Hoflößnitz

Hoflößnitz
Hoflößnitz, Gesamtanlage vom Bismarckturm aus

Die Hoflößnitz, ein Landsitz der Wettiner, ist ein ehemals Kurfürstlich-Sächsisches, heute städtisches Weingut in Radebeul (Stadtteil Oberlößnitz) an der Sächsischen Weinstraße. Im 21. Jahrhundert ist es zum Sächsischen Weinbaumuseum Hoflößnitz ausgebaut und unterhält mit dem Weingut Hoflößnitz eine Verkaufsstelle und einen Ausschank. Das Weingut gehört zur Großlage Lößnitz, Einzellage Goldener Wagen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Schloss Hoflößnitz

Am 8. Mai 1401 erwarb Markgraf Wilhelm I. der Einäugige während der Dohnaischen Fehde gegen die Burggrafen von Dohna, die die Landschaft um Radebeul (die so genannte Lößnitz) seit dem 13. Jahrhundert vermutlich besessen hatten, das Presshaus nebst umliegendem Gelände für eine Kaufsumme von 1660 Schock Meißnischer Groschen. Damit brachten die Wettiner den verstreuten Weinbergbesitz der Umgebung für fast fünf Jahrhunderte (bis 1889) unter ihre Kontrolle und konzentrierten den höfischen Weinbau auf dieses Gut. Der heutige Name "Hoflößnitz" findet urkundlich zum ersten Male mit dem Datum des 14. Januars 1622 seine Erwähnung. [1]

Schloss Hoflößnitz, Ansicht von Nordwesten

1650 baute Kurfürst Johann Georg I. mit Hilfe seines Baumeisters Ezechiel Eckhardt ein Schlösschen neben das Presshaus. Sein Sohn Johann Georg II. feierte hier alljährlich die Weinlese, beschäftigte den Niederländer Albert Eckhout als Hofmaler und veranlasste größere Erweiterungen in der Innenarchitektur sowie Anbauten.

Lust- und Berghaus mit den Steillagen im Hintergrund (Weinberg Goldener Wagen), davor der Schlossberg

August der Starke lud seine Jagdgesellschaften nach Hoflößitz ein und veranstaltete Tanzfeste mit Weinausschank. Er hegte erste Pläne für ein weiteres Lustschlösschen auf der Höhe; ausgeführt wurde dieses jedoch erst unter seinem Sohn August III., der 1749 nach Plänen von Matthäus Daniel Pöppelmann das Spitzhaus unter Verwendung älterer Bauteile barock umbauen ließ; ein Vorgängerbau ist 1622 belegt. Eine Jahrestreppe mit geplanten 365 (in Wirklichkeit 390) Stufen führte vom Schlösschen auf die Höhe (Wiederherstellung 1845-47, saniert 1992 mit 397 Stufen).

Neben das Presshaus war das Verwaltungsgebäude für den Winzer (so genanntes Bergverwalterhaus) gebaut worden. Beide Ursprungsbauten brannten 1824 ab und wurden nach 1834, als das kurfürstliche Weingut in ein Staatsweingut umgewandelt wurde, von Carl Mildreich Barth durch klassizistische Nachfolgebauten ersetzt. Die Ausführung des Kavaliershauses lag dabei bei Karl Moritz Haenel.

Ende des 19. Jahrhunderts richtete die Reblaus schweren Schaden an den Weinbergen an. Die Regierung verkaufte den verfallenden Besitz, der durch mehrere Hände ging, an den Hoflößnitzverein, der ihn 1912/13 restaurierte und ein erstes Museum einrichtete.

1915 musste der Verein Konkurs anmelden und die Gemeinde Oberlößnitz (seit 1934 eingemeindet in Radebeul) erwarb das Anwesen. Nachdem es in der DDR volkseigenes Gut war, erhielt es 1992 die Stadt Radebeul zurück. Damit war der Weg frei für eine grundlegende Sanierung, Reaktivierung des Weinbaus, Überarbeitung des Museums sowie eine touristische Nutzung (Führungen durch das Schlösschen, Museum und das Weingut mit Weinproben, Weinverkauf und Ausschank). Die Große Kreisstadt Radebeul brachte 1998 das Anwesen in eine Stiftung mit der Bezeichnung "Stiftung Weingutmuseum Hoflößnitz" ein. Gleichzeitig lagerte sie das Weingut aus in eine GmbH.

