Hessisches Schulgesetz

Hessisches Schulgesetz

Das Hessische Schulrecht besteht aus Verfassungsbestimmungen, Gesetzen, Verordnungen, Erlassen und Richtlinien, deren wichtigste nachfolgend katalogisiert sind. Dieser Artikel dient als Beispiel für die konkrete Ausformung des Schulrechts in einem deutschen Bundesland und bildet damit ein empirisches Seitenstück zum mehr systematisch angelegten Artikel Schulrecht.

Schulrecht ist in Deutschland Landesrecht; das Grundgesetz regelt in Artikel 7 lediglich das folgende:

Die Verfassung des Landes Hessen bestimmt in Art. 56 und 59:

  • Allgemeine Schulpflicht, Schulwesen ist Sache des Staates, Schulaufsicht durch hauptamtliche Fachkräfte;
  • Gemeinschaftsschule als Regelschule;
  • Grundsatz der Toleranz, Rücksichtnahme auf religiöse und weltanschauliche Empfindungen; Primat der Erziehungsberechtigten in religiösen und weltanschaulichen Grundsätzen;
  • Erziehungsziele: sittliche Persönlichkeit, berufliche Tüchtigkeit, politische Verantwortung, selbständiger und verantwortlicher „Dienst am Volk und der Menschheit“; Ehrfurcht und Nächstenliebe, Achtung und Duldsamkeit, Redlichkeit und Wahrhaftigkeit;
  • Unverfälschter Geschichtsunterricht;
  • Mitbestimmung der Erziehungsberechtigten;
  • Unentgeltlichkeit des Unterrichts;
  • Lernmittelfreiheit.

Die bei weitem wichtigste Norm ist das Hessische Schulgesetz (HSchG). Es regelt unter anderem:

