Hispaniola

Hispaniola
Hispaniola
Topographische Karte
Topographische Karte
Gewässer Karibisches Meer
Inselgruppe Große Antillen
Geographische Lage 19° 0′ 0″ N, 70° 40′ 0″ W19-70.6666666666673098Koordinaten: 19° 0′ 0″ N, 70° 40′ 0″ W
Lage von Hispaniola
Fläche 76.480 km²
Höchste Erhebung Pico Duarte
3.098 m
Einwohner 18.466.497 (2005)
241 Einw./km²
Hauptort Santo Domingo / Port-au-Prince

Hispaniola (span. La Española „die Spanische“) oder Kiskeya (in der Sprache der Taínos), span. Quisqueya, ist mit einer Fläche von etwa 76.480 km² die zweitgrößte der Westindischen Inseln und gleichzeitig der Großen Antillen. Auf der Insel liegen die Staaten Haiti und Dominikanische Republik.

Inhaltsverzeichnis

Geografie

Ungefähr 90 km westlich liegt die größte Antilleninsel Kuba und 190 km westlich liegt Jamaika, 120 km östlich Puerto Rico, 250 km nördlich die Gruppe der Turks- und Caicosinseln und 180 km nordnordwestlich die Inselgruppe Inagua. Die Insel erstreckt sich 600 km in Ost-West- und 250 km in Nord-Süd-Richtung. Sie hat die Form einer nach Westen geöffneten Hand, wobei zwei gebirgige Halbinseln weit gegen Kuba bzw. in den Jamaica Channel hervorragen. Relativ flach ist nur der Osten und ein im Norden zwischen zwei Bergketten durchziehendes Längstal.

Politische Gliederung

Dominikanische Republik und Haiti

Der größere östliche Teil der Insel bildet heute die Dominikanische Republik, der kleinere westliche Teil die Republik Haiti. (Siehe auch: Liste geteilter Inseln)

Bevölkerung

Mit seinen rund 20 Millionen Einwohnern ist Hispaniola die bevölkerungsstärkste Insel der Antillen.

Land Fläche in km² Einwohner (2009) Bevölkerungsdichte
(Einw. pro km²)
Dominikanische Republik 48.730 10.090.000 173
Haiti 27.750 9.776.206 352
Hispaniola 76.480 19.866.206 260

Ursprung der Namen

Die Einheimischen nannten die Insel Aytí, woraus die heutige Bezeichnung „Haiti“ entstand. Haiti bezeichnete also ursprünglich die gesamte Insel.

Christoph Kolumbus nannte die Insel La Isla Española („die spanische Insel“). Die Engländer verballhornten den Namen zu Hispaniola („Kleinspanien“).

Die Insel Hispaniola wurde in der Kolonialzeit politisch in einen spanischen Ostteil, Santo Domingo (oder San Domingo) genannt (nach der gleichnamigen Stadt), und einen französischen Westteil, Saint Domingue (oder Saint-Domingue), getrennt. Aus dem Ostteil wurde die Dominikanische Republik, aus dem Westteil Haiti, das zeitweise in das nördliche Nord-Haiti und die südliche Mulatten-Republik geteilt war.

In diesem Artikel ist, wenn nicht ausdrücklich von der Stadt gesprochen wird, mit Santo Domingo immer der Ostteil Hispaniolas gemeint. Auch ist mit Haiti der Klarheit wegen immer der Staat im Westteil der Insel gemeint.

Geomorphologie

Hispaniola, Jamaika, Kuba und Puerto Rico sind zusammen bekannt als die Großen Antillen. Die größten vorgelagerten Inseln sind auf haitianischer Seite die Île de la Gonâve und die Île de la Tortue sowie auf Seiten der Dominikanischen Republik die Isla Saona.

Auf der Insel liegen fünf große Bergketten.

