Hiddenseer Goldschmuck

Hiddenseer Goldschmuck

Der Hiddenseer Goldschmuck ist ein aus 16 Teilen bestehendes Sammlungsstück der archäologischen Sammlung des Kulturhistorischen Museums in der Hansestadt Stralsund. Der aus Gold gefertigte Schmuck gilt als ein herausragendes Beispiel der Goldschmiedekunst der Wikinger.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Kopie des Goldschmucks im Stralsunder Kulturhistorischen Museum
Detail der Kopie

Der erhaltene Teil des Schatzes besteht aus einem 44 Zentimeter langem Halsring, einer Scheibenfibel, vier kleineren und sechs größeren Hängekreuzen und vier Zwischengliedern. Das Goldgewicht beträgt 598,2 Gramm (Goldgehalt zwischen 93 und 97 Prozent).

Der Halsring besteht aus vier Golddrähten, die miteinander verdrillt sind. Die Enden sind geplättet und punziert. Der Durchmesser des massiven Rings beträgt 12,5 Zentimeter, die Enden sind als Haken-Ösen-Verschluss ausgeführt.

Die Hängekreuze tragen als Hauptmotiv einen Vogelkopf. Diese Dekore wurden mit Modeln aufgepresst. Der Schmuck weist reiche Verzierungen mit Filigranen und Granulationen auf. Die Anhänger sind mit Filigranflechtband verziert. Die sechs großen Anhänger sind sehr ähnlich ausgeführt. Von den kleineren Anhängern ähneln zwei den größeren Stücken, die anderen beiden sind reich granuliert.

Die Scheibenfibel ist auf ihrer Schauseite reich mit nordischen Tierornamenten verziert. Ihr Zentrum bildet eine kreuzförmige Zelle. Vier miteinander verschlungene Tiere berühren die Zwickel des Kreuzes mit ihren Schnäbeln. Die Scheibe wird von drei geperlten, filigranen Drähten eingefasst. Die blanke Rückseite weist Reste der Halterung auf.

Die vier Zwischenglieder sind aus dünnem Goldblech gefertigte Hohlkörper, sie sind granuliert. Sie stellten wahrscheinlich Abstandhalter zwischen den Hängekreuzen dar. Da sie in den vorhandenen Stücken jedoch nicht passgenau sind, ist davon auszugehen, dass zum Schmuck ursprünglich weitere Teile gehörten.

Die Kombination aus dem Material und den Schmuckformen weist diesen Schmuck als Besonderheit aus; vergleichbare Stücke wurden nur noch in Haithabu und York gefunden.

Geschichte

Die Schmuckstücke wurden um 970/980 gefertigt. Der schmale Halsring wurde wahrscheinlich von einer Frau oder einem Kind getragen. Die Scheibenfibel lässt als Besitzerin eine reiche Wikingerin vermuten. Der dänische König Harald Blauzahn wurde mit dem Besitz in Verbindung gebracht. Nachweise für den ursprünglichen Besitzer gibt es jedoch nicht.

Geschichte der Ausstellungsstücke

Rudolf Baier, Gründer des Provinzial-Museums für Neuvorpommern und Rügen in Stralsund, ging davon aus, dass ein Großteil des Schmucks bei einem Sturmhochwasser am 13. November 1872 am Neuendorfer Strand auf der Insel Hiddensee freigespült wurde. Sein Nachfolger Otto Gummel war dagegen der Meinung, der Schmuck müsse aus dem an der Fundstelle gestrandeten Kutter „Klara Karl“ stammen, da die Stücke keine Beschädigungen aufwiesen; seine Theorie, dass es sich um Diebesgut handele, konnte sich jedoch nicht durchsetzen.

Wahrscheinlich war der Schmuck in einem keramischen Gefäß mit einer acht Zentimeter großen Mündung verborgen, worauf der Zustand des Halsringes beim Fund hinweist. Er war zu diesem Zeitpunkt doppelt gebogen.

Der Segelmacher Linsen ließ die Inselbehörden im Juni 1873 wissen, er habe kürzlich am Neuendorfer Strand sieben goldene Schmucksachen gefunden. Diese kaufte Rudolf Baier letztlich für 500 Mark für das Stralsunder Museum auf[1]. Ebenfalls im Juni 1873 kaufte der Stralsunder Goldschmied Ahrens von einer Frau, die behauptete, die Teile im November und Dezember 1872 gefunden zu haben, ein kleines Zwischenglied des Schmucks und am 5. August 1873 ein kleines Hängekreuz für zusammen 90 Mark auf. Nach dem Sturmhochwasser vom 18. Februar 1874 wurden weitere Stücke am Strand gefunden. Der Regierungspräsident Ulrich von Behr-Negendank schenkte dem Museum ein großes Hängestück, welches eine Frau Striesow an den Goldschmied Petschler verkauft hatte.

Rudolf Baier verpflichtete die Fischer von Hiddensee, alle Stücke, die sie fänden, an das Museum abzuliefern. Er zahlte ihnen dafür 4,10 Mark je Gramm. Für fast 2257 Mark erwarb das Museum stückweise weitere Teile. Der Goldschmuck hat heute einen Versicherungswert von über 70 Mio. €.

In der ständigen Ausstellung des Museums wird eine originalgetreue, nach 1990 am Römisch-Germanischen Museum Köln gefertigte Nachbildung gezeigt, das Original wird im Archiv des Museums verwahrt und nur zu besonderen Anlässen präsentiert.

Literatur

  • Claudia Hoffmann: Der Goldschmuck von Hiddensee. In: WELT-KULTUR-ERBE, Nr. 01/2009, ISBN 9771860490003.

Belege

  1. Herbert Ewe: Hiddensee. VEB Hinstorff Verlag, Rostock 1983, S. 136

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