Herzogtum Vendome

Herzogtum Vendome

Die Grafschaft und das spätere Herzogtum von Vendôme (Vendômois) ist eine historische Provinz Frankreichs die in ihrem Umfang dem Norden des heutigen Département Loir-et-Cher entsprach. Entstanden ist das Territorium aus dem römischen pagus vindocinensis, dem Gebiet um die Karnuten-Siedlung Vendôme. Neben dem namensgebenden Hauptort bestand die Grafschaft weiterhin aus den Burggrafschaften Lavardin und Montoire (dessen Herren 1218 Grafen von Vendôme wurden), die Herrschaft Beaugency an der Loire ging schon früh an die Grafschaft Blois über, im 15. Jahrhundert wurde das Vendômois um Mondoubleau und Saint-Calais erweitert.

Geographisch war das Vendômois von folgenden Grafschaften umgeben. Im Westen von Maine, im Norden von Le Perche, im Nordosten von Châteaudun, im Südosten von Blois und im Süden von Tours.

Wappen der Grafen von Vendôme

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In karolingischer Zeit gehörte das Gebiet der späteren Grafschaft Vendôme zum Herrschaftsbereich der Robertiner, die als Markgrafen der neustrischen Mark fast den gesamten Nordwesten des heutigen Frankreichs beherrschten. Diese Mark war vor allem gegen die Bretonen gerichtet, welche mehrmals plündernd in das Zentrum Franziens einfielen, der bretonische König Nominoë starb dabei 851 unweit von Vendôme. Der Robertiner Hugo der Große setzte zur besseren Verwaltung seines Territoriums Grafen und Vizegrafen in den wichtigsten Städten ein, in Vendôme war es Burchard Ratepilate der, als Vasall des Bischofs von Chartres, somit die Grafschaft Vendôme begründete. Dessen Sohn Burchard der Ehrwürdige war ein enger Vertrauter Hugo Capets und unterstützte diesen bei der Wahl zum König Westfrankens (Frankreich). Machtpolitisch wurde das Vendômois damals jedoch von dem Haus Blois bedrängt, dessen Besitz um die Grafschaften Blois, Châteaudun und Tours sich an der gesamten Süd und Ostgrenze des Vendômois anlehnten und dieses Territorium somit von der Île de France, dem unmittelbaren Herrschaftsraum der Könige, abschnitt. Die Grafen suchten daher ein engeres politisches und familiäres Zusammengehen mit den Grafen von Anjou, die selber wiederum ein natürlicher Gegner der Blois waren.

Dies hatte jedoch zur Folge, dass die Grafschaft unter seinem neuen Haus Monceaux zunehmend unter den Einfluss der Anjou fiel. Gottfried II. von Anjou vertrieb 1032 den unfähigen Grafen Fulko, genannt das Gänschen (Foulques l’Oison), und übernahm selber für mehr als 30 Jahre die Herrschaft in Vendôme. Erst 1060 konnte Fulko nach Vermittlung König Heinrichs I. seinen Besitz wieder an sich nehmen, jedoch unter der Bedingung dem Grafen von Anjou fortan als Lehnsherren für Vendôme anerkennen zu müssen. Diese somit begründete Vasallität zu Anjou sollte noch für 400 weitere Jahre fortbestehen.

Politisch spielten die Grafen von Vendôme im 12. Jahrhundert, unter dem aus der Touraine stammenden Haus Preuilly, nur eine untergeordnete Rolle. Zumeist stritten sie sich mit der Abtei de la Trinité um Herrschaftsrechte oder kämpften gegen die Herren von Amboise um den Besitz der Burg Mondoubleau, weiterhin mussten sie sich mehrmals gegen Zugriffe des Hauses Blois erwehren. Graf Gottfried III. wurde dabei 1105 von Theobald IV./II. von Blois-Champagne gefangen genommen, dessen Sohn Theobald V. von Blois belagerte 1161 Vendôme und konnte nur durch einen rechtzeitigen Entsatz Heinrich Plantagenets vertrieben werden.