  • Die „Cordillera Central“ erstrecken sich von der südlichen Küste bis in den Nordwesten der Insel. In der Cordillera Central liegen die fünf höchsten Berge der Karibik:
    • der „Pico Duarte“ (3.098 m),
    • die „Loma La Pelona“ (3.097 m),
    • die „Loma Rucilla“ (3.039 m),
    • die „Loma de la Viuda“ (2.802 m) und
    • der „Yaque“ (2.760 m).
  • Die „Cordillera Septentrional“ verlaufen parallel zur Cordillera Central an der nördlichen Küste und erstrecken sich als Halbinsel Samaná bis in den Atlantik. Der höchste Punkt dieser Bergkette ist Pico Diego de Ocampo (1.249 m) zwischen Santiago und Puerto Plata.
  • Im Osten der Dominikanischen Republik erstrecken sich die „Cordillera Oriental“ (höchste Erhebung: 736 m) und „Costera del Caribe“.
  • Die Sierra de Neiba erhebt sich im Südwesten der Dominikanischen Republik und verläuft nordwestlich nach Haiti als Montagnes Noires, Chaîne des Matheux und Montagnes du Trou d'Eau. Das Zentralplateau liegt zwischen dem Nordmassiv und der Montagnes Noires. Die „Plaine de l'Artibonite“ liegt zwischen den Montagnes Noires und den Chaîne des Matheux und erstreckt sich westwärts zum Golf von Gonâives. Die höchsten Erhebung ist 2.177 m hoch (nördlich des Lago Enriquillo).
  • Die südliche Bergkette beginnt als „Sierra Baoruco“ und erstreckt sich westwärts unter dem Namen „Massif de la Selle“ und „Massif de la Hotte“ und bildet die südwestliche Halbinsel Haitis. Morne de la Selle ist mit 2.715 m die höchste Erhebung der Bergkette und der höchste Gipfel Haitis. Auf der dominikanischen Seite sind die höchsten Erhebungen 2.368 m und 2.085 m hoch. Eine Tiefebene verläuft parallel zur südlichen Bergkette, die in Haiti als „Plaine du Cul-de-Sac“ bekannt ist und an deren westlichen Ende Haitis Hauptstadt Port-au-Prince liegt. In der Tiefebene liegen einige Salzwasserseen, unter anderem die Saumatre-Lagune in Haiti und der Enriquillo-See in der Dominikanischen Republik.

Die zum Teil großen Höhenunterschiede auf der Insel Hispaniola in Verbindung mit tropischen Regenfällen haben schon häufiger, zuletzt zweimal im Jahr 2004, zu schweren Überschwemmungen mit Tausenden von Todesopfern geführt: Im Mai 2004 war die Region um Jimaní im Süden der Insel betroffen, der Arroyo Blanco trat über die Ufer (nördlich der Gebirgskette Massif de la Selle / Sierra de Baoruco, zwischen den Seen Étang de Saumatre und Lago Enriquillo), im September 2004 der Norden, besonders das Cibao-Tal in der Nähe des Río Yaque de Norte, und am schwersten die Region um die haitianische Stadt Gonaïves.

Die Insel liegt auf der Grenze der Nordamerikanischen und der karibischen Platte und ist deshalb ein potentielles Erdbebengebiet. Am 4. August 1946 gab es in der Dominikanischen Republik ein Beben der Stärke 8,1 (Epizentrum auf der Halbinsel Samana), am 26. September 2003 ein Beben der Stärke 6,8 (Epizentrum nahe Puerto Plata). Am 12. Januar 2010 erschütterte ein verheerendes Erdbeben der Stärke 7,0 Haiti (Nähe Carrefour, Port-au-Prince, Delmas).

Flora und Fauna

Landschaft in Haiti

Das Klima auf Hispaniola ist allgemein feucht und tropisch. Die Insel hat vier verschiedene Ökoregionen. Feuchtwälder bedecken etwa 50 % der Insel, besonders den nördlichen und östlichen Teil, vorwiegend das Tiefland, aber auch bis in eine Höhe von 2.100 m. Die Region der Trockenwälder bedeckt etwa 20 % der Insel, im Regenschatten der Berge im Süden und Westen sowie im Cibao-Tal im mittleren Norden der Insel. Die hispaniolischen Kiefernwälder bedecken die bergigsten 15 % der Insel oberhalb von 850 m. Die Enriquillo-Feuchtlande sind eine Region überschwemmter Weiden und Savannen, die die Seenkette des Enriquillo-Sees, der Rincón-Lagune, des Caballero-Sees, der Saumatre-Lagune und des Trou Cayman umgibt. Im Teil der heutigen Dominikanischen Republik ist die Tierwelt sehr vielfältig, in den Ökonischen gibt es z. B. Seevögel, Kolibris, Amphibien (Land- und Meeresschildkröten, Frösche etc.), Reiher, Flamingos sowie viele Fischarten. Die Republik Haiti legt weniger Wert auf den Schutz ihrer Öko-Ressourcen und erkannte nicht das wichtige Potenzial für den Tourismus. Wälder werden bedenkenlos abgeholzt, Land verkarstet oder Lawinen bilden sich.

