Hizb-ut-Tahrir

Hizb-ut-Tahrir

Die Hizb ut-Tahrir (arabischحِزْبُ التَحْرِير‎, DMG Ḥizb at-taḥrīr, „Partei der Befreiung“, HuT) ist eine in Deutschland verbotene islamische Organisation. Sie wurde 1953 von dem palästinensischen Rechtsgelehrten Taqi ad-Din an-Nabhani, einem ehemaligen Mitglied der „Muslimbruderschaft“ (MB), in Jordanien gegründet. Im gleichen Jahr veröffentlichte er das Buch „Die Lebensordnung des Islam“ (Nizam al-Islam), das bis heute als ideologische Grundlage der Organisation dient.[1]

Nach dem Islamwissenschaftler Guido Steinberg ist Hizb ut-Tahrir das erste Beispiel für eine palästinensisch dominierte, aber transnationale Organisation.

„Nabahani und seine Anhänger kritisierten die fehlende Unterstützung der nicht-palästinensischen Muslimbrüder für den Kampf ihrer Glaubensgenossen gegen Israel und zielten ursprünglich primär auf eine „Befreiung“ Palästinas ab, daher ihr Name. Seit den 1970er Jahren aber hat die Bewegung – vor allem nach dem Tode Nabahanis – ihren starken Palästinabezug zu Gunsten der Forderung nach einem Kalifat verloren, das die gesamte Gemeinschaft der Gläubigen umfassen soll. Ihr besonders stark ausgeprägter Antisemitismus verweist jedoch noch heute auf ihre Wurzeln.“[2]

Als panislamische Bewegung wendet sie sich an die Gesamtheit der Muslime (Umma) und lehnt das auf den Erhalt islamischer Nationalstaaten gerichtete Konzept der MB ab. Demokratie und Säkulare Staatsformen werden ebenso abgelehnt. Der Verein strebt ein weltweites Kalifat auf der Grundlage der Scharia an.

Die HuT wird vom Verfassungsschutz beobachtet und wurde in Deutschland am 15. Januar 2003 durch eine Verfügung des Bundesministeriums des Innern wegen ihrer Betätigung gegen den Gedanken der Völkerverständigung und der Befürwortung von Gewaltanwendung zur Durchsetzung politischer Ziele verboten. Eine Klage gegen dieses Verbot wurde vom Bundesverwaltungsgericht abgewiesen und das Verbot mit Urteil vom 23. Januar 2006 bestätigt.

Inhaltsverzeichnis

Ziele

Vorrangige Ziele der HuT sind die Vereinigung der Umma in einem weltweiten Kalifat unter der Führung eines Kalifen, die Einführung der Scharia sowie die Befreiung der muslimischen Welt von westlichen Einflüssen. Aus Sicht der HuT sind alle weltlich ausgerichteten Staatsformen abzulehnen und zu bekämpfen. Die HuT verneint das Existenzrecht des Staates Israel und ruft zu dessen gewaltsamer Vernichtung auf. Der NPD-Vorsitzende Udo Voigt und der Rechtsextremist Horst Mahler nahmen 2002 an einer Tagung der Gruppe teil, um das Bündnis Islamismus-Rechtsextremismus voranzubringen. Der Sprecher Shaker Assem sagte dazu in der NPD-Zeitung Deutsche Stimme: „Je gläubiger die Muslime sind, desto stärker ist ihr Bestreben, in ihre Heimatländer zurückzukehren“, was der Ausländerfeindlichkeit der NPD entgegen kommt.

Die Zentrale der HuT befindet sich vermutlich im Libanon. Weltweite Stützpunkte der Organisation (so genannte wilayat) befinden sich u. A. in Ägypten, Australien, Jordanien, Kirgisistan, Kuwait, Sudan, Syrien, Tadschikistan, Türkei, Usbekistan und in den USA. Auch der europäische Bereich stellt ein eigenes „wilaya“ dar. Ihre Propaganda verbreitet die HuT hauptsächlich über das Internet.

Bis zum Betätigungsverbot am 10. Januar 2003 trat die HuT in Deutschland vorwiegend in Universitätstädten durch das Verteilen ihrer Publikationen und von Flugblättern in Erscheinung. Diese enthielten regelmäßig antijüdische, antiisraelische oder antiwestliche Positionen.

Ebenso geht die HuT von einer Unvereinbarkeit aller laizistisch orientierten Staatsformen, so auch der Demokratie, mit der „islamischen Ordnung“ aus.

In den arabischen Ländern ist die HuT verboten, weil sie die bestehenden Herrschaftsordnungen in der Region in Frage stellt und nicht als islamische Regenten anerkennt. In Zentralasien, vor allem in Usbekistan, hat die Organisation starken Zulauf, wo sie diplomatisch, jedoch nicht militärisch gegen die herrschende Regierung kämpft. Die Partei ist heute weltweit aktiv und international vernetzt. Der Aufbau ist hierarchisch und zentralistisch.

Werner Schiffauer macht sich dafür stark, Organisationen wie die HuT nicht zu verbieten, da sie durch interne Diskussionen die „Demokratisierung“ der hier lebenden Muslime fördere.

Literatur

  • Khaled Ahmad: The Rise of the Hizb al-Tahreer; in: Friday Times. Lahore, Ausgabe vom 14. Oktober 2002.
  • Rashid Ahmed: Heiliger Krieg am Hindukusch. Der Kampf um Macht und Glauben in Zentralasien; München: Droemer, 2002; ISBN 3-426-27278-4 (über den militanten Islamismus in Zentralasien und die Rolle der Hizb-ut-Tahrir)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Die Lebensordnung des Islam (PDF)
  2. Guido Steinberg: Der nahe und der Ferne Feind. Die Netzwerke des islamistischen Islamismus; München: C.H. Beck, 2005; S. 39f

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