Hohenlohisch

Hohenlohisch

Als Hohenlohisch wird die fränkische Mundart im nordöstlichen Baden-Württemberg bezeichnet. Hohenlohisch ist Teil der Ostfränkischen Dialektgruppe. Die Landesgrenze zu Bayern ist hierbei keine Dialektgrenze, vielmehr wird im bayerischen Grenzgebiet mit eng verwandtem Einschlag gesprochen. Zum hohenlohischen Sprachgebiet werden üblicherweise der Landkreis Schwäbisch Hall, der Hohenlohekreis und das Gebiet des ehemaligen Landkreises Mergentheim (heute im Main-Tauber-Kreis aufgegangen) gerechnet. In jüngster Zeit wird der Raum Bad Mergentheim auch dem tauberfränkischen Dialektgebiet zugeordnet, wohl aufgrund der Zugehörigkeit zum Main-Tauber-Kreis. Gravierende Unterschiede gibt es zwischen diesen Dialekträumen jedoch nicht.

Hohenlohisch

Gesprochen in

Baden-Württemberg
Linguistische
Klassifikation

Inhaltsverzeichnis

Charakteristik

Der Begriff hohenlohisch leitet sich vom Adelsgeschlecht der Hohenlohe ab, die in mehreren kleineren Fürstentümern in der nach diesem Geschlecht bezeichneten Landschaft Hohenlohe geherrscht haben. Hohenlohe kam zu Beginn des 19. Jahrhunderts überwiegend zu Württemberg, zu einem kleineren Teil zu Bayern (Schillingsfürst). Erst im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich der Begriff hohenlohisch auch zur Mundartbezeichnung entwickelt.

Innerhalb dieses Dialektgebietes gibt es deutliche Unterschiede, nicht nur in der Aussprache besonders von Vokalen und des s-Lautes ([s] oder [ʃ]), sondern oftmals auch im benutzten Vokabular. So ist die Mundart im Altkreis Crailsheim der im bayerisch-mittelfränkischen Raum Ansbach gesprochenen Mundart näher, Folge wohl auch der früheren politischen Zugehörigkeit. Noch um 1900 nämlich nannten und fühlten sich die Crailsheimer nicht als Hohenloher, sondern als Ansbacher, weil ihr Gebiet bis 1810 über Jahrhunderte zum hohenzollerischen Fürstentum Ansbach gehörte. Auch zwischen Kocher- und Jagsttal lassen sich nicht unbeträchtliche mundartliche Unterschiede feststellen. Zuweilen ändert sich die Mundart auch von einem Dorf zum nächsten deutlich. Alles in allem variiert die hohenlohische Sprache regional viel stärker als etwa die schwäbische Mundart.

Da zur Zeit der Französischen Revolution französische Truppen in Hohenlohe lagerten, gibt es im Hohenlohischen einige französische Lehnwörter, unter anderem malad.

Seit der Zugehörigkeit zu Württemberg im Rahmen der sogenannten napoleonischen Flurbereinigung (Säkularisation und Mediatisierung 1803 bis 1810) steht der Hohenloher Dialekt unter starkem Anpassungsdruck durch das Schwäbische, da große Teile der Honorationen (Pfarrer, Lehrer, Beamte) aus dem Schwäbischen kommen, weshalb insbesondere im Raum Schwäbisch Hall (bis 1934 amtlich nur Hall) der alte hällisch-fränkische Dialekt immer mehr vom Schwäbischen verdrängt wird. Man kann oft beobachten, dass Hohenloher beim Reden mit Fremden nicht etwa ins Hochdeutsche verfallen, sondern das sogenannte Honoratiorenschwäbisch bemühen. Im Gegensatz etwa zu den Altbaiern und Schwaben zeigen die Hohenloher ein sehr schwaches Selbstbewusstsein im Sprachlichen. Obwohl ihre Mundart viel weicher und melodiöser klingt als etwa das Schwäbische, empfinden sie ihren Dialekt oftmals als „Bauernsprache“. Dazu beitragen dürfte neben der Dominanz der schwäbischen „Staatssprache“ in Württemberg auch, dass der Hohenloher Dialekt im Gegensatz zum Bayrischen und Schwäbischen in Funk und Fernsehen fast gar nicht präsent ist. Insbesondere in den Gebieten mit einem höheren Anteil Zugezogener hat sich teilweise der Gebrauch einer süddeutschen standardisierten Umgangssprache eingebürgert, die mit dem Hohenlohischen wenig zu tun hat.

Ein renommierter Vertreter der hohenlohischen Mundart-Literatur war der Lyriker und Theaterautor Gottlob Haag aus dem Niederstettener Teilort Wildentierbach.

Beispiele

Einzelne Wörter

Ausdrücke und Sätze

  • â braads briid - ein breites Brett (typisch hohenlohischer Ausdruck)
  • Hasch wärkli fiil z´doâ? oder Hasch abber fiil z´duənâ – Hast du wirklich/zur Zeit viel zu tun? Beachte, wärkli hat oft jedoch die Bedeutung ‚zur Zeit‘.
  • Dô hewâdâr aich awer aa s´schenschd Weedâr rausgsuâcht. oder Dô heddâr aich … s´beschd … – Da habt ihr euch aber auch das schönste Wetter rausgesucht. (Gern zu Radfahrern, die bei strömendem Regen unterwegs sind)
  • S´is hald (âmôôl) âsou. – Es ist halt (einmal) so.
  • Mir schlooche d´ Mausch mim Beese dôâd. – Wir schlagen die Maus mit dem Besen tot. Illustriert die häufige Nutzung des "sch" (in manchen Teilen von Hohenlohe).
  • Hädsch des net äânder soochâ kennâ? oder … friier … – Hättest du das nicht früher sagen können?
  • Wo die Hasâ Hosâ haaßâ un diâ Hosâ Housâ haaßâ, dôô bin ii dâhôôm! - Wo die Hasen Hosâ heißen und die Hosen Housâ heißen, da bin ich daheim! (zur Charakterisierung der Hohenloher) - die Formen Hosâ und Hoschâ existieren beide je nach Region.