Geschichte

Präkolumbische Zeit

Bis 1492 lebten auf Hispaniola hauptsächlich die indianischen Völker der Arawak, Ciboney und der Kariben. In seinen Aufzeichnungen schätzte Las Casas die Anzahl der Indios von 1494 auf gut 3 Millionen. Wegen ungenügend verfügbarem historischem Material gibt es von Historikern nur ungenaue Schätzungen über die Anzahl, diese gehen von 400.000 bis 8 Millionen Einwohner.[1]

Vielleicht der Höhepunkt der vorkolonialen Kulturgeschichte war die Kultur der Arawak, die aus Venezuela stammten und seit dem 7. Jahrhundert v. Chr. über die Kleinen Antillen eingewandert waren. Um 1600 starben die Arawak aus.

Spanische Kolonisation

Nautische Karte von 1639

Am 5. Dezember 1492 entdeckte Christoph Kolumbus Hispaniola für Europa. Nach Goldlagerstätten forschend, entdeckte Kolumbus die Häfen von Valparaiso, Punta Santa und errichtete vor seiner Rückkehr nach Europa in der Nähe des Letzteren mit Hilfe der Arawak aus den Trümmern des gestrandeten Schiffs Santa Maria ein kleines Fort, La Navidad, worin er eine Besatzung von 40 Mann zurückließ. La Navidad war die erste Kolonie Spaniens in Amerika.

Bei seiner Rückkehr nach Hispaniola am 28. November 1493, fand er das Fort in Trümmern; Arawaken angeführt vom Kaziken Caonabo hatten – gereizt durch die Gewalttaten und Plünderungszüge der 40 Spanier – das Fort zerstört und die Besatzung beendet. Kolumbus ließ daraufhin in einem Feldzug gegen die Arawaken viele von ihnen versklaven und nach Spanien schicken, was nicht auf Zustimmung des spanischen Königspaares stieß. Die Spanier legten im Osten des Kap Montecristi im Januar 1494 die Stadt La Isabela an, von wo aus sie sich in den Besitz der reichen Goldminen von Cibao setzten und zur Sicherung derselben das Fort St. Thomas errichteten.

Als Kolumbus 1496 die Heimreise antrat, gründete sein Bruder Bartolomeo im Süden, an der Mündung des Flusses Ozama, eine neue Stadt, Santo Domingo, welche die Hauptstadt der Insel wurde und ihr (bzw. dem Ostteil) später ihren Namen gab. Seitdem La Isabela aufgegeben wurde, ist Santo Domingo die älteste noch bestehende von Europäern gegründete Siedlung in Amerika.

Am 31. August 1498 erreichte Kolumbus erneut die Stadt Santo Domingo. Er versuchte, Streitigkeiten der Siedler mit seinem Bruder zu schlichten und verstärkte die Christianisierung sowie die Suche nach Gold. Aufgrund negativer Berichte ersetzte der spanische Hof Kolumbus als Gouverneur durch Francisco de Bobadilla, der am 23. August 1500 Hispaniola erreicht. Er nahm Christoph und Bartolomeo Kolumbus gefangen und schickte sie in Ketten nach Spanien. Hier wurden die beiden Männer durch das Königspaar begnadigt, jedoch nicht wieder in ihre ehemaligen Ämter eingesetzt.

Unter dem 1503 eingeführten Encomienda-System, das die Indios zur Zwangsarbeit verpflichtete, litten diese sehr. Nach den Aufzeichnungen vom Zeugen Las Casas lebten auf Hispaniola 1508 nur noch 60.000 Indios.[1] Neben den unmenschlichen Arbeitsbedingungen in der Sklavenarbeit und der Verfolgung von Flüchtigen starben zusätzlich viele Indios durch aus Europa und Afrika eingeschleppte Seuchen, gegen die sie keine Abwehrkräfte hatten. Eine der Stätten dieses raschen Sterbens waren die von Francisco de Bobadilla aufgefundenen und von ihm sowie seinem Nachfolger Nicolás de Ovando ausgebeuteten Goldminen von San Cristoforo, die reiche Ausbeute lieferten.