  • Lyrik über Erziehungsziele (§ 2) und Grundsätze zu ihrer Verwirklichung (§ 3). „Auf die Einheit des deutschen Schulwesens ist Bedacht zu nehmen“ (§ 3 (14)).
  • Unterricht wird auf der Grundlage von Lehrplänen erteilt (§ 4).
  • Eltern sind über Sexualerziehung rechtzeitig zu unterrichten (§ 7).
  • Religionsunterricht, Abmeldung von selbigem, Ethikunterricht (§ 8).
  • Schulbücher müssen zugelassen werden (§ 10).
  • Schulformen, Organisation der Schulen (§§ 11–55).
  • Schulpflicht und Berufsschulpflicht (§§ 56–68).
  • Rechte und Pflichten der Schüler und Eltern (§§ 69–72): Aufnahme in die Schule; Teilnahmeverpflichtung an ärztlichen Untersuchungen und Tests; Informationsrechte.
  • Leistungsbeurteilung, Noten, Zeugnisse, Versetzung, Kurseinstufung (relevant insbesondere an Gesamtschulen) (§§ 73–76).
  • Übergänge zwischen verschiedenen Schulformen (§§ 77,78), insbesondere Wahl der weiterführenden Schule: Am Ende der Grundschulzeit erfolgt eine Empfehlung, über die sich die Erziehungsberechtigten letztlich hinwegsetzen dürfen – ein wichtiger Unterschied zu der Regelung in einigen anderen Bundesländern (Bayern).
  • Pädagogische Maßnahmen und Ordnungsmaßnahmen, letztere in acht Abstufungen vom Unterrichtsausschluss für den Rest des Schultages über Klassenwechsel und Schulverweis bis hin zum Verweis von jeder Schule der besuchten Schulform (§ 82).
  • Datenschutz und statistische Erhebungen (§§ 83–85).
  • Rechtsstellung der Lehrer, diese sind in der Regel in das Beamtenverhältnis zu berufen, genießen die erforderliche pädagogische Freiheit und sind verpflichtet, sich fortzubilden (§ 86).
  • Die Schulleitung besteht aus dem Schulleiter, seinem Stellvertreter und Lehrern, die besondere Funktionsstellen innehaben; sie kann einzelne Aufgaben delegieren. Der Schulleiter ist nicht Dienstvorgesetzter der Lehrer, sondern übernimmt nur spezielle Aufgaben des Dienstvorgesetzten (§§ 87–91); der Nordrhein-Westfälische Schulleiter Friedrich Mahlmann hat die Narrenfreiheit, die sich manche Lehrer aufgrund dieser Regelung nehmen, in seinem Buch Pestalozzis Erben satirisch geschildert.
  • Schulaufsicht und Rechtsaufsicht über den Schulträger, Landesschulbeirat (§§ 92–97, 99a).
  • Elternvertretungen (§§ 100–120).
  • Schülervertretungen (§§ 121–126).
  • Rechtsstellung: Schulen sind nichtrechtsfähige öffentliche Anstalten. Finanzierung durch den Schulträger, Schulbudget (§ 127a).
  • Schulprogramm (§ 127b).
  • Schulkonferenz (§§ 128–132).
  • Lehrerkonferenzen (§§ 133–136).
  • Schulträger, in der Regel die Landkreise, kreisfreien Städte, einige weitere Städte, nach Vereinbarung auch andere kreisabhängige Gemeinden; gegebenenfalls Schulverbände (Verbände von Schulträgern); der Landeswohlfahrtsverband für Sonderschulen (§ 137–141, 147, 148).
  • Schulbezirke; Verpflichtung der Schulträger, für ein bestimmtes Schulangebot zu sorgen (§ 143,144).
  • Versicherung der Schüler gegen Sachschäden (§ 150).
  • Das Land trägt die Personalkosten für Lehrer, sozialpädagogische Mitarbeiter sowie Schulpsychologen (§ 151), während Sachkosten sowie Personalkosten für sonstige Mitarbeiter (Verwaltungspersonal, Schulassistenten, Hausmeister, Reinigungspersonal) der Schulträger aufkommt (§§ 155–158). Dazu barocke Detailregelungen über eventuelle Mischfinanzierung, die Kosten der Schülerbeförderung, die Stadt- und Kreisbildstellen, die Kosten für Gastschüler (§§ 157, 161–165)
  • Stellen- und Mittelzuweisung sowie die Ausgestaltung der Lernmittelfreiheit werden durch Rechtsverordnung näher geregelt (§§ 152,153).
  • Schulen in freier Trägerschaft („Privatschulen“) als Ersatzschulen oder Ergänzungsschulen; Privatunterricht (§§ 166–177).

Nun folgt ein Überblick über den Kernbestand weiterer Normen, wie ihn die meisten Lehrer als Loseblattsammlung greifbar haben:

Die Schulorganisation ist vor allem in folgenden Normen geregelt:

  • Die Verordnung zur Gestaltung des Schulverhältnisses.
  • Die Verordnungen
    -über die sonderpädagogische Förderung;
    -zur Ausgestaltung der Grundstufe (Primarstufe);
    -zur Ausgestaltung der Mittelstufe (Sekundarstufe I);
    -über die Bildungsgänge und die Abiturprüfung in der gymnasialen Oberstufe und dem beruflichen Gymnasium;
    -über die Berufsschule;
    -über Besondere Bildungsgänge an beruflichen Schulen
    -über das Berufsgrundbildungsjahr
    -über die Ausbildung und die Prüfung an zweijährigen Berufsfachschulen
    -dito an Fachoberschulen
    -zur Ausgestaltung der Schulen für Erwachsene
    -über die Nichtschüler-Abiturprüfung.

Zu Pädagogik und Unterricht:

  • Die Verordnung über das Verfahren bei Ordnungsmaßnahmen, nebst Erlass zum Verfahren bei pädagogischen Maßnahmen.
  • Erlasse über Schulfahrten („Wandererlass“), Rauchen in der Schule, Unterrichtsausfall bei großer Hitze („Hitzefrei“).
  • Die Verordnung über die Leistungsbewertung bei Lese-/Rechtschreibschwäche; der Erlass zum Nachteilsausgleich bei Behinderungen; der Erlass über die Freistellung vom Schulsport.
  • Der Erlass über Entwicklung, Realisierung und Evaluation des Schulprogramms.

