Herztransplantation

Herztransplantation
Prinzip der Herztransplantation. Das Spenderherz wird mit den Hohlvenen, der Lungenarterie und der Aorta verbunden

Eine Herztransplantation (abgekürzt HTX für engl. heart exchange) ist die Transplantation eines Herzens von einem Organspender zu einem Empfänger.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Allgemein wird mit Herztransplantation die Organverpflanzung zwischen Menschen bezeichnet.

Dabei wird das noch biologisch aktive Herz eines für tot erklärten Organspenders einem Empfänger eingepflanzt. Die Feststellung des Hirntods wird von einem Ärztegremium getroffen, welches unabhängig vom transplantierenden Ärzteteam diese Diagnose stellt. Das Herz des Empfängers kann entweder entfernt (orthotopes Verfahren) oder im Körper belassen werden, um das Spenderherz zu unterstützen (heterotopes Verfahren).

Immunsuppression

Da eine Abstoßungsreaktion in jedem Falle unterdrückt werden muss, ist die Notwendigkeit einer Immunsuppression lebenslang gegeben. Hierzu ist die Beobachtung der Immunreaktion von entscheidender Bedeutung, so dient zum Beispiel die Echokardiografie (Ultraschall des Herzens) als maßgebliche Beurteilungsmethode. Im Langzeitverlauf wird als immunsuppressive Therapie meist eine Kombination von Steroiden, Azathioprin und Cyclosporin A, gegebenenfalls zusätzlich initial von lytischen Antikörpern gegen T-Lymphozyten, eingesetzt [1].

Risiken

Eine Herztransplantation ist ein tiefgreifender und mit erheblichen Risiken behafteter Eingriff, dessen Nutzen genau abgewogen werden muss. Bei einer deutschlandweiten Studie [2] wurde festgestellt, dass die Transplantation nur für Patienten mit hohem Risiko statistisch von Vorteil war.

Die notwendige immunsuppressive Therapie birgt das Risiko von Entzündungen, weil das Immunsystem hierbei stark beeinträchtigt wird.

Kontraindikationen

Einige Patienten sind nicht für eine Herztransplantation geeignet, vor allem wenn sie noch unter anderen (nicht das Herz betreffenden) Kreislauf-Beschwerden leiden. Folgende Dinge können die Komplikationsrate während der Operation erhöhen:

  • Nieren-, Lungen- oder Lebererkrankungen
  • insulinabhängiger Diabetes mit anderen Organ-Dysfunktionen
  • andere lebensbedrohende Krankheiten
  • Gefäßerkrankungen der Hals- und Beinarterien
  • erhöhter pulmonalvaskulärer Widerstand
  • junge Thromboembolien
  • Alter über 60 Jahre (verschiedene Angaben je nach Zentrum)
  • Alkohol- oder Drogenabusus

Überlebensrate

Die Fünf-Jahres-Überlebensrate nach einer Herztransplantation liegt bei etwa 70–80 Prozent.[3] Die Überlebenschance für Diabetiker ist mittlerweile nahezu gleich groß wie die von Nichtdiabetikern.[4]

Geschichte

Die erste experimentelle Herztransplantation fand 1905 in Wien an einem Hund statt.

Die weltweit erste erfolgreiche kurative Herztransplantation am Menschen vollführte am 3. Dezember 1967 im Groote-Schuur-Krankenhaus in Kapstadt, Südafrika der Chirurg Christiaan Barnard an dem Patienten Louis Washkansky. Die entscheidenden Forschungen für die Operation leisteten die US-Amerikaner Norman Shumway und Richard Lower. Der Patient Washkansky verstarb jedoch 18 Tage nach der Operation aufgrund einer Lungenentzündung. Der Eingriff löste ein immenses weltweites Medienecho mit sehr kontroversen Debatten aus. Washkansky wurde dabei entgegen allgemeiner Usancen ständig mit vollem Namen erwähnt (auch mit Spitznamen wie "Washy") und in früheren und aktuellen Bildern gezeigt. Das veranlasste 1972 den Medienforscher Eckart Roloff, in seiner Dissertation über die Presseberichterstattung zu Herzverpflanzungen von der "publizistischen Entdeckung des Patienten" zu sprechen.