1517 brachte Pedro d′Atenza das Zuckerrohr von den Kanarischen Inseln nach Haiti, und Gonzalez gab den Impuls zum Plantagen- und Zuckermühlenbau[2]. Zu deren Betreibung holte Ovando, da viele der einheimischen Indios bereits umgekommen waren, 40.000 Kariben von den Bahamas. Aber auch diese starben infolge der Seuchen bald, worauf (ab 1503 oder 1505) Menschen aus Afrika verbracht und als Sklaven eingeführt wurden.

1509 wurde Diego Colón, der Sohn von Christoph Kolumbus, Gouverneur, später auch Vizekönig Hispaniolas. 1512 fand die Einweihung der Universität von Santo Domingo, der ersten Universität in der Neuen Welt, statt.

In der Zeit zwischen 1519 und 1533 erhoben sich die überlebenden Indios (etwa 4.000) unter ihrem Führer (Kaziken) Enriquillo (oder Enrico) erfolglos gegen die Spanier. Ihr Volk wurde in den folgenden Jahren und Jahrzehnten fast vollständig ausgerottet. Nach einem Friedensschluss auf Geheiß der Spanischen Krone überließen ihnen die Spanier ein kleines Gebiet bei Boyà bzw. Azua, ca. 100 Kilometer nordöstlich von Santo Domingo. Dass sich dort bis heute Nachkommen der Kaziken erhalten haben, beruht aber auf einer Legende. Vielmehr vermischten sich die Indios mit den Mulatten und verloren mit der Zeit ihre kulturelle und ethnische Identität. Anderen Berichten zufolge, starben sie schon im späten 16. Jahrhundert durch eine Seuche aus.

Von 1537 bis 1548 kam es zudem zu Aufständen geflohener schwarzer Sklaven, die Cimarrones genannt wurden. 1542 lebten auf der Insel 200 Indios, 5.000 Spanier und 30.000 schwarze Sklaven. 1586 eroberte und plünderte der englische Freibeuter Francis Drake die Stadt Santo Domingo. Ein weiterer englischer Angriff fand 1655 unter Admiral William Penn statt.

Französische Kolonisation

Ab 1625 setzten sich französische und englische Seeräuber (Bukanier oder Filibustier genannt) auf dem nahen, nördlich gelegenen Eiland Île de la Tortue fest. Sie wurden zwar später vertrieben, aber ein vorwiegend aus Franzosen bestehender Überrest von ihnen siedelte sich als Pflanzer auf der menschenleeren Nordküste Hispaniolas an und bat Frankreich, sie gegen die Spanier zu unterstützen. Ludwig XIV. sandte daraufhin 1661 Bertrand d'Ogeron als Gouverneur nach Hispaniola und gründete im westlichen Teil der Insel 1665 eine französische Kolonie, welche indes 1686 von den Spaniern zerstört wurde. Schon 1691 aber wurde eine neue französische Kolonie durch Jean Baptiste du Casse gegründet. Im Frieden von Rijswijk verzichtete Spanien 1697 zugunsten Frankreichs auf den westlichen Teil („Saint Domingue“) der Insel.

Spanische und französische Herrschaft bis zur Unabhängigkeit Haitis

Historische Karte von 1723

Der französische und der spanisch verbliebene Teil Hispaniolas entwickelten sich sehr unterschiedlich.

1776 wurde die Grenze zwischen beiden Landesteilen reguliert (die in etwa der heutigen entspricht).

Santo Domingo

In Santo Domingo lahmte die Entwicklung. Die Goldfunde, die viele Spanier in die Kolonie gezogen hatten, gingen zur Neige. Viele Spanier zogen weg und diejenigen, die blieben, verarmten oft und ließen ihre Sklaven häufig frei. Von den 125.000 Einwohnern, die 1790 gezählt wurden, waren nur 15.000 Sklaven.