Die bereits erwähnte Vasallität der Grafen von Vendôme zu den Grafen von Anjou führte in der Mitte des 12. Jahrhunderts zu deren Zugehörigkeit zum Herrschaftsraum der Dynastie Plantagenet, welcher in der modernen Geschichtsschreibung als „Angevinisches Reich“ (Reich von Anjou) bezeichnet wird. In der Folge wurde das Vendômois, bedingt durch seine geographische Nähe zur Île de France, ein Austragungsort des Machtkampfes der Plantagenets mit dem französischen Königshaus. Im Jahr 1188 nahm König Philipp II. von Frankreich die Burg von Vendôme ein die aber wenig später von Richard Löwenherz zurückerobert wurde. 1194 nahm Philipp erneut die Stadt Vendôme und belagerte die Burg auf ein Neues, mit dem von Löwenherz herbeigeführten Entsatzheer lieferte sich Philipp am 3. Juli des Jahres die Schlacht bei Fréteval (nordöstlich von Vendôme) in der Löwenherz siegte.

Zu Beginn des 13. Jahrhunderts konnte der französische König schließlich über die Plantagenets siegen und diese in den meisten ihrer Besitzungen entmachten. So auch im Anjou welches der Krondomäne zugeführt wurde, Graf Johann III. von Vendôme unterwarf sich 1212 deshalb in Soissons der französischen Krone. Mit Graf Johann IV. beerbte das Haus Montoire, welches selber einst ein Vasall der Grafen Vendômes war, die vorangegangenen Preuilly. Die Vasallität zum Anjou bestand auch für das neue Grafenhaus weiter, so musste Graf Peter 1246 dem neu apanagierten Grafen Karl I. von Anjou huldigen. Die Grafen nahmen in der Konsequenz an den Feldzügen Anjous nach Neapel und Sizilien, sowie an den Kreuzzügen in Ägypten und Tunesien teil. Im 14. Jahrhundert erbten die Grafen Vendômes die im Languedoc gelegene Herrschaft Castres welche 1356 zu einer Grafschaft aufgewertet wurde. Im weiteren Verlauf dieses Jahrhunderts kämpften die Grafen auf französischer Seite im hundertjährigen Krieg, Graf Johann VI. geriet dabei in der Schlacht bei Maupertuis (1356) in englische Gefangenschaft.

Als das Haus Montoire 1372 ausstarb, erbten die Bourbonen die Grafschaft. Diese wurde in der späten Phase des hundertjährigen Krieges von den Engländern besetzt, nach dem Auftreten der Jungfrau von Orléans wurde die Besatzung 1430 beendet. Die Baronie Mondoubleau wurde 1484 mit Vendôme verschmolzen, zugleich wurde in diesem Jahr die Lehnsabhänigkeit Vendômes zu Anjou beendet und die Grafschaft damit direkt der Krone unterstellt. 1515 wurde Vendôme von König Franz I. zugunsten Karls von Bourbon († 1538) zum Herzogtum erhoben und mit der Pairswürde ausgestattet. 1562 wurde Karls Enkel Heinrich von Bourbon, der spätere König Heinrich IV., Herzog von Vendôme. Als Protestant in einem stark katholischen Herzogtum, musste er die Schließung der protestantischen Kirchen und die Ernennung eines katholischen Gouverneurs akzeptieren, sah gleichzeitig, wie sich die Stadt Vendôme mehr und mehr der Katholischen Liga annäherte. 1589, jetzt als König, musste Heinrich Vendôme erobern, wobei mehrere Burgen, darunter die von Vendôme und Lavardin, zerstört wurden.

Nachdem Heinrich IV. den Thron Frankreichs bestiegen hatte, gab er das Herzogtum 1598 als Apanage dem ältesten der ihm von Gabrielle d'Estrées geborenen Söhne, César, Großadmiral von Frankreich, der zum Begründer des Hauses Vendôme wurde.

Dessen älterer Sohn war der spätere Kardinal Louis, Herzog von Vendôme, Vizekönig von Katalonien. Sein zweiter Sohn war François de Vendôme, Militär, Höfling und Verschwörer gegen die Kardinäle Richelieu und Mazarin.

Des Kardinals ältester Sohn und Nachfolger in der Herzogswürde war Louis II. Joseph, der berühmte Feldherr Ludwigs XIV. im Spanischen Erbfolgekrieg. Dessen jüngerer Bruder Philippe, General und Großprior des Malteserordens in Frankreich, war der letzte seines Geschlechts.

