Herwig van Staa

Herwig van Staa
Herwig van Staa (2004)

Herwig van Staa (* 10. Juni 1942 in Linz, Oberösterreich) ist ein österreichischer Politiker (ÖVP). Er ist Landtagspräsident des österreichischen Bundeslandes Tirol und war zwischen 2002 und 2008 Tiroler Landeshauptmann.

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung und Beruf

Nach der Volksschule in Bad Leonfelden und der Matura in Wels 1960 studierte er an der Universität Innsbruck die Fächer Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Volkskunde und Soziologie (Dr. iur, Dr. phil. und Gleichstellung mit Mag. rer. soc. oec.). Ab 1971 war er Geschäftsführender Gesellschafter in einem Raum- und Sozialforschungsinstitut, ab 1974 Assistent und seit 1980 Leiter des Forschungsinstituts für Alpenländische Land- und Forstwirtschaft der Universität Innsbruck. 1989 wurde er Assistenzprofessor; mit der Übernahme des Bürgermeisteramtes erfolgte eine Karenzierung ohne Bezüge.

Herwig van Staa ist seit 1974 mit Luise, geb. Wallnöfer, Tochter des Landeshauptmannes Eduard Wallnöfer, verheiratet und hat zwei Kinder.

Seit seiner Studienzeit ist er Mitglied der K.Ö.H.V. Leopoldina Innsbruck im ÖCV, bereits als Schüler trat er der K.Ö.St.V. Traungau zu Wels im MKV bei. Er ist heute Mitglied von mehr als zwanzig christlichen Studentenverbindungen. Mitte der neunziger Jahre wurde ihm für sein Engagement der ÖCV-Ehrenring verliehen.

Politische Tätigkeit

Von 1989 bis 2005 war van Staa Mitglied des Gemeinderates der Landeshauptstadt Innsbruck. Wegen wiederholter Kritik an der Stadtführung wurde er aus dem Gemeinderatsklub ausgeschlossen. Bei den Gemeinderatswahlen 1994 trat er - obwohl unverändert Mitglied der Tiroler Volkspartei - mit seiner eigenen Liste „Für Innsbruck“ an, die zweitstärkste Fraktion wurde. Ab 1994 übte er das Amt des Bürgermeisters der Landeshauptstadt aus und wurde 2000 wiedergewählt. Am 27. Oktober 2001 wurde Herwig van Staa zum Landesparteiobmann der Tiroler Volkspartei gewählt.

Am 26. Oktober 2002 wurde er vom Tiroler Landtag als Nachfolger von Wendelin Weingartner zum Landeshauptmann gewählt. Hilde Zach folgte ihm als Bürgermeisterin von Innsbruck nach. Van Staa wurde bei der Landtagswahl 2003 in seinem Amt bestätigt.

Herwig van Staa konnte in seiner Zeit als Innsbrucker Bürgermeister die Stadtfinanzen sanieren und somit den Schuldenberg abbauen. Weiters legte er den Grundstein für Bau- und Infrastrukturprojekte, wie die Sanierung der Sportanlagen oder den Neubau des Rathauses. Van Staa selbst sieht sich nicht in der bündischen Tradition der Volkspartei. Seine politischen Prinzipien verortet er selber als in der christlichen Soziallehre begründet.

Am 15. Dezember 2005 trat van Staa (laut ORF) als Gemeinderat der Stadt Innsbruck zurück. In dieser Funktion war er seit seinem Ausscheiden als Bürgermeister beurlaubt, um weiterhin als Städtevertreter Präsident des Kongresses der Gemeinden und Regionen im Europarat bleiben zu können.

Nachdem die ÖVP bei den Tiroler Landtagswahlen vom 8. Juni 2008 auf 40,45% zurückgefallen war (2003: 49,89%), kündigte Van Staa zunächst an, Landeshauptmann bleiben zu wollen. Van Staa hatte mehrfach vor der Wahl erklärt, er wolle nur das Feld räumen, wenn die ÖVP unter 40 Prozent falle.[1] Während der Koalitionsverhandlungen mit der Tiroler SPÖ trat er jedoch am 23. Juni 2008 als Landeshauptmann zurück. Sein Nachfolger ist seit 1. Juli 2008 der ehemalige Innenminister Günther Platter, der als Kompromisskandidat der ÖVP-Bünde Bauernbund und ÖAAB galt. Van Staa selbst wurde am selben Tag zum Landtagspräsidenten gewählt.

Im Mai 2002 wurde van Staa zum Präsidenten des Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates gewählt, zuvor war er bereits seit 1998 Präsident der Kammer der Gemeinden gewesen.

Am 5. November 2008 wurde Herwig van Staa von der 12. Generalversammlung der Konferenz der Europäischen Regionalen Gesetzgebenden Parlamente (CALRE) zum Präsidenten für die Funktionsperiode 2008/ 2009 gewählt.