Am 22. Juli 1795 wurde zwischen Spanien und Frankreich der Friede von Basel beschlossen, in dem Spanien Santo Domingo Frankreich überlassen musste. Das Land wurde an das französische Saint Domingue angeschlossen, das die Oberhoheit über Santo Domingo jedoch nur theoretisch ausübte.

Am 26. Januar 1801 besetzte Toussaint L’Ouverture (auch mit Hilfe von Weißen) das (praktisch noch) spanische Santo Domingo. Die Sklaverei wurde abgeschafft.

Saint Domingue

Nach Saint-Domingue wurden sehr viele Sklaven importiert, die entsprechend dem 1685 erlassenen Code noir leben mussten. Der Plantagenbau wuchs ungemein. Die Wirtschaft florierte, und die Kolonie gelangte nach dem spanischen Erbfolgekrieg bis 1714 zur höchsten kolonialen Blüte. Saint Domingue war zeitweise die reichste Kolonie Frankreichs. Bei einer Zählung 1788 lebten dort 455.089 Menschen, davon 27.717 Europäer (Oberschicht), 21.808 Mulatten (Mischlinge, meist frei, aber gegenüber den Europäern nicht als gesellschaftlich ebenbürtig anerkannt), der Rest – knapp 90 % – Schwarze und zugleich Sklaven als die unterste Schicht.

Am 26. November 1749 wurde Port-au-Prince gegründet und zur Hauptstadt gemacht.

Die Behandlung der Sklaven war offenbar sehr schlecht, jedenfalls gab es wiederholt Aufstände. Beispielsweise wurde im März 1758 der 18 Jahre zuvor geflohene Sklave Mackandal, der zahlreiche Aufstände angeführt hatte, zur Strafe lebendig verbrannt.

Am 19. Februar 1788 wurde die Société des Amis des Noirs (dt.: „Gesellschaft der Freunde der Schwarzen“) in Paris gegründet. Ihr Ziel war die Abschaffung des Sklavenhandels und eine schrittweise Abschaffung der Sklaverei. Sie sollte ideologisch großen Einfluss auf die Geschichte Saint Domingues gewinnen.

Angeregt durch die französische Revolution forderten die Europäer der Kolonie mehr Autonomie von Frankreich, die Mulatten ihre Gleichstellung und die Sklaven ihre Freiheit.

Die zahlenmäßig geringe europäische Bevölkerung Haitis (ca. 6 %) war durch die französische Revolution gespalten in „große“ und „kleine Weiße“ (Grundbesitzer und Gewerbsleute), Konstitutionelle und Monarchisten sowie in Anhänger und Gegner der Kolonialregierung.

Am 8. März 1790 erging der Beschluss über die Bildung von „Kolonialversammlungen“ (in denen nur Kolonisten, also Europäer, vertreten waren), die den Kolonien eine Art Autonomie ermöglichte. Mit Mulatten oder gar Schwarzen wollten diese ihre Macht nicht teilen (man sprach von einer „entarteten Menschenrasse“).

Der Versuch der Mulatten unter der Führung von Vincent Ogé und Jean-Baptiste Chavannes, ihre Forderungen durchzusetzen, endeten mit der Niederschlagung des Aufstandes im Oktober 1790 und der Folterung und Hinrichtung der beiden in Cap Français im Februar 1791.

Der 14. August 1791, als sich im Bois-Caïman, dem „Krokodilwald“ in der Nordebene des heutigen Haiti, mehrere Sklaven zu einer Voodoo-Zeremonie trafen, gilt als der Beginn des Aufstandes der Sklaven, der letztlich zur Unabhängigkeit Haitis führte. Der Aufstand brach am 22. oder 23. des Monats los und wurde von Boukman, Biassou und Jean-François angeführt. Er begann in der Umgebung von Cap Français und verbreitete sich nach der Einnahme von Cap Français durch die Schwarzen (21.–23. Juni 1793) über die ganze Kolonie. Die von Frankreich zur Ordnung der Angelegenheiten in die Kolonie entsandten Bevollmächtigten Polverél, Santhonax (die Schreibweise Sonthonax kommt auch vor) und Ailhaud, die im September 1792 ankamen, konnten und wollten nicht dagegen einschreiten. Vielmehr erließen sie im August bzw. September 1793 die Abschaffung der Sklaverei.