Das Herzogtum Vendôme kehrte 1712 zur Krone zurück, war dann von 1772 bis 1789 erneut Apanage, jetzt für den Grafen von Provence, den späteren König Ludwig XVIII..

Seit dem Sieg König Philipps II. über die Plantagenets wurde die königliche Autorität in Vendôme durch einen Bailli vertreten, diesem wurde im 15. Jahrhundert in Mondoubleau und Saint-Calais je ein untergeordneter Bailli (Bailli secondaire) zur Seite gestellt. Ab dem Jahr 1558 waren diese Bailliages dem Gouvernement (Généralité) von Orléans unterstellt. Auf den Generalständen von 1789 war Vendôme mit vier Abgeordneten vertreten, nach dem Ausbruch der Französischen Revolution wurde die Region in das Département Loir-et-Cher eingegliedert.

Grafen und Herzöge von Vendôme

Burchardinger

siehe Hauptartikel Burchardinger (französisch)

Haus Monceaux

siehe Hauptartikel Haus Monceaux

Erstes Haus Anjou

siehe Hauptartikel Erstes Haus Anjou

Haus Monceaux

siehe Hauptartikel Haus Monceaux

Haus Preuilly

siehe Hauptartikel Haus Preuilly

  • 1085–1102 : Gottfried II Jordan (Jourdain) († um 1102), Herr von Preuilly, durch Heirat Graf von Vendôme (1086–1101), ∞ Euphrosine von Vendôme, Tochter Fulkos
  • 1102–1137 : Gottfried III Grisegonnelle, Graf von Vendôme († 1137), Sohn Gottfrieds II.
    • 1102–1105 : unter Vormundschaft seiner Mutter Euphrosine von Vendôme
  • 1137–1180 : Johann I., Graf von Vendôme (* 1110 † 1180), Sohn Gottfrieds III.
  • 1180–1202 : Burchard IV., Graf von Vendôme (* 1139 † 1202), Sohn Johanns I.
  • 1202–1211 : Johann II., Graf von Vendôme († 1211), Enkel Burchards IV.
    • 1202–1211 : unter Vormundschaft seines Großonkels Gottfried von Vendôme, einem Sohn Johanns I.
  • 1211–1217 : Johann III. l'Eclésiastique, Graf von Vendôme († 1217), Sohn Burchards IV.

Haus Montoire

siehe Hauptartikel Haus Montoire

  • 1217–1230 : Jean IV. de Vendôme, Herr von Montoire, Graf von Vendôme, durch seine Mutter Enkel Bouchards IV.
  • 1230–1249 : Pierre de Vendôme, Graf von Vendôme, (* 1200 † 1249), Sohn Jeans IV.
  • 1249–1270 : Bouchard V. de Vendôme, Graf von Vendôme, († 1270), Sohn Pierres
  • 1271–1315 : Jean V. de Vendôme, Graf von Vendôme, († 1315), Sohn Bouchards V.
  • 1315–1354 : Bouchard VI. de Vendôme, Graf von Vendôme, († 1354), Sohn Jeans V.
  • 1354–1364 : Jean VI. de Vendôme, Graf von Vendôme, († 1364), Sohn Bouchards VI.
  • 1364–1371 : Bouchard VII. de Vendôme, Graf von Vendôme, († 1371), Sohn Jeans VI.
  • 1371–1372 : Jeanne de Vendôme, Gräfin von Vendôme († 1372), Tochter Bouchards VII.
    • 1371–1372 : unter Vormundschaft ihrer Großmutter Jeanne de Ponthieu, der Witwe Jeans VI.
  • 1372–1403 : Catherine de Vendôme, Gräfin von Vendôme († 1411), Tochter Jeans VI., ∞ Jean I. de Bourbon, comte de La Marche

Bourbonen

siehe Hauptartikel Bourbonen

Haus Vendôme

siehe Hauptartikel Haus Vendôme

Titel der orleanistischen Prätendenten

siehe Hauptartikel d'Orléans

Quellen

  • Eudes de Saint-Maur, Vie de Burchard le Vénérable

Literatur

  • Dominique Barthélemy, La société dans le comté de Vendôme de l'an mil au XIVe siècle, Fayard, 1993, ISBN 2-213-03071-5
  • Johann-Claude Pasquier, Le Château de Vendôme, éd. du Cherche-lune, 2000, ISBN 2-904-736-18-2

Weblinks


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