Im Hohenlohischen gab es bis ins 19. Jahrhundert den vorweihnachtlichen Brauch des Ouglebfârlâ (Anklöpferlein). Kinder baten bei Bekannten oder Verwandten um die Ouglebfârlâ, bei denen es sich in aller Regel um kleine Mengen Nahrungsmittel wie Früchte oder Brot handelte. Es wird auch heute noch in kleineren Ortschaften praktiziert.

Hohenlohisch Hochdeutsch

Ouglobfâ Hämmârle,
´s Brôât lait im Kämmârle,
´s Messâr lait dâneewâ,
kousch mr ewes geewâ?
Ebfl raus, Biirâ raus,
geh´mr in â andârs Haus!
´s andâr Haus is gschlossâ,
do sim´mr reecht vârdrossâ.

Anklopfen Hämmerchen,
das Brot liegt im Kämmerchen,
das Messer liegt daneben,
kannst Du mir etwas geben?
Äpfel raus, Birnen raus,
gehn wir in ein anderes Haus,
Das andere Haus ist verschlossen,
drum sind wir sehr verdrossen.

Die letzten 2 Verse auch: Andârs Haus wôâr zuâgschlossâ - hat mi´ doch des Ding vârdrossâ. Übersetzt etwa: Ein anderes Haus war zugeschlossen - über diese Sache war ich sehr enttäuscht. (Östlich Blaufelden/Zeitzeuge)

Ortsnamen

Gesprochene Ortsbezeichnungen unterscheiden sich oft von ihrer hochsprachlichen Schriftform stark, insbesondere Verschleifungen am Wortende ([ə] für -heim) und vom Schriftlichen abweichender Vokalismus ([] für -ai-, [] bzw. [i] für -ach) kommen nicht selten vor. Der Unterschied kann dabei sowohl vom Lautwandel herrühren als auch von einer phonetisch ungenauen Verschriftlichung.

Literatur

  • Alfred Kuppler: Hohenlohisch soll nicht sterben!. Hohenloher Druck- und Verlagshaus, Gerabronn und Crailsheim 1988, ISBN 3-87354-168-8
  • Erwin Strasser: Tausend Worte Hohenlohisch. W. Eppe Verlag, Bergatreute 1988, ISBN 3-89089-209-4
  • Eberhard Zanzinger: Hohenloher Ausdrücke und Redensarten. Verlag Robert Baier, Crailsheim 2004, ISBN 3-92923-332-0 (mit CD mit Hörbeispielen)

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gottlob Haag — (* 25. Oktober 1926 im Niederstettener Ortsteil Wildentierbach; † 17. Juli 2008[1] in einem Pflegeheim in Niederstetten) war ein deutscher Dichter. Er war ein renommierter Vertreter der hohenlohischen Mundart Literatur. Die Welt, die er i …   Deutsch Wikipedia

  • Unterländisch — ist der südfränkische Dialekt um das Zentrum Heilbronn im nördlichen Württemberg, bekannt nach der in Württemberg gebräuchlichen Bezeichnung dieser Region als Unterland. Er wird vom Süden her (Verwaltungszentrum Stuttgart) stark vom Schwäbischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Хоэнлоэнский диалект — Самоназвание: Hohenlohisch Страны …   Википедия

  • Hohenlohe — 49.25119.6007 Koordinaten: 49° 15′ 4″ N, 9° 36′ 2,5″ O …   Deutsch Wikipedia

  • Crispenhofen — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsch (Sprache) — Deutsch Gesprochen in Deutschland, Österreich, deutschsprachiger Teil der Schweiz, Luxemburg, Südtirol (Italien), Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens, Liechtenstein; Minderheiten in zahlreichen weiteren mittel und osteuropäischen Staaten;… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsch (Standardsprache) — Deutsch Gesprochen in Deutschland, Österreich, deutschsprachiger Teil der Schweiz, Luxemburg, Südtirol (Italien), Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens, Liechtenstein; Minderheiten in zahlreichen weiteren mittel und osteuropäischen Staaten;… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutscher Sprachraum — Deutsch Gesprochen in Deutschland, Österreich, deutschsprachiger Teil der Schweiz, Luxemburg, Südtirol (Italien), Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens, Liechtenstein; Minderheiten in zahlreichen weiteren mittel und osteuropäischen Staaten;… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsches Sprachgebiet — Deutsch Gesprochen in Deutschland, Österreich, deutschsprachiger Teil der Schweiz, Luxemburg, Südtirol (Italien), Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens, Liechtenstein; Minderheiten in zahlreichen weiteren mittel und osteuropäischen Staaten;… …   Deutsch Wikipedia

  • Deutschsprachig — Deutsch Gesprochen in Deutschland, Österreich, deutschsprachiger Teil der Schweiz, Luxemburg, Südtirol (Italien), Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens, Liechtenstein; Minderheiten in zahlreichen weiteren mittel und osteuropäischen Staaten;… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”