In den folgenden Jahren der europäischen Koalitionskriege (auch Revolutionskriege genannt), insbesondere zwischen Frankreich und Großbritannien, schaffte es Toussaint L’Ouverture (auch Louverture geschrieben), ein freigelassener Sklave und heutiger Nationalheld Haitis, der wenige Wochen nach Beginn des Aufstandes hinzu stieß, in wechselnden Allianzen eine weitgehende Selbstständigkeit der Kolonie zu erkämpfen.

Als 1793 die Spanier und Engländer mehrere Plätze der Kolonie besetzten, verband sich das Heer der Schwarzen mit dem der französischen Truppen, die unter General Lavaux zur Behauptung der Insel gelandet waren.

Die weißen Kolonisten wurden von den Insurgentengeneralen Rigaud und Toussaint schließlich 1797 gezwungen, die Insel ganz zu verlassen, worauf das französische Direktorium am 4. Februar 1798 den Schwarzen in den französischen Kolonien völlige Freiheit und gleiche Rechte mit den Weißen bewilligte. Gleichzeitig wurde Toussaint zum Obergeneral aller Truppen in Haiti ernannt. 1799 wurde er Gouverneur der Kolonie.

Von 1799 bis 1800 tobte ein Bürgerkrieg zwischen Schwarzen und Mulatten, in dem Letztere unterlagen.

Toussaint besetzte nicht nur Santo Domingo, sondern besiegte auch die englischen Freibeuter. Er strebte nach Unabhängigkeit von Frankreich und gab der Insel am 9. Mai 1801 (eine Quelle nennt Juli 1801) eine eigene Verfassung. Toussaint wurde dabei Gouverneur und Alleinherrscher auf Lebenszeit. Die Plantagen wurden wieder in Betrieb genommen und von ehemaligen Sklaven in Zwangsarbeit bewirtschaftet. Eine andere Quelle würdigt die wirtschaftlichen Maßnahmen Toussaints als Landreform.

Napoléon Bonaparte schickte 1801 General Charles Leclerc d’Ostin als Generalkapitän mit 25.000 Mann nach Haiti, wo er im Februar 1802 ankam. Toussaint widersetzte sich anfangs seiner Landung bei Cap François, musste sich jedoch bald ins Innere zurückziehen. Am 25. Februar 1802 wurde Santo Domingo besetzt und die Sklaverei wiederhergestellt, obwohl Bonaparte erst am 20. Mai 1802 die Wiedereinführung der Sklaverei in den französischen Kolonien erließ. Toussaint wurde am 6. oder 7. Juni 1802 gefangen genommen und nach Frankreich deportiert, wo er am 7. April 1803 in der Haft starb.

Geschickte militärische Operationen, eine britische Seeblockade und eine Gelbfieber-Epidemie machten den Interventionstruppen Napoléons jedoch schwer zu schaffen. Auch Leclerc starb daran. Sein Nachfolger wurde Rochambeau. Da die verbliebenen weißen Pflanzer die Sklaverei durchzusetzen suchten, kam es erneut zum Aufstand - diesmal unter dem schwarzen General Dessalines. Er besiegte am 18. November 1803 die Franzosen unter Rochambeau und fügte damit Napoléon seine erste Niederlage zu. Die Franzosen und anderen Weißen mussten die Insel räumen.

Haiti bis zur Unabhängigkeit der Dominikanischen Republik

Am 1. Januar 1804 proklamierte Jean-Jacques Dessalines die Unabhängigkeit von Saint Domingue (gefeiert wird heute in Haiti der Tag der Verfassungsgebung, der 9. Mai 1801, als Unabhängigkeitstag). Am selben Tag besetzten französische Truppen Santo Domingo, wo die Sklaverei wieder eingeführt wurde. Praktisch wurde damit nur der Westteil Hispaniolas unabhängig.

Das Land erhielt den Namen „Haiti“, die Selbstbezeichnung lautete damals „Erster Freier Negerstaat“. Aus dem vielleicht einzigen erfolgreichen Sklavenaufstand der Weltgeschichte ging damit die erste selbstständige (aber instabile) Nation Lateinamerikas hervor. Dessalines ist heute einer der Nationalhelden Haitis.