Zur Mitbestimmung der Eltern und Schüler:

Zur Dienststellung und Ausbildung der Lehrer:

  • Das Gesetz über das Lehramt an öffentlichen Schulen.
  • Die Verordnung über die Zulassung zum Vorbereitungsdienst für die Lehrämter (Einstellung von Referendaren).
  • Die Verordnung über die Pädagogische Ausbildung und die Zweite Staatsprüfung für die Lehrämter und die Prüfung zum Erwerb der Lehrbefähigung in arbeitstechnischen Fächern (Ausbildungs- und Prüfungsverordnung, APVO).

Die Pflichten der Lehrer:

  • Die Dienstordnung für Lehrkräfte, Schulleiter u. a. (Allgemeine Dienstordnung, ADO): § 10 schränkt Werbung in der Schule ein, hält aber ein Hintertürchen für Sponsoring geöffnet.
  • Die Konferenzordnung: regelt die Schulkonferenz, in der Eltern und Schüler mitwirken, sowie die Lehrerkonferenzen wie z. B. Klassenkonferenz.
  • Die Verordnung über die Aufsicht (Schulrecht) über Schüler: regelt nicht nur die Aufsicht auf dem Schulhof, sondern zum Beispiel auch die besonderen Sicherheitsvorschriften beim Sport oder bei (z. B. chemischen) Experimenten.
  • Der Erlass über den Geschäftsverkehr und das Hessische Verwaltungsverfahrensgesetz für Schulen.
  • Die Richtlinien über die Führung, Aufbewahrung und Archivierung von Schriftgut in Schulen: regelt Schülerkartei, Klassenbuch, Zeugnislisten. Die Aufbewahrungsfristen reichen von unendlich (Schulprogramme, Jahresberichte, Schulchroniken) über fünfzig Jahre (Schülerkarte, Zweitschriften von Abschluss- und Abgangszeugnissen), zehn Jahre (Prüfungsakten, z. B. Abiturklausuren), fünf Jahre (Klassenbücher) bis zu zwei Jahren (Zeugnislisten, Versäumnislisten).
  • Der Erlass über Schülerarbeiten regelt, dass diese Eigentum der Schüler sind; sie sind in der Regel spätestens am Ende des Schuljahres zurückzugeben.

Die Arbeitsbedingungen der Lehrer:

  • Der Erlass über das Einstellungsverfahren (teils über zentrale Ranglisten, teils über schulbezogene Ausschreibungen).
  • Der Erlass über die Ausschreibung von Funktionsstellen.
  • Der Erlass über die Beförderung zum Oberstudienrat.
  • Die Pflichtstundenverordnung, nebst speziellen Verordnungen für Personalräte und Teilzeitkräfte.
  • Das Merkblatt über das Sabbatjahr.
  • Die allgemeine Ferienordnung.
  • Der Erlass über den Arbeitsschutz, der insofern ein Kuriosum ist, als er mit einer ausführlichen didaktischen Übersicht über die feinverästelte deutsche Arbeitsschutzgesetzgebung beginnt.

Das Dienstrecht für Lehrer

  • Die im Grundgesetz (Artikel 33) eingefrorenen „hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums.“
  • Das Hessische Beamtengesetz (HBG).
  • Die Urlaubsverordnung, aus der für Lehrer insbesondere die Bestimmungen über Dienstbefreiung wichtig sind, für deren Auslegung in der Praxis eine präzisere Regelung aus dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) herangezogen wird.
  • Das Hessische Gleichberechtigungsgesetz (HGlG).
  • Die Fürsorgerichtlinien für schwerbehinderte Angehörige des öffentlichen Dienstes.


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