Die Anlage

Kavaliershaus (Verkaufsstelle und Ausschank)
Historische Weinpresse (19. Jh.) im Innenhof

Der Komplex umfasst folgende Gebäude und Areale:

  • Das zweigeschossige Schlösschen mit Obergeschoss in Fachwerk, Walmdach und 6-eckigem Treppenturm birgt im Untergeschoss das Museum zur historischen Dokumentation des Weinbaus auf dem Gut. Im Obergeschoss sind die kurfürstlichen Wohn- und Repräsentationsräume eingerichtet. Die Gemächer gelten als eines der wenigen Beispiele unversehrt erhaltener Innenarchitektur des 17. Jahrhunderts in Sachsen an der stilistischen Grenze zwischen spätem Manierismus und Barock. Glanzstück ist der Festsaal: In den 80 quadratischen Feldern seiner Balkendecke hat Albert Eckhout exotische Naturmotive, insbesondere tropische Vögel, gemalt; Anregungen dazu hatte der Maler auf einer Brasilienreise erfahren. Auf die vertäfelten Wänden sind die Kardinaltugenden sowie weitere weibliche allegorische Figuren, Embleme und Sinnsprüche in den Grundtönen Grün und Grau mit Vergoldungen gemalt. Die Komposition wird Christian Schiebling (1603-1663; Ausgestalter des Riesensaals im Dresdner Residenzschloss) zugeschrieben. Die Ausmalung der kurfürstlichen Wohn- und Schlafräume einschließlich Kaminen und Meißner Öfen stammt ebenfalls aus der Zeit Johann Georgs II.
  • Das Presshaus und das ehemalige Bergverwalterhaus nebenan (Kavaliershaus) bilden heute den zu touristischen Zwecken genutzten Teil. Ein Teil des Museums mit historischem Winzergerät aus dem 19. Jahrhundert (Weinpresse, Fässer) umfasst auch den Innenhof. Die aufgestellte Weinpresse ist die Graue Presse aus dem gleichnamigen Weingut in Wahnsdorf.
  • Die barocke Himmelsleiter, die längste Treppenanlage Sachsens, führt vom Schlösschen 220 m hoch durch die Einzellage Goldener Wagen zum Spitzhaus (heute Panoramarestaurant mit weitem Blick über die Elbe) und Bismarckturm; beide Gebäude werden durch den ca. 5 km langen Oberlößnitzer Weinwanderweg berührt.
  • Hier stand lange Zeit das älteste und bedeutendste in Radebeul erhaltene Sandstein-Bildwerk, die Figurengruppe Chronos und die Trauernde oder auch Chronos und klagendes Weib (wahrscheinlich aus dem 18. Jahrhundert). Nach der Restaurierung 2005 wurde es auf dem Kirchhof der Friedenskirche nahe seinem Ursprungsort wieder aufgestellt.

Das Weingut

Spitzhaustreppe mit Blick auf den Bismarckturm
Das Weinbergtor zum Weinberg Goldener Wagen
Ansicht Weinberge in der Lößnitz mit Weingut. Johann Paul Knohll: Klein Vinicultur-Büchlein. Frontispiz, 1667.

Alle Weine der Lage Radebeuler Goldener Wagen des heutigen, nach 1992 restaurierten, Weinguts Hoflößnitz stammen aus ökologischem Anbau. Ebenso werden der Paulsberg aus der Lage Radebeuler Johannisberg und der seit April 2008 wiederaufgerebte Steillagen-Weinberg Friedensburg, der zum Radebeuler Steinrücken zählt, vom städtischen Weingut Hoflößnitz nach ökologischen Aspekten bewirtschaftet.

Produziert werden Weine aus den klassischen Rebsorten Riesling, Spätburgunder, Grauburgunder und Traminer, aber auch neuere Ableger wie Johanniter, Regent und Solaris. Ausgebaut wird trocken oder halbtrocken; in der Regel werden Prädikate bis zur Spätlese erzielt.

Darüber hinaus bietet die Hoflößnitz auch Weine kleiner Winzer vom Krapenberg in Zitzschewig aus der Lage Johannisberg an.