Dessalines entwarf eine Flagge, indem er einfach das Weiß der französischen Tricolore entfernte. Er ernannte sich selbst am 8. Oktober (oder Dezember) zum Kaiser Jakob I. (Empereur Jacques I) und erließ am 20. Mai 1805 eine neue Verfassung. Die meisten der im Lande verbliebenen Franzosen wurden ermordet. Die Plantagen wurden enteignet und aufgeteilt, besetzt oder verlassen. Die auf dem Export der Landwirtschaft beruhende wirtschaftliche Stärke Saint Domingues schwand. Das Ziel einer egalitären Gesellschaft, die Triebfeder der französischen Revolution und auch des haitianischen Freiheitskampfes war, wurde verfehlt. Die Mulatten wurden die neue Elite, die Schwarzen blieben weitgehend eine ungebildete und rechtlose Landbevölkerung.

1805 eroberte Haiti das seit einem Jahr unter französischer Herrschaft stehende Santo Domingo.

Dessalines Grausamkeit rief schon im folgenden Jahr eine Verschwörung unter dem Schwarzen Henri Christophe und dem Mulatten Alexandre Pétion hervor, durch welche er am 17. Oktober 1806 ermordet wurde. Mit seinem Tod endete auch das Kaisertum; Haiti wurde wieder Republik.

Als Führer des Freiheitskampfes (der Schwarzen) wurde auch Henri Christophe ein Nationalheld Haitis.

Alsbald brach auch die durch den gemeinsamen Hass gegen die Weißen in den Hintergrund gedrängte Rivalität zwischen Mulatten und Schwarzen offen aus und blieb fortan das Motiv aller inneren Kämpfe des neuen Staats. Pétion, als Anführer der Mulatten, und Christophe, als Anführer der Schwarzen, kämpften miteinander um die Oberherrschaft. Das Land spaltete sich in eine südliche Mulatten-Republik mit Pétion als Präsident an der Spitze und in einen nördlichen Staat (Nord-Haiti), dem Henri Christophe als ernannter Präsident vorstand.

Beide Staaten trennte ein breiter Landstrich, den man absichtlich unbebaut ließ, und der bald, von Lianen und Dorngesträuch überdeckt, eine natürliche Grenze bildete.

1808 verlor Haiti die Herrschaft über Santo Domingo. Einer Ansicht nach eroberten die Spanier Santo Domingo zurück; einer anderen Ansicht nach konnten die spanischen Kreolen (einheimische Nachfahren von Spaniern) von Santo Domingo mit britischer Unterstützung die Haitianer vertreiben, legten dann aber ihr Land wieder in spanische Hände.

Am 26. März 1811 verwandelte Christophe Nord-Haiti in eine erbliche Monarchie und ließ sich unter dem Namen Henri I zum König krönen. Er ahmte auf naive Weise den französischen Hofstaat nach und vergab viele komisch anmutende Titel, Hof- und Staatsämter. Schließlich gab es vier Prinzen, acht Herzöge, 22 Grafen und eine große Anzahl von Angehörigen des niederen Adels.

Auf dem 945 Meter hohen Pic La Ferriere ließ er von bis zu 20.000 Zwangsarbeitern die mächtigste Festung seiner Zeit außerhalb Europas errichten. Zugleich erschien ein neues Staatsgesetzbuch (Code Henri).

Die Sklaverei blieb im Grunde die alte, nur trat an die Stelle der Peitsche der Säbel. Zwischen beiden Staaten (des Westteils) herrschte unversöhnliche Feindschaft, und nur in der Zurückweisung der nach dem Wiener Kongress erneuerten Ansprüche Frankreichs waren sie einig. Pétion gab am 2. Juni 1816 seiner Republik eine Verfassung, welche Abschaffung aller Sklaverei, Pressefreiheit etc. festsetzte. Nach Pétions Tod am 27. März 1818 versuchte Henri I. die Mulatten-Republik mit seinem Königreich zu vereinigen; allein der Mulatten-General Jean-Pierre Boyer, der als Präsident Nachfolger Pétions geworden war, wusste diesen Versuch zu vereiteln. Henri I. selbst, welchen ein Aufruhr republikanisch gesinnter Mulatten in seinem Reich zu Grausamkeiten gereizt hatte, wurde immer verhasster, und im September 1820 brach ein Aufstand gegen ihn aus, der bald das ganze Reich erfasste und den Abfall seiner Truppen zur Folge hatte, worauf der König Henri I. sich am 8. Oktober 1820 erschoss. Hierauf fand, da sich das Heer dem Präsidenten Boyer unterwarf, am 26. November 1820 die Vereinigung beider Teile Haitis zu einer einzigen Republik statt.