Nur fünf Tage nach der ersten Herztransplantation verpflanzte Adrian Kantrowitz am Maimonides Hospital in Brooklyn, New York, (USA) ein Kinderherz. Die Operation scheiterte allerdings; der Patient verstarb kurz nach der Operation. Anfang 1968 transplantierte Norman Shumway an der Stanford University das erste Herz in den USA. Christian Cabrol transplantierte am 27. April 1968 in Paris, Frankreich, das erste Herz in Europa.

Weitere bekannte Personen mit den ersten Herztransplantationen waren:

  • Philip Blaiberg aus der Republik Südafrika wurde am 2. Januar 1968 als weltweit zweiter erwachsener Patient von Barnard operiert und verstarb im August 1969
  • Jean-Marie Boulogne aus Frankreich im Juni 1968, verstarb im Oktober 1969
  • Robert McKee aus den USA im August 1968, verstarb im Mai 1970
  • Louis Russel aus den USA erhielt zwei Transplantationen, zuletzt am 24. August 1968
  • Edward Falk aus den USA mit einer erstmals gleichzeitigen Transplantation des Herzens und zweier Lungenflügel am 15. September 1968 durch Denton Cooley. Falk verstarb sechs Tage nach der Operation.
  • Leo Allan Boyd aus Kanada im November 1968, verstarb im März 1970

Von Dezember 1967 bis Anfang September 1970 wurden insgesamt 164 Herzen transplantiert. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es noch 20 Überlebende.

1974 führte Barnard erstmals mit dem Patienten Ivan Taylor eine heterotope Herztransplantation (Heterotope HTx) durch, bei der das geschwächte Herz im Körper verbleibt und ein transplantiertes Herz auf dem bestehenden aufliegt, um es zu entlasten.

In der Bundesrepublik Deutschland wurde am 13. Februar 1969 durch den Chirurgen Rudolf Zenker in der Chirurgischen Universitätsklinik München an einem 36-jährigen Patienten die erste Herztransplantation durchgeführt. Der Patient verstarb aber 27 Stunden nach der Transplantation. Die erste Herztransplantation nach 1969 wurde erst wieder nach der Entwicklung des neuen Medikamentes mit dem Arzneistoff Ciclosporin am 7. Mai 1981 am Deutschen Herzzentrum München wiederaufgenommen und war erfolgreich.[5]. 1984 gab es in der Bundesrepublik Deutschland vier Herztransplantationszentren: Klinikum München-Großhadern, Deutsches Herzzentrum München, Klinikum der Medizinischen Hochschule Hannover und das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Im Oktober 1983 wurde in Innsbruck die erste Herztransplantation in Österreich durchgeführt. In der Deutschen Demokratischen Republik wurde 1986 an der Charité in Ost-Berlin das erste Herz verpflanzt. Im Jahr 2004 wurden in 24 Kliniken in Deutschland insgesamt 398 Herzen verpflanzt.

Durch die Entdeckung des Abstoßungsmedikamentes Cyclosporin A aus den norwegischen Schlauchpilzen Tolypocladium inflatum (Gams) und Cylindrocarpon lucidum (Booth) nahm die Anzahl der Herztransplantationen ab 1981 stetig zu.

Anzahl von Herztransplantationen

Jahr Weltweit
1967 1
1968 100
1969 53 (davon 1 in der BRD)
1970 30
1971 25
1972 30
1973 45
1974 40
1975 42
1976 42
1977 50
1978 83
1979 70
1980 100
1981 90 (davon 6 in der BRD)
1982 189 (davon 10 in der BRD)
1983 318 (davon 25 in der BRD)
1984 665 (davon 65 in der BRD)
1985 1.182 (davon 73 in der BRD)
1986 2.159 (davon mind. 1 in der DDR)
1987 2.713
1988 3.136
1989 3.363
1990 4.003 (davon ca. 450 in Deutschland)
1991 4.171
1992 4.203
1993 4.364
1994 4.429
1995 4.396
1996 4.263
1997 4.199
1998 3.864
1999 3.581
2000 3.433
2001 3.390
2002 3.283
2003 3.226 (davon 394 in Deutschland und 62 in Österreich)
2004 3.065 (davon 398 in Deutschland und 63 in Österreich)
2005 3.185 (davon 394 in Deutschland und 55 in Österreich)
2006 3.205 (davon 412 in Deutschland und 54 in Österreich)
2007  ? (394 in Deutschland und 57 in Österreich)
2008  ? (382 in Deutschland und 62 in Österreich)

Von 1967 bis 2000 wurden nach Angaben der International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT) mit Sitz in Addison, Texas (USA) bis Ende 1999 weltweit 55.359 Herztransplantationen in 301 offiziell bekannten Zentren durchgeführt. Von 1967 bis zum 30. Juni 2007 erhöhte sich die Zahl auf weltweit insgesamt 80.106 Herztransplantationen.

