Herodianos

Herodianos
Dieser Artikel behandelt den Geschichtsschreiber Herodian.

Herodian, Herodianos oder Herodianus (* wohl um 178; † um 250 [?]) war ein griechischsprachiger römischer Geschichtsschreiber des ausgehenden Prinzipats. Er stammte vermutlich aus Syrien oder Kleinasien und war vielleicht ein kaiserlicher Freigelassener (libertus), der im Römischen Reich in der niederen Verwaltung tätig war. Er schrieb in altgriechischer Sprache eine Römische Geschichte (Ἱστωρία Ῥωμαῖα) in acht Büchern über die Jahre von 180 bis 238, die vom Tode des Kaisers Mark Aurel bis zum Beginn der Herrschaft des Kaisers Gordianus III. reichte.

Herodians Werk wird in der Forschung oft sehr kritisch betrachtet und wurde gar als „mehr eine Art historischer Roman als ein Geschichtswerk“ (Geza Alföldy) bezeichnet. Es ist gerade in den früheren Abschnitten nicht zuverlässig, da er nicht alle seine Quellen sorgfältig prüfte und offenbar auch manches Detail frei erfand. Aus heutiger Sicht gilt er als moralisierend – beispielsweise durch seine Bezugnahme auf den als Idealkaiser stilisierten Mark Aurel – und tendenziös, allerdings auch als facettenreich und ist in literarischer Hinsicht nicht ohne Reiz. Der Bericht über Elagabal wird manchmal höher eingeschätzt als der von Cassius Dio, obwohl Herodian wohl für die Schilderung der Ereignisse bis 228 sehr weitgehend von Cassius Dio abhängig sein dürfte (was in der Forschung aber durchaus umstritten ist). Auch ansonsten ist Herodian, gerade für die Zeit nach 218, eine nicht unwichtige Quelle, zumal Cassius Dio nicht vollständig erhalten ist. Zugleich aber stellt Herodians Werk die althistorische Forschung vor diverse Probleme. Seine Angaben sollten deshalb stets mit großer Vorsicht behandelt werden.

Spätantike Historiker wie Ammianus Marcellinus und der unbekannte Verfasser der Historia Augusta dürften Herodian als Quelle genutzt haben. Wann genau Herodians Werk entstand, ist unklar, wahrscheinlich wurde es nach dem Tod Kaiser Gordians III. (244) verfasst. Ein Zusammenhang mit der 1000-Jahr-Feier Roms im Jahr 248 ist möglich, aber auch eine Entstehung um 260 wird diskutiert. Mit dem Ende des von Herodian behandelten Zeitraums beginnt dann eine Phase der römischen Geschichte bis Ammianus Marcellinus, über die man nur durch späte und großteils noch weitaus unzuverlässigere Geschichtswerke Kenntnis hat.

Ausgaben und Übersetzungen

  • Herodianus: Ab excessu divi Marci libri octo. Hrsg. v. Kurt Stavenhagen (Bibliotheca scriptorum Graecorum et Romanorum Teubneriana). Stuttgart 1967.
  • Friedhelm Müller (Übers.): Herodian. Geschichte des Kaisertums nach Marc Aurel. Stuttgart 1996. (Leider nicht ganz fehlerfreie Edition und Übersetzung.)
  • Adolf Stahr (Übers.): Herodian’s Geschichte des römischen Kaiserthums seit Marc Aurel. Stuttgart 1858; online bei Google Book Search.
  • C. R. Whittaker (Übers.): Herodian. With an English translation. Loeb Classical Library. 2 Bde., Heinemann, London 1969. (Mit ausgezeichneter Einleitung und Kommentar.)

Literatur

  • Geza Alföldy: Zeitgeschichte und Krisenempfindung bei Herodian. In: Ders.: Die Krise des Römischen Reiches. Ausgewählte Beiträge. Stuttgart 1989, S. 273–294.
  • Martin Zimmermann: Kaiser und Ereignis. Studien zum Geschichtswerk Herodians. München 1999 (Vestigia, Bd. 52).
  • Martin Zimmermann: Herodians Konstruktion der Geschichte und sein Blick auf das stadtrömische Volk. In: Martin Zimmermann (Hrsg.): Geschichtsschreibung und politischer Wandel im 3. Jh. n. Chr. Stuttgart 1999, S. 119–143.
  • Thomas Hidber: Herodians Darstellung der Kaisergeschichte nach Marc Aurel. Basel 2006 (Schweizerische Beiträge zur Altertumswissenschaft, Bd. 29).
  • Lukas de Blois: Third Century crisis and the Greek Elite in the Roman Empire. In: Historia 33 (1984), S. 358–377.
  • Lukas de Blois: Emperor and Empire in the Works of Greek-speaking Authors of the Third Century A.D. In: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt Bd. II.34.4 (1998), S. 3391–3443.

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