Am 1. Dezember 1821 proklamierte José Núñez de Cáceres den „Unabhängigen Staat Spanisch-Haiti“ (Estado Independiente de Haití Español).

1822 kam es zum erneuten Anschluss Santo Domingos an Saint Domingue. Zu dem Ablauf gibt es zwei Ansichten: (1) Der Plan von Cáceres, das Land Großkolumbien unter Simón Bolívar anzuschließen, scheiterte, weil die Mehrzahl der Schwarzen und Mulatten eine Union mit Haiti vorzog, wo die Sklaverei bereits abgeschafft war. Der Anschluss an Haiti (und Abschaffung der Sklaverei) erfolgte 1822. Möglich ist auch (2), dass Jean-Pierre Boyer, nachdem er Nord- und Süd-Haiti in seiner Macht hatte, mit den nun frei gewordenen militärischen Kräften 1822 Santo Domingo unterwarf und es am 8. Februar annektierte. Hauptmotiv war dabei die Verstaatlichung der spanischen Kirchengüter, die Sklavenbefreiung und die Einsetzung einer effizienteren nach französischem Vorbild ausgerichteten Landesverwaltung.

Die Republik Haiti wurde in der Folge von den meisten Staaten anerkannt. Nach mehreren vergeblichen Wiedereroberungsversuchen erkannte selbst Frankreich sie 1825 an, allerdings gegen eine an die ehemaligen Plantagenbesitzer zu zahlende Entschädigung von 150 Mio. Franc, die 1838 bei Gelegenheit des Abschlusses eines Handelsvertrags zwischen Frankreich und Haiti auf 60 Mio., in 30 Raten bis 1867 zu zahlen, herabgesetzt wurde. Dieser Betrag ruinierte die haitianische Wirtschaft.

Haiti musste zur Bezahlung der Schulden Steuern einführen, die langanhaltende Unzufriedenheit, besonders im spanisch geprägten Ostteil, verursachte. Insbesondere finanzierte Boyer sie durch Anleihen bei französischen Banken, und diese Auslandsverschuldung wurde chronisch.

Seit 1822 regierte Boyer nach der Verfassung vom 2. Juni 1816 als Präsident auf Lebenszeit, jedoch unter beständigem Zerwürfnis mit dem Repräsentantenhaus.

Im Frühjahr 1842 wurde Haiti von einem furchtbaren Erdbeben heimgesucht, das einige Städte fast vernichtete; besonders hart wurde die Stadt Cap-Haïtien betroffen. Boyer wurde 1843 durch eine von den Mulatten Dumesle und Herard Rivière geleitete Verschwörung gestürzt, ging nach Europa ins Exil, wo er 1850 in Paris verstarb.

Die siegreichen Parteihäupter teilten darauf die Stellen unter sich auf. Widerstand zeigte sich nur in dem spanisch geprägten Ostteil (Santo Domingo), weshalb Rivière eilig mit Truppen dahin zog, die vornehmsten Einwohner von Santo Domingo gefangennahm und eine Besatzung unter seinem Bruder, dem Obersten Leo Herard, zurückließ. Aber kaum wurde eine neue Verfassung eingeführt und hatte Rivière als Präsident die Macht übernommen, als im August 1843 im Ostteil wieder ein offener Aufstand ausbrach.

Am 27. Februar 1844 erkämpfte sich und proklamierte Santo Domingo als Dominikanische Republik (República Dominicana) seine Unabhängigkeit vom westlichen Landesteil Haiti.

Hispaniola ab der Unabhängigkeit der Dominikanischen Republik

Siehe Hauptartikel Geschichte Haitis und Geschichte der Dominikanischen Republik.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Hispaniola – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Howard Zinn: A People’s History of the United States, Harper Perennial, 2005, S. 7
  2. P. C. Emmer: Wirtschaft und Handel der Kolonialreiche, S. 672. Verlag C.H. Beck, München, 1988.

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