Herztransplantation bei Kindern

Bei manchen angeborenen Herzfehlern ist die Herztransplantation in schweren Fällen mitunter die einzige langfristig wirksame therapeutische Möglichkeit. 1985 fanden in den USA die ersten erfolgreichen Herztransplantationen bei Kleinkindern und Säuglingen statt. Seit 1988 gibt es diese Operationen auch in deutschen Kliniken. In überwiegender Mehrzahl können die operierten Kinder ein weitgehend normales Leben führen und sind körperlich belastbar. Da das transplantierte Herz aber ein latent abgestoßener Fremdkörper bleibt, ist es von verschiedenen Verlaufserkrankungen bedroht und muss gegebenenfalls später retransplantiert werden [6].

In den meisten Fällen ist das sogenannte Hypoplastische Linksherz-Syndrom als Operationsgrund gegeben, ferner ist die sogenannte dilatative Kardiomyopathie die zweithäufigste zugrundeliegende Erkrankung.

Die durchschnittliche Wartezeit für eine Herztransplantation bei kleineren Kindern beträgt in Deutschland etwa 180 bis 200 Tage (2006), hilfsweise wird diese bis zur Transplantation mit einem mechanischen Herzunterstützungssystem überbrückt. Im Jahre 2006 wurden in Deutschland acht Herztransplantationen bei Kindern durchgeführt. Alle betroffenen Kinder hatten die Dringlichkeitsstufe HU (High Urgency).

Die Sterblichkeit/Letalität liegt innerhalb der ersten vier Wochen nach einer Herztransplantation bei durchschnittlich 5 Prozent.

Medien

Literatur

  • Christof Schmid, Jan D. Schmitto und Hans-Heinrich Scheld, Leitfaden Herztransplantation 3. Auflage 2009, Steinkopff-Verlag, ISBN 978-3-7985-1872-8
  • Friedhelm Beyersdorf, Jürgen Martin, Fortschritte in der Herztransplantation, UNI-MED-Verlag, 2005, ISBN 978-3-89599-829-4
  • Christof Schmid, Jan D. Schmitto und Hans-Heinrich Scheld, Herztransplantation in Deutschland. Ein geschichtlicher Überblick Steinkopff-Verlag, Darmstadt 2003, ISBN 978-3-7985-1390-7
  • Oliva Wiebel-Fanderl, Herztransplantation als erzählte Erfahrung: Der Mensch zwischen kulturellen Traditionen und medizinisch-technischem Fortschritt, LIT-Verlag 2003, ISBN 978-3-8258-6865-9

Weblinks

Studien:

  • Transplantationsergebnisse: In einer kollektiven Studie (Collaborative Transplant Study) werden die Ergebnisse aus 400 Transplantationszentren in 45 Ländern zur Transplantation von Niere, Herz, Lunge, Leber und Bauchspeicheldrüse zusammengefasst und ständig aktualisiert.

Quellen

  1. http://www.deutscher-aerztekongress.de/pdfs/Abstracts_2006/309_Transplantation%20Herz%20Lunge_Hetzer.pdf Immunsuppression
  2. Transplantationsstudie (engl.)
  3. Stefan Endres: Facharztprüfung innere Medizin: In Fällen, Fragen und Antworten; Elsevier, 2008; ISBN 3-437-23332-7; S. 379 (Vorschau bei Google Books)
  4. E. Standl u. a.: Deutsche Evidenzbasierte Diabetes-Leitlinien (DDG): „Diabetes und Herz“; 2002 (pdf, 88kB)
  5. Erste erfolgreiche deutsche Herztransplantation
  6. http://hch.klinikum.uni-muenchen.de/deutsch/herzchirurgie/herztransplantation.pdf
  7. http://www.aerzteblatt.de/v4/archiv/artikel.asp?id=61972
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