie ein Fohlen erkennen lässt.

Da das Fohlenhaus ein beliebtes Ausflugsziel ist, führen gut gepflegte Wege zur Höhle. An der Höhle ist eine Schutzhütte mit Grillplatz. Das Waldgebiet um die Höhle ist Bannwald.

Im Fohlenhaus wurden wie auch in anderen Höhlen des Lonetals Belege einer urzeitlichen Besiedelung gefunden.

Bocksteinhöhle

Die Bocksteinhöhle liegt nahe der Kreisstraße K 3022 zwischen Bissingen ob Lontal und Öllingen im Landkreis Heidenheim. Sie ist eine ca. 15 m × 20 m große Halle im Felsen, ca. 50 m über der Talsohle des Lonetals. Die große Öffnung zur Talseite wurde erst im Zuge der Ausgrabungen geschaffen. Zudem sind mehrere kleine Seitennischen in der Halle bzw. in direkter Nachbarschaft vorhanden (Bocksteinschmiede). Bei mehreren Grabungen zwischen 1873 und 1956 wurden neben Werkzeugen aus der Mittel- und Jungsteinzeit auch die Skelette einer Frau und eines Säuglings gefunden. Die Skelette werden auf ca. 6200 v. Chr. datiert, andere Funde auf 50.000 bis 70.000 v. Chr. Damit gilt die Bocksteinhöhle mit als älteste Besiedelung in Süddeutschland.

Über der Höhle befindet sich eine Schutzhütte.

Hohlenstein

Der Hohlenstein liegt am Südhang des Lonetals zwischen Bockstein- und Vogelherdhöhle, und setzt sich aus mehreren, z. T. verschlossenen Höhlen zusammen:

  • Bärenhöhle (ca. 89 m lang), trägt den Namen wegen vieler Bärenknochen, die in der Höhle gefunden wurden.
  • Stadel (ca. 69 m lang)
  • Kleine Scheuer (10 m breites Felsloch)

Am Hohlenstein wurden ab 1861 Grabungen vorgenommen. Viele Funde, vor allem Knochen und Scherben, verweisen auf eine sehr lange Besiedelungsgeschichte der Höhlen. Der Stadel wurde 1591 zugemauert, um zwielichtigen Gestalten keinen Unterschlupf zu bieten. Beim Wiederöffnen dieser Höhle wurde 1937 die Skulptur des Löwenmenschen aus Mammut-Elfenbein gefunden, die nun in der Prähistorischen Sammlung des Ulmer Museums ausgestellt ist.

Die Höhlen sind aus Naturschutzgründen (Fledermäuse) ganzjährig gesperrt.

Vogelherdhöhle

Die an der Landstraße L 1168 zwischen Bissingen ob Lontal und Niederstotzingen liegende Vogelherdhöhle hat drei Mundlöcher. Die zwei großen, 2,5 bis 3,5 m hohen Mundlöcher sind durch einen ca. 40 m langen gebogenen Durchgang miteinander verbunden und werden Große Vogelherdhöhle genannt. Die Kleine Vogelherdhöhle ist am Eingang sehr eng und ca. 40 m lang. Der Durchgang zwischen kleiner und großer Höhle ist verschüttet.

Eingang der Vogelherdhöhle

1931 wurden beim Ausheben eines Dachsbaus steinzeitliche Werkzeuge entdeckt, wobei die Höhle gefunden wurde. Ausgrabungen durch Gustav Riek in einer nur drei Monate dauernden Ausgrabung desselben Jahres belegen eine Besiedelung der Höhle bis in die Bronzezeit. Bekannt ist die Höhle aufgrund der darin gefundenen elf Figuren aus Mammut-Elfenbein, die sogenannten "Vogelherd-Figuren". Darunter befindet sich das berühmte, ca. 32.000 Jahre alte Wildpferd, das jedoch entlang der Längsachse gebrochen ist und daher nur noch als Halbrelief vorliegt. Das Stück ist nur 4,8 cm lang und stellt einen Hengst in typischer Imponierhaltung dar.[1] Weitere Figuren stellen verschiedene Tiere der damaligen Fauna dar: Mammut, Ren, Bison, Höhlenbär, Panther und Höhlenlöwe. Die Funde befinden sich im Schloßmuseum Hohentübingen und im Ulmer Museum.

Im Jahre 2006 wurde ein Teil des alten Grabungsabraums unter der Leitung von Nicholas Conard erstmals erneut durchsucht. Dabei wurden u. a. die bisher ältesten Elfenbeinplastiken der Welt gefunden, deren Alter auf ca. 28.000 bis 36.000 Jahre geschätzt wird. Davon gilt eine 3,7 Zentimeter große und 7,5 Gramm leichte Mammutfigur als der bisher älteste unversehrte Kunstgegenstand der Menschheit. Im Gegensatz zu den meisten der anderen Figuren trägt sie verhältnismäßig wenige Verzierungen. Die Sohlen sind mit einem feinen Kreuzmuster markiert, der Kopf trägt sechs Einschnitte. [2] Seit 2007 wird weiterer Grabungsabraum in der Hoffnung auf weitere spektakuläre Funde durchsucht, diese Arbeiten dürften noch bis 2009 andauern.

Der Nutzung im Jungpaläolithikum ging eine Begehung im Mittelpaläolithikum voraus.

Bei archäologischen Ausgrabungen in der Höhle wurde folgende Schichtenfolge (Stratigraphie) festgestellt:

Auf dem Hügel über der Höhle ist ein Grill- und Rastplatz angelegt.

Nahe der Mündung der Lone in die Hürbe befindet sich die Charlottenhöhle.

Umwelt

Im unteren Lonetal lassen sich Indizien des möglichen Klimawandels erkennen. Führte die Lone z. B. bis vor ca. 15 Jahren noch regelmäßig Wasser, ist sie heute meist trocken. Der Grundwasserspiegel an der Messstelle zwischen Bissingen und Öllingen an der Kreisstraße K 7307 weist zeitweilig eine Tiefe von 12 m auf.

Siehe auch

Ur- und Frühgeschichte zwischen Alpen und Maingebiet

Literatur

  • Hansjürgen Müller-Beck (Hrsg.): Eiszeitkunst im süddeutsch-schweizerischen Jura. Anfänge der Kunst. Theiss, Stuttgart 2001, ISBN 3-8062-1674-6
  • Joachim Hahn; Hansjürgen Müller-Beck; Wolfgang Taute: Eiszeithöhlen Eiszeithöhlen im Lonetal. Archäologie einer Landschaft auf der Schwäbischen Alb. Theiss, Stuttgart 1985, ISBN 3-8062-0222-2
  • Gustav Riek: Die Eiszeitjägerstation am Vogelherd im Lonetal, Bd. I: Die Kulturen. Leipzig 1934
  • Gustav Riek: Die Mammutjäger im Lonetal. Neuauflage. Gerhard Hess Verlag, Ulm 2000, ISBN 3-87336-248-1
  • Jürgen Werner: Die Eiszeitjäger auf der Schwäbischen Alb. Hess, Bad Schussenried 2008, ISBN 978-3-87336-359-5

Quellen

  1. Joachim Hahn (1986), Kraft und Aggression. Die Botschaft der Eiszeitkunst im Aurignacien Süddeutschlands? Archaeologica Venatoria 7 (Tübingen)
  2. Spiegel-Online, 20. Juni 2007

Weblinks


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