Kritik

Wegen seiner Unterstützung für Fluss- und Stausee-Kraftwerksneubauten des Tiroler Landesenergieversorgers TIWAG wurde van Staa von der Initiative tiroler initiative wir alle gemeinsam (t.i.w.a.g) kritisiert.[2]

2004 schlug van Staa vor, Asylwerber, die ihre Identität nicht bekanntgeben, in einem Internierungsquartier unterzubringen, was für Kritik sorgte. Im Februar 2007 forderte van Staa, straffällig gewordene Asylwerber, die nicht abgeschoben werden und deren Untersuchungshaft nicht verlängert werden könnten, zu „internieren“, also auf unbestimmte Zeit einzusperren. Dieser Vorschlag wurde von den Tiroler Grünen und der grünen Menschenrechtssprecherin Terezija Stoisits als jeder sachlichen und rechtsstaatlichen Grundlage entbehrend sowie von Landeshauptmannstellvertreter Hannes Gschwentner kritisiert.[3] Unterstützt wurde van Staas Vorschlag von ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon.[4]

Die von der Tiroler SPÖ veranstalteten[5] Geburtstagsfeierlichkeiten für den früheren Gestapo-Beamten und ehemaligen stellvertretenden Innsbrucker Bürgermeister, Ferdinand Obenfeldner (SPÖ), sorgten für Rücktrittsforderungen des Simon-Wiesenthal-Centers an verschiedene Politiker, darunter auch van Staa. Der Landeshauptmann wurde deswegen auch vom israelischen Historiker Efraim Zuroff kritisiert.[6] Obenfeldner hatte 1938 im Rahmen des Novemberpogroms in Innsbruck eine Verhaftung durchgeführt[7][8]. In einem Brief an das Simon-Wiesenthal-Zentrum erklärte van Staa, Obenfelder habe sich in jahrzehntelanger Tätigkeit im Sozialbereich stark engagiert und nie etwas von seiner Biografie verleugnet. Zudem habe niemand die Behauptung aufgestellt, Obenfelder habe sich in der NS-Zeit etwas zuschulden kommen lassen. Er, van Staa, habe sich immer von Nationalsozialismus klar distanziert und verurteile sowie verabscheue die grausamen Verbrechen dieser Zeit.[9]

Ebenfalls im März 2007 äußerte van Staa, ihm seien Gerüchte zu Ohren gekommen, wonach der Vater des grünen Bundessprechers Alexander Van der Bellen gegen Ende des zweiten Weltkriegs unter nicht geklärten Umständen mit seiner Familie von Estland nach Österreich gelangt sei, und meinte, dies könnte im Zusammenhang mit Kontakten zu hoch angesiedelten Nazis oder dem Regime stehen. Die Dritte Nationalratspräsidentin Eva Glawischnig-Piesczek sprach daraufhin von einer Schmutzkübelkampagne.[10] In einem Interview mit der Tiroler Tageszeitung dementierte van Staa, van der Bellens Vater als "hochrangiger Nazi" bezeichnet zu haben, und stellte fest, seine Äußerungen seien sicher überzogen gewesen. In der Folge schrieb van Staa einen persönlichen Brief an van der Bellen, den dieser jedoch nicht kommentieren wollte.[11]

Ein halbes Jahr später wurde van Staa vom Söldener Publizisten und tiwag-Aktivisten Markus Wilhelm vorgeworfen, bei einer Festrede anlässlich eines Jubiläums des deutschen Alpenvereins den ehemaligen deutschen Außenminister Joschka Fischer als „Schwein“ bezeichnet zu haben [12]. Ein Mitschnitt von van Staas Äußerungen wurde von Wilhelm auf der tiwag-Website veröffentlicht.[13] Vertreter der Tiroler ÖVP sprachen von einem „manipulierten Band“ welches verlangsamt und gedehnt worden sein, um die Bedeutung zu verfälschen. Sie zeigten Wilhelm wegen Fälschung von Beweismitteln an. Van Staa habe nicht „Schwein“, sondern „Schweigen“ gesagt.[14] Ein von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Büro für Interne Angelegenheiten erstelltes Gutachten kam laut Nachrichtenmagazin profil zur Auffassung, dass van Staa "Schwein" gesagt habe und das Wort nicht aus "Schweigen" herausgeschnitten worden sei. [15][14] Weitere Gutachter bestätigten in der Folge, dass auf dem Band „das Schwein“ zu hören sei. Im Oktober 2010 wurde Wilhelm vom Verdacht der üblen Nachrede in letzter Instanz freigesprochen. [16]

Ehrungen und Auszeichnungen

Einzelnachweise

  1. http://tirol.orf.at/stories/287804/ Van Staa als Landeshauptmann von Tirol zurückgetreten ORF.On Bericht vom 23. Juni 2008
  2. http://www.dietiwag.org/index.php
  3. Van Staa fordert Internierung auf tirol.orf.at
  4. ÖVP-Spitze hinter van Staa auf oesterreich.orf.at
  5. http://www.spoe-tirol.at/files/user/02Unterseiten/ParteiArchivArtikel.php?id=3399
  6. Gastkommentar von Efraim Zuroff: Ein Blick nach Tirol In: Die Presse, 16. April 2007.
  7. http://www.novemberpogrom1938.at/d/Taeterkreis.html
  8. www.orf.at „Skandal weitet sich aus“
  9. Brief an Simon-Wiesenthal-Zentrum auf tirol.orf.at
  10. Van Staa hat "alles gesagt" In: Der Standard, 14. März 2007
  11. tirol.orf.at „im Umfang nicht korrekt, sicher überzogen.“
  12. derstandard.at „Manipulationsvorwürfe um „Schwein-Aussage“ von Van Staa“
  13. dietiwag.at „Tonband“
  14. a b BIA belastet van Staa In: Der Standard, 10. März 2008
  15. http://www.ots.at/presseaussendung.php?schluessel=OTS_20080216_OTS0010
  16. Der Standard Oberlandesgericht bestätigt Freispruch zu Markus Wilhelm, (APA) 14. Oktober 2010
  17. Ordensverleihung in Tirol (vom 26. November 2005)
  18. Hohe Auszeichnungen für Van Staa, ORF, 22. Februar 2006
  19. Hohe touristische Auszeichnung für Landtagspräsident van Staa, Land Tirol, 12. November 2009
  20. Hohe Auszeichnung, Stift Wilten, 8. Juli 2010



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