Baukultur

Die Hoflößnitz mit Presshaus, Kavaliershaus, Lustschlösschen, Weinpresse sowie der Spitzhaustreppe und den rechts und links angrenzenden Weinbergen steht heute einschließlich Bismarckturm und Spitzhaus als denkmalpflegerische Sachgesamtheit (Ensembleschutz) unter Denkmalschutz[2]. Darüber hinaus gilt die gesamte Frei- und Grünfläche einschließlich der umgebenden Weinbergslandschaft inclusive des Weinbergs Goldener Wagen als Werk der Landschafts- und Gartengestaltung.[3] Zur Hoflößnitz gehören auch das unterhalb und rechts des Aufgangs beziehungsweise der Toranlage gelegene Winzerhaus mit angebautem Backhaus sowie der links zum Grund hin gelegene ehemalige Holzhof, ebenfalls mit einem Winzerhaus.

Die von dem holländischen Maler Albert Eckhout stammenden 80 Vogel-Ölgemälde an der Decke des Festsaals finden sich in der Liste der Eckhout-Vogelgemälde in der Hoflößnitz.

Literatur

  • Frank Andert (Redaktion); Große Kreisstadt Radebeul. Stadtarchiv Radebeul (Hrsg.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. 2. Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9. 
  • Georg Dehio: Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler, Bd.1, Mitteldeutschland. 1914.
  • Barbara Bechter, Wiebke Fastenrath et al. (Bearb.): Georg Dehio, Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Sachsen I, Regierungsbezirk Dresden. Deutscher Kunstverlag, München 1996, ISBN 3-422-03043-3, S. 736–737. 
  • Cornelius Gurlitt: Oberlössnitz; Hoflössnitz. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 26. Heft: Die Kunstdenkmäler von Dresdens Umgebung, Theil 2: Amtshauptmannschaft Dresden-Neustadt. C. C. Meinhold, Dresden 1904, S. 149 ff.
  • Volker Helas (Bearb.); Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und Stadt Radebeul (Hrsg.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen: Stadt Radebeul. SAX-Verlag, Beucha 2007, ISBN 978-3-86729-004-3. 
  • Johann Paul Knohll: Klein Vinicultur-Büchlein/Das ist Kurtzer Inhalt und Unterricht des Weinbaues / Wie solcher im Ober-Sächsischen / und meistens im Meißnischen Creysse / nach hiesiges Landes-Art gepfleget / und iedesmal mit seinen sonderlichen Arbeiten bestellet werden soll / Nach Anleitung der Churfürstl. Sächs. hierbey befindlichen Weingebürgs-Constitution. Allen Hauß-Vätern / so mit dergleichen zu thun / besitzen / umgehen / sich gebrauchen / und darvon nehren / zu einen sonderbaren Nutzen und Besten / theils und meistes aus eigner nachgesonnener / theils auch von alten Hauß-Vätern erlernter Erfahrung / ein- und zusammengetragen / Von Johann Paul Knohllen / Bau- und Bergschreibern, in der Churfürstl. Sächs. Lößnitz bey Dreßden / an Dero Berg- und Lust-Hause uff der Weinpreße daselbst. Mit Churfürstl. Sächs. Freyheit. Gedruckt durch Melchior Bergen / Churfürstl. S. Hof-Buchdrucker / 1667. Weitere Auflagen 1700, 1711, 1848.
  • dto. als Reprint bei Edition Weinland Sachsen, Verlag Helmer Pardun, Radebeul, 2001.
  • Heinrich Magirius; Volkmar Billeb: Die Hoflößnitz (Große Baudenkmäler, Heft 506), 1. Aufl., Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1996.
  • Heinrich Magirius (Hg.): 600 Jahre Hoflößnitz: historische Weingutanlage. Sandstein Verlag, Dresden 2001. ISBN 3-930382-60-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heinrich Magirius (Hg.): 600 Jahre Hoflößnitz: historische Weingutanlage. Sandstein Verlag, Dresden 2001, S. 17 f.
  2. Verzeichnis der Kulturdenkmale der Stadt Radebeul. Große Kreisstadt Radebeul, 17. April 2008, S. 14, abgerufen am 4. Februar 2009 (PDF).
  3. Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und Stadt Radebeul (Hrsg.): Stadt Radebeul. Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Denkmale in Sachsen
  4. Geschichtlicher Hintergrund: Das „Historische Farbdiaarchiv zur Wand- und Deckenmalerei“ 1943–1945
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